CW-Kolumne

Wolken über dem Bitkom

15.03.2010 von Heinrich Vaske
Der Bitkom möchte eine deutsche Cloud fördern und könnte damit einen Keil in den Verband treiben.
Heinrich Vaske, Chefredakteur der COMPUTERWOCHE.
Foto: CW-Redaktion

Von einer Zerreißprobe des Bitkom zu sprechen wäre sicher übertrieben, aber leicht hat es Verbandspräsident August-Wilhelm Scheer derzeit nicht. Einerseits möchte er mit seinen guten Kontakten nach Berlin (siehe IT-Gipfel) gerne ein wenig mehr Industriepolitik machen; die bislang nur vage vorgetragene Idee einer "Deutschen Cloud" ist dafür ein Beispiel (siehe Online-Artikel "Brauchen wir eine deutsche Cloud?").

Andererseits sind mit Konzernen wie Microsoft, IBM oder Hewlett-Packard die weltweit größten IT-Hersteller - sämtlich aus den USA - einflussreiche Verbands- und Präsidiumsmitglieder. Nicht nur das: Sie gehören auch zu den größten IT-Arbeitgebern im Lande, und mit ihren gewaltigen Partnernetzwerken beschäftigen sie einen Gutteil des IT-Mittelstands.

Niemand wird ernsthaft behaupten wollen, dass diese Unternehmen weniger für deutsche Arbeitsplätze, Startups oder Forschungsinitiativen täten als ihre hiesigen Pendants. Umso weniger Verständnis haben die IT-Riesen für Aktionen, die einen protektionistischen Beigeschmack haben.

Die deutsche Cloud hat aber so einen Hautgout. Letztendlich geht es darum, deutsche Unternehmen zu stärken - und ausländischen Herstellern Steine in den Weg zu legen. Andere Argumente, auch die bezüglich Sicherheit, sind kaum nachvollziehbar. Denn schon seit vielen Dekaden arbeiten hiesige Anwender vertrauensvoll mit den großen IT-Herstellern zusammen, nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit Outsourcing-Deals.

Der Bitkom sollte sich lieber weiter um die Rahmenbedingungen kümmern, damit junge und mittelständische Unternehmen wachsen können und eine Chance in der Cloud bekommen. Dabei müssen Themen wie Ausbildung, Finanzierung junger Betriebe oder auch Bürokratieabbau im Vordergrund stehen. Wenn der Verband hier vorankäme, wäre das Industriepolitik im besten Sinne des Wortes. Und die Interessensvertretung wäre näher an der in Deutschland so wichtigen mittelständischen IT-Wirtschaft, die sich gerade im frisch präsentierten Bundesverband IT-Mittelstand (Bitmi) eine neue Heimat sucht.