Automatisierte Personalprozesse

Wie KI die HR humaner machen kann

19.06.2019 von Johan Toll
Automatisierte Prozesse verschaffen HR-Verantwortlichen die zeitlichen Ressourcen für eine individuellere, menschenorientierte Personalarbeit

Ob "Personalabteilung" oder "Human Resources" - beide Begriffe machen deutlich, dass es sich hierbei um einen auf Menschen ausgerichteten Unternehmensbereich handelt. Gleichzeitig ist die Arbeit in der HR-Abteilung auch stark von zahlreichen verwaltungstechnischen Aufgaben geprägt: Bereitstellung und Verwaltung von Verträgen, Lohn- und Gehaltsdokumenten sowie etlichen weiteren Unterlagen und Informationen. Eine konsistente Bereitstellung dieser HR-Services ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung, schließlich ist die Personalabteilung für die unterschiedlichsten Bedürfnisse vieler unterschiedlicher Mitarbeiter verantwortlich.

Mehr Zeit für strategische Personalentwicklung und individuelle Mitarbeiterbetreuung - dank intelligenter Automatisierung von Verwaltungsprozessen.
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Um diese eher bürokratischen Prozesse effizienter zu gestalten, haben die meisten großen Unternehmen im Laufe des letzten Jahrzehnts spezielle HR-Management-Software und -Systeme eingeführt. Und die Mitarbeiter im Personalbereich sind der Meinung, dass sich die Einführung entsprechender Lösungen tatsächlich positiv auswirkt: Laut einer aktuellen Umfrage von G2 Crowd zum Thema Employee Engagement sagten 80 Prozent der HR-Mitarbeiter, dass die Einführung und Nutzung von HR-Technologien die Einstellung der Mitarbeiter gegenüber ihrem Unternehmen verbessert habe.

Großes Automatisierungspotenzial

Dennoch gibt es nach wie vor viele ineffiziente, manuelle HR-Prozesse - und dementsprechend auch ein großes Potenzial für Automatisierung und Effizienzsteigerungen. So zeigt die globale Human Capital Trendstudie 2018 von Deloitte, dass 41 Prozent der Befragten Automatisierung und KI als sehr wichtige Themen einschätzen. Fast die Hälfte gab an, dass ihre Organisation stark an Automatisierungsprojekten beteiligt sei. Die Berater von McKinsey wiederum schätzen, dass 56 Prozent aller typischen Personalprozesse von der Einstellung eines Mitarbeiters bis zu dem Zeitpunkt, an dem er das Unternehmen verlässt ("hire-to-retire"), automatisiert werden könnten.

Tatsächlich jedoch ist das Automatisierungspotenzial bei bestimmten HR-Prozessen noch viel größer - teilweise kann es sogar bei nahezu 100 Prozent liegen. Etwa beim Offboarding von Mitarbeitern: hier muss beispielsweise der Zugriff auf Anwendungen und Systeme aus Sicherheitsgründen zu einem bestimmten Zeitpunkt komplett gesperrt werden. Automatisierung kann die Personalverantwortlichen bei Prozessen wie diesem von zahlreichen verwaltungstechnischen Routineaufgaben befreien. Dadurch bleibt mehr Zeit für kreative und strategische Aufgaben, wie z.B. die Personalentwicklung, sowie für einen persönlicheren, individuelleren Service gegenüber den Mitarbeitern insgesamt.

Intelligente KI-Assistenten statt anonymer Online-Formulare

Derweil ist kognitive KI heute in der Lage, integrierten digitalen Systemen ein menschlicheres Antlitz zu verleihen - indem anonyme und bisweilen komplizierte Webformulare durch dialogfähige, intelligente virtuelle HR-Assistenten ersetzt werden. Mitarbeiter können diesen digitalen Assistenten in natürlicher Sprache ihre Fragen und Anliegen mitteilen, sei es per Text- oder Spracheingabe. Sinnvoll eingesetzte Automatisierungs- und KI-Lösungen sorgen dafür, dass Fragen umgehend korrekt beantwortet und typische, standardisierte HR-Prozesse unmittelbar erledigt werden - ob es um Urlaubsanträge, Reisekostenabrechnungen oder das Aktualisieren von Adressdaten geht. Dies ermöglicht, dass für andere, entscheidende HR-Aufgaben mehr Zeit zur Verfügung steht und diese wieder individueller und "menschlicher" gestaltet werden können.

