Facebook und Xing liegen vorn

Wie Unternehmen Social Media nutzen

19.10.2012 von Andrea König
Firmen wollen damit vor allem ihre Bekanntheit steigern und neue Kunden gewinnen. Sie professionalisieren sich mit Mitarbeitern, Guidelines und Monitorings.

Mehr als 700 Unternehmen ließ der Branchenverband Bitkom zu ihrem Social Media Engagement befragen. Fast die Hälfte von ihnen (47 Prozent) setzt Social Media bereits ein. Weitere 15 Prozent haben einen Einsatz bereits konkret geplant. Damit zählen deutschlandweit nur noch 38 Prozent der Unternehmen zu den Social Media-Verweigerern. Die meisten Unternehmen sind im Social Web aktiv, um ihre Bekanntheit zu steigern (82 Prozent) und neue Kunden zu gewinnen (72 Prozent).

Vier von fünf Unternehmen wollen durch ihr Social Media-Engagement ihre Bekanntheit steigern.
Foto: Bitkom

68 Prozent der Firmen engagieren sich für die Beziehungspflege zu Kunden, 42 Prozent wollen ihr Image aufbessern. Ein knappes Drittel der Unternehmen nutzt Social Media für die Beziehungspflege zu Multiplikatoren (etwa Journalisten) und für Marktforschung (32 beziehungsweise 31 Prozent). Immerhin 23 Prozent wollen über die Social Web-Kanäle neue Mitarbeiter gewinnen. 15 Prozent der Befragten nutzen Social Media für die Zusammenarbeit mit Kunden, etwa beim Crowd Sourcing.

Die Studienautoren fragten auch, welche Social-Media-Instrumente die Unternehmen einsetzen. Soziale Netzwerke wie Facebook und Xing sind mit großem Abstand am beliebtesten. 86 Prozent der Unternehmen die Social Media einsetzen, sind in sozialen Netzwerken aktiv. Mehr als die Hälfte der Unternehmen (53 Prozent) hat eine eigene Facebook-Seite, bei weiteren 16 Prozent sind es mehrere. An zweiter Stelle der beliebtesten Social Media-Instrumente folgen interne und externe Blogs (36 Prozent), an dritter Stelle Video-Plattformen wie Youtube (28 Prozent).

Microblogging, etwa über Twitter, praktiziert jedes vierte Unternehmen, 14 Prozent der Firmen arbeiten mit Wikis. Jeweils 13 Prozent der im Bereich Social Media aktiven Unternehmen nutzen eigene Online-Communities und Content-Plattformen wie Slideshare. Gerade einmal ein Prozent der Befragten arbeitet mit Location based Services wie Foursquare.

Wer nutzt welche Tools?

Am häufigsten nutzen Firmen Social Media-Tools in den Unternehmensbereichen Werbung (75 Prozent) und Marketing (71 Prozent). An dritter Stelle steht mit 59 Prozent der Bereich PR und Öffentlichkeitsarbeit. Weitere Unternehmensbereiche folgen mit einem größeren Abstand. 36 Prozent der Befragten setzen Social Media im Kundenservice ein, 30 Prozent im Vertrieb. Die Personalabteilung arbeitet in acht Prozent der Firmen mit Social-Media-Tools, bei der Produktentwicklung sind sieben Prozent der Unternehmen aktiv im Social Web.

