Arbeit und Mobilität

Work-Life-Balance in Gefahr

09.03.2012 von Tobias Wendehost
Für viele Arbeitnehmer verschwimmt zunehmend die Trennung zwischen Freizeit und Arbeit. Das ergab eine Studie des Softwareanbieters Sage.

Mobile Devices, Tablet-PCs und Notebooks gehören zum Alltag vieler Arbeitnehmer. Dennoch ist die Nutzung privater Geräte am Arbeitsplatz häufig reglementiert und mit hohen Investitionen von Seiten der Arbeitgeber verbunden. "Bring your own Device" (BYOD) ist für viele Firmen ein schwieriges Thema, da die Sicherheit eine hohe Hürde darstellt", begründet Peter Dewald, Geschäftsführer von Sage, die Skepsis (siehe Interview nächste Seite). Gleichzeitig gewinnt das Thema weiter an Bedeutung, glaubt man der aktuellen Studie des Softwareanbieters. "Mit der Umfrage wollten wir herausfinden, in welche Richtung sich Themen wie Mobilität und der Gebrauch von IT am Arbeitsplatz entwickeln", so Dewald.

Das Thema "Bring your own Device" wird von den Unternehmen kritisch betrachtet.
Foto: Robert Lehmann - Fotolia.com

Doch gerade die Nutzung von mobilen Geräten und moderner IT im privaten wie im öffentlichen Raum wird in der Umfrage ambivalent betrachtet. So sieht knapp die Hälfte der Teilnehmer eher eine Bedrohung in der steigenden Zahl an Informations- und Kommunikationsmitteln in der Freizeit. Für den Arbeitsplatz gaben das immerhin noch 24 Prozent an. Etwa die Hälfte setzt schon heute Mobiltelefone oder Smartphones als Mittel ein, um mit Kollegen oder Gesprächspartnern zu kommunizieren. Trotzdem ist das persönliche Gespräch für 83 Prozent imme rnoch die bevorzugte Kommunikationsart. Insgesamt erwarten 29 Prozent, dass ein nahtloser mobiler Zugriff, etwa in Form von Cloud-Communications, für das Gespräch von morgen entscheidend ist.

Trotz aller Skepsis bei den Arbeitgebern nutzen 28 Prozent der Befragten bei der Arbeit IT-Tools, die nicht von den Unternehmen abgesegnet sind. Auf die Frage, ob sich die Trennung zwischen Freizeit und Arbeitswelt in Zukunft weiter verwischen wird, antworteten 79 Prozent der 18 bis 29-jährigen mit Ja. Knapp drei Viertel der über 45-jährigen sind ebenfalls dieser Meinung. Schließlich gab fast die Hälfte der Studienteilnehmer an, dass sie ihre Arbeit am effizientesten von zuhause erledigen.

Für Sage ergeben sich aus den Ergebnissen fünf Schlussfolgerungen:

  1. Arbeit wird zeit- und ortsunabhängig - die Arbeitnehmer treiben diesen Trend voran.

  2. Die Trennung von Freizeit und Arbeitszeit löst sich auf, daher sind neue Formen der Arbeitsorganisation notwendig.

  3. Neue Technologien werden Standard (z.B. im Mobilsektor) und innovative Technologien halten Einzug (z.B. Collaboration, Social Media etc.).

  4. ITK in der Arbeitswelt ist eine Bereicherung, die IT-Abteilungen müssen deshalb flexibler sein (Stichwort: Schatten-IT, BYOD).

  5. Die Fähigkeit neue Technik einsetzen zu können, wird zum wesentlichen Erfolgsfaktor für den Job von morgen. Investitionen in Training uns Schulungen sind daher notwendig.

Die Umfrage wurde im Februar 2012 mit 351 Teilnehmern erhoben.

