Ratgeber Mobility

Wie Sie mobile Projekte strategisch planen

23.07.2008 von Frank Heuer
Mobilfunkzugriff auf das Firmennetzwerk unterstützt die immer mobiler werdenden Mitarbeiter bei Management und Durchführung ihrer Aktivitäten. Der Trend geht dabei zu schnellen Übertragungstechnologien und zu Anwendungen, die sich kurzfristig im Unternehmenserfolg niederschlagen. Der Mittelstand hat das Thema aufgenommen, weist aber auch noch Potenzial auf.

Führte der mobile Web-Zugriff bis vor kurzem in der öffentlichen Wahrnehmung noch ein Schattendasein, hat der Hype um das iPhone dieses Thema und die Diskussion über den "richtigen" Übertragungsstandard endgültig angeheizt und in die breite Masse getragen. Dieser neue Trend hinsichtlich des mobilen Internet-Zugangs ist jedoch allein ein Phänomen im Bereich des Consumer-Marktes und gilt nicht für das Unternehmensumfeld. Dort ist der Netzzugriff über Mobilfunk bereits seit einigen Jahren Usus, insbesondere seit Anfang 2004 in Deutschland die dritte Mobilfunkgeneration UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) eingeführt wurde. Vorreiter sind dabei die großen Unternehmen, die den mobilen Web-Zugang speziell für den Zugriff auf das Firmennetzwerk und den E-Mail-Account nutzen. Dennoch stellt sich die Frage, inwieweit dieses Thema in dem Firmensegment angekommen, das die deutsche Wirtschaft besonders prägt - nämlich dem Mittelstand?

Handlungsbedarf in Sachen Mobility

Die Antwort auf diese Frage muss differenziert ausfallen. Zum einen gibt es die Nutzergruppe, die weitgehend auf aktuelle Technologie setzt, zum anderen aber auch zahlreiche Firmen im Mittelstand, die das Potenzial für mobile Lösungen bei Weitem nicht ausschöpfen. So sind beispielsweise nur in jedem fünften deutschen mittelständischen Unternehmen Mitarbeiter beschäftigt, die per Mobilfunk auf das Unternehmensnetzwerk oder ihre E-Mails zugreifen. Dabei spielt auch noch das "Wie" eine gewichtige Rolle, denn zwischen 10 Kbit/s und DSL-Geschwindigkeit (HSDPA-Download mit bis zu 7,2 Mbit/s, HSUPA mit bis zu 1,4 Mbit/s im Upload) tut sich inzwischen ein breites Spektrum der mobilen Übertragungsverfahren auf. Es lässt sich feststellen, dass mobiles Breitband durchaus schon Akzeptanz gefunden hat. Von den Firmen, die einen Netzzugang über Mobilfunk zur Verfügung haben, nutzen über drei Viertel (78%) UMTS. Schon mehr als jedes fünfte Unternehmen (22%) aus dieser Gruppe geht mit dem Datenturbo HSPA (HSDPA oder HSUPA) online.

Trotz dieser respektablen Zahlen besteht aber weiterhin Wachstumspotenzial. Denn über die Hälfte der Unternehmen mit über 20 Mitarbeitern beschäftigt Angestellte, die im mobilen Einsatz sind. Und dieser Anteil steigt weiter an, denn Präsenz beim Kunden ist ein wichtiger Erfolgsfaktor im stärker werdenden Wettbewerb.

Die Kluft zwischen Nutzern mobiler Internet-Zugange auf der einen Seite und Nichtnutzern beziehungsweise potenziellen Anwendern auf der anderen Seite liegt unter anderem in der Branchenzugehörigkeit und deren entsprechenden Anforderungen begründet. Mit der Einführung von mobilem Datenfunk haben es die Wirtschaftszweige demnach unterschiedlich eilig. Nach Branchen differenziert, ist die Marktdurchdringung in der Industrie sowie im Dienstleistungssektor am höchsten. Dagegen verhält sich der Öffentliche Sektor und Non-Profit-Bereich noch besonders zurückhaltend. Die Finanzbranche (Kredit- und Versicherungsgewerbe) rangiert überraschend nur im Mittelfeld, obwohl hier eigentlich aufgrund der verstärkten Kundenbetreuung vor Ort ein höherer Nutzungsgrad zu erwarten wäre.

