Kirche, Nordsee, Einkaufzentrum

Wo Ihre Daten jetzt sein könnten

19.03.2011 von Simon Hülsbömer
Woran denken Sie bei Cloud Computing? Daran, dass Ihre Daten wirklich überall (!) liegen könnten - sogar in einem stillgelegten Bergwerk?

Ihre Daten können überall sein. Nicht einmal die Cloud-Provider selbst wissen genau, was wo gespeichert ist - vorausgesetzt, sie betreiben mehr als ein Rechenzentrum. Doch damit nicht genug: Heute werden Data Center an den ausgefallensten Plätzen der Welt errichtet - und wer weiß, ob es nicht genau Ihre Daten sind, die tief unter den Fundamenten eines Klosters, auf einem ehemaligen Luftwaffenstützpunkt, in einem Parkhaus oder einem belebten Einkaufszentrum lagern. Alles ist möglich:

In einer Atomfabrik

Die "Neue MOX" in Hanau: Hier baut 1&1 ein Rechenzentrum. (Bildquelle: 1&1 Internet AG)
Foto: 1&1 Internet AG

Die 1&1 Internet AG baute ihr neues Rechenzentrum im hessischen Hanau. In der Produktionsstätte "Neue MOX" sollten ursprünglich Mischoxid-Brennstäbe aus angereichertem Uran und Plutonium für Atomkraftwerke hergestellt werden - Auftraggeber Siemens ließ die Anlage jedoch nie in Betrieb gehen. Jetzt hat der Internet Service Provider dort auf 10.000 Quadratmetern im zum "Technologie-Park Hanau" umgestalteten Gelände 100.000 Server aufgestellt.

Unter eine Kathedrale

Was würden Sie wohl dafür geben, wenn Ihre Daten nicht nur von meterdicken Betonwänden geschützt werden, sondern gar von Gott höchstpersönlich? Gesagt, getan: Ein Rechenzentrum des finnischen IT-Dienstleisters Academica befindet sich in einem ehemaligen Weltkriegsbunker unter der Uspenski-Kathedrale im südlichen Stadtteil Katajanokka der Hauptstadt Helsinki. Es ist das energieeffizienteste Data Center der Welt: Seine Abwärme wird direkt in das städtische Fernwärmesystem geleitet, um Hunderte Häuser mit Heizung und Warmwasser zu versorgen.

Ratgeber Virtualisierung und Cloud Computing

Der neue TecChannel Ratgeber bietet Ihnen die notwendigen Grundlagen und Entscheidungshilfen, um die richtige Virtualisierungs- und/oder Cloud-Lösung zu finden. Ausführliche Workshops helfen bei der Umsetzung in die Praxis.

Mitten in der Nordsee

Sealand: Wer hier Daten lagert, hat etwas zu verbergen… (Bildquelle: Flickr / Octal)
Foto: flickr, octal

Sealand liegt rund zehn Kilometer vor der Küste des ostenglischen Suffolk und wurde während des Zweiten Weltkriegs vom britischen Militär errichtet und nach Kriegsende von der schwerreichen Familie Bates besetzt. Das ungewöhnliche Offshore-Anwesen besteht aus zwei sieben Stockwerke hohlen Betonsäulen, auf denen eine Stahlplattform mit Hubschrauberlandeplatz aufgesetzt ist. Neben ehemaligen Munitionsdepots finden sich hier Lager-, Wohn- und Unterkunftsräume sowie eine Kapelle, Badezimmer und Küche. Obwohl die Bates ihr Werk als eigenständige Nation betrachten (mit eigener Flagge, Währung, Verfassung und Regierung!), wurde Sealand niemals offiziell anerkannt. Seit zehn Jahren ist Sealand ein Datenhafen für Unternehmen, die nichts mit den Behörden auf dem Festland zu tun haben möchten. The Pirate Bay hätte die Plattform im Jahr 2007 fast komplett aufgekauft - der Deal scheiterte jedoch.

In einem Schutzbunker

Bietet Schutz vor Bomben und bewahrt das Rechenzentrum vor jedem Unwetter... (Bildquelle: Bahnhof)
Foto: bahnhof.net

Wer seine Wettbewerber vor Neid grün im Gesicht sehen möchte, hört auf den schwedischen Internet Service Provider Bahnhof. Der bietet an, das Data Center in alten Bombenbunkern zu horten. Fehlen noch einige Lichteffekte, unterirdische Hightech-Autobahnen und Wasserfälle dazu - fertig ist das James-Bond-Szenario. Bleibt allein die Frage, ob die Technik von Beißer oder von Ernst Stavro Blofeld bewacht wird.

In einem Parkhaus

Quadratisch, praktisch, gut: In solchen handlichen Containern verpackt Hewlett-Packard mittlerweile seine Rechenzentren.
Foto: HP

Der Trend zum Container hat die großen Player erfasst: Sun, HP und Microsoft verpacken komplette Rechenzentren in handlichen Quadern und stellen diese Platz sparend und höchst effizient in Parkhäusern, Lagerhallen und anderen Containerstellflächen ab. Großer Vorteil der Methode: Umfang und Leistung der Data Center lassen sich beliebig verändern, indem neue Module hinzugefügt oder alte entfernt werden.

In einem Einkaufszentrum

Wo früher Menschen einkauften, lagern heute massenweise Bits und Bytes. (Bildquelle: Lifeline Data Center)
Foto: Lifeline Data Center

Lifeline Data Center hat das Eastgate Shopping Center im amerikanischen Indianapolis zu einem Rechenzentrum umgebaut. Auch mithilfe von Steuergeldern und dank des Engagements der Bürger konnte dieses Projekt vor zwei Jahren realisiert werden.

