Softwarekauf

Wohin mit überschüssigen Lizenzen?

24.09.2008 von Peter O'Neill
Viele Firmen stellen nach dem Softwarekauf fest, dass sie nicht alle Lizenzen benötigen. Das kann teuer werden - auch wegen der zugehörigen Wartungskosten.

Beim Erwerb von Assets kaufen Unternehmen üblicherweise nur, was sie wirklich benötigen. Sie versuchen, gute Konditionen mir dem Zulieferer auszuhandeln und überprüfen die Nutzung ungebrauchter Anlagegüter regelmäßig. Im Softwaregeschäft herrschen jedoch andere Bedingungen. Software wird im Gegensatz zu industriellen Gütern als intellektuelles Eigentum lizenziert. Der Hersteller sieht sich als Herausgeber und nicht als Produzent oder Distributor.

User zahlen drauf

Das Problem dabei: Oft wird den Unternehmen im Nachhinein bewusst, dass sie zu viele Softwarelizenzen gekauft haben - aufgrund einer wenig transparenten Nutzerschaft oder weil sie die Anzahl ihrer Server-Plattformen überschätzt haben. Und für diese ungenutzten Lizenzen müssen sie dann auch noch Wartungskosten bezahlen. Besonders häufig kommt "überzeichnete" Software, von Forrester auch als "Shelfware" bezeichnet, bei Produkten von Microsoft, Oracle, SAP und Siebel vor.

Um Fehlkalkulationen zu vermeiden, empfiehlt Forrester, ein fundiertes Software-Asset-Management (SAM) zu betreiben. Sinnvoll ist der Einsatz von entsprechenden Systemen oder zumindest eines Software-Discovery-Tools, das dem Anwender einen besseren Überblick über die eigene Softwarenutzung verschafft. Ironischerweise führen Firmen solche Tools häufig ein, um sich für Herstellerüberprüfungen zu wappnen. Die Annahme, dass sie zu wenig für die eingesetzten Anwendungen zahlen, ist nach wie vor verbreitet. Allerdings ist fast immer das Gegenteil der Fall: Der Kunde zahlt zu viel. Ein effizientes Software-Asset-Management kann solche überflüssigen Kosten massiv eindämmen, wie Untersuchungen von Forrester zeigen: Ein Unternehmen, das über entsprechende Prozesse oder Systeme verfügt, gibt mindestens 40 Euro pro PC beziehungsweise 250 Euro pro Server zuviel aus. Ein Betrieb mit einer IT-Infrastruktur von 5000 PCs und 200 Servern könnte also rund 250 000 Euro einsparen.

Trotzdem bleibt die Frage: Was tun mit den ungenutzten Lizenzen? Die Analysten von Forrester empfehlen den betroffenen Anwendern zunächst, offene Wartungsverträge zu kündigen. Auf umfangreiche Lizenzvolumina gewähren die Hersteller zwar in der Regel Rabatte. Auf die dazu gehörigen Wartungsgebühren geben die Softwareanbieter dagegen kaum Nachlässe, so dass unter dem Strich mehr für sie übrig bleibt.

Professionelles Software-Asset-Management

  • Machen Sie regelmäßig Softwareinventur: Wie viele Lizenzen wurden gekauft, wie viele werden tatsächlich genutzt?

  • Wenn fest steht, welche Lizenzen nicht genutzt werden, verkaufen Sie diese an einen spezialisierten Händler.

  • Wenn Sie über den Kauf neuer Software nachdenken, sollten Sie zunächst prüfen, ob Sie diese auch auf dem sekundären Markt bekommen. Hier werden auch ältere Versionen angeboten, die die Hersteller möglicherweise nicht mehr im Programm haben.

  • Treten Sie in den Verhandlungen mit Ihrem Softwarehersteller selbstbewusst auf.

Weiterverkauf ist legal

Im Dezember 2006 veröffentlichte Forrester eine Liste mit den 36 grundsätzlichen Rechten, die ein Kunde von seinem Softwarehersteller einfordern sollte. Einer der dort aufgeführten Punkte ist der Hinweis, dass Unternehmen ungenutzte Assets an andere Unternehmen oder Händler weiterverkaufen dürfen. Dadurch entsteht ein sekundärer Markt, auf dem Assets zu einem niedrigeren Preis wiederverkauft werden. Die Softwarehersteller, die sich immer auf das Nutzungsrecht ihrer Lizenzen beziehen, erkennen dieses mittlerweile gut etablierte Geschäft nicht an. Es gibt aber schon eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen in Deutschland, die den Kauf und Verkauf von mehrfach vermarkteter Software unterstützen. Der Gesetzgeber beruft sich dabei auf den so genannten Erschöpfungsgrundsatz. Dieser besagt, dass die Rechte des Verkäufers sich im Moment des Verkaufs erschöpfen. Die Europäische Union hat hierzu eine Vorschrift als Teil ihrer "EU Copyright Direktive" von 2001 herausgegeben. Demnach lässt sich dieser Grundsatz auch nicht durch Verträge umgehen - anders als beispielsweise in den USA, wo Unternehmen an die Bedingungen der Hersteller gebunden sind.

Verständlicherweise setzen die Softwareanbieter ihre Kunden über diese Rechte nicht in Kenntnis. Viele Anwenderunternehmen ziehen eine Weitervermarktung auch gar nicht in Betracht - entweder weil sie nicht auf die Idee kommen oder weil sie glauben, dass diese Möglichkeit nicht legal ist. Hinzu kommt, dass es nur wenige Händler ohne signifikanten Marktzugang gibt, die wiederverkaufe Softwarelizenzen anbieten. Ein Beispiel ist die Aachener Susen Software GmbH, die mit ihrer Präsentation auf der Konferenz "Guide Share Europe" (GSE) im vergangenen Jahr großes Erstaunen unter den Teilnehmern hervorrief. Nachdem der rechtliche Status und die Möglichkeiten klarer sind, geht Forrester aber davon aus, dass künftig auch etablierte Distributoren wie beispielsweise Bechtle in den sekundären Softwaremarkt einsteigen werden. (sp)

Zur Person

Name: Peter O'Neill.

Position: Principal Analyst.

Analystenhaus: Forrester Research.

Beratungsschwerpunkt: Experte für IT-Management-Software mit Schwerpunkt auf der Frage, wie Unternehmen vom IT-Infrastruktur-Management profitieren können. Den Anfang seiner 26jährigen Laufbahn in der IT-Branche begann O'Neill in der Finanzabteilung von Ford in London. 1981 wechselte er zu Hewlett-Packard (HP) Deutschland, wo er 17 Jahre lang diverse Sales- und Marketing-Positonen bekleidete. 1998 ging er in die USA, um die Kontakte von HP zu neuen Internet-Firmen zu pflegen. Vor seiner Zeit bei Forrester war O'Neill Consultant bei der damaligen Meta Group, wo er Unternehmen in Fragen rund um IT-Betrieb und Rechenzentrum beriet.