Kostendruck

Wo die IT noch sparen kann

24.08.2011 von Dr. Oliver Oswald und Jan Appl
Nachdem die IT-Budgets gerade wieder zunahmen, ist Kostensparen mittlerweile erneut ein Thema. Doch Abstriche beim Service sind kaum noch möglich.
Die Budgets werden wieder schmaler.
Foto: Fotolia/Uwe Annas

Der Glaube an den Aufschwung hielt offenbar nicht lang: Viele Unternehmen bemühen sich derzeit wieder verstärkt, auch im IT-Bereich ihre Ausgaben zu verringern. Gleichzeitig soll aber die Servicequalität stabil bleiben oder sogar steigen. Eine große Herausforderung für die IT-Verantwortlichen.

Einige Unternehmen ermitteln nicht mehr nur den Return on Investment. Sie erheben auch, welche Wertbeiträge die IT-Infrastruktur leistet. Untersucht wird also, ob und wie die IT den Erfolg des Unternehmens - sei es durch verbesserte Prozesse oder zusätzliche Services für die Kunden - fördert. Auf diese Weise wird die strategische Bedeutung der IT hervorgehoben.

Ein unlösbares Dilemma?

Das heißt für IT-Verantwortliche: Auf der einen Seite muss ihre Abteilung der Rolle als interner Dienstleister gerecht werden und eine hohe Servicequalität garantieren. Auf der anderen Seite soll sie aber auch die Kosten senken. Das erscheint zunächst als unlösbares Dilemma. Mittel- bis langfristig ist darin allerdings kein Widerspruch zu sehen. Beides kann durchaus Hand in Hand gehen.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Unternehmens- und die IT-Strategie eng miteinander verzahnt werden und die Entscheidungen über den Einsatz der IT für alle transparent sind. Denn nur so lässt sich die Position der IT im Unternehmen bestimmen, also auch entscheiden, welches die geeignete Handlungsfelder für Kostenoptimierungen im IT-Bereich sind.

Einsparungen bis zu einem Viertel

Nach den Projekterfahrungen, die wir bei Mieschke Hofmann und Partner (MHP) gemacht haben, kann bis zu ein Viertel der Ausgaben im IT-Bereich eingespart werden - und zwar bei gleichbleibendem oder häufig sogar verbessertem Service. In einem Projekt wurden die IT-Betriebskosten im SAP-Umfeld sogar um 55 Prozent gesenkt, während die Servicequalität stieg.

Auf der Suche nach den Potenzialen

Dass in den meisten IT-Abteilungen Einsparpotenziale zu finden sind, wird kaum jemand bestreiten. Schwierig ist es aber, wirklich passende Ansatzpunkte zu identifizieren und dann mit geeigneten Maßnahmen spürbare Verbesserungen zu erzielen.

Wie die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, fallen rund 55 Prozent der IT-Kosten allein dafür an, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Nur ein Viertel der Budgets fließt in einzelne IT-Projekte, also vor allem in die Einführung neuer Lösungen. Beachtliche 15 Prozent werden für das Management und die Administration der IT ausgegeben.

Aus diesen drei Kostenblöcken lassen sich fünf Handlungsfelder ableiten, in denen Optimierungspotenziale schlummern:

IT-Projektportfolio

Synergieeffekte lassen sich erzielen, indem Projekte zu Programmen gebündelt werden. Richtschnur sollten dabei die durch das EAM (Enterprise-Architecture-Management) definierten mittel- und langfristigen Ziele sein. Damit verbunden ist allerdings die Aufgabe, die Programme ständig zu prüfen, ob nicht einzelne Projekte wieder herausgezulöst werden müssen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern.

IT-Organisation

Die IT-Organisation in den Bereichen "Plan", "Build" und "Run" sollte sich an der langfristigen Ausrichtung der IT-Strategie orientieren. Traditionell sind IT-Abteilungen im Bereich "Run" besonders stark aufgestellt. Aber genau hier findet sich auch das größte Potenzial, um Aufgaben auszulagern. Der Bereich "Plan", der die Fachbereiche bei der Konzeption neuer oder besserer Prozesse unterstützt, steuert in aller Regel den höchsten Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg bei. Daher empfiehlt es sich auch, dort einen signifikanten Anteil der Ressourcen einzusetzen.

