Ihre Daten können überall sein. Nicht einmal die Cloud-Provider selbst wissen genau, was wo gespeichert ist - vorausgesetzt, sie betreiben mehr als ein Rechenzentrum. Doch damit nicht genug: Heute werden Data Center an den ausgefallensten Plätzen der Welt errichtet - und wer weiß, ob es nicht genau Ihre Daten sind, die tief unter den Fundamenten eines Klosters, auf einem ehemaligen Luftwaffenstützpunkt, in einem Parkhaus oder einem belebten Einkaufszentrum lagern. Alles ist möglich:
In einer Atomfabrik
Die 1&1 Internet AG baute ihr neues Rechenzentrum im hessischen Hanau. In der Produktionsstätte "Neue MOX" sollten ursprünglich Mischoxid-Brennstäbe aus angereichertem Uran und Plutonium für Atomkraftwerke hergestellt werden - Auftraggeber Siemens ließ die Anlage jedoch nie in Betrieb gehen. Jetzt hat der Internet Service Provider dort auf 10.000 Quadratmetern im zum "Technologie-Park Hanau" umgestalteten Gelände 100.000 Server aufgestellt.
Unter eine Kathedrale
Was würden Sie wohl dafür geben, wenn Ihre Daten nicht nur von meterdicken Betonwänden geschützt werden, sondern gar von Gott höchstpersönlich? Gesagt, getan: Ein Rechenzentrum des finnischen IT-Dienstleisters Academica befindet sich in einem ehemaligen Weltkriegsbunker unter der Uspenski-Kathedrale im südlichen Stadtteil Katajanokka der Hauptstadt Helsinki. Es ist das energieeffizienteste Data Center der Welt: Seine Abwärme wird direkt in das städtische Fernwärmesystem geleitet, um Hunderte Häuser mit Heizung und Warmwasser zu versorgen.
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Mitten in der Nordsee
Sealand liegt rund zehn Kilometer vor der Küste des ostenglischen Suffolk und wurde während des Zweiten Weltkriegs vom britischen Militär errichtet und nach Kriegsende von der schwerreichen Familie Bates besetzt. Das ungewöhnliche Offshore-Anwesen besteht aus zwei sieben Stockwerke hohlen Betonsäulen, auf denen eine Stahlplattform mit Hubschrauberlandeplatz aufgesetzt ist. Neben ehemaligen Munitionsdepots finden sich hier Lager-, Wohn- und Unterkunftsräume sowie eine Kapelle, Badezimmer und Küche. Obwohl die Bates ihr Werk als eigenständige Nation betrachten (mit eigener Flagge, Währung, Verfassung und Regierung!), wurde Sealand niemals offiziell anerkannt. Seit zehn Jahren ist Sealand ein Datenhafen für Unternehmen, die nichts mit den Behörden auf dem Festland zu tun haben möchten. The Pirate Bay hätte die Plattform im Jahr 2007 fast komplett aufgekauft - der Deal scheiterte jedoch.
In einem Schutzbunker
Wer seine Wettbewerber vor Neid grün im Gesicht sehen möchte, hört auf den schwedischen Internet Service Provider Bahnhof. Der bietet an, das Data Center in alten Bombenbunkern zu horten. Fehlen noch einige Lichteffekte, unterirdische Hightech-Autobahnen und Wasserfälle dazu - fertig ist das James-Bond-Szenario. Bleibt allein die Frage, ob die Technik von Beißer oder von Ernst Stavro Blofeld bewacht wird.
In einem Parkhaus
Der Trend zum Container hat die großen Player erfasst: Sun, HP und Microsoft verpacken komplette Rechenzentren in handlichen Quadern und stellen diese Platz sparend und höchst effizient in Parkhäusern, Lagerhallen und anderen Containerstellflächen ab. Großer Vorteil der Methode: Umfang und Leistung der Data Center lassen sich beliebig verändern, indem neue Module hinzugefügt oder alte entfernt werden.
In einem Einkaufszentrum
Lifeline Data Center hat das Eastgate Shopping Center im amerikanischen Indianapolis zu einem Rechenzentrum umgebaut. Auch mithilfe von Steuergeldern und dank des Engagements der Bürger konnte dieses Projekt vor zwei Jahren realisiert werden.
Auf einem Luftwaffenstützpunkt
Advanced Data Centers hat sich in die ehemalige McClellan Air Force Base im US-kalifornischen Sacramento eingekauft und dort ein riesiges umweltverträgliches Rechenzentrum errichtet. Nach offiziellen Angaben verbraucht das Data Center 38 Prozent weniger Energie als der Durchschnitt.
In einer Kapelle
Nicht nur in Helsinki wurde ein Gotteshaus zum Data Center umfunktioniert. Das Barcelona Supercomputing Center hat den Supercomputer MareNostrum in die Kapelle Torre Girona verbracht - ein Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert. Das Boston College wiederum betreibt sein futuristisches Rechenzentrum in der Kapelle St. Clement's.
Am Grund eines Kohlebergwerks
Vor drei Jahren kündigte Sun Microsystems an, 30 Rechenzentrums-Container in eine Kohlemine in der zentraljapanischen Chubu-Region zu verbringen, um dort ein unterirdisches Data Center aufzubauen. Da Minen von Natur aus keine Klimatisierung benötigen, könnte ein 30.000 Server starker Datenpark bis zu neun Millionen Dollar jährlich an Energiekosten sparen.
In einem Van-de-Graaff-Silo
Wer kennt sie nicht, die statisch aufladbaren Metallkugeln, die Blitze erzeugen und einem die Haare zu Berge stehen lassen, wenn man mit ihnen in Berührung kommt? Nun stellen Sie sich diese Van-de-Graaff-Generatoren zur Erzeugung elektrischer Gleichspannung (auch Bandgeneratoren genannt) in richtig Groß vor, gefüllt mit Servern. Compute Canada hat im Rahmen seines "Clumeq"-Projekts in Quebec einen überdimensionierten Van-de-Graaff-Generator in Siloform zweckentfremdet: drei Etagen konzentrischer Kreise, die jeweils mit Server-Racks und rund 12.000 Prozessorkernen ausgestattet sind.
Quelle Teaserbild: Flickr.com, Octal