Checkliste DMS

Zehn Gebote für die elektronische Archivierung

04.05.2009 von Sascha Alexander
Nachfolgende Checkliste für den Betrieb elektronischer Archivlösungen kann Unternehmen helfen, trotz der vielen Regeln und Vorschriften für die revisionssichere Archivierung den Überblick zu behalten.

Der ordnungsgemäße Betrieb von Systemen zur elektronischen Archivierung muss sich heute eng an Vorgaben wie die "Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" (GoB), die "Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme" (GoBS) oder die "Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen" (GDPdU) halten. Daran orientiert lassen sich eine Reihe praktischer Ratschläge beziehungsweise Merksätze ableiten, die der Verband Organisations- und Informationssysteme (VOI) jetzt überarbeitet und publiziert hat.

Laut VOI, in dem sich die Anbieter für Enterprise-Content-Management (ECM) und Dokumenten-Management-Systeme (DMS) in Deutschland organisieren, sind diese grundsätzlichen Vorgaben für den Betriebsalltag natürlich noch weiter auszuarbeiten sowie beispielsweise um länder- und branchenspezifische Aspekte zu erweitern (auch gibt es zahlreiche Mythen und Glaubensfragen rund um die elektronische Archivierung, die nicht zu befolgen sind). Trotzdem können Sie eine erste Orientierung in das komplexe Thema geben:

1.Jedes Dokument ist gemäß den rechtlichen und internen Anforderungen aufzubewahren

Dieser Merksatz beschreibt das übergreifende Ziel jeder Archivierung: die verlässliche und rechtskonforme Aufbewahrung von Dokumenten. Diese wird in der Praxis von den speziellen Anforderungen in den jeweiligen Einsatzgebieten beeinflusst. Unternehmen sollten daher bei der Umsetzung neben den gesetzlichen und sonstigen rechtlichen Vorschriften auch ihre eigenen Regeln bei der Archivierung einbringen (ausführliche Informationen zum Thema Archivierung finden Sie hier).

2.Kein Dokument darf auf dem Weg ins Archiv oder im Archiv verloren gehen

Dieser Merksatz zielt darauf ab, dass alle benötigten Dokumente vollständig erfasst und im Archiv abgelegt werden müssen. Nur so lassen sich gesetzliche Anforderungen erfüllen und Vorgänge später lückenlos nachvollziehen.

3. Jedes Dokument ist zum organisatorisch frühestmöglichen Zeitpunkt zu archivieren

Dieser Merksatz betont die Bedeutung der zeitnahen Verarbeitung und Ablage von Dokumenten. Ein elektronisches Archivsystem muss Dokumente nicht nur vollständig, in ihrer Struktur (Integrität) und jederzeit verfügbar aufbewahren können, sondern dabei auch noch ein deutlich höheres Sicherheitsniveau bieten können, als die im Prozess der Dokumentenerfassung und -bearbeitung der Fall ist. Daher empfiehlt sich eine möglichst frühe Archivierung.

Dokumente unveränderbar, sicher und auffindbar archivieren

4. Jedes Dokument muss mit seinem Original übereinstimmen und unveränderbar archiviert werden

Dieser Merksatz spiegelt die Forderung wider, dass ein archiviertes Dokument dem Original zu jedem Zeitpunkt in beweissicherer Art entsprechen muss. Je nach Dokumentenart und Einsatzzweck kann es sich dabei um eine inhaltliche Identität oder aber um eine bildliche Übereinstimmung mit einem Papieroriginal oder einem elektronischen Originaldokument handeln (welche Stolpersteine die elektronische Archivierung bereit hält lesen Sie hier).

5. Jedes Dokument darf nur von entsprechend berechtigten Benutzern eingesehen werden

Dieser Merksatz dient dem Schutz vertraulicher Informationen (Geschäftsgeheimnisse) sowie der Einhaltung der Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten (Datenschutz). Zu diesem Zweck ist ein entsprechendes Berechtigungskonzept abzubilden.

6. Jedes Dokument muss sich in angemessener Zeit wiederfinden und reproduzieren lassen

Dieser Merksatz bezieht sich darauf, dass archivierte Dokumente bei Bedarf in angemessener Zeit wieder verfügbar gemacht werden müssen. Die maximal tolerierbare Zeit für Suche und Reproduktion leitet sich laut VOI sowohl aus dem jeweiligen Stand der Informationstechnik ab, als auch aus dem Kontext, in dem das Dokument bereitgestellt werden soll.

7. Jedes Dokument darf frühestens nach Ablauf seiner Aufbewahrungsfrist gelöscht werden

Dieser Merksatz fordert, dass Dokumente während des gesamten Aufbewahrungszeitraums verfügbar sein müssen. Der tatsächliche Zeitpunkt der Löschung abgelaufener Dokumente ergibt sich dann aus rechtlichen Vorschriften (wie zum Beispiel durch die Gesetze zum Datenschutz) und aus technischen Erwägungen (Minimierung des Aufwands).

Änderungen im Archiv protokollieren und prüfen können

8. Jede Veränderung im elektronischen Archivsystem muss protokolliert werden

Dieser Merksatz entspricht dem "Radierverbot" in der Buchführung. Er fordert, dass nachträgliche Änderungen erkennbar sind und dass der ursprüngliche Zustand während der gesamten Aufbewahrungszeit ermittelt werden kann.

9. Sachverständige können das gesamte Verfahren der Archivierung jederzeit prüfen

Dieser Merksatz zielt auf den Nachweis, dass die Archivierungslösung beim jeweiligen Betreiber tatsächlich im Sinne all dieser Merksätze im Einsatz ist. Um dies zu bewerkstelligen ist einerseits eine Verfahrensdokumentation unverzichtbar, andererseits muss sich der ordnungsmäßig laufende Betrieb beispielsweise anhand von Systemprotokollen laufend überprüfen lassen.

10. Keine Migrationen und Änderungen am Archivsystem ohne die aufgeführten Grundsätze

Dieser Merksatz verweist auf das Probleme, dass die Innovationszyklen der im Archivsystem eingesetzten Hard- und Software meist sehr viel kürzer sind als die Aufbewahrungszeiten der Dokumente (Tipps und Produkte speziell zur Archivierung von E-Mails finden Sie hier). Während der Aufbewahrungszeit kommt es also praktisch immer zu Änderungen am Archivsystem - vom Austausch einzelner Geräte bis hin zur Migration des kompletten Archivbestands in ein vollkommen anderes technisches System).

Ist also ein Umstieg notwendig, sollten Unternehmen die übrigen Merksätze nicht aus den Augen lassen. Vor allem aber sollten sie die Änderungen und Maßnahmen der Migration sorgfältig dokumentieren, so dass deren Ordnungsmäßigkeit während der Aufbewahrungsfrist der migrierten Dokumente überprüfbar ist.