Energie sparen im RZ
Auf dem Weg zum grünen RZ
Vollgepackte Server-Rracks in Rechenzentren verschlingen eine Menge Strom. Viele Produkte können helfen, den Energieverbrauch existierender IT-Landschaften zu senken. Mit den folgenden fünf Produkten machen Sie Stromfressern den Garaus.
Cisco EnergyWise for Catalyst Switches
EnergyWise ist eine Software für Ciscos Catalyst Switches und Router. Sie misst den Stromverbrauch von Routern, Switches, IP-Telefonen, Wireless Access Points und PCs. Anhand der ermittelten Daten wird der Energieverbrauch dann optimiert.<br /><br /><a href="http://www.cisco.com/en/US/products/ps10195/index.html">Mehr Informationen</a>
Upsite Technologies HotLok Blanking Panel
Das Panel von Upsite arbeitet wie eine Versiegelung, die verhindert, dass unterschiedlich heiße Luft zwischen Kalt- und Warmgängen zirkuliert. Die Systeme helfen dabei, Hotspots in Server-Systemen zu identifizieren und die Kühlung insgesamt zu optimieren.<br /><br /><a href="http://upsitetechnologies.com/index.php?option=com_content&task=view&id=37&Itemid=42">Mehr Informationen</a>
Sentilla Energy Manager
Die Software von Sentilla überwacht kontinuierlich den Stromverbrauch von Servern, Storage, Routern und weiterem Equipment. Damit kann der zukünftige Verbrauch vorhergesagt werden und Equipment identifiziert werden, das durch überhöhten Stromverbrauch auffällt.<br /><br /><a href="http://www.sentilla.com/datacenter.html">Mehr Informationen</a>
Green Grid free online Cooling Tool
Knappes Budget? Die Nonprofit-Organisation Green Grid hat ein kostenloses Online-Tool entwickelt, mit dem ermittelt werden kann wieviel Luft aus der Umgebung verwendet werden kann, um das Rechenzentrum zu kühlen. Der Online-Rechner verwendet Postleitzahl, lokale Energiepreise und IT-Ausrüstung, um entscheiden zu können, wie hoch die Einsparungen sind, wenn Luft aus der Umgebung oder Wasserkühlung verwendet wird.<br /><br /><a href="http://thegreengrid.org/Global/Content/Tools/FreeCoolingTool">Mehr Informationen</a>
D-Link Green 16-Port Managed Gigabit
Der Gigabit-Switch von D-Link bremst den Energiehunger im Data Center, indem er automatisch den Linkstatus eines Geräts erkennt und den Energieverbrauch von Ports herunterfährt, die nicht in Betrieb sind.<br /><br /><a href="http://www.dlinkgreen.com/">Mehr Informationen</a>

Auf einem Luftwaffenstützpunkt

Früher hoben hier Kampfjets ab, heute leben hier Daten auf der Überholspur.(Bildquelle: ADC)
Foto: ADC/www.adatacenters.com

Advanced Data Centers hat sich in die ehemalige McClellan Air Force Base im US-kalifornischen Sacramento eingekauft und dort ein riesiges umweltverträgliches Rechenzentrum errichtet. Nach offiziellen Angaben verbraucht das Data Center 38 Prozent weniger Energie als der Durchschnitt.

In einer Kapelle

Das universitäre Data Center des Boston College befindet sich in der St. Clement's Chapel. (Bildquelle: Boston College)
Foto: Boston College/www.bc.edu

Nicht nur in Helsinki wurde ein Gotteshaus zum Data Center umfunktioniert. Das Barcelona Supercomputing Center hat den Supercomputer MareNostrum in die Kapelle Torre Girona verbracht - ein Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert. Das Boston College wiederum betreibt sein futuristisches Rechenzentrum in der Kapelle St. Clement's.

Am Grund eines Kohlebergwerks

Die Sun'schen Container könnten schon heute viele Meter unter der Erde lagern - wer weiß das schon…(Bildquelle: Sun)
Foto: Sun Microsystems

Vor drei Jahren kündigte Sun Microsystems an, 30 Rechenzentrums-Container in eine Kohlemine in der zentraljapanischen Chubu-Region zu verbringen, um dort ein unterirdisches Data Center aufzubauen. Da Minen von Natur aus keine Klimatisierung benötigen, könnte ein 30.000 Server starker Datenpark bis zu neun Millionen Dollar jährlich an Energiekosten sparen.

In einem Van-de-Graaff-Silo

Steht im kanadischen Quebec und sieht ziemlich gewagt aus: Das "Clumeq"-Rechenzentrum von Compute Canada. (Bildquelle: Compute Canada)
Foto: Polyrix

Wer kennt sie nicht, die statisch aufladbaren Metallkugeln, die Blitze erzeugen und einem die Haare zu Berge stehen lassen, wenn man mit ihnen in Berührung kommt? Nun stellen Sie sich diese Van-de-Graaff-Generatoren zur Erzeugung elektrischer Gleichspannung (auch Bandgeneratoren genannt) in richtig Groß vor, gefüllt mit Servern. Compute Canada hat im Rahmen seines "Clumeq"-Projekts in Quebec einen überdimensionierten Van-de-Graaff-Generator in Siloform zweckentfremdet: drei Etagen konzentrischer Kreise, die jeweils mit Server-Racks und rund 12.000 Prozessorkernen ausgestattet sind.

Quelle Teaserbild: Flickr.com, Octal