Sieben Trends zur Arbeit von morgen
Sieben Trends zur Arbeit von morgen
Die Studie "Evolving Workforce Research" von Dell und Intel beschreibt, wie die Arbeit von morgen aussehen könnte und nennt sieben Trends.
1. Crowd-Sourcing
In der Arbeitswelt von morgen arbeiten Menschen in <b>virtuellen Teams</b> zusammen, oft ohne sich zu kennen. Diese Teams werden kurzfristig zusammengestellt und sind über moderne Kommunikationsmittel verbunden. Anders als in vielen heutigen Projekten definiert sich diese Crowd vor allem funktional und weniger durch Hierarchien. Pervasive IT und Cloud Computing bieten dafür eine technische Grundlage. Die Mitarbeiter in solchen virtuellen Teams gehen oft <b>kein festes Beschäftigungsverhältnis</b> ein, sind flexibel und daran gewöhnt, mit stark schwankenden Einkommensverhältnissen zurechtzukommen. Das kann zwar kurzfristig zu einer Steigerung der Produktivität führen, langfristig können Unternehmen aber auch Schwierigkeiten bei der Bindung von Spezialisten bekommen.
2. Das Ergebnis muss stimmen
War die Arbeitswelt bisher primär über die vertraglich geregelte Arbeitszeit organisiert, so rückt jetzt das <b>Arbeitsergebnis</b> in den Fokus. Da sich die Produktivität der Arbeitsprozesse gerade unter den Bedingungen des Crowdsourcings nur unzureichend über die Anzahl aufgewendeter Stunden erfassen lässt, werden zunehmend <b>Output-orientierte Messmethoden</b> eingeführt.
3. Einsatz von mobilen Geräten
In Unternehmen werden <b>unterschiedliche Endgeräte</b> und Betriebssysteme verwendet, die auf die jeweiligen Einsatzbereiche abgestimmt sind. Cloud Computing bietet dafür eine Fülle von Möglichkeiten, da die jeweiligen Endsysteme damit auf einen <b>praktisch unbegrenzten Vorrat</b> an Daten und Anwendungen zugreifen können. Kompatibilität, Interoperabilität und Datensicherheit sind dabei entscheidende Faktoren. Nur solche Systeme werden sich durchsetzen, die sich nahtlos in die IT-Landschaften integrieren lassen.
4. Generationenkonflikte
Die Generationen sind einen <b>unterschiedlichen Umgang</b> mit IT und mit Kommunikationstechnik gewohnt. Das kann zu Spannungen zwischen erfahrenen und jüngeren Mitarbeitern führen. Letztere sind vielleicht Digital Natives, haben aber nicht den Erfahrungsschatz ihrer älteren Kollegen. Generell werden die <b>Arbeitsteams künftig heterogener</b> zusammengesetzt sein, nicht nur hinsichtlich des Alters, sondern auch was den kulturellen oder ethnischen Hintergrund betrifft. Erfolgsentscheidend wird auch sein, ob es gelingt, den Wissensaustausch zwischen Generationen und Gruppen voranzubringen.
5. Werte versus Regeln
Die IT gibt Unternehmen Möglichkeiten, die Leistung ihrer Mitarbeiter umfassend zu analysieren. Arbeitsprozesse werden auf dieser Basis reglementiert und kontrolliert. Da ein gutes <b>Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer</b> elementar ist, müssen beide Seiten einander vertrauen. Zukunftsorientierte Firmen könnten daher eher auf ein werte- als auf ein regelbasiertes Modell bauen.
6. Innovative Mitarbeiter
Innovationen werden künftig weniger vom Management eingebracht als von Mitarbeitern, die ihre privaten Geräte und Anwendungen auch im beruflichen Umfeld nutzen. Diese Beschäftigten sind mit IT sozialisiert und wollen ihren selbstbestimmten Lebensstil beibehalten, wozu der <b>Gebrauch von privaten Notebooks, Smartphones</b> ebenso gehören kann wie Social-Media-Aktivitäten. Die Mitarbeiter sind mit den Systemen in der Regel bestens vertraut und können mit ihnen effizient arbeiten, so dass Restriktionen von Seiten der Unternehmen kontraproduktiv wären. Sie müssen daher <b>Verfahren entwickeln</b>, um diese privaten Systeme in ihre IT-Strukturen zu integrieren.
7. Neue Aufgaben für die IT
Mit dieser Consumerization entstehen <b>neue Anforderungen</b> an die IT. Sie muss die Entwicklungen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter aufgreifen und dabei bedenken, dass sich neue Mitarbeiter bewusst wegen der <b>Verfügbarkeit moderner Systeme</b> für einen Arbeitgeber entscheiden. Die IT-Verantwortlichen sollten solche über herkömmliche IT-Themen hinausreichenden Aspekte in ihren Aufgabenkatalog aufnehmen.
Fazit
Da der Wandel durch die rasante Entwicklung der Kommunikationstechnik vorangetrieben wird, sollen Arbeitgeber den Hebel an dieser Stelle ansetzen und <b>individuelle Konzepte</b> zum Umgang damit entwickeln. Die <b>Integration der sozialen Medien</b>, die Bereitstellung einer umfassenden Kommunikationsstruktur und die Einbindung privat genutzter Geräte bieten Chancen, um Arbeitnehmer an ein Firma zu binden und die Arbeit effektiv zu gestalten.

"Bring your own Device benötigt Sicherheit"

Sage hat seine neue ERP-Lösung für die Cloud, die Office Line 365, vorgestellt. Im Interview sprach Peter Dewald, Geschäftsführer von Sage, über das neue Produkt und welche Chancen die CeBIT für das Unternehmen bietet.

Peter Dewald sieht in der CeBIT eine große Chance, die Office Line 365 Neukunden vorzustellen.
Foto: Sage

CW: Welche neuen Produkte stellt Sage auf der CeBIT vor und was bedeutet die Messe für das Unternehmen?

