Elektronische Rechnung

Wie der ZUGFeRD-Standard den Rechnungsaustausch vereinfacht

15.09.2015 von Friedrich Wilhelm Haug
Die elektronische Rechnung nach dem ZUGFeRD-Standard ermöglicht den Austausch von Daten ohne vorherige Absprache der Partner über das Datenformat. Als Container wird eine PDF/A3-Datei genutzt. Darin werden strukturierte XML-Daten eingebunden.
Dr. Friedrich Wilhelm Haug ist Ministerialrat im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.
Foto: Haug/Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Haug spricht regelmäßig auf Veranstaltungen von IHKs und Softwareanbietern, um kleinen und mittelständischen Unternehmen die digitale Rechnungsverarbeitung nach dem ZUGFeRD-Standard nahezubringen. Den hier nach gedruckten Vortrag hielt Haug auf einer Kundenveranstaltung der Industrial Application Software GmbH (IAS), einem der ersten ERP-Anbieter, die ihr System an einen ZUGFeRD-konformen Rechnungsaustausch angepasst haben.

Mit ZUGFeRD gibt es kein Analog oder Digital, sondern ein Sowohl-als-auch: ein maschinenlesbares Dokument, das als PDF auch immer menschenlesbar ist wie bislang die analoge Rechnung auf Papier. ZUGFeRD steht für "Zentrale User Guideline Forum elektronische Rechnung Deutschland". Die entscheidende Erleichterung gegenüber heute genutzten Verfahren für elektronische Rechnungen ist der Austausch von Rechnungen ohne vorherige Absprache.

Das FeRD-Format erlaubt es, Rechnungsdaten in strukturierter Weise in einer PDF-Datei zu übermitteln und diese ohne weitere Schritte auszulesen und zu verarbeiten. Die Verbuchung kann vollständig automatisiert werden. Steuer- und handelsrechtliche Anforderungen an elektronische Rechnungen werden berücksichtigt. Ein zusätzlicher Vorteil: Auf jeder Station vom Versender bis zum Empfänger gibt es die Möglichkeit, in die analoge Welt zurückzukehren. Es kann immer noch ganz altmodisch eine Rechnung auf Papier ausgedruckt werden.

Die finale Version 1.0 des ZUGFeRD-Datenformats Extended steht seit ungefähr einem Jahr zum Download bereit. Sie wurde inzwischen rund 5000 Mal heruntergeladen. Die Zahl der Unternehmen, die das Datenformat nutzen, steigt kontinuierlich. Das Bundesverwaltungsamt geht am 1. Juli 2015 in Wirkbetrieb.

Erste Erfahrungen aus der Praxis

Setzen Unternehmen das ZUGFeRD-Datenmodell auf der Rechnungsausgangsseite ein, sparen sie durch den Einsatz des Datenformats verbunden mit einer Prozessoptimierung durchschnittlich zehn Euro je Rechnung. Damit werden die Kosten um 60 Prozent reduziert. Darüber hinaus werden Rechnungen im Mittel 5,3 Tage früher bezahlt als sonst. Dabei ist die Akzeptanz auf der Kundenseite hoch, insbesondere Neukunden akzeptieren elektronische Rechnungen zu fast 100 Prozent.

Auf der Eingangsseite lassen sich Kosten mindestens in gleicher Höhe wie beim Rechnungsausgang sparen. Erste Messungen liegen im Bereich zwischen zwei und 25 Euro; eine deutliche Häufung liegt zwischen zehn und 15 Euro. Die Bandbreite erklärt sich durch die bisherige Verarbeitungstiefe des Rechnungseingangs etwa durch Digitalisierung mit OCR.

Mit dem übergreifenden Datenformat wird der digitale Rechnungsaustausch gerade auch für kleinere Unternehmen ohne vorherige Abstimmung des Datenformats möglich. Die Geschäftsbeziehungen können sowohl zwischen Unternehmen als auch zwischen Unternehmen und Behörden entbürokratisiert werden.

ZUGFeRD-Prozesse
Foto: IAS

Zur Vorgeschichte

Das Forum elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) unter dem Dach der vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) hat sich am 14. November 2012 die Aufgabe gestellt, ein übergreifendes Format für elektronische Rechnungen zu erarbeiten. Es sollte für den Rechnungsaustausch zwischen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sowie zwischen Behörden und Verbrauchern genutzt werden können.

