Cloud-Datenverlust bei Sidekick

"Wie deppert muss man sein?"

16.10.2009 von Oliver Häussler
Die Panne bei Microsofts US-Tochter Danger mit dem Datenverlust von T-Mobiles Sidekick-Kunden hat in Blogs hohe Wellen geschlagen. Die kontroverse Diskussion in der Öffentlichkeit könnte dazu beitragen, die erste Krise von Cloud Computing schneller zu bewältigen.
Der Datenverlust bei Sidekick-Kunden in den USA wirft Schatten auf das Thema Cloud Computing.

Die Stimmung ist geladen, die Community hat mit dem jüngsten Datenskandal bei Sidekick-Kunden in den USA das Thema Cloud Computing durch die Mangel genommen: "Wie deppert muss man sein, um seine wichtigen Daten wie Kontakte und Termine einem externen Dienstleister anzuvertrauen?", eröffnet ein IT-Administrator ein Online-Forum, das einige Einträge nach sich zieht. Als erfahrener IT-Fachmann schickt dieser sogleich hinterher: "Der Verlust der Daten ist dabei ein zu vernachlässigendes Risiko, denn ich behaupte mal, dass dieser Datenverlust bei mehr als 90 Prozent der Nutzer auch dann auftreten könnte, wenn sie die Datenspeicherung in eigener Verantwortung vornehmen würden."

Zu wenig Wissen über Datenspeicherung

In dieser Aussage steckt das eigentliche Problem des Themas: Die meisten Anwender - ob beruflich oder privat - sind verunsichert darüber, wie sie ihre Daten optimal schützen können. Die eigene Kenntnis darüber ist oft nicht ausreichend. Selbst für IT-Experten gibt es keinen "goldenen Weg". Faktoren wie Zeitaufwand, Kosten, Administration, Zugriffszeiten, Verfügbarkeit und vieles mehr spielen eine Rolle. Die meisten IT-Abteilungen stehen unter großem Druck und immer mehr Anwender sehen sich angesichts der veränderten Situation nicht mehr in der Lage, das Thema in eigener Leistung zufriedenstellend weiterzuentwickeln.

Cloud Computing bietet eine verlockende Alternative angesichts der Kosten wie auch im Hinblick auf den Administrationsaufwand. Andererseits ist das vielgepriesene Auslagern durch die zahlreichen Pannen inzwischen stark in die Kritik geraten. Das Vertrauen in die Provider leidet durch derartige Skandale gewaltig.

IT-Abteilungen stehen unter Druck

"In Bezug auf die Datensicherheit ist Cloud Computing ein Albtraum", schreibt ein Teilnehmer eines anderen Blogs, der sich als Administrator bezeichnet, der Cloud Computing radikal verweigert. "Dann kann ich auch gleich meine letzte Steuererklärung, Kontoauszüge und die Nacktfotos der Geliebten ins Internet stellen." Vergleichbare Aussagen sind in weiteren Blogs zahlreich zu finden.

Doch während sich die einen in ihrem Misstrauen bestätigt fühlen, propagieren andere wiederum einen vernünftigen Umgang mit Daten. "Nicht das Cloud Computing an sich ist unsicher", sagt Professor Stefan Katzenbeisser vom Fachbereich Informatik der TU Darmstadt gegenüber der dpa. Seiner Meinung nach komme es darauf an, wie die Datenspeicherung beim Anbieter umgesetzt werde und ob ein vernünftiges Backup installiert sei. Für Katzenbeisser liegt das "eigentliche Problem im grundsätzlichen Umgang mit der Datenspeicherung." Und wer Daten online auslagert, sollte sich erkundigen, was der Anbieter für die Sicherheit unternehme. Doch selbst die härtesten SLAs helfen wenig, wenn die Daten - aus welchem Grund auch immer - verloren gehen oder ausspioniert werden.

Vertrauen zurückgewinnen

Zwar ist Cloud Computing noch ein relativ junger Markt, doch hat er bereits seine erste Krise zu bestehen. Die Tatsache, dass der aktuelle Vorfall in der Öffentlichkeit so kontrovers diskutiert wird, ist für die Branche eine Chance, das Thema konstruktiv aufzuarbeiten und das verloren gegangene Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Der große Vorteil dabei ist, dass die Anwender nicht "dicht machen", sondern einen konstruktiven Dialog führen und offen sind für technische Weiterentwicklungen. Eine ideale Voraussetzung für die Anbieter, das Vertrauen wieder zurückzugewinnen - vorausgesetzt sie bieten überzeugende Maßnahmen für die Datensicherheit.