Smart Cities und Co. benötigen schnellere Netze

Wie das Internet of Thing (IoT) die Handynetze belastet

24.09.2014 von Harald Karcher
Die M2M-Kommunikation boomt in der Industrie schon länger. Mit dem Internet der Dinge (IoT) stößt die Maschinen-Kommunikation auch in das Leben vieler Konsumenten vor. Dabei werden fast alle Netztypen gefordert: WLAN, Bluetooth, DECT und ZigBee, vor allem aber der Mobilfunk.
Milliarden von Dinge, darunter auch Tiere, werden mit dem Internet der Dinge vernetzt und belasten die Handy-Netze
Foto: Telekom

In Zukunft sollen die Mobilfunknetze mehrere Milliarden Apps und mehrere hundert Milliarden Dinge, Fahrzeuge, Maschinen, Hausgeräte und Gebäude-Sensoren miteinander koppeln. Dabei müssen die Mobilfunknetze schon heute weltweit etwa fünf Milliarden User rund um die Uhr verkraften, die fast Alle Always-On sind. Die meisten nutzen Handys oder Smartphones. Dazu kommen mobilfunk-bestückte Tablets, Laptops, Router, Surfsticks, Autos und Navisysteme, die aber nicht immer Always-On sind. Die Netzausrüster gehen deshalb davon aus, dass die Menschheit bald eine 1000-fache Mobilfunk-Kapazität benötigen wird, die nur noch mit 5G-Netzen abgefedert werden kann.

Wie sich die Anforderungen an die Netze verändern, zeigt ein Blick auf die Möglichkeiten des mobilen Internets. Das mobile Internet erlaubt im Prinzip erstens Person-to-Person-, zweitens Person-to-Machine- und drittens Machine-to-Machine-Kommunikation. In der ersten Stufe diente der digitale Mobilfunk überwiegend der Person-to-Person-Vernetzung via Sprache von Mensch-zu-Mensch. Das Wachstum in der Handy-Sprachkommunikation scheint derweil zu stagnieren, aber der mobile Daten-Foto-Video-Hunger der Handy-Tablet-Laptop-Nutzer dürfte auch künftig weiter wachsen. Daher müssen die Netzbetreiber ihre Kapazitäten weiter steigern, um erstens aktuelle Engpässe zu beseitigen und zweitens das weitere Wachstum überhaupt bedienen zu können.

Intelligente Vernetzung
Schon heute bringen Trends wie Social, Mobile, Cloud und Video enormen Traffic in die Netze. Die immer stärkere Vernetzung von Menschen, Prozessen, Daten und Sachen, das Internet of Things, wird bald noch viel mehr Verkehr in den Netzen generieren.
Alles vernetzt
Die mobile Vernetzung von Maschinen und Fahrzeugen, das Internet of Things, verspricht neue Milliarden-Märkte
Vernetzte Autos
Stark vernetzte und selbst-fahrende Autos werden enorme-Internet-Kapazitäten benötigen, die man nur mit schnellen 5G-Mobilfunknetzen wird befrieden können
5G-Anwendungen
Der 5G HyperService Würfel von Huawei zeigt, welche neuen Mobilfunk-Anwendungen welchen Durchsatz (Throughput) pro Quadrat-Kilometer, welche Pingzeiten (Delay) in Millisekunden und wie viele Verbindungen (Links) pro Quadrat-Kilometer benötigen. Der kleine Würfel innen zeigt die Leistungsgrenzen der heutigen 2G-3G-4G-Netze. Der große Würfel außen symbolisiert die Power von 5G.
Enormer Datendurchsatz
Der LTE-Nachfolger 5G soll aus Sicht von NOKIA (vormals NSN) enormen Datendurchsatz (oben), extrem kurze Reaktionszeiten (rechts) und eine gigantische Zahl an gleichzeitigen Mobilfunk-Connections ermöglichen.

5G und IPv6 für das Internet of Things

Hinzu kommen ganz neue Anwendungen bei der mobilen Vernetzung von Autos, Geräten, Sensoren und Maschinen. Die Branche spricht schon seit Jahren von der Machine-to-Machine-Kommunikation alias M2M. Etwas modischer klingt Internet of Things alias IoT. Der kalifornische Netzausrüster Cisco Systems wiederum pusht den Begriff Internet of Everything alias IoE und versteht darunter die Vernetzung von Menschen, Prozessen, Daten und Dingen. Die Begriffe überschneiden sich stark.

