Security, Daten, Aufwand

Woran Predictive-Maintenance-Projekte scheitern

16.03.2018 von Christiane Pütter
Erst jedes vierte Unternehmen hat Predictive Maintenance-Projekte umgesetzt. Die aufwändige Integration und IT-Sicherheit gelten als Bremser, wie Bearingpoint in einer Studie zeigt.
  • 76 Prozent erfassen über Sensoren relevante Daten, aber nur 59 Prozent werten sie zielgerichtet aus
  • Die Befragten versprechen sich höhere Maschinen-/Anlagenverfügbarkeit, geringere Wartungs-/Servicekosten und mehr Kundenbindung durch besseren Service
  • 43 Prozent sind nicht sicher, ob die Datenbasis ausreicht

Am Nutzen von Predictive Maintenance als Beschleuniger der Digitalisierung besteht innerhalb der Unternehmen kaum Zweifel. Dennoch setzen bisher erst wenige Firmen solche Lösungen ein. Das belegt die Studie "Maschinenverfügbarkeit rauf, Wartungs- und Servicekosten runter - Chancen und Herausforderungen von Predictive Maintenance in der Industrie", die der Berater Bearingpoint durchgeführt hat.

Erst wenige Firmen nutzen das Optimierungs-Potenzial von Predictive Maintenance.
Foto: Bearingpoint

In Zahlen: Mehr als acht von zehn (84 Prozent) der befragten Entscheider aus den 74 Firmen bestätigen, dass das Potenzial von Predictive Maintenance intern diskutiert wird. Doch lediglich vier von zehn (25 Prozent) haben bereits erste Projekte umgesetzt. Vorreiter sind vor allem größere Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern.

Unternehmen haben die Basis gelegt

Ein genauerer Blick zeigt aber, dass die Mehrheit der Unternehmen bereits die Basis geschaffen hat. So erklären 76 Prozent, dass sie mittels Sensoren relevante Daten an Maschinen erfassen. 60 Prozent speichern diese Daten zentral. Allerdings werten nur 59 Prozent Prozess-, Messe- und Maschinendaten zielgerichtet aus. Eine Minderheit von 21 Prozent operiert mit selbstlernenden Systemen, um Daten automatisiert zu analysieren.

In der Praxis rufen 21 Prozent der Befragten Ersatzteile automatisch ab. 14 Prozent disponieren Service-Techniker automatisch.

Viele Faktoren hemmen Predicitve Maintenance.
Foto: Bearingpoint

Die größten Vorteile von Predictive Maintenance

Den größten Nutzen versprechen sich die Befragten in folgenden drei Punkten: höhere Maschinen-/Anlagenverfügbarkeit (80 Prozent), geringere Wartungs-/Servicekosten (60 Prozent) und mehr Kundenbindung durch besseren Service (52 Prozent). Jeweils rund 40 Prozent sehen weitere Vorteile durch Echtzeit-Informationen an das Management, geringere Total Cost of Ownership (TCO) und die Reduktion von Ersatzteilbeständen.

Organisatorisch gehen die Firmen das Thema nicht einheitlich an. 47 Prozent haben abteilungsübergreifende Projekt-Teams eingerichtet, 53 Prozent nicht. 29 Prozent ziehen externe Berater hinzu.

Die größten Hindernisse für Predictive Maintenance

Predictive Maintenance scheitert in der Praxis an technischen und nicht-technischen Fragen.

Jeweils knapp sechs von zehn Entscheidern bekommen IT-Sicherheit (57 Prozent) und Auswahl/Verfügbarkeit der Daten (55 Prozent) schwer in den Griff. Fast fünf von zehn nennen ihre IT-Infrastruktur (48 Prozent) und die Anwendung statischer Methoden (45 Prozent) als Hemmschuh. 43 Prozent sind nicht sicher, ob die Datenbasis ausreicht.

Bearingpoint zählt den Punkt "hoher Implementierungsaufwand" zu den nicht-technischen Herausforderungen. Er führt diese Liste mit 61 Prozent der Nennungen an. Knapp jeder Zweite hält die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit für schwierig (49 Prozent) oder scheut hohe Investitionskosten (46 Prozent).