Hindernisse und Treiber

Was sind nun die Ursachen für die unterschiedliche Affinität hinsichtlich Mobile Business in den Unternehmen? Wie gesagt, nimmt der Anteil der Mitarbeiter, die mobil sind, aus Wettbewerbsgründen immer weiter zu. Gleichzeitig zwingen Arbeits- und Effizienzvorgaben zunehmend dazu, auch Reisezeiten produktiv zu nutzen. Und gerade Außendienstmitarbeiter sehen sich im täglichen Wettbewerb vor die Aufgabe gestellt, nicht nur über ihre Kunden up to date informiert zu sein, sondern diese auch mit den aktuellsten Preis- und Lieferdaten, etc. versorgen zu können.

Auf der anderen Seite bilden Sicherheitsbedenken - gerade angesichts der Übertragung von Daten über die Luftschnittstelle - nach wie vor ein wesentliches Hindernis. Gerade in Unternehmen und Branchen, wo rechtliche Vorschriften und Vertraulichkeit eine besondere Rolle spielen, setzt sich dieser hemmende Faktor häufig gegen Argumente durch, die für den mobilen Datenzugriff sprechen. Dies ist auch der Grund für die nur durchschnittliche Verbreitung von Mobility im Finanzwesen. Darüber hinaus identifiziert nicht jedes Marktsegment eine Bedarfssituation. Gerade in der Öffentlichen Verwaltung sind häufig noch recht traditionelle Strukturen mit wenigen mobilen Mitarbeitern anzutreffen.

Mobile CRM ist die Killerapplikation

Doch was sind seitens der Anwendungen die Treiber des mobilen Business? Nach wie vor verzichtet kein mobiler Anwender auf die Outlook-Funktionen, insbesondere E-Mail, das die Basisanwendung darstellt. Daneben zählen die Office-Applikationen wie Word und Excel zu den verbreiteten mobilen Anwendungen. Das höchste Wachstum weist jedoch mobiles CRM (Customer Relationship Management) auf. Das ist kein Zufall, denn aktuell über den Kunden, seine Präferenzen oder Rabatte informiert zu sein hat großen und positiven Einfluss auf den Verkaufserfolg des Außendienstmitarbeiters. In diesem Zusammenhang wirkt sich auch aus, dass das Controlling immer häufiger die Frage stellt, ob ITK-Investitionen sich auszahlen, ob also der Return on Invest (RoI) positiv ist, und dies ist nun einmal im Verkauf am besten nachweisbar. Darüber hinaus haben in jüngster Zeit Navigations- und Location-Based-Services-Funktionen beachtlich an Bedeutung gewonnen.

Sieben Fragen zur Mobility-Strategie

Für einen optimalen Ansatz der Mobility-Strategie sollte sich der ITK-Verantwortliche im mittelständischen Unternehmen im Vorfeld einige grundsätzliche uns strukturierende Fragen beantworten.

1. Bedarf und Einsatzsituation

Warum soll auf eine mobile Lösung gesetzt werden?

Soll eine Vertriebsmannschaft mit einer funktionellen Lösung schlagkräftiger gemacht werden, oder sind der Mobility-Hype und seine Gadgets für die Überlegungen zur Einführung verantwortlich? Diese scheinbar banale Frage ist wichtig zu stellen, denn von der ehrlichen Antwort hängen alle weiteren Parameter der Mobility-Strategie ab. Dabei ist es von besonderer Bedeutung über die Grenzen einer Abteilung hinauszublicken und auch in allen anderen Unternehmensbereichen die Bedürfnissen in Sachen Mobility zu sondieren. Nur auf diese Weise ist eine weitsichtige, einheitliche, bedarfsorientierte sowie wirtschaftliche Strategie zu erzielen.

2. Benutzer

Wer sollen die Nutzer von Mobility sein und wie sehen deren Bedürfnisse aus?

Zu prüfen ist, ob es sich zum Beispiel um Außendienstmitarbeiter handelt, die schnellen Informationszugriff auf Kunden-, Preis- und Lieferinformationen brauchen und darüber hinaus unterwegs Infos über den schnellsten Weg, das nächstgelegene Restaurant sowie ein günstiges Hotel benötigen. Dabei sollen die mobilen Mitarbeiter aber nicht mit zusätzlichen oder unhandlichen Geräten belastet werden. Dieser Aspekt hat demnach vor allem Einfluss auf die zu integrierenden Anwendungen.

3. Anwendungen

Welche Programme sollen mobil verfügbar sein?

