TSG Hoffenheim und SAP

Wie IT-Technik eine kleine deutsche Fußballmannschaft in die Bundesliga brachte

06.12.2023 von Francisca  Domínguez Zubicoa
Es war die Kombination aus Business-Lösungen, IT-unterstützten Trainingsanlagen und Sportmanagement-Software, die den Verein in die höchste deutsche Fußballklasse gebracht hat, erläutert Jan Mayer, Geschäftsführer der TSG Hoffenheim.
Das Runde muss ins Eckige - um dabei immer besser zu werden, hilft heutzutage den Spielerinnen und Spielern auch IT-Technik.
Foto: Pasko Maksim - shutterstock.com

Die Geschichte der TSG 1899 Hoffenheim hat es in sich: Sinsheim, eine deutsche Kleinstadt zwischen Heidelberg und Heilbronn, eine Fußball-Mannschaft aus der siebten Liga, die davon träumt, ganz oben mitzuspielen und die Rückkehr eines alten Bekannten, der den Verein seiner Jugend retten will. Damit begann der rasante Aufstieg einer Mannschaft aus dem Amateurlager in die erste Liga des deutschen Profifußballs. Eine Geschichte, die eng verknüpft ist mit einem der größten Softwareunternehmen der Welt - SAP.

Der Verein Hoffenheim wurde 1899 in dem gleichnamigen Dorf nordwestlich am Rand von Sinsheim in Baden-Württemberg gegründet. Nur wenige Kilometer entfernt von Walldorf, wo Jahrzehnte später SAP ein großes Stück deutscher Softwaregeschichte schrieb. Dietmar Hopp, einer der Gründer von SAP und ehemaliger Spieler der TSG Hoffenheim, entschloss sich 1990 in den Verein seiner Jugend zu investieren und die Mannschaft auf das höchste Niveau zu bringen. Dies war der Beginn einer engen Beziehung zwischen SAP und Hoffenheim, die bis heute anhält.

SAP und Hoffenheim - eine langjährige Beziehung

Versteckt in Zuzenhausen, einem kleinen Dorf auf dem Lande zwei Kilometer nördlich von Hoffenheim und umgeben von weitläufigen Grünflächen, lässt der Hauptsitz von Hoffenheim von außen nicht erkennen, welche technischen Highlights im Inneren verborgen sind. Die Beziehung zu SAP beschränkt sich nicht nur auf die Investitionen Hopps. Seit vielen Jahren bringt der Software-Gigant seine Technologie und Innovationen ein, um gemeinsam mit dem Verein Projekte zu entwickeln. Dabei geht es darum, die Leistung, die Agilität, die physischen und psychischen Fähigkeiten der Spieler zu verbessern, die Loyalität der Fans zu erhöhen und die betrieblichen Abläufe zu optimieren.

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TSG-Geschäftsführer Mayer erklärt: "SAP ist bekannt für seine Innovationen im Technologiesektor. Die Partnerschaft mit einem solchen Unternehmen verschafft uns Zugang zu Spitzentechnologien und Ideen." Nach 16 Jahren in der Bundesliga habe sich Hoffenheim deutschlandweit einen Namen als innovativer Fußballverein gemacht, der auch in der Ausbildung und Entwicklung junger Spieler Maßstäbe setze, sagt Mayer im Interview mit CIO. Seinen Angaben zufolge erreichten 23 Prozent der Talente des Vereins die große Liga - der Durchschnitt anderer Vereine liege bei drei Prozent. Fußball-Größen wie Niklas Süle, Roberto Firmino, Julian Nagelsmann und Nicklas Dietrich begannen in Hoffenheim ihre Karrieren.

Während der langjährigen Partnerschaft mit SAP hat Hoffenheim seine Geschäftsprozesse auf eine zentrale Plattform der Walldorfer migriert und dort so weit optimiert, um dem internationalen Wachstum gerecht zu werden. Damit könne der Verein den Gesundheitszustand und die Leistung der Spieler analysieren und das Fanerlebnis personalisieren, um so das Engagement und die Loyalität zu steigern. "Die TSG hat sich mit SAP zusammengetan, um ihr Ziel, ein intelligentes und sozial nachhaltiges Unternehmen zu werden, kontinuierlich voranzutreiben", erläutert der Geschäftsführer seine Strategie.

Mit IT-Technik zu besserer Fußball-Leistung

"Mit Hilfe der SAP-Technologie kann die TSG Hoffenheim die Leistung der Spieler und die Taktik besser analysieren", erklärt Mayer. Dieser datengesteuerte Ansatz helfe der Mannschaft, ihre Leistung auf dem Platz zu optimieren und bessere strategische Entscheidungen zu treffen. Dafür arbeitet Hoffenheim mit der Lösung SAP Sports One, die 2014 in enger Zusammenarbeit mit dem Verein entwickelt wurde. Die Cloud-basierte Sportmanagement-Suite biete Echtzeiteinblicke in die Leistung der Mannschaft, einzelner Spieler und der Trainingseinheiten, beschreiben die Vereinsverantwortlichen die Vorteile. Außerdem vereinfache sich damit die tägliche Datenverwaltung und erleichtere so die Entscheidungsfindung.

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Sports One ermöglicht es den Trainer-Teams unter anderem, Informationen und Diagnosen zu Trainingseinheiten und zur physischen und psychischen Fitness der Spieler zu erhalten. Mit Hilfe von Analysen und Quervergleiche lässt sich die Leistung eines Spielers im Detail verstehen, zum Beispiel seine Torgefährlichkeit, seine bevorzugte Strafstoßecke, ob er mehr Tore zu Hause oder auswärts geschossen hat, wie viel Druck der Spieler zum Zeitpunkt des Tores ausgesetzt war, und vieles mehr.