IT-Operations und Services

IT-Organisationen mit einem Schwerpunkt im "Run"-Bereich, und das sind, wie wir gesehen haben, die meisten, sind reaktiv ausgerichtet. Hier spielt die planerische Komponente eine untergeordnete Rolle. Die Kosten werden über Pauschalen erfasst und abgerechnet. Zu kurz kommen hier die Zuordnung auf einzelne Services und die Bewertung hinsichtlich des Wertbeitrags auf Unternehmensebene.

Einkauf/Partner-Management

Die Services sollten jeweils detailliert beschrieben und hinsichtlich ihres Wertbeitrags priorisiert werden. Das ist in vielen Unternehmen bislang nur in Ansätzen passiert. Eine große Rolle spielt das vor allem deshalb, weil sich nur so einzelne Dienstleistungen gezielt auslagern lassen.

IT-Architektur

Eine funktionierende IT-Architektur im Verbund mit einem unternehmensweiten Enterprise-Architecture-Management ermöglicht es, fachliche und informationstechnischen Anforderungen zusammen-zuführen. Das schafft die Grundlage, um die IT-Kosten auf sämtlichen Ebenen planvoll und im Einklang mit der Unternehmensstrategie zu optimieren.

Diese Handlungsfelder sind die Basis, auf der sich kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zur Kostenoptimierung aufbauen lassen. Dabei ist es wichitg, die einzelnen Maßnahmen hinsichtlich der Wirkung auf den Cash Flow und das Implementierungsrisiko einzuordnen.

Was die Maßnahmen bringen

Zeitnah ergebniswirksam ist der "First Cut" des IT-Projektportfolios, bei dem sich zwischen zehn und 20 Prozent der budgetierten Kosten einsparen lassen. In der zurückliegenden Krise haben viele Unternehmen hiervon Gebrauch gemacht und das IT-Budget flächendeckend beschnitten. Um weitere zehn Prozent kann das IT-Einkaufsvolumen kurzfristig gesenkt werden, wenn Lieferanten- und Dienstleistungsverträge erfolgreich nachverhandelt werden.

Mittelfristige Maßnahmen zur Kostenoptimierung sind die Konsolidierung von Rechenzentren sowie die Anpassung von Service-Level-Agreements hinsichtlich Quantität und Qualität der bezogenen Leistungen. Das konsolidierte Einsparpotenzial dieser beiden Maßnahmen liegt zwischen 20 und 40 Prozent der budgetierten Kosten.

Langfristig trägt der Umbau der IT-Architektur im Rahmen des Enterprise Architecture Management zur Effizienzsteigerung bei. Ein Weiteres tut die gezielte Standardisierung von ausgewählten Anwendungen und Systemen.

Darüber hinaus ist das Outsourcing verschiedener IT-Funktionen, hauptsächlich aus dem Bereich "Run", eine Möglichkeit, die Kosten zu reduzieren. Rund ein Drittel der von uns beobachteten Unternehmen hat etwa den Rechenzentrumsbetrieb oder das Application Management ausgelagert. Dagegen haben nur fünf bis zehn Prozent der Betriebe strategische Aufgaben wie IT-Management, IT-Governance oder IT-Planung an externe Dienstleister vergeben.

An der falschen Stelle gespart

Sind die Kompetenzen klar geregelt und stehen ausreichend Kapazitäten zur Verfügung, so lassen sich Kostensenkungs-Programme grundsätzlich rasch entwickeln und umsetzen. Dennoch scheitern zahlreiche Unternehmen an dieser Aufgabe.

Eine wesentliche Ursache dafür ist, dass in vielen IT-Abteilungen die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten fehlen. Die Mitarbeiter haben nicht die Mittel oder sind nicht in der Lage, die Wirtschaftlichkeit von Programmen zu ermitteln und den verantwortlichen Entscheidern zu erläutern.

In der Folge wird an der falschen Stelle gespart und vielfach unrentabel investiert. Die Wertbeiträge der IT zum Unternehmenserfolg bleiben so dauerhaft gering, viele Potenziale liegen brach. Gleichzeitig nimmt die IT-Abteilung einen deutlichen Verlust an Ausfallsicherheit und Stabilität der Systeme mit hohen Folgekosten in Kauf.

