Durch den steigenden Wettbewerbsdruck und drohende Entlassungen sind immer mehr Mitarbeiter dazu bereit, Know-how an Konkurrenten zu verkaufen. Mittelständer sind von diesem illegalen Wissenstransfer am stärksten betroffen. Nicht selten bangen die bespitzelten Unternehmen nach einem Vorfall um ihre nackte Existenz. In vielen Fällen sind es langjährig loyale Mitarbeiter, die E-Mails, Kundendateien, Dateien und andere Interna systematisch überwachen, sammeln und letztlich an die Konkurrenz weitergeben.
"Wirtschafts- und Industriespionage hat in all ihren Formen angesichts der aktuellen Krise merklich zugenommen. Mittlerweile gehört sie zur Gestaltung des Wettbewerbs dazu und wird seit dem Ende des Kalten Krieges auch zunehmend von den Geheimdiensten betrieben. Schließlich geht es bei Wissenstransfer um Beträge in Milliardenhöhe", meint Werner Rügemer, Vorsitzender der Business Crime Control, auf Nachfrage von pressetext. Dem Insider nach sollten all jene Firmen gutes Risiko-Management betreiben, die große Expansionen im Ausland planen. Das produzierende Gewerbe sei besonders betroffen.
Fachleute sehen die Ursache dafür, dass Mitarbeiter immer öfter ihr Wissen zu Geld machen wollen, auch darin, dass es ihnen in vielen Firmen kinderleicht gemacht wird, Informationen auszuspionieren. Ohne Verdacht auszulösen, werden Untergebene nach ihren Zugangsdaten für scheinbar belanglose Zwecke befragt. Sicherheitsmaßnahmen schlagen oftmals fehl oder sind schlichtweg und ergreifend noch nicht einmal vorhanden. Die Täter sind in den meisten der Fälle männlich, überdurchschnittlich gebildet und selten vorbestraft, wie eine neue Studie der Universität Leipzig im Auftrag der Unternehmensberatung RölfsPartner ermittelt hat.
Die Hemmschwelle sinkt
Einem "Spiegel"-Bericht nach sinkt in Zeiten der Rezession nicht zuletzt die Hemmschwelle der Täter - begünstigt wird dies durch den vielerorts drohenden Jobverlust. Experten gehen davon aus, dass auch dieses Jahr ein ähnlich hoher Schaden entstehen könnte. Allein 2007 beliefen sich die Verluste auf 20 Milliarden Euro. "Die Zahlen sind ähnlich der Korruption mit Vorsicht zu genießen. Die Dunkelziffer dürfte weitaus höher ausfallen", sagt Rügemer auf Nachfrage von pressetext. Diese Einschätzung bestätigt sich darin, dass viele betroffene Unternehmen verständlicherweise die Öffentlichkeit scheuen und die Polizei deshalb außen vor lassen.
Liegt ein Verdacht vor, wenden sich die Firmen vorrangig an diskrete Sicherheitsspezialisten, die das Unternehmen gezielt auf Schwachstellen abklopfen. "Aufstrebende Schwellenländer wie China sind für westliche Unternehmen mit Vorsicht zu genießen. Dass sich Know-how-Transfers schnell relativ unbemerkt ereignen können, sollte jeder Unternehmer wissen", fügt Rügemer hinzu. Für die Enttarnung der Schwachstellen nutzen Security-Experten Hightech wie Wärmebildkameras und nehmen in Konferenzräumen Steckdosen auseinander. Wanzen und Keylogger, die alle Tastatureingaben speichern, können so ausfindig gemacht werden. (pte)