Tools für das Social Business
Tools für das Social Business
Instant Messaging, Acivity-Streams, Dokumenten-Sharing, Tagging und Profilseiten – diverse Plattformen stellen beliebte Social-Media-Funktionen für den internen Gebrauch zur Verfügung. Ein Überblick über die wichtigsten Tools:
Chatter
Das Tool lässt sich mit der CRM-Lösung von Salesforce integrieren und kann so Geschäftsprozesse etwa im Vertrieb abbilden, ist aber auch als Stand-alone-Lösung einsetzbar. Sein Engagement im Social-Business unterstrich der Anbieter zudem mit der Übernahme von Radian6, einem Anbieter von Tools zur Analyse unstrukturierter Daten. Chatter bietet zudem die Möglichkeit, Prozessschritte anderer Enterprise-Anwendungen, zum Beispiel von SAP, einzubinden.
Jabber
Cisco fährt im Social-Business zweigleisig. Unter dem Namen "Jabber" bündelt die Networking-Company seit Kurzem sämtliche Communications- und Collaboration-Clients, die im Lauf der Jahre unter anderem durch Zukäufe ins Unternehmen kamen. Der Jabber-Client integriert Kommunikationsfunktionen wie Präsenzanzeige oder Instant Messaging und stellt mit Hilfe der hauseigenen Webex-Produktfamilie Audio- und Videoconferencing bei Bedarf auch in HD-Qualität bereit.
Quad
Das zweite Standbein ist "Quad", von Cisco als Plattform für das Enterprise 2.0 positioniert. Es integriert Features wie Blogs und Wikis.
Quad
Quad ist am Frontend mit eingeschränkter Funktionalität mittels Web-Browser zu bedienen. Wollen Anwender die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten ausschöpfen, ist der Jabber-Client ratsam. Er gewährleistet auch die Interaktion mit Fremdprodukten wie Microsoft Office und Sharepoint.
Jive
Eine beliebte Anwendung unter den Social-Business-Lösungen stellt das 2001 gegründete kalifornische Unternehmen Jive Software mit dem Produkt "Jive Engage" bereit. Es kombiniert Collaboration- und Community-Features und stellt Lösungen für das Knowledge-Management zur Verfügung. Ständige Erweiterungen haben die Software zu einer Social-Business-Plattform anwachsen lassen. So kamen im Lauf der Zeit Funktionen für Instant Messaging sowie die Mobility-Unterstützung für iPhones und Blackberrys hinzu.
Jive
Die funktionalen Erweiterungen hat Jive in wesentlichen Teilen eingekauft: Die Akquisition von OfficeSync wurde beispielsweise zur Basis für das Dokumenten-Sharing, das übernommene Start steuert Konnektoren zur Microsofts Office-Welt bei. Im Frühjahr 2011 schluckte der Hersteller den Business-Analytics-Anbieter Proximal Labs. Seitdem können Anwender der Software bei Bedarf große Menge unstrukturierter Daten auswerten. Beachtung fand zuletzt auch Jives Marktplatz für Applikationen, der Partner dazu ermuntern soll, die Social-Business-Plattform mit Drittanwendungen anzureichern.
Sharepoint
Microsoft setzt im Social Business auf "Sharepoint". Die Collaboration-Umgebung stellt Anwendern Dokumenten-Sharing und Kommunikationsmöglichkeiten bereit. Spezielle Social-Network-Angebote sind unter anderem integrierte Profile, Wikis, Blogs, Newsfeeds und interne Videoportale sowie Funktionen für die unternehmensinterne Suche, das Tagging, Rating und zur Kommentierung.
SmartCloud for Social Business und Connections
IBM vertreibt im Geschäft mit der unternehmensinternen Collaboration die Produktlinien "Connections" und "SmartCloud for SocialBusiness" (vormals LotusLive). Connections wird in die Unternehmens-IT integriert und bietet mit Activity Streams, Social Analytics, Wikis, Blogs, Dokumenten-Sharing sowie E-Mail- und Kalenderintegration typische Enterprise-2.0-Funktionen.
SmartCloud for Social Business und Connections
Anwendungen von Drittparteien lassen sich mittels Portal integrieren. IBM verspricht auch die Einbindung von Geschäftsprozessen, beispielsweise können Nutzer SAP-Transaktionen in der Connections-Umgebung bearbeiten. Connections lässt sich auch als SaaS-Ausführung beziehen.
SocialCast
Zudem schaffen Schnittstellen zu Lotus Notes, Outlook, Sharepoint sowie zum Active Directory ergänzende Kommunikations- und Integrationsmöglichkeiten. Jüngste Neuerung, die bereits zu VMware-Zeiten eingeführt wurde, ist die Social-Applikation "Strides", die Socialcast zur integrierten Collaboration-Plattform ausbauen soll. Interessenten an Socialcast können zunächst eine kostenlose Version ausprobieren, die sich aber nicht im internen Data Center installieren lässt und der einige Funktionen, etwa zur Datenanalyse, fehlen.
Streamwork
"Streamwork" wurde ursprünglich als Plattform entwickelt, die mit Hilfe von Business Intelligence die Entscheidungsfindung in Unternehmen schneller und kollaborativ gestalten soll. Dabei setzt SAP auf die Integration von Fremdprodukten. Anknüpfungspunkte bestehen etwa für Webex, Evernote sowie Outlook und Google Mail.
Streamwork
Die Nähe zu betriebswirtschaftlichen Anwendungen spiegelt sich in der Feature-Liste wider: Wesentliche Funktionen betreffen etwa die Agendaplanung, Prioritätenlisten, Ad-hoc-Umfragen, SWOT- und Kosten-Nutzen-Analysen sowie Verantwortlichkeits-Diagramme. Die Social-Business-Komponenten erstrecken sich auf News-Feeds für Geschäftsdaten und Monitoring-Dienste, die Aktivitäten und Ereignisse darstellen. Streamwork ist mit verschiedenen SAP-Anwendungen integriert.
Tibbr
Mit "Tibbr" hat sich der SOA- und Integrationsspezialist Tibco in das Social-Business-Geschäft vorgewagt. Folgerichtig betont auch Tibbr die Verzahnung verschiedener Anwendungen (etwa von Oracle, SAP, Microsoft Sharepoint und Salesforce.com) in einer Plattform, so dass sich beispielsweise der Activity-Stream durch Ereignisse und Veränderungen aus den Business-Applikationen speisen lässt.
Tibbr
Tibbr bietet soziale Services wie Microblogging, Profile, Instant Messaging und Voice-Memos, Videoconferencing und Communities. Die Nutzer können sogenannten Subjects folgen, das sind entweder andere Nutzer, Gruppen oder Themen. Auch Tibco bietet Unternehmen Möglichkeiten zur Analyse der Inhalte.
Yammer
"Yammer" kam vor knapp vier Jahren als unternehmensinterne, Cloud-basierende Software für das Microblogging auf den Markt. Der gleichnamige Betreiber vermarktet die Lösung zum einen als kostenlose und funktional reduzierte Version, zum anderen als kostenpflichtige Ausführung für fünf Dollar pro Monat sowie als Premium-Lösung für Unternehmen inklusive Admin-Rechten und Integrationsmöglichkeiten.
Yammer
Mit dem aktuellen Release können Anwender beispielsweise Communities einrichten, Termine in Outlook und Google Calendar planen, in verteilten Teams kommunizieren und gemeinsam Dokumente bearbeiten. Eine Präsenzanzeige erstreckt sich auch auf mobile Clients, zudem liefern Analysewerkzeuge Daten über die Aktivitäten im sozialen Netz. Die Version für Unternehmen stellt besondere Sicherheitsfunktionen sowie Andockmöglichkeiten an Geschäftsapplikationen etwa von Salesforce.com, Microsoft und Netsuite bereit.
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Studieninitiator Bitkom beobachtet, dass Social Media längst keine Nebentätigkeit mehr ist: "Für den Social Media-Einsatz werden zunehmend feste Strukturen mit spezialisierten Mitarbeitern und eigenen Budgets geschaffen", so Bitkom-Präsident Dieter Kempf. 86 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten beschäftigen eigene Mitarbeiter, die für die Steuerung der Social Media-Aktivitäten verantwortlich sind. Bei mittelständischen Arbeitgebern tun dies 41 Prozent. Doch oft wird nur wenig in Personal investiert: 80 Prozent der Firmen überlassen die Betreuung der Social Media-Auftritte des Unternehmens ein oder zwei Mitarbeitern.