In den Smart Cities der Zukunft kommunizieren Auto und Parkplatz miteinander.
Foto: Deutsche Telekom

Joachim Dressler, Vice President EMEA Sales, OEM Solutions, bei Sierra Wireless, wagt folgende Abgrenzung: "Ein Internet of Things besteht aus mehreren unterschiedlichen Teilnehmern, die zielgerichtet miteinander kommunizieren. Während die M2M-Kommunikation für die Basistechnologie zur Erfassung und Übertragung der Daten steht, geht es beim Begriff Internet of Things eher um die Verarbeitung und Systematisierung der Daten".

Der chinesische Netzausrüster Huawei geht davon aus, dass bereits vor dem Rollout der 5G-Technik bis 2020 zwischen 50 bis 100 Milliarden Geräte vernetzt sein könnten. Damit steigt der Druck auf die vorhandenen 2G-3G-4G-Netze. Der LTE-Nachfolger 5G wird ab 2020 vielleicht gerade noch rechtzeitig kommen, um die älteren Netze zu entlasten.

Bei diesen neuen IoT-Milliarden-Märkten bekommen nicht nur Mobilfunk-Telcos und deren Ausrüster, sondern auch IT-Netzwerker wie Cisco leuchtende Augen. Dank IPv6 könnten nämlich hunderte Milliarden von Handys, Dingen und Maschinen eigene, sprich unverwechselbare Internet-Adressen erhalten. Bei IPv4 herrscht dagegen schon heute IP-Adressenknappheit, die man mit Tricks und Kompromissen wie NAT alias Network Address Translation umsegeln muss.

Marktpotenzial für Machine-to-Machine-Connections

Alleine 25 Millionen Container werden im Internet der Dinge wohl vernetzt werden und für zusätzlichen Traffic sorgen.
Foto: CC3.0, Vwpolonia75

Das gigantische Potential der Vernetzung von Geräten, Fahrzeugen und Maschinen per Mobilfunk verdeutlicht Professor Hans Schotten anhand einiger Zahlen: 8.000 Frachtschiffe, 25 Millionen Container, 255 Millionen Autos, 345 Millionen Energie-Sensoren, 3,7 Millionen Verkaufsautomaten und last but not least 110 Millionen Haustiere, die man ja ebenfalls per Mobilfunk allzeit überwachen und betreuen könnte.

Das heißt: Bald dürfte auch der Hund zu Weihnachten ein neues Handy bekommen. Vielleicht nicht unbedingt mit großem Touchscreen, aber mit 3G, 4G, LTE, WLAN, Kamera, Mikrofon und Bewegungs-Sensoren. Vielleicht tragen Hunde und Katzen künftig sogar Datenbrillen, dann könnten Frauchen und Herrchen allzeit via Internet am Smartphone schauen, wo sich der vierbeinige Liebling gerade herumtreibt.

5G-Vernetzung von selbstfahrenden Autos

Ein anderes Szenario ist das Smart Metering, als die Vernetzung von Geräten wie Stromzähler.
Foto: Telekom

Laut Sebastian Zimmermann, Head of Automotive Connectivity and Security Solutions bei BMW, wird auch das Auto in Zukunft so stark vernetzt sein, dass man die Kapazität der 5G-Netze braucht. Wenn sich das weitgehend automatisierte Fahren, Augmented Reality im Head-Up-Display auf der Windschutzscheibe, die automatische Erkennung von Fußgängern und Radlern im Interesse der Kollisions-Vermeidung sowie Location based Services im Auto durchsetzen sollen, wird man dazu enorme Wireless-Internet-Kapazitäten benötigen. Datenmengen die von den heutigen Mobilfunknetzen alleine gar nicht voll bewältigt werden können.

Allerdings sind die 5G-Netze nicht nur Lückenbüßer, die die Engpässe bisheriger Mobilfunknetze stopfen sollen. Gleichzeitig ermöglichen sie auch neue Anwendungen. In welchen Zusammengang neue Anwendungen mit den 5G-Netzen stehen, erklärt David Soldani, Vice President Huawei European Research Centre und Head of Central Research Institute (CRI) im European Research Centre bei Huawei in München, anhand eines 5G-HyperService-Würfel (siehe Grafik). Zum Beispiel wird man die hohe Geschwindigkeit, die hohe Verfügbarkeit, die enorme Kapazität und die rasanten Pingzeiten von 5G in unterschiedlichem Maße für Smart Cities, für intelligente und selbstfahrende Autos, für Hochgeschwindigkeitszüge, Augmented Reality, Interaktives HDTV, Real 3D, Telemedizin und Rettungsdienste, oder auch für Telepresence-Videokonferenzen in Ultra-HD-Auflösung benötigen und nutzen.