So wechseln CIOs den Outsourcing-Partner
Lohnt sich der Outsourcing-Partner-Tausch
Bei Unzufriedenheit unbedacht den Dienstleister zu wechseln ist gefährlich. Zu prüfen sind unter anderem Laufzeit, Folgekosten und Optionen wie Multisourcing.
1. Die Gründe für das Outsourcing nochmals überprüfen:
"Rufen Sie sich die Gründe dafür zurück, warum Sie sich ursprünglich zum Auslagern entschieden haben", rät Edward J. Hansen von der Anwaltskanzlei Baker & McKenzie. Wenn diese Gründe immer noch gelten, reicht es, sich einen neuen Dienstleister zu suchen. Falls nicht, muss die ganze Strategie überdacht werden - und das Unternehmen entschließt sich möglicherweise zum Insourcing.
2. An die Vertragslaufzeiten denken:
Wer den Anbieter wechseln will, tut das am Besten, wenn das bisherige Abkommen ausläuft. Die Zusammenarbeit während der Laufzeit zu beenden, ist nur in dringenden Fällen ratsam.
3. Den Vertrag genau studieren:
Es kann Streit ums Geld geben, wenn ein Vertrag vorzeitig beendet werden soll. Schon aus diesem Grund muss der bestehende Vertrag genauestens unter die Lupe genommen werden. Wer geschickt ist, baut in künftige Abkommen ein, in welcher Weise ein Dienstleister den Kunden bei einem Provider-Wechsel unterstützen muss.
4. Wiederverhandeln kann sinnvoller sein als Aussteigen:
Ein Anbieterwechsel kann sich kompliziert gestalten. Wer das vermeiden will, sollte den bestehenden Vertrag lieber neu verhandeln. Entscheider müssen die eigenen Motive für den Wunsch nach einem Wechsel überprüfen.
5. Den bestehenden Dienstleister durchleuchten:
Dieser Punkt knüpft an den vorhergehenden an. Wenn der Grund für den Wechsel-Wunsch darin liegt, dass der Dienstleister schlechte Qualität liefert, muss sich auch der Kunde nach den Gründen dafür fragen. Ein offenes Gespräch kann in Neu-Verhandlungen statt im Wechsel enden.
6. Es wird Ärger mit dem Faktor Mensch geben:
Wenn Mitarbeiter des neuen Dienstleisters ins eigene Unternehmen kommen, kann es zu zwischenmenschlichen Reibereien kommen. Das darf nicht unterschätzt werden.
7. Beim Wechsel mit unproblematischeren Teilen beginnen:
Rechenzentrum-Services oder Disaster Recovery bieten sich als Erstes an, wenn der Dienstleister gewechselt werden soll. Generell gilt: Nicht mit dem Kompliziertesten anfangen!
8. Die Kosten eines Wechsels kalkulieren:
Wer durch den Wechsel des Anbieters Kosten senken will, muss bedenken, dass die Neu-Organisation des Outsourcings selbst auch Geld kostet. Diese Ausgaben müssen gegen mögliche Einsparungen abgewogen werden.
9. Multisourcing als Alternative:
Wer das bisherige Abkommen auflösen will, zielt meist auf Multisourcing ab, statt sich wieder für einen einzigen Anbieter zu entscheiden. Das ist zumindest die Beobachtung von Jeffrey Andrews (Anwaltskanzlei Thompson & Knight). Entscheider sollten sich des damit verbundenen Zeitaufwandes bewusst sein.
10. Aus den eigenen bisherigen Fehlern lernen:
Das vielleicht Wichtigste ist, die eigenen Erfahrungen festzuhalten, um beim nächsten Mal daraus zu lernen.

Weshalb die Programme scheitern

Zum Scheitern der Kostensenkungsmaßnahmen tragen jedoch noch weitere Faktoren bei. Dazu zählen:

Um diese Klippen zu umschiffen und die IT-Ausgaben im Sinne des Unternehmenserfolgs dauerhaft zu steuern, empfiehlt es sich, zunächst ein Enterprise Architecture Management aufzubauen und zu etablieren. Damit sind Ziele und Verantwortlichkeiten klar geregelt. Entscheidungen müssen nicht mehr im luftleeren Raum getroffen werden, sondern haben eine solide Basis. (qua)

Die Tipps im Überblick

  • Projekte zu Programmen bündeln: So lassen sich Synergieeffekte erzielen.

  • Ressourcen umschichten: Der IT-Bereich "Plan" schafft den größten Wertbeitrag und sollte gut besetzt sein.

  • Kosten neu zuordnen: Sie müssen auf einzelne Services umgebrochen werden, um den Wertbeitrag zu verdeutlichen.

  • Services richtig priorisieren: Grundlage der Bewertung sollte der konkrete Beitrag zum Unternehmenserfolg sein.

  • EAM einführen und nutzen: Das Alignment von IT und Business setzt eine funktionierende IT-Architektur voraus.