Produktdatenbank

Wie MTU den Umsatzmotor After-Sales nutzt

15.03.2010 von Michael  Schwengers
Eine portalbasierende Datenbank bildet die Grundlage für den Verkauf von nachgelagerten Dienstleistungen.
Heute braucht der Monteur keine Seriennummer mehr, um die Teile eines Motors zu identifizieren.
Foto: MTU Friedrichshafen

Eine Highspeed-Fähre liegt zur routinemäßigen Wartung in einem griechischen Hafen. Der verantwortliche Techniker liest im Maschinenraum auf einem der vier 5300 PS starken Dieselmotoren die Seriennummer vom Typenschild ab, um die Bauteile zu identifizieren. "Auch um solche Wartungsarbeiten künftig zu vereinfachen und schon im Büro vorbereiten zu können, haben wir eine zentrale Datenbank eingeführt, in der Informationen zu all unseren Produkten abgelegt sind", sagt Stefan Keldenich, Senior Manager Information Logistic Technical Information Management beim Antriebstechnik-Spezialisten MTU Friedrichshafen GmbH.

Die MTU-Mutter Tognum erreichte 2008 einen Umsatz von 3,1 Milliarden Euro, davon knapp 700 Millionen allein mit dem After-Sales-Business im Geschäftsbereich Engines. Das liegt im Trend. Dazu Peter Thomin, Referent in der Abteilung Betriebswirtschaft des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.): "In den vergangenen zehn Jahren haben viele Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau ihr After-Sales sukzessive professionalisiert und stetig ausgebaut." 2008 sei der Umsatzanteil in diesem Bereich auf 18,7 Prozent gestiegen.

Auch die MTU Friedrichshafen arbeitet an solchen Geschäftsmodellen. "Wir müssen passende After-Sales-Produkte entwickeln und anbieten", bestätigt Keldenich. Die Basis, um die Servicequalität weiter zu verbessern und die Kundenbindung zu erhöhen, seien jedoch "möglichst vollständige und hochwertige Daten zu sämtlichen MTU-Produkten, die unsere Kunden einsetzen".

An dieser Stelle hakte es bislang. Waren die Motoren und Generatoren einmal in Schiffen, Eisenbahnen oder Ölplattformen verbaut, wurden die Informationen zu Umbauten oder Reparaturen von den eigenen Servicemitarbeitern oder den externen Technikern allenfalls sporadisch an MTU zurückgemeldet. Es existierte zwar ein eigens zu diesem Zweck erstelltes Portal, doch darauf griffen die unterschiedlichen Nutzergruppen nur selten zu. Außerdem musste die Produktdokumentation als "motorenzentriert" bezeichnet werden, die einzelnen Komponenten waren nur unzureichend im Systemzusammenhang abgebildet.

After Sales Object Database

Im Frühjahr 2007 entschieden die Verantwortlichen bei MTU, eine neue Portallösung samt Datenbank einzuführen, die dem unterschiedlichen Informationsbedarf der verschiedenen Nutzergruppen gerecht wurde. Den Anfang machte das Marktsegment Marine. Im ersten Schritt wurde die Prozess- und IT-Beratung Mieschke Hofmann und Partner (MHP) beauftragt, im Rahmen einer Vorstudie ein Lösungskonzept zu entwickeln. Gemeinsam mit den Beratern erstellten MTU-Mitarbeiter aus unterschiedlichen Fachbereichen im zweiten Schritt (ab Sommer 2007) die After Sales Object (ASO) Database. Sie basiert auf SAP-Techniken und setzt sich aus einem Backend und dem Portal zusammen.

Schwierig war dabei vor allem die saubere Übernahme der Stammdaten aus den komplexen Produktionsprozessen. Zudem galt es, die Portalanwendungen möglichst benutzerfreundlich zu gestalten, um die Zahl der Rückmeldungen von Seiten der Techniker deutlich zu erhöhen.

Für das After-Sales-Geschäft brauchen die Maschinenbauer sauberes Datenmaterial.
Foto: MTU Friedrichshafen

Seit Sommer 2008 ist die ASO Database im Einsatz. Über das Portal können die Servicemitarbeiter jetzt - schon vom Büro aus oder vor Ort - das gewünschte Objekt über Suchkriterien wie etwa den Schiffsnamen auswählen. Sie haben Zugriff auf sämtliche notwendigen Informationen: neben den Basisdaten zum Produkt auch Angaben zum Bauzustand, zu Ersatzteilen oder zu Garantie- und Wartungsvereinbarungen. Darüber hinaus werden die Einzelbauteile im Systemzusammenhang dargestellt. So lässt sich wesentlich leichter erkennen, wie beispielsweise der Schiffsmotor mit den anderen Komponenten zusammenhängt.

Neben der Bereitstellung der Informationen wurde auch die Rückmeldung von Daten aus dem Feld verbessert. Ein individuell erstelltes interaktives PDF-Dokument (iPDF) hilft, die unterschiedlichen Serviceaktivitäten ohne großen Aufwand zu melden.

Die eindeutige Zuordnung von Systemen und Komponenten machte es möglich, die Datenzugriffe binnen kurzer Zeit um bis zu 25 Prozent zu beschleunigen. Heute nutzen mehr als doppelt so viele Anwender das Portal wie vor der Optimierung. Die Zahl der wöchentlichen Datenzugriffe verfünffachte sich sogar. Gleichzeitig nahmen die Rückmeldungen aus dem Feld zu, so dass sich die Datenqualität kontinuierlich erhöht. So werden aussagekräftige Auswertungen, also die Entwicklung neuer After-Sales-Strategien und -Produkte möglich.