Wissen ist Silber, der breite Zugang zum Wissen Gold. Der Gedanke, dass wichtige Informationen innerhalb eines Unternehmens einfach, schnell und zielgruppengerecht zur Verfügung gestellt werden, fasziniert Fachbereiche, Projektteams und Wissensmanagement-Strategen. So berichtete die Computerwoche jüngst über die Studie des Marktforschungsunternehmens Berlecon Research GmbH zum Einsatz der Web 2.0 Technologien und deren positiven Auswirkungen auf innerbetriebliche Kommunikation.
Doch nicht alle IT-Entscheider planen bereits eine aktive Umsetzung dieser Strategie – dies bestätigt auch eine im April veröffentlichte, mit rund 2.800 Top IT-Entscheidern global durchgeführte Studie von McKinsey mit dem Titel "How businesses are using Web 2.0" (Registrierung erforderlich). Danach haben nur 40 Prozent der Befragten praktische Erfahrung mit Wikis oder planen deren Einsatz.
Wie passen Wikis in Unternehmens-Portale?
Unternehmens-Portale verfolgen im Wesentlichen das Ziel, die Produktivität der Anwender zu erhöhen, indem rollenbasiert sämtliche Informationen, Daten und Applikationen in einem passenden Kontext bereitgestellt werden. Viele Unternehmen bieten heute den eigenen Mitarbeitern (aber auch Kunden oder Lieferanten) effiziente Web-basierende Portal-Arbeitsplätze.
Gleichzeitig fällt jedoch auf, dass die meisten Portale – allen voran interne Mitarbeiterportale – zu sehr durch einen technischen Integrationscharakter geprägt sind. So kann der Endanwender beispielsweise schnell und gezielt auf eine bestimmte Auswertung oder gewünschte Softwareanwendung zugreifen. Gleichzeitig mangelt es jedoch an prozess-, anwendungs- oder datenbezogenem Wissen direkt dort, von wo aus im Portal eine Information ab- oder eine Anwendung aufgerufen wird. Die Folge: Der Anwender gelangt über das Portal schnell an eine bestimmte Stelle, muss dann aber sehr umständlich die nötigen Informationen recherchieren, um die richtigen Arbeitsschritte ausführen zu können. Genau an dieser Stelle können Wikis im Portal-Kontext von großem Nutzen sein.
Prozesse ohne Wissen
Die Klassiker in einem Firmenportal sind die "Employee Self Services", also die Bereitstellung von Daten und Funktionen, mit denen Mitarbeiter unter anderem die eigene Bankverbindung ändern, einen Reiseantrag stellen oder online einen Gehaltsnachweis drucken können.
Eine solche Selbstbedienung soll die Prozesskosten senken, weil Mitarbeiter schnell, ad-hoc und dezentral diese Aufgaben erledigen können. Bestandteil eines solchen Szenarios ist auch, die Mitarbeiter die Anwendung ohne Schulung bedienen können, weil sie selbsterklärend ist.
Und wie sieht die Praxis aus? Der Mitarbeiter findet zwar schnell die passende Funktion im Portal (zum Beispiel für die Online-Reisekostenabrechnung). Die Dokumentation im Portal beschreibt auch, welche Buttons wann anzuklicken sind. In der Praxis fehlt es indes häufig am Prozesswissen: Wie war das doch gleich mit der Angabe von Spesen für Firmenreisen zum Firmenhauptsitz in München? Und wie sollen eigentlich geschäftliche Auslagen, die mit privater Kreditkarte gezahlt wurden und deren Belege verloren gegangen sind, eingebucht werden und welche First ist einzuhalten...?
Das Portal-Dilemma: Die verteilten Zutaten für das Essen werden aus allen Backend-Systemen schnell und rollenbasiert dem Anwender bereitgestellt, aber das Rezept, um mit den Zutaten kann das Gericht zu kochen, fehlt leider.