Die Vision des Bundeswirtschaftsministeriums

Ziel war es, dass der Markt Programme oder Programmerweiterungen anbietet, wie es sie in der Großindustrie beim elektronischen Banking und beim elektronischen Datenaustausch (EDI) bereits gibt. Die Effizienzgewinne sollten vergleichbar sein. Grundvoraussetzung für solche Programme ist ein gemeinsamer Standard für die Daten. Das Beispiel des elektronischen Banking zeigt, dass es möglich ist, einen solchen Standard zu verabreden und dann die Programme für die Beteiligten zu günstigen Preisen anzubieten.

Hintergrund und Einzelheiten von ZUGFeRD

Das FeRD ist die nationale Plattform von Verbänden, Ministerien und Unternehmen zur Förderung der elektronischen Rechnung in Deutschland. Der Release Candidate des Datenformats wurde am 6. Juni 2013 veröffentlicht, eine Erweiterung, der Release Candidate Extended 1.0, am 25. April 2014. Erste Anwendungen liefen auf der CeBIT 2013, weitere folgten auf der DMS EXPO in Stuttgart im September 2013. Die finale Version 1.0 steht seit dem 25. Juni 2014 zum Download bereit.

Die Basis für das FeRD-Rechnungsdatenformat sind anerkannte internationale Standards auf der Grundlage von UN/CEFACT CII (United Nations Centre for Trade Facilitation and Electronic Business Cross Industry Invoice), der ISO-Norm 19005-3:2012 (PDF/A-3) sowie den auf europäischer Ebene spezifizierten "Message Usage Guidelines" (MUG). Bisher bestehende Formate werden nicht ersetzt, sondern durch den jetzt definierten Kern in Form des FeRD-Formats ergänzt.

Technischer Hintergrund:

Das ZUGFeRD-Datenformat nutzt die Techniken und Bibliotheken, die für den Electronic Data Interchange (EDI) in der Großindustrie bereits seit langem verwendet werden. Das ZUGFeRD-Datenformat wurde von Unternehmen aus der Automobilindustrie, dem Einzelhandel, dem Bankensektor, der Softwareindustrie, aber auch vom öffentlichen Sektor erarbeitet. Es entspricht den Anforderungen der internationalen Standardisierung und kann auch im grenzüberschreitenden europäischen und internationalen Rechnungsverkehr angewendet werden. Deshalb wurde das Datenformat beim Europäischen Komitee für Normung (CEN) als deutscher Vorschlag eingebracht, damit es als Grundlage bei der Normierung eines europäischen Rechnungsstandards übernommen werden kann.

Mit der am 26. Mai 2014 in Kraft getretenen Richtlinie 2014/55/ EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen (im folgenden "Rechnungsrichtlinie") soll eine europäische Norm für die Kernelemente einer elektronischen Rechnung geschaffen werden. Die EU legt damit in erster Linie die Grundlage für ein einheitliches Rechnungsformat in den öffentlichen Verwaltungen fest. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die öffentlichen Auftraggeber elektronische Rechnungen empfangen und verarbeiten, die der europäischen Norm für die elektronische Rechnung entsprechen.

Die Richtlinie hat aber nicht nur Bedeutung für den öffentlichen Sektor. Wie Erwägungsgrund 22 der Rechnungsrichtlinie verdeutlicht, soll sie auch für den privaten Geschäftsverkehr gelten: "Die Kommission sollte aus diesem Grund sicherstellen, dass die Norm nicht nur allein für den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge entwickelt wird, sondern auch von privaten Wirtschaftsteilnehmern in ihren Geschäftsbeziehungen untereinander verwendet werden kann". Diese Voraussetzungen erfüllt das ZUGFeRD-Datenformat, weil es bereits in der Wirtschaft eingesetzte Standards nutzt und darauf aufbaut.

Häufig gestellte Fragen bei der elektronischen Rechnung nach dem ZUGFeRD-Datenformat (PDF-A-3 mit eingebetteten XML-Daten):

Wie ist mit E-Mails umzugehen?

