Was haben ein Vorstand, ein Abteilungsleiter und ein Facharbeiter gemeinsam? Alle drei sind Burnout-gefährdet. Denn weder der Aufgabenbereich noch das Maß an Verantwortung im Job oder gar der Grad der Professionalität bestimmen den Risikofaktor, sondern das Arbeitstempo, die selten erlebte Anerkennung durch Vorgesetzte und die Unsicherheit über die Erhaltung des Arbeitsplatzes. Nach Erkenntnissen von Andreas Hillert, Arzt in der Medizinisch Psychosomatischen Klinik Roseneck, sind mittlerweile depressive Störungen die zweithäufigste Ursache für eine Frühverrentung bei unter 50-jährigen Arbeitnehmern. Laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse und des FAZ-Instituts fühlen sich 31 Prozent der Deutschen ausgebrannt. Darüber reden tun die wenigsten. Aus unternehmerischer Sicht ist es wichtig, über Burnout zu sprechen und Mitarbeitern eine Plattform zur Prävention zu bieten.
Gerade in der aktuellen Wirtschaftssituation, geprägt von hoher Arbeitsbelastung und Termindruck, reagieren viele Arbeitnehmer mit Ängsten um ihre Zukunft: Die eigene Existenz, der Job und ein harmonisches Familienleben stehen oft auf dem Spiel. Die Folge: Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Verspannungen, Rücken- und Nackenschmerzen, Nervosität, Stimmungstiefs und andere Beschwerden. Doch wie lässt sich Burnout erkennen und gegen andere Erkrankungen wie Depression abgrenzen?
Die Schwierigkeit bei Burnout ist, dass es die "Krankheit" nicht als Diagnose gibt. Aber Burnout ist klassifizierbar und wird mittlerweile bei der World Health Organization (WHO) als so genannter Zusatzcode geführt. Viele Patienten gehen aufgrund von organischen Beschwerden zum Arzt, und erst nach dem Ausschluss einer organischen Erkrankung kommt die Aussage: "Ich fühle mich ausgebrannt." Mit einem erweiterten Gesundheitscheck, der Aufschluss über das Tagesprofil von Hormonen wie Cortisol und DHEA sowie Neurotransmittern wie Adrenalin gibt, lassen sich Krankheiten aufdecken und der Grad eines möglichen Burnouts feststellen.
Die Symptome einer Burnout-Erkrankung sind vielfältig und bei jedem anders. Aber: Burnout wird eigenständig neben Depression, Emotionalität/Neurotizismus, Stress und Arbeitsunzufriedenheit betrachtet. Gemäß dem so genannten "arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebnismuster" (AVM) ergibt sich: Gefährdet sind die Mitarbeiter mit einer hohen Verausgabungsbereitschaft und Resignationstendenz. Den Unternehmen wird daher geraten, auf die Balance zwischen Leistungsanforderung und Verausgabung zu achten, die Mitarbeiter Wertschätzung spüren zu lassen und zu überprüfen, ob im Haus eine offene Kommunikation möglich ist. Schon Kollegen-Feedback, Kommunikationstrainings und Diskussionsrunden können helfen. Arbeitsplatzunsicherheit oder fehlende berufliche Perspektiven sind dagegen kontraproduktiv.
Den Totalausfall verhindern
Die Zahl derer, die sich im Beruf dopen, steigt. Gemäß einer DAK-Studie aus dem Jahr 2008 zum Doping am Arbeitsplatz gaben 43,5 Prozent an, dass sie wissen, dass beispielsweise Psychopharmaka auch bei Gesunden wirken. Über 77 Prozent erhielten aus ihrem Umfeld Empfehlungen für Medikamente zur Leistungssteigerung. Unternehmen mit nachhaltigen Strukturen und weniger Konkurrenzdruck können einen großen Beitrag zur Gesundheit ihrer Mitarbeiter leisten. Besonders, wenn sie beachten, dass eine Leistungsentwicklung - wie im Sport - auch Regenerations- und Ruhephasen benötigt.
Rechtstipp Burnout
In der arbeitsrechtlichen Beratungspraxis zeigt sich, dass Arbeitnehmer bei psychischen Erkrankungen vor allem bei Depressionen und Burnout, häufig mehrere Wochen oder gar mehrere Monate arbeitsunfähig sind. Ebenso zeigt sich, dass mit zunehmender Häufigkeit und Dauer derartiger Erkrankungen die Rückkehr ins Arbeitsleben problematischer wird. Nicht selten steht dann die Frage im Raum, ob eine Fortführung des Anstellungsverhältnisses sinnvoll ist oder ob nicht vielleicht doch eine einvernehmliche Trennung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Alternative darstellt. Wenn der Arbeitgeber eine Beendigung des Anstellungsverhältnisses wünscht, der Arbeitnehmer aber nicht zu einer gütlichen Trennung bereit ist, steht meist eine personenbedingte Kündigung aufgrund Krankheit im Raum. Neben der Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeiten in der Vergangenheit kommt es für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung besonders darauf an, ob der Arbeitgeber eine so genannte negative Prognose darlegen und beweisen kann, wonach auch künftig mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen ist, die störende Auswirkungen auf das Anstellungsverhältnis haben. In jedem Fall sollte ein Arbeitgeber vor einer personenbedingten Kündigung versuchen, diese durch berufliche Rehabilitationsmaßnahmen, insbesondere eine (stufenweise) Wiedereingliederung beziehungsweise ein geeignetes Überbrückungsprogramm, zu vermeiden.
Dr. Robert Gorschak ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München.