Schnell und anonym: Online-Umfragen

Wissen aus dem Web gewinnen

04.03.2005 von Christoph Lixenfeld
Umfragen im Internet erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Kein Wunder: Schneller, detaillierter und preiswerter kann ein Unternehmen nicht erfahren, was seine Kunden oder Mitarbeiter von ihm erwarten.

SECHS MINUTEN und 43 Sekunden von seiner Zeit zu opfern, das empfindet niemand als Zumutung, glaubt Thomas Wund, Marketingchef der Hans Kolb Wellpappe GmbH & Co. KG aus Memmingen (www.kolb-wellpappe.com). Genauso lange dauert es nämlich, an der Umfrage teilzunehmen, mit der das Unternehmen bereits zum zweiten Mal online die Zufriedenheit seiner Kunden ermittelt. Begonnen hatte das Ganze 2003 unter sanftem Zwang: Das Unternehmen wollte sich mit dem Qualitäts-Management-Zertifikat DIN ISO 9001 schmücken, weil immer mehr Kunden heute von ihren Lieferanten ein solches Siegel erwarten. Vor dessen Vergabe - zum Beispiel durch den TÜV - wird das gesamte Unternehmen durchleuchtet. Mit den Beziehungen zur Kundschaft beschäftigt sich nur ein kleiner Teil dieser Prüfung, und dabei kommt es

keineswegs auf den Nachweis optimaler Zufriedenheitswerte an. Vielmehr muss das betreffende Unternehmen lediglich zeigen, dass es sich aktiv für die Interessen seiner Kundschaft interessiert. Eine Online-Umfrage schien auch aus einem zweiten Grund das geeignete Mittel zu sein: Das Geschäft in der Branche des Verpackungsherstellers, der 860 Mitarbeiter hat und etwa 120 Millionen Euro umsetzt, wird vorwiegend via Internet abgewickelt. Zwölf Fragen sind bei der aktuellen Umfrage zu beantworten, zum Beispiel: „Wie zufrieden sind Sie mit unserer Lagerhaltung?“ Bewertet werden diese Kriterien mit Schulnoten von Eins bis Sechs. Außerdem will Kolb wissen, wie wichtig jeder Einzelne der Punkte dem Befragten ist. Das Antworten ist denkbar einfach, weil lediglich auf einer Website mit der Maus die entsprechenden Kästchen angeklickt werden müssen. Papier, Briefumschläge und Faxgeräte sind überflüssig. Entsprechend rege ist die Beteiligung: Mehr als die

Hälfte der 400 per Mail eingeladenen Kunden machen tatsächlich mit. Schnelle Reaktionen Nach Ansicht von Thomas Wund liegt das zum einen am unkomplizierten Online-Handling und zum anderen an den erwähnten sechs Minuten und 43 Sekunden: „Sie könnten in so eine Umfrage natürlich auch 50 Fragen reinpacken, aber dann haben Sie vermutlich eine Rücklaufquote von fünf Prozent“, glaubt der Marketingchef. Ganz anders bei der Hans Kolb GmbH: „Bei unserer aktuellen Aktion waren 20 Minuten nach dem Versenden der Einladungs-Mail schon 80 Fragebögen beantwortet.“ Obwohl das Ganze vergleichsweise problemlos zu managen ist, verzichtet das Unternehmen darauf, seine sämtlichen Kunden - es sind etwa 4000 - zu befragen. Stattdessen konzentriert man sich auf die Großen, die so genannten Key Accounts, ferner auf besonders aktive und auf neue Kunden. Bei der Auswertung der Ergebnisse ist Thomas Wund keineswegs nur auf Statistiken und

Diagramme angewiesen: Mehr als 60 Prozent derjenigen Kolb-Kunden, die bei der ersten Umfrage mitmachten, taten das nicht anonym, sondern sie registrieren sich mit ihrem vollen Namen. Der Vorteil: Wenn wichtige Key Accounts zum Beispiel bei der Frage „Wie zufrieden sind Sie mit der Innovationskraft unserer Produktentwicklung?“ schlechte Noten vergeben, dann ruft ein Mitarbeiter des Unternehmens den Betreffenden einfach an. „Der Punkt mit der Innovationskraft ist für uns besonders wichtig, weil wir uns gerade hier von wesentlich größeren Wettbewerbern abheben wollen.“ Aber das muss natürlich auch beim Kunden ankommen. Nach einigen ausführlichen Telefonaten wissen Thomas Wund und seine Kollegen dann, wo der Schuh drückt, können in internen Meetings die Kritikpunkte besprechen und anschließend abstellen. Grundsätzlich kenne man seine Stärken und Schwächen schon recht gut, faustdicke Überraschungen habe es bei den Ergebnissen

bisher nicht gegeben. Wichtig ist für das Unternehmen auch, den eigenen Ehrgeiz durch vorzeigbare Messergebnisse anzustacheln. Thomas Wund: „Wir wollen uns natürlich dauernd verbessern, und das scheint uns bisher auch zu gelingen. Im vergangenen Jahr lag die Durchschnittsnote aller Antworten bei 1,61, in diesem Jahr sind wir schon bei 1,48.“ Seiner Ansicht nach macht das Ganze generell nur Sinn, wenn man es über mehrere Jahre durchhält, und das hat man bei Kolb auch vor. Insgesamt hat die Aktion die Erwartungen des Unternehmens klar übertroffen, eventuell wird man das Verfahren in Zukunft sogar auch in anderen Bereichen einsetzen. Unterstützung bei der Kundenbefragung erhielt die Kolb GmbH vom Dienstleister Inworks aus Ulm (www.inworks.de). Das Unternehmen ist einer der

größten Anbieter auf dem sehr unübersichtlichen Markt. Wer eine Online-Umfrage durchführen will, wird von Inworks dabei mehr oder weniger intensiv unterstützt - ganz nach Bedarf und Budget. Der einfachste Weg (siehe Preisbeispiel S. 46) ist, sich die Fragen selber auszudenken, seinen Ablauf, Umfang und das Design zusammen mit Inworks zu entwickeln und den Rest den Spezialisten zu überlassen.

