Die steigende Bedeutung der Wissensarbeit führt zu einer Aufwertung der Fachbereiche mit einem hohen Anteil an Wissensmitarbeitern. Dazu zählen in erster Linie drei Abteilungen: die IT inklusive Service-Units, Forschung und Entwicklung (R&D) sowie das Finanzmanagement & Accounting (F&A). Die Folge dieser Entwicklung: Die Anforderungen an diese Fachbereiche in Sachen Effizienz, Transparenz und Serviceorientierung sind in den letzten Jahren merklich gestiegen. Insbesondere IT- und R&D-Verantwortliche machen die Erfahrung, dass der Druck zum Nachweis des Wertbeitrags anhand konkreter Kennzahlen zunimmt. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Fachbereiche im Wandel“, die das Marktforschungsinstitut Berlecon Research im Auftrag des Personaldienstleisters Hays AG vom Februar bis April letzten Jahres durchgeführt hat.
„Wissensarbeit erfolgt heute nicht mehr im Elfenbeinturm. Eine Grundvoraussetzung ist der Austausch zwischen Mitarbeitern, Kunden und externen Partnern. Dabei wird allerdings das Management der zunehmend komplexen Kommunikations- und Austauschprozesse zur Herausforderung“, kommentiert Hays-Marketingleiter Frank Schabel die Erhebung. Erschwerend hinzu komme, dass interne Prozesse immer schneller an veränderte Bedingungen angepasst werden und Verantwortliche immer kürzere Planungszeiträume akzeptieren müssten. „Gleichzeitig aber steigt der Budgetdruck“, so Schabel. Darüber hinaus würden immer mehr Mitarbeiter und Bewerber ein flexibles Arbeitsumfeld mit anpassbaren Arbeitszeiten und Möglichkeiten zur Nutzung des Home-Office fordern. Schließlich genießt das Thema Aus- und vor allem Weiterbildung einen hohen Stellenwert: Mehr als 40 Prozent der Befragten beklagten, dass das für die Kerntätigkeiten notwendige Wissen immer schneller veraltet. Um trotzdem Schritt halten zu können, müssen Fachbereiche immer stärker in Fortbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer investieren und Anreize für eine ständige Weiterentwicklung schaffen.
Technische Hilfsmittel vorhanden, aber wenig genutzt
Vor dem Hintergrund steigender Anforderungen an Flexibilität und Innovationsdruck erweisen sich die etablierten starren Prozesse bei der Organisation der Wissensarbeit jedoch als Hindernisse. Immer mehr Fachbereiche gehen deshalb dazu über, Teams in zeitlich und thematisch begrenzte Projekte einzugliedern. Schabel: „Mit der Vernetzung der Mitarbeiter, der zunehmenden Kommunikation und deren Abstimmung nimmt auch die Bedeutung technischer Hilfsmittel zu.“ So offenbare die Studie beispielsweise, dass Unternehmen schon heute viele moderne Kommunikationstechnologien verwenden. Dazu gehören Web-Collaboration- und Video-Conferencing-Tools. Knapp 80 Prozent der befragten Fachbereiche setzen der Erhebung zufolge auf solche technischen Hilfsmittel. „Doch nur in rund 40 Prozent der Fälle werden sie auch intensiv genutzt.“ Darüber hinaus sind mittlerweile auch Technologien zum mobilen Zugriff auf Büro- und Unternehmensanwendungen über Smartphones, Tablet-PCs oder Laptops in den Arbeitsalltag vieler Wissensmitarbeiter integriert – ein weiterer Beleg dafür, dass viele Abteilungen auf die steigenden Anforderungen der Mitarbeiter nach einer flexibleren Arbeitsplatzumgebung tatsächlich auch reagieren.
