Arbeit ist mehr als ein Job

Wie man selbstbestimmt arbeitet

26.10.2013 von Andrea König
Wer fremdbestimmt arbeitet, muss sich über seine Unzufriedenheit nicht wundern. Autorin Catharina Bruns erläutert, wie eine bereichernde Arbeit klappen kann.

Ihr Buch trägt den Titel "work is not a job". Was verstehen Sie darunter?

Buchautorin Catharina Bruns: "Es wundert mich sehr, dass so viele Menschen sich so klein machen, die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt nicht in Frage stellen und sogar noch mehr an vorgegebenen Strukturen einfordern."
Foto: Sophie Pester

Catharina Bruns: Im Prinzip genau das, was der Satz aussagt. Die eigene Lebensleistung spielt sich doch zweifelsohne häufig abseits vom klassischen Angestelltendasein ab. Wenn die Arbeit fremdbestimmt ist und sie abseits von persönlicher Bedeutung und Interessen stattfindet und, wie in zahlreichen Jobs, nur ein sehr kleiner Teil des eigenen Potenzials abgefragt wird, dann sollte es uns nicht wundern, dass sie uns nicht besonders bewegt. Die Arbeit als mehr als einen Job sehen zu können, ist eine große Emanzipation. Hin zu mehr Eigenständigkeit und Gestaltungsfreiheit. Viele Menschen fühlen sich in Jobs nicht gut, auch wenn sie angeblich sicher und tatsächlich gut bezahlt sind. Wir müssen beginnen zu begreifen, dass unsere Arbeit mehr sein kann, als das wofür irgendjemand uns eingestellt hat.

Was macht Arbeit für Sie aus?

Catharina Bruns: Ich sehe Arbeit als ein Gestaltungsmittel, als Mittel mein Leben unabhängig und selbstbestimmt zu gestalten. Für mich ist es als Beobachterin eine Tragödie, wenn Menschen einen Job haben, der ihnen nichts bedeutet. Es wundert mich sehr, dass so viele Menschen sich so klein machen, die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt nicht in Frage stellen und sogar noch mehr an vorgegebenen Strukturen einfordern. Viele machen in ihrer Freizeit bereits tolle Sachen, trauen sich aber nicht, sie größer zu denken. Ich möchte gar nicht behaupten, dass das einfach ist. Gerade wenn man eine Familie hat, ist das oft ein Riesenschritt. Aber es geht nicht ausschließlich darum, mit allem was man tut Geld verdienen zu müssen. Es geht darum, etwas zu gestalten, das Bedeutung hat.

Motivation
SIE sind der Fahrer.
Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihr Leben. Jeder von uns braucht Unterstützung durch andere, aber lassen Sie nicht zu, dass die anderen auch die grundlegenden Entscheidungen für Sie treffen.
Ihre Reise: gesteuert durch Wunsch, Vision und Fokussierung.
Jeder von uns erlebt verschiedenste Krisen im Leben. Gerade dann sollten Sie sorgfältig auf Ihr Denken achten und im Blick behalten, was Sie eigentlich möchten.
Der richtige Brennstoff für Ihren Weg.
Machen wir uns nichts vor: keiner kann beeinflussen, welche Ereignisse uns das Leben beschert. Aber wir haben die Wahl, wie wir diese Momente wahrnehmen und darauf reagieren, gerade bei vermeintlich negativen Erlebnissen.
Sagen Sie Ihren Reisebegleitern, wo es lang geht.
Erzählen Sie Ihren Mitmenschen/Kollegen/Mitarbeitern von Ihren Vorstellungen, Wünschen und Ideen! Laden Sie sie ein, Ihre "Reisebegleiter" zu werden!
Fesseln Sie niemanden an sich, der nicht freiwillig mitgeht.
Viele Menschen werden Ihrer Einladung folgen, wenn sie interessant ist. Aber es wird auch immer welche mit anderen Reisezielen geben. Lassen Sie sie gehen! Keiner von uns möchte festgehalten werden und sich Zwängen beugen müssen.
Geben Sie Energie-Vampiren keine Chance!
Achtung, Energie-Vampire! Immer wieder werden Sie feststellen, dass Ihnen Menschen zwar folgen, aber insgeheim Sabotage betreiben und all Ihre Pläne zunichte machen. Wehren Sie sich! Fordern Sie von ihnen Veränderung ein oder haben Sie den Mut zur Trennung.
Begeisterung bringt weiter!
Besinnen Sie sich immer wieder auf das, was Sie inspiriert und begeistert! Was macht Ihnen am meisten SPASS in Ihrem Tun? Sobald Ihnen das klar ist, strahlen Sie es auch in Ihre Umgebung aus und stecken andere an mit Ihrem Enthusiamus.
Lieben Sie Ihre Kollegen!
Nein, das ist jetzt keine Aufforderung zu Sex im Büro :-) Hier geht es tatsächlich darum, einen liebevollen Blick für all die großartigen Potenziale in Ihren Kollegen zu entwickeln. Sorgen Sie dafür, dass diese sich entfalten können und Sie werden sehen, wie Business und Liebe auf sehr erfolgreiche Art und Weise zusammenpassen.
Das Ziel hinter dem Ziel.
Sie werden auf ihrem Weg immer wieder mit Aufgaben und Tätigkeiten konfrontiert werden, die Ihnen keinen Spass machen oder Sie sogar langweilen. Verlieren Sie trotzdem nie Ihr Ziel aus den Augen!
Haben Sie Spaß!
Und achten Sie auf Gelegenheiten, bei denen Sie Dankbarkeit empfinden. Das ist das beste Mittel gegen Stress und Burnout, das wir Ihnen empfehlen können!
Unser Lektüretipp für Sie
Jon Gordon: "Der Energy Bus". Steigen Sie ein und tanken Sie positive Energie für Beruf und Privatleben. Wiley 2011

