Bezahlen im Internet

Wie das Geld zum Händler kommt

20.05.2005 von Heide Witte
Die "Alles-gratis-Kultur" im Web geht zu Ende. Doch die klassischen Zahlungsarten hemmen den Online-Handel. Den Bedürfnissen von Händlern und Kunden wollen Systeme wie Paypal, Click2pay oder Click@Pay entgegenkommen.
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Ohne Kreditkarte geht im internationalen Online-Handel nicht viel. E-Books bei Amazon oder Mietwagen bei Opodo beispielsweise sind ausschließlich mit Karte bezahlbar. "Die Symbiose aus Kreditkarte und elektronischem Handel hat in den vergangenen zehn Jahren beide Branchen maßgeblich beeinflusst. Die Wachstumsraten im E-Commerce verlaufen nahezu parallel zu den Zuwächsen, die einige Kreditkartenunternehmen in diesem Handelssegment verzeichnen", erklärt Guido Syré, Manager Marketing E-Commerce bei Visa Europe mit Sitz in London.

Den deutschen Markt bezeichnet Syré indes als "eher kreditkartenarm". Während in den USA und in Rest-Europa die Karte längst allgemein akzeptiertes und genutztes Zahlungsmittel für Käufe und Transaktionen im Internet sei, lebe in Deutschland die Tradition des klassischen Versandhandels fort: Bestellte Waren werden immer noch gerne per Lastschriftverfahren - , in fast zwei Dritteln aller Fälle - gegen Rechnung oder gar per Nachnahme bezahlt.

Höherer Umsatz mit Kreditkarte

Dabei generieren "Kunden, die zur Kreditkarte greifen, deutlich höhere Warenkorb-Werte als jene, die traditionelle Bezahlverfahren nutzen", so die Ergebnisse der Untersuchung "Status-quo des E-Retail in Deutschland und Europa", die vom Payment-Service-Provider Pago durchgeführt wurde. Laut Dr. Stefan Heng, Senior Economist bei Deutsche Bank Research, erwarten Kunden und Händler von E-Payment-Systemen Sicherheit, geringe Kosten, Konsistenz und hohe Verbreitung der Zahlungssystems. Doch das war’s dann schon mit den Gemeinsamkeiten. Denn: "Die Ansprüche, die von Händlern und Käufern an ein elektronisches Zahlungssystem herangetragen werden, stehen in manchen Aspekten diametral zueinander."

Während die Kunden vom E-Payment beispielsweise einfache Handhabung, Anonymität und Stornomöglichkeit erwarten, legen die Händler Wert darauf, Stornierungen angesichts hoher Rückbuchungsgebühren weitgehend auszuschließen. Außerdem sind sie an umfassenden Informationen über ihre Kunden interessiert. Nur so ist es möglich, Kundenprofile zu erstellen und Marketing zielgenau zu adressieren. Doch insbesondere den deutschen Kunden ist an der Herausgabe ihrer personenbezogenen Daten wenig gelegen. Lediglich jeder vierte Konsument ist laut Pago bereit, vertrauliche Daten im Internet preiszugeben.

Als Kompromiss bieten sich seit einiger Zeit "kartenbasierte" Zahlungssysteme an, die den Bequemlichkeits- und Sicherheitsbedürfnissen der deutschen Verbraucher und durch Bonitätsprüfungen und Risiko-Management auch den Händlern entgegenkommen. Solche Systeme offerieren beispielsweise Paypal und Wire Card mit Click2pay.

Der Online-Bezahldienst Paypal wurde 1998 in den USA gegründet, gibt mehr als 56 Millionen Accounts an und ist in 45 Ländern weltweit vertreten. Das Online-Auktionshaus Ebay kaufte Paypal im Juli 2002. Im Februar 2004 startete eine deutschsprachige Version. 400000 deutsche Nutzer meldete Paypal, dessen europäischer Hauptsitz in Großbritannien ist, kurz nach Start des Dienstes hierzulande. Heute gibt es in Deutschland etwa eine Million Mitglieder.

Das Zahlungssystem stützt sich auf Kreditkarten oder klassische Girokonten, das heißt, der Kunde muss diese Informationen an den Payment-Provider übermitteln. Händler müssen außerdem ein eigenes Paypal-Konto einrichten.

Käuferschutz bis 400 Euro

Nach einem Verkaufsabschluss wird der Käufer automatisch über die Zahlungsdetails informiert, Paypal zieht das Geld bei der Kreditkartenfirma oder dem Konto des Käufers ein und überweist es auf das Paypal-Konto des Händlers. Ebay bietet dabei einen Käuferschutz bis zu einem Kaufpreis von 400 Euro ohne Selbstbeteiligung, sofern der Verkäufer die Bedingungen dafür erfüllt. Dazu muss er nicht nur Inhaber eines Paypal-Kontos sein, sondern mindestens 50 Auktionen erfolgreich abgeschlossen haben, und die Quote der positiven Bewertungen muss 98 Prozent überschreiten.