Die Befragten führen als weitere nicht-technische Hindernisse die Kosten-Nutzen-Bewertung (38 Prozent) und die Kooperation mit dem Anbieter (37 Prozent) an. Nicht zuletzt scheitert Predictive Maintenance aber auch an fehlender Unterstützung des Managements (37 Prozent) und der Belegschaft (25 Prozent).

Sensorik, Vernetzung und Integration gelten als wichtigste Wegbereiter für Predictive Maintenance.
Foto: Bearingpoint

Als wichtigste Vorbereitungen für Predictive Maintenance nennen die Entscheider auf technischer Seite Sensorik, Vernetzung und Integration (88 Prozent) sowie die IT-Plattform (80 Prozent) und Datenaufbereitung beziehungsweise Datenanalyse (78 Prozent). Außerdem müssen die Verfügbarkeit von Echtzeitdaten (60 Prozent) und IT-Sicherheit gewährleistet sein (59 Prozent).

Als nicht-technische Faktoren nennen die Befragten Kompetenzentwicklung (72 Prozent), die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit (68 Prozent), das Commitment des Managements (64 Prozent), professionelles Change-Management (52 Prozent) und die Kooperation mit externen Experten.

COMPUTERWOCHE-Round-Table zu Maschinelles Lernen/KI
Dr. Christoph Angerer, Senior Developer Technologies Engineer - Deep Learning and Accelerated Computing bei Nvidia
"KI stellt kein fundamentales Risiko für den Datenschutz dar, wie oft angenommen wird. So kann Künstliche Intelligenz dazu beitragen, das Sicherheitsniveau zu erhöhen, etwa indem Daten bereits größtenteils auf dem Endgerät aggregiert und ausgewertet werden. "
Tobias Beuckes, RPA-Experte bei Horváth & Partners Management Consultants in Stuttgart
"Es ist wichtig, dass auf nationaler Ebene oder durch die EU ein Umfeld geschaffen wird, das den Einsatz von Technologien wie KI fördert. Ein regulatorisches Rahmenwerk sollte beispielsweise den Umgang mit den Daten regeln, die Anwendungen aus den Bereichen KI und maschinelles Lernen nutzen. Solche Frameworks sind die Voraussetzung dafür, dass Unternehmen eine langfristige Strategie bezüglich des Einsatzes von KI und maschinellem Lernen entwickeln können."
Hendrik Nieweg, Head of Solution Management bei Device Insight
"Wichtig sind 'Leuchtturmprojekte' im Bereich KI. Denn ein Großteil der Unternehmen wartet erst einmal ab, welche Erfahrungen Mitbewerber oder Partner bei der Umsetzung von KI-Initiativen machen."
Henning von Kielpinski, Vice President Business Development & Alliances bei der Consol Software GmbH in München
"Im Bereich KI und der Anwendung entsprechender Lösungen läuft Deutschland die Zeit davon. Mitbewerber aus dem Ausland bieten ihren Kunden bereits Zusatzdienste an, die auf Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen basieren."
Bernd Gloss, Managing Solution Architect bei Capgemini
"Unserer Auffassung nach konzentrieren sich derzeit viele Unternehmen darauf, existierende Prozesse mittels Industrie-4.0-Technologien zu verbessern. Beim Ausschöpfen der Möglichkeiten gehen sie allerdings noch sehr zaghaft vor."
Jan Karstens, Chief Technology Officer bei der Blue Yonder GmbH in Karlsruhe
"Die Disposition von Waren im Handel zählt zu den Einsatzfeldern, in denen nach unseren Erfahrungen KI und Maschinelles Lernen bereits heute unverzichtbar sind."
Michaela Tiedemann, Chief Marketing Officer bei der Alexander Thamm GmbH
"Bei Künstlicher Intelligenz geht es nicht nur darum, bestehende Prozesse zu verbessern. Vielmehr erlaubt der Einsatz von KI die Schaffung ganz neuer Geschäftsmodelle."