„Die technische Unterstützung der Wissensarbeit beschränkt sich bislang vorrangig auf einfache Tools, deren Einsatz keine kulturelle Veränderung der Zusammenarbeit erfordert“, gibt Schabel zu bedenken. Wikis und Blogs seien in vielen Fachbereichen genauso implementiert wie Web-Collaboration-Tools, würden aber nur von einem kleinen Teil intensiv genutzt. Die Verwendung Internet-basierter Messaging- oder Netzwerkdienste wie Xing oder Skype werde dagegen noch vernachlässigt. Immerhin etwa 40 Prozent der Studienteilnehmer plädieren für eine intensivere Nutzung dieser Werkzeuge. Diese Situation könnte sich allerdings ändern, wenn verstärkt jüngere Mitarbeiter in den Fachbereichen tätig werden, die im privaten Umfeld mit diesen Diensten bereits vertraut sind und deren Potenzial auch im professionellen Umfeld ausschöpfen wollen. Fakt aber ist: Alle diese Technologien würden nur dann ihr volles Potenzial entfalten, wenn deren Einsatz mit einer offenen Unternehmenskultur einhergehe sowie in die Wissensmanagementprozesse integriert und vom Management aktiv unterstützt würden. „Unternehmen setzen aufgrund sich verändernder Arbeitsstrukturen zunehmend auf neue Technologien“, so der Manager vom Personaldienstleister Hays. Allerdings würden oft noch die kulturellen Voraussetzungen in den Organisationen fehlen. Klare Unternehmensrichtlinien sowie Manager als aktive Vorbilder seien hier wichtige Treiber.
Alles in allem zeigen sich in puncto Technologienutzung deutliche Unterschiede zwischen den drei untersuchten Fachbereichen. So ist im R&D-Umfeld die Nutzungsintensität moderner IT-Technologien überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Dagegen zeigen sich die Mitarbeiter im F&A-Umfeld eher konservativ. Diese Unterschiede kommen für Berlecon und Hays nicht überraschend. Sie lassen sich mit unterschiedlichen Anforderungen an die Vernetzung der Mitarbeiter sowie mit unterschiedlich stark ausgeprägter Technikaffinität erklären.
Externe Unterstützung ist en vogue
Viele Fachbereiche greifen auf externe Spezialisten zurück. Dies ist ein weiteres Ergebnis der Befragung. So wurden während der letzten zwölf Monate von jedem zweiten Fachbereich Projekte oder Prozessschritte an externe Dienstleister vergeben. Ähnlich viele Fachbereiche nutzen flexible Beschäftigungsformen, indem sie externe Spezialisten als Freiberufler oder im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung beschäftigen. In vielen Fachbereichen sind externe Dienste mittlerweile sogar ein integraler Bestandteil der Wertschöpfung: In jedem zweiten Fachbereich (mit Externen im Einsatz) liegt der durchschnittliche Anteil der externen Spezialisten bei über fünf Prozent, in jedem vierten Unternehmen sogar bereits bei mehr als zehn Prozent. Dieser Anteil wird nach den Erwartungen der Verantwortlichen in den nächsten zwei bis drei Jahren weiter zunehmen. Allerdings zeigen sich auch hier deutliche Unterschiede zwischen den untersuchten Fachbereichen. So ist die Beanspruchung externer Spezialisten im R&D- und IT-Umfeld deutlich verbreiteter als bei F&A.
Der Einsatz externer Spezialisten bietet dabei mehr als die Schließung von Ressourcenengpässen. Mehr als 50 Prozent der Verantwortlichen mit Erfahrung mit Externen berichten von neuen Ideen für die Verbesserung von Prozessen und Verfahren. Knapp 40 Prozent der Befragten sehen es als Vorteil an, dass durch den Einsatz Externer der Blick der Mitarbeiter über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg geschärft wird. Schließlich betrachtet etwa jeder vierte Fachbereichsverantwortliche die Integration externer Mitarbeiter als hilfreich bei der Auflösung verkrusteter Organisationsstrukturen im Unternehmen. Um die Vorteile für die Weiterentwicklung der Fachbereiche durch Wissen- und Know-how-Transfer voll auszuschöpfen, sollte der Einsatz allerdings langfristig und strategisch geplant werden. Bei immerhin knapp 50 Prozent der Fachbereiche – darunter überproportional viele R&D-Abteilungen – ist dies heute schon der Fall. (ph)
Über die Studie:
Berlecon befragte im Auftrag von Hays 148 Fachbereichsverantwortliche aus Großunternehmen, die in Deutschland mehr als 1000 beziehungsweise in Österreich und der Schweiz mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Befragung erfolgte zwischen Februar und April 2011.