Die laden die Teilnehmer per E-Mail ein und senden ihnen ein Passwort. Mit diesem loggen diese sich auf einer Website ein, die auf den Servern von Inworks gehostet wird, und beantworten die Fragen per Mausklick. Anschließend werden die Ergebnisse zu Diagrammen und anderen Auswertungen verdichtet und dem Auftraggeber zugeschickt. Eine detaillierte sozialwissenschaftliche Beratung darüber, wie man eine Frage formulieren sollte, damit ein sinnvolles und verwertbares Ergebnis bei der Antwort herauskommt, ist in diesem Standardangebot nicht enthalten, kann aber auf Wunsch ebenfalls geleistet werden. Dass Online-Umfragen derzeit boomen, hat nach Ansicht von Inworks-Geschäftsführer Markus Tannheimer gute Gründe: „Bei der konventionellen Variante müssen Sie ja sämtliche Ergebnisse erst mal mühsam eingeben, bevor Sie an die

Auswertung denken können. Dazu braucht man sehr viel Zeit und Personal. Bei der Online-Version gibt der Kunde dagegen die Antworten selber sein. Außerdem gibt es hier ausschließlich valide Ergebnisse, das heißt keine ungültigen Bögen, weil niemand sein Kreuz irgendwo in die Mitte zwischen die Ja- und Nein-Kästchen machen kann.“ Wer sehr oft mit Hilfe von Inworks Umfragen durchführt, kann das entsprechende Tool auch erwerben. Die Software wird dann auf dem eigenen Server installiert, neben der Lizenzgebühr fallen in diesem Fall noch die Kosten für Updates und Support an. „Wenn aber jemand einmal im Jahr seine 1000 Kunden befragen will, dann lohnt sich diese Anschaffung eigentlich nicht“, so Inworks-Geschäftsführer Markus Tannheimer, „dann ist es besser, wir machen das für ihn.“ Doch häufig sind die Befragungen gar nicht nach außen gerichtet - ein Drittel seiner Kunden wendet sich per Online-Befragung

an die eigenen Mitarbeiter. Diese Möglichkeit nutzte auch Stephanie Birkenbeil, Personalchefin des IT-Dienstleisters Resco GmbH, der am Hamburger Millerntorplatz logiert (www.resco.de). Allerdings wählte sie als Partner nicht Inworks, sondern die Internetplattform 2ask, betrieben von der amundis communications GmbH aus Konstanz (www.2ask.de). Die Befragung bei Resco, die bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen war, richtete sich an sämtliche 100 Mitarbeiter, Personalchefin Birkenbeil rechnet mit einer Rücklaufquote von 60 Prozent. Und das, obwohl die Kollegen etwa 15 bis 20 Minuten benötigen, um die 100 Fragen zu beantworten. Aber immerhin hatten sie dazu etwa sechs Wochen Zeit. Den Fragebogen entwickelte Resco zum geringeren Teil zusammen mit einem Universitätsinstitut und zum größten Teil selber. Amundis war daran nicht beteiligt, allerdings hat der Dienstleister die Skalierung vorgenommen

sowie Aufbau und Design des Fragebogens festgelegt. „Bei einer Personalbefragung ist es natürlich besonders wichtig, dass alle Antworten wirklich anonym bleiben, sonst hätten die Mitarbeiter kein Vertrauen und würden auch nicht mitmachen. Und diese Anonymität hat uns Amundis garantiert.“ Bei der ganzen Sache, so Birkenbeil, komme es ihr nicht nur auf die Ergebnisse an, sondern auch darauf, „dass die Leute mal ein wenig gezwungen sind, über die eigene Firma genau zu reflektieren. Auch dadurch erhält man differenzierte Urteile.“ Bei der Wahl des Partners hat sich Stephanie Birkenbeil einfach umgehört. Die 2ask-Plattform habe einen guten Ruf und werde auch im wissenschaftlichen Bereich intensiv genutzt. Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden beschriebenen Online-Tools besteht darin, dass die Betreiber

von 2ask über viele der Umfragen fast nichts erfahren, die über die Plattform abgewickelt werden, wie Amundis-Geschäftsführer Matthias Löhrl erzählt. Denn beim Business-Paket für knapp 1000 Euro zum Beispiel handelt es sich um ein reines Selbstbedienungs-Tool, das die Kunden für den Betrag ein Jahr lang nutzen können. Sämtliche Einstellungen werden selber online vorgenommen, die Fragen muss der Kunde selbst bereitstellen und auch die Einladungs-Mails formulieren. Die Ergebnisse spuckt die Plattform anschließend automatisch aus. Darüber hinaus wird auf Wunsch - und gegen Aufpreis - jede erdenkliche weitere Unterstützung gewährt, vom Checken des Fragebogens bis zur kompletten inhaltlichen Entwicklung einer neuen Umfrage. „Fragebögen müssen vor allem intelligent aufgebaut

sein“, so Löhrl. „Das Kästchen für die positivste Antwort sollte zum Beispiel nicht immer rechts steht, damit die Teilnehmer nicht einfach runterklicken können, ohne sich wirklich damit zu beschäftigen. Wir können auch alle Fragebögen aus der Auswertung herausnehmen, die in weniger als zwei Minuten ausgefüllt worden sind. Das lässt sich alles messen.“ (uk) . Christoph Lixenfeld, freier Journalist in Hamburg.