Das System hilft dem Verein auch bei der Talentsuche. An dieser Stelle arbeiten die Verantwortlichen derzeit an der Einführung von künstlicher Intelligenz (KI), um beispielsweise automatisiert Zusammenfassungen von Scouting-Berichten zu erstellen. Sports One wird aktuell von etwa 80 Vereinen und Verbänden verschiedener Sportarten in 18 Ländern auf der Welt genutzt.

Schneller reagieren im Footbonaut

Neben der Sportmanagement-Software verfügt der Verein am Standort Zuzenhausen über verschiedene technische Anlagen, um die physischen und kognitiven Leistungen seiner Spieler zu verbessern. Um die Beweglichkeit und Reaktionsschnelligkeit seiner Sportler - Männer, Frauen und Junioren - zu trainieren, setzt Hoffenheim den "Footbonaut" ein. Die Anlage misst 14 mal 14 Meter. An den Wänden befinden sich in zwei Reihen übereinander angeordnet 72 quadratische Felder, in die die Trainierenden je nach Lichtsignal den Ball unterbringen müssen. An jeder der vier Seiten verfügt der Footbonaut über zwei Abschussmaschinen für Fußbälle, bei denen Schusshärte und Spin eingestellt werden können.

Im Footbonaut müssen die Spielerinnen und Spieler schnell reagieren, um den per Maschine zugespielten Ball schnell im richtigen Seitenfenster unterzubringen.
Foto: TSG Hoffenheim

Für das Training der kognitiven Fähigkeiten seiner Athleten baut Hoffenheim auf die Helix-Arena, eine gemeinsam mit SAP entwickelte Virtual-Reality-Technologiebühne, die über einen riesigen 360-Grad-Bildschirm verfügt. Dieser umgibt Spielerinnen und Spieler und konfrontiert sie mit verschiedenen Spielsituationen, auf die sie so schnell wie möglich reagieren sollen. "Die Trainingsübungen in Helix sollen den Spielern helfen, ihre kognitiven Fähigkeiten zu schärfen und damit in einer realen Spielsituation schneller zu reagieren", erklärt Mayer.

Eine Spielerin der TSG Hoffenheim in der Helix - dort lassen sich Spielsituationen simulieren.
Foto: TSG Hoffenheim

SAP unterstützt den Verein derzeit bei der Auswertung und Verarbeitung der in Helix und Footbonaut generierten Daten sowie weiteren Informationen aus den Plattformen SAP Challenger Insights und SAP Penalty Insights. All diese Daten fließen in dem SAP Interactive Data Space zusammen. In diesem interaktiven und kollaborativen Datenraum können Spielerinnen und Spieler mit Hilfe von Analysen lernen und Strategien für die Umsetzung auf dem Spielfeld entwickeln.

SAP-Systeme halten Hoffenheims Fußball-Business am Laufen

"Außerhalb des Spielfelds helfen die SAP-Geschäftslösungen dabei, verschiedene Abläufe innerhalb des Vereins zu optimieren, von den Finanzen über das Marketing bis hin zum Ticketverkauf", berichtet Geschäftsführer Mayer. Hoffenheim nutzt dafür die Warenwirtschaftssoftware von SAP in den Bereichen Finanzen, Controlling, Gehaltsabrechnung, Logistik, Lager und Geschäftspartnerverwaltung. Mit der Lösung SAP SuccessFactors Employee Central können die 320 Mitarbeiter der TSG Self-Service-Funktionen in der Cloud nutzen, wie zum Beispiel die Erstellung von Urlaubsanträgen. Laut Mayer ließen sich so Geschäfts- und IT-Prozesse optimieren, indem die Komplexität reduziert und die Ausfallsicherheit erhöht werde.

Einen detaillierteren Blick auf sport- und geschäftsbezogene Daten ermöglicht die SAP Analytics Cloud-Plattform. Über das SAP Event Ticketing ließen sich beispielsweise der Ticketverkäufe für die Spiele analysieren, mit SAP Customer Checkout die Merchandising- und Catering-Einnahmen. Die SAP Sales Cloud soll den Verkauf insgesamt vereinfachen und das Kunden- und Fanerlebnis verbessern. Hinter dem Online-Shop des Vereins soll die SAP Commerce Cloud die Verkäufe antreiben.

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"Die Lösung unterstützt die TSG dabei, ihren Fans einen nahtlosen Kaufprozess zu ermöglichen, von der Suche bis zum Verkauf", beschreibt Mayer seine Zielsetzung. Eine Kombination aus intuitiven Self-Service-Funktionen und KI-gestütztem Merchandising, Guided Selling, Assisted Service und Chatbots unterstützten den Einkaufsprozess. Darüber hinaus würden mit dem System komplexe Handels- und Bestellprozesse vereinfacht, so dass die TSG ihre Fans effektiver ansprechen könne. "Die Lösung ist vollständig in SAP ERP Retail integriert, um die Lieferkette von der Nachfrage bis zum Fulfillment effizient zu verwalten", erläutert der Hoffenheimer Geschäftsführer. Gemeinsam würden SAP und die TSG weiter an neuen innovativen Technologien arbeiten, um die Entwicklung des Fußballs voranzutreiben.