Open-Source-Projekt gestartet

Zalando arbeitet an eigener BPM-Suite

20.02.2014 von Joachim Hackmann
Der Online-Händler Zalando hat das Open-Source-Projekt bpmn.io gestartet. Ziel ist die Entwicklung eines web-basierten Tools zur Modellierung von Geschäftsprozessen.

Zalando startet das Open-Source-Vorhaben ab sofort. Unterstützung bekommt der Online-Versender von dem Softwarehersteller Camunda. Gemeinsam werden die Partner Entwicklungsressourcen in nicht näher genanntem Umfang bereitstellen. Die Bezeichnung "bpmn.io" des Open-Source-Projekts betont die Offenheit. BPMN (Business Process Model and Notation) ist eine ISO-standardisierte Notation für Prozessmodelle. Die entwickelte Software wird unter http://www.bpmn.io kostenlos und inklusive Quellcode verfügbar sein.

Zalando will die Prozessmodellierung verbessern

"Für ein Unternehmen mit starkem Wachstum spielen klar definierte Prozesse eine große Rolle. Wir möchten mit diesem Projekt unsere Anforderungen direkt in die Entwicklung eines leistungsfähigen Modellierungs-Tools einfließen zu lassen", begründete Marcus Zieger, Leiter im Bereich Enterprise Systems bei Zalando, das Vorhaben. "Darüber hinaus schätzen wir den innovativen Charakter der Open Source Community und möchten diese tatkräftig unterstützen." Zalando arbeite schon seit geraumer Zeit mit Camunda zusammen und nutzt die gleichnamige BPM-Suite für den Betrieb der Prozesse, etwa um die Bestellabwicklung zu automatisieren.

Das bpmn.io-Vorhaben zielt auf eine verbesserte Modellierung der Prozesse. Zum einen will man den Anwendern in den Fachbereichen - nicht nur bei Zalando - ein Modul zum Download anbieten, mit dem sie ohne Programmierkenntnisse die Arbeitsabläufe gestalten können. Zum anderen sollen Bibliotheken, Tutorials, Module, Baukästen etc. für Entwickler entstehen, mit denen sie BPM-Dienste in Web-Anwendungen einbinden können. Das können beispielsweise Dashboards mit Diagrammen und anderen grafischen Elementen sein, die Status-Information zu laufenden Prozessen und Bestellungen darstellen.

Erste Module und Bibliotheken sollen bereits in den kommenden Wochen zur Verfügung stehen. Das Endanwender-Paket zu Prozessmodellierung stellen die Partner frühestens für die zweite Jahreshälfte 2014 in Aussicht. Auf jeden Fall werde es noch vor Jahresende eine stabile und lauffähige Version der Software geben.

Foto: Camunda

Camunda ist ein Beratungs- und Softwarehaus mit BPM-Schwerpunkt. Kernprodukt des Unternehmens ist das quelloffene Produkt "Camunda BPM", das in einem Test des Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE, in dem insgesamt acht BPM-Pakete analysiert wurden, noch gut abgeschnitten hat (siehe Fraunhofer testet acht BPM-Suites). Die Prüfer bemängelten vor allem die fehlenden Möglichkeiten zum grafischen Modellieren von Prozessen. Für die Nutzung der Camunda-Suite seien Programmier-Ressourcen erforderlich. Gut gefallen hat ihnen die Funktionsvielfalt, Flexibilität und die Erweiterbarkeit.

"Mit bpmn.io wollen wir einerseits die Prozessmodellierung mit BPMN weiter fördern, indem ein komfortables Werkzeug kostenlos zur Verfügung gestellt wird. Zum Zweiten wird bpmn.io derart modular aufgebaut sein, dass jeder Interessierte mit HTML-Kenntnissen in der Lage sein wird, damit ganz neue Lösungen rund um BPMN zu entwickeln", versprach Jakob Freund, Geschäftsführer bei Camunda.