Wikis zur kollaborativen Dokumentation von Prozessen
Je mehr Nutzen ein Portal bringen soll, desto mehr indirekte und dezentrale Prozessabläufe und Anwendungen müssen dem Benutzer bereitgestellt werden. Gleichzeitig steigt aber der Wissensbedarf der Anwender, die Prozesse auch korrekt und vor allem effizient ausführen zu können.
Zentral erstellte Online-Hilfen helfen bei der technischen Handhabung der Systeme. Das Wissen – und vor allem das dezentrale Erfahrungswissen von Hunderten oder Tausenden von Anwendern – wird durch die klassischen Hilfetexte weder erfasst, geschweige denn kollaborativ erstellt, versioniert oder automatisch verwaltet. Genau um diese Funktionen können Wikis die Unternehmensportale auf ideale Weise bereichern. Sie erlauben die zügige und unkomplizierte Erstellung und Änderung von Artikeln – die Trennung zwischen reinen Redakteuren und reinen Lesern verschwindet. Dadurch kann das sonst nur in den Köpfen vorhandene oder zumindest nicht zentral verfügbare Wissen beschrieben und fortlaufend aktualisiert werden.
Im fall des oben geschilderten Beispiels würde der Anwender im Kontext der Reisekostenabrechnung einen Hinweis auf einen passenden Wiki-Artikel "Reisekostenabrechnung im Portal" erhalten. Dort haben über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr hunderte Mitarbeiter ihr Erfahrungswissen zur effizienten und korrekten Handhabung ganz nebenbei gespeichert. Entsprechend findet der Anwender sofort eine Antwort, wie mit den verlorenen Kreditkartenbelegen umzugehen ist. - und wird selbst dazu animiert, seine Kenntnisse einzubringen. Beispielsweise könnte er den Artikel editieren und die Besonderheiten zur Anforderung der Ersatzbelege bei einem bestimmten Kreditkarteninstitut beschreiben.
Symbiose aus Wikis und Portalen
Durch den prozessbezogenen Einsatz von Wikis im Unternehmensportal lässt sich das strategische Ziel der Produktivitätssteigerung erreichen.
Zusammengefasst eröffnen Wiki-Artikel im Portalkontext folgenden Nutzen:
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Zugriff auf aktuelles firmenspezifisches Prozesswissen an der richtigen Stelle und zum passenden Zeitpunkt
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Beschreibung des Prozesswissens in der natürlichen Sprache der realen Anwender, da die sie selbst zu Autoren werden.
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Fortlaufende, einfache und dezentrale Aktualisierung des Prozess- und Anwendungswissens durch die Wiki-Funktionen. Sie synchronisieren die Anwendung und die zugehörige Dokumentation.
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Transparenz: welche Anwender haben welche Bereiche des Prozesswissens zu welchem Zeitpunkt geändert. Schlecht verständliche oder gar falsche Beschreibungen werden durch das Web-2.0-Prinzip schnell dezentral eliminiert.
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Proaktive Information der Anwender bei Änderungen im Wissensspeicher durch Abonnements ("Subsriptions") bestimmter Wiki-Artikel.
Technische Aspekte der Portal-Wiki-Integration
Rein technisch gesehen muss die Integration eines Wiki in ein Mitarbeiterportal mindestens den gleichen Anforderungen genügen, wie die aller anderen Anwendungen auch:
Zentrales, gemeinsames Benutzermanagement zwischen dem Portal User Store und dem Wiki
Single-Sign-On über die Logon-Tickets des Portals bei Aufruf eines Wiki-Artikels, so dass keine zusätzlichen Anmeldungen oder Passwörter erforderlich sind.
Automatische Authentifizierung über die Portal-User-ID bei Editierung und Versionierung eines Wiki-Artikels
Integration von Wiki-Bereichen und Wiki-Artikeln in das Rollen- und Navigationskonzept des Portals
Indizierung sämtlicher Wiki-Inhalte über die zentrale Portalsuche