Ebay mit eigener Cyber-Währung

Die Zahlung per Paypal ist immer kostenlos, Gebühren fallen beim Empfänger an und sind abhängig vom Überweisungsweg. Sie betragen maximal 3,9 Prozent der Transfersumme zuzüglich 35 Cent. Der Empfang von Paypal-Zahlungen per Banküberweisung sowie von Guthabenzahlungen ist derzeit im Rahmen einer Einführungsphase kostenlos. Nach der Einführungsphase wird die Gebühr voraussichtlich unter einem Prozent liegen. Der Service steht auch Händlern offen, die nicht bei Ebay aktiv sind.

"Made in Germany" ist dagegen die Lösung Click2pay aus dem Hause Wire Card AG mit Sitz in Grasbrunn bei München. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Echtzeit-Zahlungsabwicklungssysteme mit integriertem Risiko-Management sowie Call-Center- und Kommunikationslösungen. Die Angebotspalette reicht von Standardlösungen für kleinere Anbieter bis hin zu branchenspezifischen Finanz-Management-Lösungen für Großunternehmen. Wire Card verarbeitet eigenen Angaben zufolge täglich Hunderttausende von Zahlungstransaktionen über Karten oder elektronische Lastschrift. 2000 Händler zählen zum Kundenkreis.

Wire Card unterstützt derzeit 80 internationale Bezahlverfahren in 180 Währungen. Wer sich bei Click2pay registriert, kann mit seinem Konto bei allen Online-Händlern einkaufen, die an das System angeschlossen sind.

Die Funktionsweise: Der Endkunde muss sich vor der Nutzung einmal mit seinen Konto- oder Kreditkartendaten bei Click2pay registrieren. Dabei sorgen Nummer und Passwort der virtuellen Karte sowie die E-Mail-Adresse des Kunden für die nötige Sicherheit - auch für den Händler.

Auch centweise Abrechnung lohnt

Diese Lösung ist nach Meinung des Anbieters vor allem für diejenigen Geschäftsmodelle tauglich, die mit Abos funktionieren oder bei Wiederholungseinkäufen, beispielsweise DVD-Verleih, Partnerbörsen oder Wettbüros. Aber auch am riesigen Markt der Online-Auktionen, allen voran bei Ebay, will Wire Card teilhaben.

Doch auch das Geschäft mit Cent-Beträgen ist integrierbar. "Unsere Lösung unterstützt auch Micro-Payment, beispielsweise für Downloads oder Zeitungsartikel", sagt Braun. Gerade im Micropayment-Bereich ist in nächster Zeit einiges zu holen, denn laut dem Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) geht "die Zeit der Kostenlos-Kultur im Internet zu Ende, gleichzeitig steigt die Qualität der Angebote", so der Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Er zitiert eine Studie des European Information Technology Observatory (EITO), derzufolge der deutsche Download-Markt, in dem online verfügbare Musik, Spiele, Videos, Texte und Bilder für Privatanwender zusammengefasst werden, in diesem Jahr um 137 Prozent auf 484 Millionen Euro zulegen soll.

Verbraucher kaufen mehr im Web

Nach einem Plus von 105 Prozent im Jahr 2004 beschleunige sich das Wachstum damit "auf sehr hohem Niveau". Bereits in zwei Jahren soll der Markt ein Volumen von deutlich mehr als einer Milliarde Euro erreichen. "Die Bereitschaft, im Internet Geld auszugeben, ist in den Privathaushalten deutlich gestiegen", kommentiert Rohleder die Ergebnisse der Studie.

Im Micropayment-Bereich gibt es zahlreiche Anbieter - mit unterschiedlichen Angeboten, darunter das System "T-Pay" der Telekom, mit dem Einkäufe per Telefonrechnung bezahlt werden.

Marktführer ist hierzulande laut den Marktforschern von Fittkau & Maaß die Firstgate AG mit der Lösung Click@Buy, die seit rund vier Jahren auf dem Markt ist. Nach der Registrierung kann der Nutzer derzeit bei mehr als 3000 Anbietern weltweit bezahlen. Firstgate zählt rund dreieinhalb Millionen registrierte Nutzer. Bei Firstgate kann per Lastschrift, Kreditkarte, Rechnung oder auch im Prepaid-Verfahren gezahlt werden.

Bei der Einstufung der Händler in das Preismodell unterscheidet Firstgate zwischen den Konditionen für Basic-Accounts und Premium-Accounts: Beim Basic-Account sind Verkäufe bis maximal zehn Euro möglich. Die einmalige Anmeldegebühr kostet knapp 50 Euro, der Grundpreis für Nutzung und Dienstleistungen beläuft sich auf fünf Euro pro Monat. Anhand der monatlichen Umsätze werden außerdem noch Provisionen fällig: Sie liegen zwischen sieben und 35 Prozent.

Laut Heng von der Deutschen Bank gibt es heute über 100 innovative Zahlungssysteme. Langfristig jedoch hätten "weniger als drei" davon eine Überlebenschance. Die Crux liege in der Zersplitterung der E-Payment-Szene. "Verkäufer zögern, in die Infrastruktur von Bezahlsystemen zu investieren, die bislang nur wenige Käufer nutzen. Gleichzeitig entscheiden sich nur wenige Käufer für Lösungen, die nur vereinzelte Verkäufer einsetzen", beschreibt Heng den Status quo. (uk)

Heide Witte, freie Journalistin in München.