Wenn die Mail nur als Transporthülle fungiert, etwa wie der Briefumschlag in der analogen Welt, kann sie gelöscht werden. Briefumschläge werden schließlich auch weggeworfen. Enthält die Mail aber handelsrechtliche Informationen, etwa ein Prozent Skonto mehr bei Sofortzahlung, dann ist sie aufzubewahren, wie übrigens das Kuvert aus der analogen Zeit auch, wenn außen ein Aufdruck mit solchen Sonderkonditionen zu finden ist.

Wenn durch Verabredungen, AGB oder ähnliches sichergestellt ist, dass keine handelsrechtlichen Informationen in der Mail stecken können, kann diese gelöscht werden. Andernfalls sollte Sie - Speicherplatz kostet wenig - so "datensparsam" wie möglich angeheftet werden.

Was ist das Original bzw. die Kopie/ Duplikat?

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat dies für die Umsatzsteuer in einem Schreiben vom 02. Juli 2012 zur Umsatzsteuer (Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011) geregelt. Dort werden die Rechnung auf Papier und in elektronischer Form gleichgestellt. Auf Seite 4 im dritten Absatz wird geregelt, dass jederzeit auf Verlangen eine Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren ist. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht zulässig.

Daraus folgt, dass als Beleg das angesehen wird, was der Steuerpflichtige verarbeitet hat. Denn Einsicht kann bei einem hybriden Dokument nur in das gewährt werden, was verarbeitet worden ist. Kurzformel: Wird ein PDF verarbeitet, etwa per OCR oder manuell, dann ist das PDF der Beleg. Wird XML ausgelesen und verarbeitet, ist die XML-Datei der Beleg.

Der Begriff Beleg entscheidet somit auch die Frage nach dem "Original". Diese Rechtsauffassung wird auch von der Finanzverwaltung vertreten. Das ergibt sich auch aus dem zweiten Absatz auf Seite 4, wo die Frage von mehrfach abgelegten Dateien geklärt wird. Sind die Dateien inhaltlich identisch, handelt es sich um Mehrstücke der gleichen Rechnung. Auf Papier wurde früher die Kenntlichmachung als Duplikat oder Kopie verlangt, damit nicht mehrfach Umsatzsteuer fällig wurde beziehungsweise der Vorsteuerabzug nur einmal vorgenommen werden konnte.

Unter den Daten, die inhaltlich identisch sein müssen, handelt es sich um jene Angaben, die gemäß Paragraf 14 UStG eine Rechnung ausmachen. Firmen-Logos, Weihnachtsgrüße oder sonstige Informationen, die mitunter auf einer Papierrechnung einem PDF zu finden sind, müssen also nicht übertragen werden.

Es bleibt noch die eher theoretische Frage, was ist, wenn PDF und XML inhaltlich abweichen. Steuerrechtlich gelöst, wird das über die Frage nach dem Beleg. Praktisch dürfte das aber keine Rolle spielen - ebenso wie heute niemand eine Tabelle in Tabellenkalkulationsprogrammen manuell nachrechnet, da jeder auf die Qualität des Programms vertraut. Das Vertrauen schwindet erst, wenn Fehler entdeckt werden.

Scannen von Originalunterlagen unter steuerrechtlichen Aspekten

Mit der Einführung der elektronischen Rechnung werden Unterlagen auf Papier nicht sofort verschwinden. Ein Rest wird bleiben. Davon wird aber der größte Teil geeignet sein, durch "ersetzendes Scannen" digitalisiert zu werden. Das bedeutet, dass die Originalunterlagen nach dem Scannen vernichtet werden können.

Allerdings können nicht alle Unterlagen durch Scannen ersetzt werden. Aus rechtlichen Gründen gilt das beispielsweise nicht für Bürgschaftserklärungen oder Urkunden, die durch eine besondere Heftung sowie durch Siegel oder Prägestempel aus Papier gesichert sind. Hier hilft auch kein noch so technisch aufwändiges Scannen etwa nach der höchsten Anforderungsstufe der technischen Richtline 03138 "Ersetzendes Scannen (RESISCAN)" des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Dennoch sollte auch für solche Dokumente eine digitale Arbeitskopie gefertigt werden, um das Wiederfinden in einer herkömmlichen Ablage zu erleichtern.

