Top 10 - Michael Kollig, Groupe Danone

Zu neuen Ufern im hochseetüchtigen Boot

28.11.2008 von Karin Quack
Als sein wichtigstes Projekt nennt Michael Kollig eine umfassende Harmonisierung der IT-Prozesse. Er betrachtet sie als Voraussetzung für seine eigentliche Leidenschaft: innovative Business-Anwendungen.
Dr. Michael Kollig, Groupe Danone kam im Wettbewerb "CIO des Jahres 2008" in der Kategorie Großunternehmen unter die Top 10.
Foto: Jo Wendler

Heute mailt er aus Paris, morgen ist er in seinem Münchner Büro erreichbar, und übermorgen hat er in Bukarest zu tun. Zu seinem Zuständigkeitsbereich zählen Deutschland, Irland, England und Benelux, Skandinavien, Griechenland und die Türkei sowie "der ganze Osten", wie Michael Kollig, der für Nord-, Ost- und Zentraleuropa zuständige CIO der Danone-Gruppe, sagt.

Die Diskrepanzen zwischen dem "alten" und dem "neuen" Europa fallen ihm nicht nur auf, wenn er Champions-League-Spiele des FC Bayern in der schicken Allianz-Arena und im altehrwürdigen, manche sagen auch: baufälligen, Ghencea-Stadion des rumänischen Topclubs Steaua besucht. Auch im Arbeitsalltag wird er mit solchen wirtschaftlichen und kulturellen Unterschieden konfrontiert: Während die Mitarbeiter im Westen beinahe allergisch auf jede drohende Veränderung regierten - "hier haben die Leute mehr zu verlieren" - herrsche im Osten Aufbruchstimmung: "Da bewegt sich derzeit viel mehr."

Best Practices für Prozesse

Zumindest in den IT-Service-Prozessen wollte Kollig die Unterschiede zwischen den Landesgesellschaften ausgleichen. Deshalb setzte er vor anderthalb Jahren das Projekt "Clio" auf; das Akronym steht für Common Language for the IT-Organization.

Ziel des Unterfangens war es, die IT-Prozesse europaweit zu harmonisieren. Dabei orientierte sich Kolligs Team an der Best-Practices-Sammlung Itil (IT Infrastructure Library), die sich mittlerweile als Standard für das IT-Service-Management etabliert hat. "Im ganzen Unternehmen galten Best Practices längst als Schlüssel zur Prozessoptimierung", erläutert der CIO, "nur nicht in der IT."

Freiräume für Neues

Das Clio-Projekt spart Geld, das sich für Innovationen aufwenden lässt, sagt Michael Kollig.
Foto: Jo Wendler

Projekte wie Clio dienen dazu, die IT effektiver und "geräuschloser" zu gestalten. Aber dieses Ziel ist aus Kolligs Sicht kein Selbstzweck. Vielmehr bilde die Optimierung des "Brot-und-Butter-Geschäfts" die Voraussetzung dafür, um "zu neuen Ufern" aufbrechen zu können. Das Projekt habe sich schon nach weniger als einem Jahr ausgezahlt und spare dem Unternehmen künftig mindestens eine halbe Million Euro im Jahr - Geld, das sich für Innovationen aufwenden lässt, also für Anwendungen, die das Unternehmensgeschäft spürbar voranbringen.

Solchen Innovationen gilt Kolligs eigentliches Interesse. Es sei wichtig, die Mitarbeiter ab und zu aus ihrer Routine und ihren gewohnten Denkstrukturen zu reißen, sie neugierig zu machen und ihnen die Möglichkeit zu geben, das "Anderssein" auszuprobieren, erläutert er. Nicht von ungefähr nennt er als sein Vorbild den Friedensnobelpreisträger Mohamed Yunus, dem das Kunststück gelang, mit einer Bank, die billige Kleinkredite an Unterprivilegierte in Bangladesh vergibt, eine "ordentliche Gewinn- und Verlustrechung" vorzuweisen.

Ungewöhnliche Treue

Wenn Kollig über geschäftliche Themen spricht, dann weiß er, was er sagt. Er kennt sich sowohl auf dem fachlichen als auch auf dem ökonomischen Sektor aus. Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn war ihm die IT "nur zweites Standbein", wie er berichtet. Seinen Doktortitel erwarb er im Fach Agrar- und Ernährungsökonomie. Das IT-Know-how holte er sich über ein Zusatzstudium in angewandter Informatik. Seit einem knappen Jahrzehnt stellt er es dem französischen Lebensmittelkonzern Groupe Danone zur Verfügung.

"Es ist ihnen gelungen, mir alle zweieinhalb Jahre einen neuen, aufregenden Job anzubieten", begründet Kollig seine - im Hinblick auf die kurzen Halbwertzeiten der meisten CIOs ungewöhnliche - Treue zum Unternehmen. Der Konzern täte wohl gut daran, schon heute die nächste Herausforderung für den Top-CIO zu suchen.

Groupe Danone, Michael Kollig (45)

Position: CIO Northern Central and Eastern Europe Zone.

Branche: Konsumgüter, FCMG (zirka 88 000 Mitarbeiter).

Ein CIO muss . . . "die IT - auf der Basis eines soliden technischen und ökonomischen Verständnisses - an der von ihm mitgestalteten Unternehmensstrategie ausrichten und den Beitrag der IT zum Unternehmenserfolg überzeugend darstellen können."

Er liest gerade … Eckart von Hischhausen: "Die Leber wächst mit ihren Aufgaben"; zuvor lag auf seinem Nachttisch "The Ten Faces of Innovation" von Tom Kelley.

Lieblingsfächer in der Schule: Sport und Biologie.

Wichtigstes Projekt: Name: Common Language for the IT Organization, kurz "Clio".

Projektbeschreibung: Harmonisierung und Standardisierung der IT-Prozesse.

IT Bereiche des Projekts: IT-Service-Management.

Kernprodukte: Best-Practices nach Itil.

IT-Umgebung: hauptsächlich SAP-Welt.

Besondere Herausforderungen: Mitarbeiter aus insgesamt 17 Nationen mit ihren unterschiedlichen Kulturen mussten zu einem Team geformt werden.

Zeitrahmen: Abschluss innerhalb von sieben Monaten (gegen Ende 2007).

Projektmitarbeiter: zirka 20 (IT-Mitarbeiter gesamt: etwa 200).