Warum Unternehmen sich Social Media verweigern

Foto: fotolia.com/arrow

Auch bei anderen Themen sind Konzerne aktiver als kleinere Unternehmen. 63 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern verfügen über Social Media Guidelines, die Angestellten Richtlinien für die berufliche Nutzung sozialer Medien an die Hand geben, während es bei den Kleinen 19 Prozent sind. Ein Social Media Monitoring, mit dem sich beobachten lässt, was im Internet über ein Unternehmen und seine Produkte geschrieben wird, gibt es bei 48 Prozent der großen Arbeitgeber. Bei Mittelständlern findet man so ein Monitoring nur in jeder zehnten Firma.

Auch bei den Verweigerern (38 Prozent der Unternehmen) hat Bitkom nachgehakt, weshalb sie bislang nicht im Social Web aktiv sind. 62 Prozent der Befragten begründen ihr Fernbleiben damit, dass sie mit Social Media-Aktivitäten ihre Zielgruppe nicht erreichen. Die Hälfte der Skeptiker äußert rechtliche Bedenken, insbesondere beim Datenschutz. 45 Prozent sagen, soziale Medien passen nicht zu ihrer Unternehmenskultur. Fehlende Ressourcen und Budget werden seltener als Grund genannt: Jedes vierte Unternehmen empfindet den personellen Aufwand als zu hoch, 14 Prozent halten finanzielle Gründe vom Social Media-Engagement ab.