Praxis-Beispiel: Offboarding

Ein Beispiel: Einer unserer globalen Kunden mit vielen zehntausend Mitarbeitern bearbeitet ca. 200 Mitarbeiter Offboardings pro Monat. Durchschnittlich ist jeder Mitarbeiter für 12 Systeme / Applikationen akkreditiert, was bedeutet, dass mehr als 2.400 Zugangsberechtigungen gesperrt werden müssen. Ohne Automatisierung könnten die zuständigen Mitarbeiter unseres Kunden pro Monat einige Dutzend Offboardings vollständig erledigen.

Mit einer Kombination aus RPA zur Erstellung von Bots für bestimmte Offboarding-Aufgaben, einer End-to-End Automatisierungslösung zur Ausführung dieser Aufgaben und einem dialogfähigen, kognitiven KI-Assistenten als Frontend-Schnittstelle, über die Mitarbeiter ihre Offboarding-Anforderungen mitteilen, konnte die benötigte Zeit für den Offboarding-Prozess um 81 Prozent reduziert werden. Ein Vorgang, der zuvor durchschnittlich 15 Stunden gedauert hat, ist jetzt in einem Bruchteil der Zeit erledigt. Grundsätzlich bietet natürlich jede der erwähnten Technologien eine Effizienzsteigerung, aber erst deren Kombination sowie die Integration in alle erforderlichen Systeme ermöglichen derar beeindruckende Ergebnisse.

Wie aber sorgen solche Effizienzsteigerungen für eine "menschlichere" Personalarbeit? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich alle betroffenen Zielgruppen vor Augen führen: Mitarbeiter teilen dem kognitiven Assistenten per getippter oder gesprochener Aufforderung mit, dass ein Offboarding-Prozess durchgeführt werden soll - und den Rest erledigt die Technologie automatisiert. Dadurch lassen sich unzählige Arbeitsstunden an banalen Verwaltungstätigkeiten einsparen, die für wertschöpfende Projekte, personalisierte Services und für eine nachhaltige Personalentwicklung deutlich besser angelegt sind. Die ausscheidenden Mitarbeiter wiederum können sicher sein, dass ihr Offboarding-Verfahren effizient und durchgängig abgewickelt wird und alle erforderlichen Schritte korrekt abgeschlossen sind.

Effiziente Prozesse für den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus

Automatisierung und kognitive KI können selbstverständlich auch an anderen Stellen des Mitarbeiterlebenszyklus für schnellere, effizientere und compliancekonforme Prozesse sorgen, etwa im Zuge des Mitarbeiter-Onboardings. Auch alle jeweils aktiven Mitarbeiter profitieren von schnellen, korrekten und durchgängigen Prozesse: So können sie über den digitalen HR-Assistenten beispielsweise Urlaub beantragen, Reisekostenabrechnungen übermitteln, persönliche Kontaktinformationen aktualisieren oder ihre Lohn- und Gehaltsleistungen überprüfen, ohne sich jeweils in separaten Systemen anmelden zu müssen. Dabei sorgt nicht nur ein unmittelbarer, einfacher und zentraler Zugriff auf Prozesse und Informationen für eine hohe Nutzerakzeptanz, sondern auch die zunehmende Fähigkeit kognitiver Assistenten, Emotionen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.

Es ist nicht überraschend, dass Mitarbeiter hohe Erwartungen an ihre Personalabteilungen stellen - schließlich ist die HR die wichtigste Verbindungsstelle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wenn es um Lebensunterhalt, Karriereentwicklung und Rahmenbedingungen des Arbeitslebens geht. Die Investition in eine Transformation der HR-Services durch Automatisierung und kognitive KI kann sowohl Prozesse als auch die Mitarbeitererfahrung verbessern und dafür sorgen, dass die Human Resources wieder ausreichend Ressourcen haben, um in bestimmten Bereichen persönlicher und menschlicher zu werden. (mb)