Fünf Ursachen

Woran Open Source in der Praxis scheitert

11.05.2010 von Johannes Klostermeier
Um IT-Projekte auf der Basis von Open Source, freier Software und Linux in der öffentlichen Verwaltung ist es in den vergangenen Monaten deutlich ruhiger geworden. Woran das liegt, haben die Experten der Experton Group zusammengefasst.
Luis Praxmarer, CEO der Experton Group.

Neue „Leuchtturm-Projekte“ großer Kommunen, Behörden oder Einrichtungen sind derzeit Mangelware. Die Linux-Gemeinde befürchtet gar ein Erstarken proprietärer Anwendungen und Systeme und eine Abkehr von offenen Standards. Trotz zahlreicher erfolgreicher Projekte in den letzten Jahren und einer stetigen Weiterentwicklung des Open-Source-Ökosystems scheint das Thema in der Öffentlichen Hand derzeit auf der Stelle zu treten. Nach Ansicht der Experten der Experton Group sind hierfür folgende Ursachen wichtig:

1. Keine kritische Masse an Endusern erreicht

Linux und Open Source bleiben insbesondere beim Enduser/Fachanwender eine Nischenlösung. Nur in einer geringen Zahl von Verwaltungen hat sich beispielsweise Open Office als Alternative zu Microsoft Office durchgesetzt. Ähnliches gilt für Webbrowser und Mailclients. Zum einen beharren Endanwender gern auf gewohnten Umgebungen. Andererseits tun sich auch die Entscheidungsträger häufig schwer, Änderungen umzusetzen, insbesondere aufgrund der angespannten Haushaltslage. Andere Aufgaben sind für die Entscheidungsträger in Gemeinden wichtiger, andere Probleme drängender.

2. Die Zahl der Fachanwendungen auf Linux ist weiterhin zu gering

Die klassischen Fach- und Verwaltungsanwendungen der privatwirtschaftlichen Anbieter und der kommunalen Rechenzentren - Allgemeine Verwaltung, Meldewesen, Finanzwesen, Ordnungswesen, Personalwesen, Sozialwesen und Liegenschaften-Immobilienmanagement - laufen zum überwiegenden Teil nicht auf Linux und stellen keine Schnittstellen in offene Umgebungen bereit. Zwar haben einige Anbieter ihre Lösungen auf Linux portiert, eine signifikante Größe im Anwenderumfeld wurde jedoch nicht erreicht.

3. Open Source Dienstleister brauchen einen langen Atem

Ebenso wie die Zahl der Open Source Anwendungen ist auch die Zahl der spezialisierten Open Source Dienstleister eher gering. Neben mittelständischen Spezialisten verfügen kleine Dienstleister oftmals lediglich über begrenzte Ressourcen, so dass die Anzahl der Projekte eher gering bleibt. Die großen Dienstleister bieten in der Regel Lösungen für verschiedene Umgebungen an. Linux und Open Source sind hier nur eine Alternative.

4. Marktstandards drängen wieder verstärkt im Fokus von Verwaltungen

Insbesondere im Bund sollen Marktstandards wieder stärker berücksichtigt werden. Das dürfte letztendlich zu einem stärkeren Einsatz der Produkte etablierter Anbieter (de facto Standards) führen.

5. Konsolidierung und Zentralisation schränken Handlungsspielräume ein

Auf den drei Ebenen Bund, Länder und Gemeinden sind zahlreiche Konsolidierungsbestrebungen zu verzeichnen. Das schränkt den Spielraum für alternative IT-Lösungen eher ein. Es wird solchen Lösungen und Dienstleistern der Vorzug gegeben, die große Installationen und Massenanforderungen betreiben.