"Manche Bedenken sind verständlich, aber auch der Verzicht auf den Einsatz sozialer Medien birgt Risiken", kommentiert Bitkom-Präsident Kempf. "Diskussionen über Marken und Produkte von Unternehmen finden im Social Web ohnehin statt. Wer sich den sozialen Medien verschließt, verzichtet bewusst darauf, Einfluss zu nehmen." Denn über einen Arbeitgeber oder ein Produkt tauschen Internetnutzer sich auch dann aus, wenn man keine eigene Facebook-Seite besitzt.

10 Thesen zu Social Media
1. Social Media muss abteilungsübergreifend organisiert werden:
Im Umgang mit Social Media sind "Hobby-Lösungen mit Praktikanten" vorbei. Social Media wird zum Alltag und muss daher abteilungsübergreifend organisiert werden. Der BVDW sieht nicht nur die IT, sondern vor allem auch die Unternehmenskommunikation in der Pflicht.
2. Employer Branding 2.0:
Künftig reicht es nicht mehr, eine eigene Jobbörse auf der Homepage zu schalten und Stellenanzeigen aufzugeben. Bewerber informieren sich in den Netzen über potenzielle Arbeitgeber - und erfahren dabei auch, wie diese von anderen Nutzern bewertet werden.
3. Neue Dynamik in der Produktentwicklung:
Unternehmen lassen immer mehr Informationen in die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen einfließen. Social Media liefert Input zur Produktentwicklung und ermöglicht intern wie extern schnelles Feedback. Der BVDW spricht hier von "Adaptive Engineering".
4. Customer-Relationship-Management (CRM) verschmilzt:
Schon in diesem Jahr verschmelzen verschiedener CRM-Bereiche mit Social Media-Komponenten. Leadmanagement, Kundenservice und Kundenbindung sind die ersten Bereiche, in denen Social Media eine zunehmende Rolle spielt.
5. Unternehmen aus der zweiten Reihe springen auf:
2011 werden auch kleinere und mittlere Player auf den Zug aufspringen. Mittelständler, Verbände oder auch Non-Governmental-Organisationen (NGOs) können aus Erfahrungen der "Großen" lernen.
7. Erfolgsfaktor "Social Intelligence":
Social Media Monitoring war bereits voriges Jahr ein großes Thema. Nun geht es darum, Tools weiter zu optimieren. Dabei kreist alles um die Frage, wie und wofür die Daten eingesetzt werden können. Von einer adaptiven Aussteuerung der Kommunikation über die Produktentwicklung bis zur Kundensegmentierung - die Informationen aus dem Social Web bieten viele Möglichkeiten.
8. Auf der Suche nach dem Return on Investment (ROI):
Die Messbarkeit der Maßnahmen gewinnt 2011 an Bedeutung. Bisher mag es ausgereicht haben, dabei zu sein - in Zukunft muss Social Media Ergebnisse erzielen, die messbar sind.
9. Neue Berufsbilder entstehen:
Die Nutzung von Social Media erfordert von den Mitarbeitern neue Fähigkeiten. "Mit Social Media wollen neue Tools und Infrastrukturen bedient werden, zudem muss ein neuer Kommunikationsstil geprägt werden", schreibt der BVDW.
10. Mit dem Launch eines Produktes beginnt die Arbeit erst:
Die klassischen Werbe-Kampagnen reichen nicht mehr aus. Unternehmen nutzen das Engagement und Feedback von Verbrauchern, um an ihren Marken zu arbeiten.

62 Prozent der Befragten rechnen damit, dass die Bedeutung von Social Media für Firmen zunehmen wird. Bei den Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern denken dies sogar 89 Prozent. Insgesamt vertreten 31 Prozent der Umfrageteilnehmer die Ansicht, dass die Bedeutung von Social Media im Business-Kontext nun ein Niveau erreicht hat, auf dem sie sich einpendeln wird. Nur fünf Prozent glauben, dass die Bedeutung künftig wieder abnimmt. Im Auftrag des Branchenverbands Bitkom hat das Marktforschungsunternehmen Techconsult für die Studie "Social Media in deutschen Unternehmen" 723 Unternehmen aller Branchen befragt.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.de. (mhr)