Dewald: Wir bieten Unternehmenssoftware für kleine und mittelständische Betriebe an und sind im Bereich ERP Marktführer. Die CeBIT bietet uns die Chance, Neukunden anzusprechen und neue Lösungen sowie Ergänzungen für die Branchenteilnehmer vorzustellen. Diesmal präsentieren wir Lösungen aus dem Einstiegs- und Mittelstandsbereich, also für Unternehmen mit zehn bis 150 Mitarbeitern. Hier präsentieren wir unterschiedliche Produkte im ERP-Bereich, die spezifisch auf die Kundenansprüche zugeschnitten sind.

CW: Wo liegt ihr Produkt-Schwerpunkt?

Dewald: Wir haben ein großes Portfolio an Produkten und rund 250.000 Kunden in Deutschland. Damit haben wir uns eine stabile Basis geschaffen. Dazu gibt es Ergänzungen etwa im Bereich Mobility. Unsere Office Line 365 soll auch für Mitarbeiter verfügbar sein, die vom Home Office oder unterwegs arbeiten.

CW: Das Motto der CeBIT lautet dieses Jahr "Managing Trust". Wie geht Sage mit dem Thema Sicherheit um?

Dewald: Grundsätzlich erfüllt die Unterbringung der Daten in einem Rechenzentrum schon ganz andere Sicherheitsbedingungen als in einem unternehmenseigenen Serverraum. Dazu zählen Ausfallsicherheit, Brandsicherheit sowie Zugriffssicherheit. Ich halte die Annahme, dass die Daten in einem Rechenzentrum nicht sicher sind, für übertrieben. Gleichzeitig ist aber der Zugriff und der Ausschluss Unbefugter ein Thema. Dafür arbeiten wir einerseits mit einer SSL-Verschlüsselung. Andererseits haben wir einen externen Audit durch Spezialfirmen initiiert. Diese spielen prekäre Situation durch, bei dem sie die Architektur und die Layer der Data Center anschauen. Sie attackieren dabei das System, um Angriffe in der Zugriffslogik zu verhindern und Schwachstellen auszumachen.

CW: Sie haben für 2013 ein neues Cloud-Angebot angekündigt. Wie sieht dieses Produkt konkret aus?

Dewald: Das werden wir genauer beschreiben, wenn es auf den Markt kommt. Zurzeit geht es uns um unsere aktuelle Produktpalette, etwa in Form der Office Line 365. Im Bereich ERP gibt es kein vergleichbares Angebot von einem der namhaften Hersteller. Wir sind mit der Office Line 365 früh am Markt und haben im Gespräch mit den Kunden ein passendes Angebot entwickelt.

CW: Warum hat Sage eine Studie zum Thema "Zukünftige Arbeitswelten" gemacht?

Dewald: Für uns ist es interessant, herauszufinden, wie sich die Arbeitswelt verändert. Unsere traditionellen Kunden laufen nicht jedem neuen Trend sofort hinterher. Wir wollten daher wissen, was tut sich am Markt und unsere Einschätzung ist, dass sich sehr viel tut. Also haben wir die Studie gemacht, um konkrete Daten zu bekommen. Diesen Trends wollen wir rechtzeitig mit unserer Benutzeroberfläche und neuen Ansätzen begegnen.

CW: Was verspricht sich Sage von der Umfrage?

Dewald: Wenn man sich klassische Studien anschaut, werden häufig die Hersteller von Cloud-Lösungen oder die Unternehmen befragt. Aber die Enduser kommen in diesen Studien nicht vor. Uns hat einfach interessiert, was der Benutzer dieser Produkte möchte und welche Anforderungen er stellt. Also wie und wo er damit arbeiten will. Beispielsweise können die Mitarbeiter mit unserer ERP-Lösung auch im Home Office oder unterwegs Lohnabrechnungen machen. Damit muss aber auch der Service 24 Stunden am Tag funktionieren und für den Kunden verfügbar sein.

CW: Ihre Studie zeigt eine gewisse Skepsis gegenüber dem Thema "Bring your own Device". Woher kommt dieser zögerliche Umgang in den Unternehmen und bei den Mitarbeitern?

Dewald: Wenn ich die Frage an IT-Spezialisten stelle, dann bekomme ich als Antwort, dass die Komplexität schwer zu handhaben ist. Sie müssen Support-Möglichkeiten schaffen. Sie müssen den Zugriff auf interne Systeme sicher gestalten. Sie müssen die Datensicherheit bewahren. Dann lagern Firmen eventuell Daten aus, auf die man nicht einfach mit externen Geräten zugreifen kann. Die Firmen müssen erst alle Sicherheitsaspekte im Vorfeld klären, um die Möglichkeit von Bring your own Device zur Verfügung zu stellen.