Das ist eine wesentliche Frage, die nicht nur die Applikation selbst, sondern auch die Plattform und die Art der Anbindung berühren. Sollte die Bedarfsanalyse ergeben, dass Internet-Recherche und gelegentlicher E-Mail-Zugang ausreichend sind, genügen Browser und zum Beispiel Web Access. Bei komplexeren Lösungen sollte hinsichtlich der Implementierung auf eine einheitliche Integration und Verfügbarkeit geachtet werden. Lokal gespeicherte Daten sollten sich problemlos mit dem Unternehmensnetz synchronisieren lassen; die Plattformen sollten nach Möglichkeit kompatibel sein. Insellösungen und entsprechende Brüche sind möglichst zu vermeiden, um die Effizienz der mobilen Lösung nicht zu schmälern. Hat das Unternehmen eine Unified-Communications-Lösung ins Auge gefasst sollten die mobilen Endgeräte in der UC-Strategie Berücksichtigung finden, damit diese ihren Zweck erfüllen kann.

4. Anbindung

Wie sind die mobilen Mitarbeitern mit dem Firmennetz zu verbinden?

Es empfiehlt sich zu berücksichtigen, dass der gewählte Verbindungsstandard auch zum Ende der Vertragslaufzeit möglichst noch den Anforderungen der Anwendungen an die Bandbreite entspricht. Das heißt im Zweifel sollte bei einer Investitionsentscheidung auf ein breitbandiges Mobilfunkverfahren gesetzt werden.

5. Sicherheit und Administrierbarkeit

Wie sichert das Unternehmen die mobilen Lösungen ab? Wie werden Patch-/ Softwareverteilung sichergestellt?

Gerade bei der Datenübertragung über die Luftschnittstelle stellt sich die Sicherheitsfrage noch mehr als im Festnetz. Sofern nicht ohnehin für den Anwendungs- und Datenzugriff VPN im Einsatz ist, empfiehlt sich ein die Tunneling mittels Virtual Private Network zum sicheren Datentransfer.

6. Geräte

Mit welchen Geräten gehen die Anwender mobil online?

Die Geräte sollen die oben dargestellten Aspekte zu Anwendung, Anbindung und Sicherheit optimal unterstützen sowie die Handhabung für den Anwender möglichst unkompliziert gestalten. Schreibt der mobile Mitarbeiter beispielsweise häufig längere E-Mails, ist ein Gerät mit entsprechender Tastatur hilfreich. Neben Formfaktor, Übertragungsstandard, Betriebssystem und vorinstallierten Lösungen spielt dabei auch die Akku-Standzeit eine wichtige Rolle. Im praktischen Gebrauch ist dies ein Aspekt der einen erheblichen Einfluss auf die Benutzerfreundlichkeit hat - gerade wenn die spezielle Anwendungssituation des Nutzers ein häufiges Aufladen nicht möglich macht. Breitbandige Übertragungsstandards kosten Strom und sollten nach Bedarf einschaltbar sein.

7. Kosten

Wie viel muss das Unternehmen für Mobility bezahlen?

Mit der Verbreitung mobiler Endgeräte entwickelte sich in manchen Unternehmen ein unübersichtlicher Wildwuchs, der unter Kontrolle gebracht werden sollte, auch um die Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Neben der Kontrolle lizenzrechtlicher und Sicherheitsfragen sollte demnach ein Überblick über die Mobilfunkverträge im Unternehmen bestehen, um diese optimieren zu können. Mithilfe eines Rahmenvertrages lässt sich gegenüber einzelnen "zersplitterten" Kontrakten eine verstärkte Nachfragemacht erzeugen, die Verhandlungsspielraum für attraktive Konditionen ermöglichen kann. Eine Nutzungsanalyse zeigt dabei, inwieweit sich beispielsweise Flatrates lohnen.

Zur Person

Foto: Frank Heuer

Frank Heuer ist Senior Analyst bei der TechConsult GmbH in Kassel. Seine Tätigkeiten erstrecken sich sowohl auf den Bereich IT-/TK-Marketing-Consulting als auch auf das Geschäftsfeld IT-/TK-Marktanalysen. Seit 2001 ist er Leiter des CompetenceCenters Communications (Telekommunikation und Netzwerke) von TechConsult. Heuer berät IT- und TK-Anbieter in allen Fragen des strategischen Marketings, insbesondere in den Bereichen Marktsegmentierung und -selektion, Entwicklung von Markteintrittsstrategien, Optimierung der Kommunikationspolitik etc. Darüber hinaus vertritt er TechConsult als Referent zu Communications-Themen. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre war Heuer zunächst als International Product Manager in der Europazentrale eines Handelshauses tätig. 1999 kam er zu TechConsult.