Kann denn so eine selbstbestimmte und bereichernde Arbeit überhaupt in einem Angestelltenverhältnis funktionieren?

Catharina Bruns: Das kann funktionieren. Denn es ist zunächst eine Frage der persönlichen Haltung. Ich fordere nicht, dass sich jeder selbstständig machen sollte. Aber jeder sollte selbstständig arbeiten können und wissen, was er gestalten möchte. Aber die Unternehmen müssen sich auch verändern lassen - und das funktioniert dort, wo Menschen mit neuen Werten gründen und offen für eine neue Arbeitskultur sind. Und natürlich wenn mehr Menschen bereit sind, ein klassisches Angestelltendenken aufzugeben. Ich selbst merke es ständig in meinen Unternehmen - die beste Zusammenarbeit findet dann statt, wenn gemeinsame Überzeugungen vorliegen. Wenn das so ist, dann investieren alle Beteiligten ihr Können und ihre Zeit gerne, wenn das nicht der Fall ist, dann möchte jeder bestenfalls für sein Engagement oder Anwesenheit entschädigt werden. Es sollte nicht mehr darum gehen, für wen möchte ich arbeiten, sondern mit wem möchte ich arbeiten.

Manager müssen die Haltung vorleben

Es kann also bei Angestellten funktionieren. Wie ist es bei Managern?

Catharina Bruns: Im Prinzip müssten sie die ersten sein, die in Unternehmen diese Haltung zur Arbeit vorleben. Dazu ist ein neuer Typ von Führungskraft gefordert. Aber sich zwanghaft mit einem Unternehmen identifizieren zu müssen, hat nichts mit einer gesunden Haltung gegenüber der eigenen Arbeit zu tun. Letztendlich muss man für sich selbst wissen - ob nun Manager oder nicht - ob man richtig ist wo man ist und ob die Arbeit dort im Einklang mit Werten, Träumen und persönlichem Lebensentwurf stattfinden kann. Selbstführung ist das Stichwort.

