Kleckern statt klotzen

Wie ein Jungunternehmer den Crash des Neuen Marktes überlebte

02.10.2008 von Hans Königes
Jungunternehmer Carsten Kappler überstand mit Weitblick den Zusammenbruch des Neuen Marktes. Seine Firma Onventis agiert heute erfolgreich mit Mietsoftware.
Carsten Kappler, Onventis, widerstand den Verlockungen des großen Geldes und überlebte die New Economy.

Klotzen statt Kleckern nannten es diejenigen, die das Geld ihrer Investoren dafür nutzten, mal eben mit der Concorde in die USA zu fliegen. Geldverbrennen nannte es Carsten Kappler bereits vor 2000. Als Sohn einer Unternehmerfamilie kannte er die Regeln des Marktes. Er wusste, dass jeder Geldgeber sein Geld zurückwill, und das mit Zinseszins. Würden die Wechsel auf den künftigen Erfolg von den Startups nicht eingelöst, dann, so war sich Kappler sicher, würde kein neues Geld fließen,und die Pleite wäre unvermeidlich.

Venture Capital: Die Verlockung des großen Geldes

Als bei ihm dann im Jahr 2000 Venture-Capital-Gesellschaften einstiegen und "einen Geldbetrag überwiesen, der für einen Normalsterblichen enorm ist", stand für ihn von Anfang an fest, dass er mit diesen Mitteln haushalten musste. Vier bis fünf Jahre gaben er und die Gesellschafter sich, um in die Gewinnzone zu kommen. Und so lange sollte das Geld reichen. Für den einen oder anderen Gesprächspartner von Venture-Capital-Gesellschaften waren seine Pläne vor dem Platzen der Blase am Neuen Markt zu konservativ. Sie verfolgten eher die Strategie, das Geld offensiver in schnelles Wachstum zu investieren. Kappler jedoch widerstand den Verlockungen. Dieser unternehmerische Weitblick zahlte sich aus. Heute rechnet sich die Onventis GmbH zu den führenden deutschen Anbietern von Beschaffungs- und Supplier-Relationship-Management-(SRM-)Software on Demand beziehungsweise im Software-as-a-Service- (SaaS-)Modell und schreibt schwarze Zahlen.

Dass seine Firma den Zusammenbruch des Neuen Marktes überstand, ist für Kappler auch ein Resultat der frühen Festlegung auf eine Zielgruppe. Ihm war von Beginn an klar, wem er was verkaufen wollte. "Als mir die Geschäftsidee Web-Applikationen durch den Kopf geisterte, recherchierte ich wochenlang, welche Unternehmensabläufe sich auf diese Art optimieren lassen", erinnert sich der Schwarzwälder. Da bei der Beschaffung unterschiedliche Parteien zusammenarbeiten und somit das zentrale Hosting der Software ein enormer Vorteil ist, fiel ihm die Entscheidung leicht.

Nach Aufbau eines Mitarbeiterstammes ging er daran, die Beschaffung mit Software abzubilden. Die ersten Aufträge erkämpfte sich die junge Firma jedoch sehr hart. Denn mit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes stieg die Skepsis gegenüber Startups, und als Newcomer konnten sie weder Referenzen anbieten, noch wussten die Kunden um die Vorteile von On-Demand-Software.

Ein guter Vertrieb ist das A und O

Das Geld der Venture-Capital-Gesellschaft und die Teilhaberschaft von SAP sowie das strikte Ausgaben-Management verliehen der jungen Firma jedoch einen langen Atem. Und da ihre Stärken anfangs eher in der Generierung von Ideen und ihrer technischen Umsetzung lagen und weniger im Verkauf, heuerte sie sehr früh erfahrene Vertriebsleute an. Als Glücksgriff erwies sich laut Kappler die Anwerbung zweier Vertriebs- und Marketing-Profis, von denen einer heute zusammen mit Kappler das Unternehmen führt.

Die überlebenswichtige Entscheidung, in den Vertrieb zu investieren, verdankt Kappler seinem Vater. Dieser hatte ihm bereits als Kind erklärt, dass das A und O eines jeden Unternehmens der Verkauf sei. Verkaufen lässt sich jedoch nur, was gebraucht wird, und darum lehnt sich Kappler trotz schwarzer Zahlen und renommierter Kunden nicht zurück. "Wir nutzen jede Ausschreibung, jede Präsentation und jedes Kundengespräch, um zu erfahren, welche Softwarefunktionen wir noch ergänzen müssen." Ein Ende des Tüftelns und Verbesserns sieht er nicht.