Softwarehaus setzt auf modernes Arbeiten

Wie Workation funktionieren kann

14.09.2023 von Janina Beckmann
Remote Work und Workation wurden bei Inform als klares Signal für selbstbestimmtes Arbeiten ausgegeben. Das läuft aber nur in einer auf Vertrauen basierenden Unternehmenskultur.
Arbeitgeber, vor allem solche aus der IT-Branche, sind gut beraten, wenn sie bereits im Bewerbungsgespräch mit ihrem Angebot rund um Remote Work und Workation punkten können. Einige Mitarbeiter – wie hier das Beispiel eines Inform-Entwicklers – reisen wochenlang mit dem Wohnmobil und verbinden Arbeit mit Urlaub.
Foto: Inform

Das Arbeitskonzept der Zukunft ist längst in der Gegenwart angekommen: An einem Online-Meeting teilnehmen oder sich in einem Video-Call mit anderen KollegInnen austauschen, während man gleichzeitig an der sonnigen portugiesischen Atlantikküste sitzt. Das geht, denn flexible Arbeitszeitmodelle sind bei Mitarbeitern gefragt wie nie zuvor.

Die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitenden sind vielschichtig und müssen so auch betrachtet werden. Nicht erst, aber besonders nach der Pandemie ist klar geworden, dass sich viele berufstätige Menschen ein flexibleres Arbeiten wünschen. Zum Beispiel im Aachener Softwareunternehmen Inform, das auf flexible Arbeitszeitmodelle setzt.

Komplett flexible Arbeitszeit

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat sich das Aachener Unternehmen noch intensiver mit mobilem Arbeiten inklusive dem Arbeiten aus dem EU-Ausland (Workation - dieser Begriff setzt sich zusammen aus "Work" - Arbeit und "Vacation" - Urlaub) beschäftigt. Für die über 1.000 Mitarbeitenden am Standort in Aachen ist es grundsätzlich freigestellt, von wo sie deutschlandweit tätig sind und an welchen Tagen der Woche sie mobil arbeiten. Jeder und jede kommt, wann es für ihn oder sie am besten planbar ist.

Generation Z startet mit hohen Erwartungen

Voraussetzung ist, dass alle sich in Eigenverantwortung in den jeweiligen Teams untereinander abstimmen und auf die individuellen Kundenbedürfnisse Rücksicht genommen wird. Ein weiterer, nicht zu vernachlässigender Fakt ist, dass sich Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels mehr denn je als moderner Arbeitgeber präsentieren und von der Konkurrenz abheben müssen.

Auf der einen Seite startet der heutige Nachwuchs oft bereits mit großen Erwartungen ins Berufsleben ein. Da lohnt es sich als Unternehmen, mit besonderen Vorteilen zu punkten. Besonders gefragt sind Remote Work und Workations. Auf der anderen Seite ist es auch eine Chance, neue Arbeitskräfte in neuen Städten und Ländern anzusprechen.

Arbeitsplatz = Urlaubsort

Arbeit und Urlaub miteinander verbinden? Was erstmal sehr gegensätzlich klingt, wird bei Inform erfolgreich umgesetzt. "Es war eine naheliegende Weiterentwicklung des Home-Office", sagt Geschäftsführer Peter Frerichs.

Nicht nur Bewerber, auch Mitarbeiter wollen wissen, wie ihr Arbeitgeber nach Corona flexibles Arbeiten organisiert. Denn sollte Remote Work nicht möglich sein, dürfte sich der eine oder die andere verabschieden.
Foto: Inform

Das Unternehmen stellt sich auf die veränderten Ansprüche der Mitarbeitenden ein. "Sie alle sind es gewohnt, autonom und selbstbestimmt Dinge zu entwickeln. Diesen Menschen kann ich keine Arbeitszeitüberwachung und auch keinen festen Arbeitsort mehr vorschreiben. Das ist der folgerichtig nächste Schritt", ergänzt Frerichs.

Team muss sich genau absprechen

Koffer gepackt und los geht´s? Ganz so einfach ist es dann auch bei Inform nicht, wenn es um das Thema Workation geht. Grundsätzlich muss eine Abstimmung im Team erfolgen und ein paar bürokratische Anforderungen müssen vor Reisestart erfolgen, damit dem beruflichen Tapetenwechsel nichts mehr im Wege steht.

Eine Workation ist dabei als ein Aufenthalt zu verstehen, ohne dass die Mitarbeitenden durch Inform entsandt worden sind und auch ohne direkten Kundenbezug, etwa in Verlängerung eines Urlaubes oder einer Dienstreise.

Aus sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Gründen sind im Zeitraum von zwölf Monaten Aufenthalte von jeweils bis zu vier Wochen am Stück und insgesamt nicht länger als drei Monaten im europäischen Ausland erlaubt. Eine vernünftige Internetverbindung und ein angemessener Arbeitsplatz vor Ort sind dabei Pflicht.