Manager
Ausgleich für den Job
Die Mehrheit der Führungskräfte führt einen bewussten Lebensstil, um fit für den Job zu sein (60 Prozent). Das ergab eine Umfrage von Heidrick & Struggles unter 1.225 Managern.
Ständige Erreichbarkeit
Das Diensthandy ist zumeist auch am Abend an (77 Prozent). Dies gilt vielen als Notwendigkeit. Hier scheint Job vor Ausgleich zu gehen.
Hände weg von Junk-Food
Bei der Ernährung achten die Manager stärker auf sich. 72 Prozent ernähren sich bewusst gesund.
Wenig Raucher
Nur zehn Prozent der Befragten sind Raucher.
Party Disziplin
Ausgelassenes Feiern scheint die Ausnahme. 83 Prozent der Manager passen bei beruflichen Abendveranstaltungen den richtigen Moment ab, um zu gehen.
Ein Mütze voll Schlaf
Sie tun das zum Beispiel für ausreichenden Schlaf: 42 Prozent der Führungskräfte schlafen pro Nacht 5 bis 6 Stunden, 55 Prozent 7 bis 8 Stunden während der Woche.
Sportskanone Manager
Lediglich neun Prozent der Führungskräfte treiben keinen Sport.
Joggen
Am beliebtesten sind Sportarten, die einen geringen zeitlichen und organisatorischen Aufwand erfordern. 593 der 1225 Umfrageteilnehmer joggen. Foto: Warren Goldswain - Fotolia.com
Fitness-Training im Studio
Am beliebtesaten sind Sportarten, die einen geringen zeitlichen und organisatorischen Aufwand erfordern. 593 der 1225 Umfrageteilnehmer joggen.
Radfahren
Rund 400 der Befragten steigen in ihrer Freizeit regelmäßig aufs Rad.
Schwimmen
Auch Schwimmen ist beliebt und wird von 233 Managern regelmäßig betrieben.
Golf
Die Prestigesportart liegt nur auf Platz sechs (194 Manager).
Yoga
149 Umfrageteilnehmer praktizieren regelmäßig Yoga, Pilates und Entspannungsübungen.
Tennis
132 Teilnehmer spielen regelmäßig Tennis.
Segeln
Segeln oder andere Wassersportarten sind bei 108 Befragten beliebt.
Fußball
91 Manager suchen regelmäßig den Ausgleich durch Ballsportarten wie Fußball, Handball und Basketball.

Muss man auf dem Weg zu einer bereichernden und selbstständigen Arbeit Kompromisse beim Geld eingehen?

Catharina Bruns: Der Antrieb ist ein anderer. Man muss sich doch mal über seine Prioritäten klar werden. Will ich mehr haben oder will ich mehr sein? Natürlich ist das einfachste Mittel regelmäßig Geld überwiesen zu bekommen, die abhängige Beschäftigung. Aber man sollte sich die Arbeit nicht allein nach der besten Bezahlung aussuchen. Umgekehrt ist man aber auch nicht unabhängig, wenn man nicht genug Geld verdient. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Lohn für die Arbeit, die einem bedeutungsvoll ist, das Leben weitaus reicher macht, als nur eine Gehaltsabrechnung am Ende des Monats. Und selbstverständlich lässt sich auch die finanzielle Unabhängigkeit über die Selbstständigkeit erreichen. Tatsächlich ist es so, dass die Möglichkeiten heute sehr vielfältig sind, mit wenig Startkapital als Akteur und Anbieter die Wirtschaft mitzugestalten. Warum unternehmen wir eigentlich nicht mehr?

CIO.de: Was halten Sie von der oft thematisierten Work-Life-Balance?

Der kleine, aber feine Unterschied in der Gestaltung unserer Lebensqualität.
Foto: bluedesign - Fotolia.com

Catharina Bruns:Work-Life-Balance halte ich für absolut gerechtfertigt für Menschen, die in Jobs stecken, die ihnen nicht gefallen. Alle anderen empfinden ihr Leben nicht aus der Balance, wenn sie arbeiten. Wenn man die Arbeit vom Leben trennt, befindet man sich immer auf der einen oder anderen Seite. Bei der Arbeit sehnt man sich nach dem Wochenende und am Wochenende gruselt es schon vor dem Montag. Ich glaube nicht, dass dieser ewige Kampf besonders dazu beiträgt, das Meiste aus sich zu machen. Auch Arbeitszeit ist Lebenszeit - man hat schließlich nur ein Leben und es von dem zu trennen, was ich tue, empfinde ich als absurd. Es ist ein Riesenunterschied, ob man sich etwas aufbaut und gestaltet, oder etwas zu tun bekommt, das im Zweifel kaum etwas mit einem selbst zu tun hat. Selbstverständlich will man sich damit dann nicht auch noch in seiner Freizeit beschäftigen. Aber warum sich nicht ein (Arbeits-)leben gestalten, von dem man nicht ständig fliehen will?

Catharina Bruns ist Designerin, Medienwissenschaftlerin und Gründerin von "workisnotajob" - einem Kreativ- und Designstudio mit der Mission, eine neue, positive Definition des Arbeitsbegriffs zu inspirieren und die Lust am eigenen Schaffen zu wecken. Sie lebt in Berlin. Ihr Buch work is not a job ist im September 2013 im Campus Verlag erschienen (240 Seiten; 19,99 Euro).