Acht BPM-Suites auf dem Prüfstand -
Der BPM-Vergleich
Das Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE hat in Zusammenarbeit mit dem Beratungshaus SP Consulting acht BPM-Tools vergleichen. Die Teilname erforderte ein gewissen Maß an Kooperation und Aufwand seitens der Hersteller. Nicht alle Anbieter waren dazu bereit. Der Vergleich umfasst daher nicht alle in Deutschland relevanten BPM-Pakete.
LiveCycle Process Management
Die Tester vergaben die Schulnote „noch gut“ mit einem Gesamterfüllungsgrad von 61,3 Prozent. Sinnvoll ist der LiveCycle-Einsatz für pdf-lastige Abläufe.
Xpert.ivy
Das Know-how des schweizerischen BPM-Herstellers Axon Active geht auf den Anbieter Soreco AG zurück. Das ebenfalls in der Schweiz beheimatete Unternehmen wurde Mitte 2011 von Axon Active übernommen. Soreco ist seit 2002 mit dem Produkt „Xpert.ivy“ im BPM-Geschäft präsent.
Xpert.ivy
Im Vergleich mit den anderen sieben getesteten Produkten schneidet die Suite überdurchschnittlich gut ab, sie erzielte mit einem Gesamterfüllungsgrad von 74,2 Prozent das zweitbeste Ergebnis. Nachholbedarf gibt es in der Umsetzung der BPM-Governance-Funktionen.
Bizagi Enterprise Edition
Die „Bizagi Enterprise Edition“ geht auf das Unternehmen Visionsoftware zurück, das im Jahr 1989 in Bogota, Kolumbien, gegründet wurde. Heute hat das Unternehmen Bizagi seinen Hauptsitz in Amersham bei London.
Bizagi Enterprise Edition
Die BPM-Suite überzeugt mit Komfort und Mächtigkeit der angebotenen Funktionen. Defizite haben die Experten allenfalls dort entdecken können, wo Aufgaben delegiert und Abläufe kontrolliert werden sollen. Dennoch: Bizagi ist das beste, getestete BPM-Produkt.
inubit
Die BPM-Aktivitäten der Bosch Software Innovations GmbH gehen zum Großteil auf die Übernahme der Inubit AG im Sommer 2011 zurück.
inubit
Inubit besticht vor allem durch Mächtigkeit. Kein anderes Werkzeug bietet derart viele BPM-Funktionen in der Standardausführung. Defizite gibt es bei Stellvertreterregeln und wenn Abläufen aufgrund von Abwesenheiten geregelt werden müssen. Empfehlenswert ist das Paket für Anwender mit besonderen Anforderungen an Governance und Laufzeit-Management.
Camunda BPM
Camunda ist ein recht junges und aufstrebendes Unternehmen aus Berlin. Das Paket „Camunda BPM“ liegt in der Version 7.0 vor und wird von rund 50 Unternehmen eingesetzt
Camunda BPM
Mit einem Gesamterfüllungsgrad von knapp 60 Prozent erzielt Camunda das zweitschlechteste Resultat. Vor allem die fehlende grafische Programmierung kreiden die Tester dem Tool an, dadurch könne es schwerlich in Fachbereichen Fuss fassen. Wer indes versierte Java-Entwickler in seinen Reihen weiß, kann mit Camunda BPM sehr individuelle und leistungsstarke Lösungen erstellen.
FireStart BPM Suite
Der österreichische Anbieter Prologics hat seine „FireStart BPM Suite“ ins Rennen geschickt und bemerkenswerte Ergebnisse eingeheimst.
FireStart BPM Suite
Mit einem Gesamtergebnis von 71,4 Prozent reiht sich das Tool im Mittelfeld aller getesteten Tools ein. Die insgesamt starken Werte in Governance und fachlicher Prozessmodellierung wurden durch eine allzu enge Herstellerbindung an Microsoft getrübt.
SAP NetWeaver Process Orchestration
Die BPM-Suite „SAP NetWeaver Process Orchestration“ in der Version 7.31 präsentierte sich im Rahmen der Studie als ordentliches und durchdachtes BPM-Produkt.
SAP NetWeaver Process Orchestration
Das Endergebnis von 66,3 Prozent ist - bezogen auf das Schulnoten-System – „noch gut“. Wer Governance, gute Integrier- und Administrierbarkeit sowie gutes Zusammenspiel mit anderen SAP-Produkten fordert, ist mit NetWeaver Process Orchestration gut beraten. Einfache Prozessumsetzung und Usability darf er nicht erwarten.
Operational Intelligence
Das Kernprodukt des amerikanischen Anbieters Vitria Technology ist die BPM-Suite „Operational Intelligence“, die in der Version 4.2 getestet wurde.
Operational Intelligence
Den guten Eindruck in der Modellierungshilfe bei der Prozessdefinition macht die Software beispielsweise mit einer komplizierten und fehleranfälligen Bedienung der Modellieroberfläche wieder zunichte. Legen Anwender Wert auf Einfachheit, Usability und und angemessenes Laufzeit-Management, sind andere Tools besser geeignet. Der Gesamterfüllungsgrad von 58 Prozent ist der schlechteste Wert unter den acht getesteten Tools.