Workation eignet sich nicht für alle

Nur ein einziger Antrag muss vorher ausgefüllt werden: der für die sogenannte A1-Bescheinigung. Dann kann die Reise losgehen. Eine Workation hat vordergründig das Ziel, Arbeit direkt mit dem Urlaub zu verknüpfen. Sie kann auch dabei helfen, dem normalen 'Arbeitstrott' entgegenzuwirken und die Kreativität zu steigern sowie neue Impulse zu geben.

Solch eine flexible Arbeitsgestaltung bedeutet für viele Mitarbeitenden eine höhere Work-Life-Balance und mehr Lebensqualität. Dieses moderne Arbeitskonzept ist aber nicht für alle Mitarbeitenden geeignet, denn eine ordentliche Portion Selbstdisziplin ist Voraussetzung und das Selfmanagement an einem neuen Ort vielleicht auch eine Herausforderung für den einzelnen.

Da kann der Liegestuhl am Pool schonmal von den zu erledigenden Aufgaben ablenken. Auch das Vertrauensverhältnis und der Teamzusammenhalt können negativ beeinflusst werden, wenn man sich über eine längere Zeit nur noch online sieht. Außerdem sollte natürlich gewährleistet sein, dass die Kollegen und Kolleginnen zuhause jederzeit einwandfrei Kontakt aufnehmen können - hierfür muss eine stabile Internetverbindung am Workation-Ort vorliegen.

Mit dem Camper nach Südfrankreich

Der 34-jährige Max ist seit acht Jahren als Systemadministrator in der zentralen IT bei Inform beschäftigt und hat als einer der ersten das Workation-Angebot ausprobiert: "Ich habe mich für Südfrankreich entschieden, um außerhalb der Saison eine höhere Chance auf gutes Wetter zu haben und wurde nicht enttäuscht.

Da ich mit dem Camper unterwegs war, musste ich sicherstellen, dass ausreichend Strom zur Verfügung steht und die Internetverbindung stabil ist." Für dreimal je vier Wochen war Max mit seinem ausgebauten Camper unterwegs, teils allein, zu zweit oder zu dritt mit seinem Hund.

Erstmals Workation mit einem ganzen Team

Das Talent-Aquisition-Team testet nun im Herbst 2023 erstmals eine Workation mit der ganzen Truppe. Nina, Sabrina, Patricia und Sandra haben sich Portugal als Aufenthaltsort ausgesucht. Eine Woche lang wollen sie in einem gemütlichen Ferienhaus in Meer-Nähe gemeinsam arbeiten, neuen Content für die unternehmenseigenen Social-Media-Kanäle erstellen und den Fokus aufs Teambuilding legen.

Das Softwarehaus Inform hat eine Niederlassung in Lissabon, so dass es seinen Mitarbeitern problemlos dort einen Workation-Aufenthalt organisieren kann.
Foto: Inform

Außerdem steht ein Besuch bei Inform Portugal ganz oben auf der Agenda der vier Kolleginnen. "Wir sind gespannt auf den Perspektivwechsel: Wie fühlt es sich an, an einem anderen Schreibtisch zu sitzen? Und was können wir von unseren portugiesischen KollegInnen mitnehmen und wo können wir sie unterstützen? Ich bin sicher, dass wir alle unseren persönlichen Horizont erweitern werden", so die 35-jährige Sandra.

Ohne Vertrauen geht es nicht

Das ganze Konzept rund um flexibles Arbeiten funktioniert nur, wenn Vertrauen seitens der Geschäftsführung ausgesprochen wird. Diese Voraussetzung und die Idee der Selbstverantwortung sollen die Motivation und den eigenen Antrieb der Mitarbeitenden bewusst fördern.

Insgesamt wird die Arbeit an Ergebnissen und nicht nach reiner Arbeitszeit gemessen. Inform-CEO Peter Frerichs sieht diesen Vertrauensvorschuss als lohnende Basis: "Das ist auch ein ganz zentrales Element für die Bindung ans Unternehmen und es steigert unsere Attraktivität als Arbeitgeber enorm."

Firmenkultur darf nicht verloren gehen

Das hybride Modell, also die abwechselnde Arbeit im Büro und zu Hause, werde bei Inform außerdem als große Chance gewertet. Vergessen dürfe man aber auch nicht jene Mitarbeitende, die sich insbesondere nach der Pandemie und einer langen Isolationszeit darauf freuen, wieder vermehrt ins Büro zu kommen und sich an der Kaffeemaschine persönlich auszutauschen.

Die Unternehmenskultur und der soziale Zusammenhalt dürfen bei allen Freiheiten nicht verloren gehen. Das Büro als feste und wichtige Anlaufstelle solle auch weiterhin gestärkt werden - entsprechende Angebote würden auch für diejenigen geschaffen, die den persönlichen Kontakt brauchen.

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