Anders sieht es aus, wenn Originalunterlagen für steuerliche Zwecke digitalisiert werden sollen. Das Steuerrecht verlangt keinen Beweis, sondern nur einen Nachweis (Glaubhaftmachung ist das Stichwort). Seit der Veröffentlichung der Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) im November 1995 in der Fassung vom September 2012 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat das Bundesfinanzministerium den Betriebsprüfern Regeln an die Hand gegeben, wie mit einer IT-gestützten Buchführung umzugehen ist. Sie wurden ergänzt durch Regeln zu den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) vom Januar 2001.

Bei beiden Schreiben handelt es sich "nur" um interne Anweisungen an die Finanzverwaltung. Sie sind also lediglich für Bedienstete der Finanzverwaltung bindend. Sie bestimmen aber, dass von ihnen eine IT-gestützte Buchführung als ordnungsgemäß zu akzeptieren ist, wenn diese Grundsätze beachtet sind. Somit geben sie auch den Unternehmen Hinweise, wie sie ihre Buchführung einzurichten haben, damit es keine Beanstandung durch die Finanzverwaltung gibt.

Die Finanzverwaltung hat, die GoBS und die GDPdU sowie die "Fragen und Antworten zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung" in einem Schreiben vom14. November 2014 zusammengeführt und auf einen aktuellen Stand gebracht. Es heißt "Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff" (kurz: GoBD).

Für elektronische Buchführungssysteme gilt

• Die Unveränderbarkeit der Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und elektronischen Unterlagen wird gewährleistet:

• Spätere Änderungen sind ausschließlich so vorzunehmen, dass sowohl der ursprüngliche Inhalt als auch die Tatsache, dass Veränderungen vorgenommen wurden, erkennbar bleiben.

• Eine Änderungshistorie darf nachträglich nicht veränderbar sein.

Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob das Dokument von Anfang an elektronisch vorlag oder durch Scannen erst erzeugt wurde. Die Bundessteuerberaterkammer hat bereits im März 2014 zusammen mit dem Deutschen Steuerberaterverband eine Muster-Verfahrensdokumentation zur Digitalisierung und elektronischen Aufbewahrung von Belegen inklusive Vernichtung von Papierbelegen veröffentlicht. Darin steht, wie Unternehmen vorzugehen haben, damit es zu keinen Problemen mit der Finanzverwaltung kommt, wenn sie Papier ersetzend scannen.

Darauf aufbauend wird es eine Checkliste vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geben, mit der die Anforderungen in die Praxis der Betriebe umgesetzt werden können.

Für Unternehmen folgt daraus, dass sie bereits heute Unterlagen aus bedrucktem Papier digitalisieren können. Damit lassen sich Kosten für die Ablage deutlich senken. Auch die Dauer von Aufbewahrungsfristen ist kein Problem mehr. Elektronischer Speicherplatz ist im Vergleich zum Regalmeter für Papierordner viel kostengünstiger. Dazu kommt noch, dass digital archivierte Dokumente schnell wiedergefunden werden. Sie können nicht an der falschen Stelle und damit unauffindbar abgelegt werden. Eine Volltextsuche findet auch eine falsch abgelegte Datei wieder.

Die elektronische Rechnung nach dem ZUGFeRD-Standard ermöglicht den Austausch von Daten ohne vorherige Absprache der Partner über das Datenformat.
Foto: Leszek Glasner, Shutterstock.com

Aufschlussreich zu diesem Thema ist ein am 22. August 2014 veröffentlichter Bericht des Statistischen Bundesamtes zum BMF-Projekt "Elektronische Archivierung von Unternehmensdokumenten stärken". Er fasst die Erkenntnis der Arbeitsgruppe "Einfacher Steuern zahlen" zusammen und bestätigt die Erkenntnisse des BMWi. Darüber hinaus enthält er viele Hinweise, wo noch Hemmnisse bestehen und wie diese überwunden werden können. Der Bericht zeigt auch auf, welche Entlastungsmöglichkeiten es gibt. (hv)