Fünf Regeln gegen den Frust

Wie Chef und Mitarbeiter miteinander klarkommen

01.10.2009 von Alexandra Mesmer
Der Mitarbeiter ist frustriert, der Chef in seinen Augen schuld. Dabei muss man nur wenige Regeln beachten, damit die Zusammenarbeit klappt.
Lasst Blumen sprechen... Foto: corepics/Fotolia.com
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Zu niedriges Gehalt, zu wenig Lob, unklare Ansagen? Der Chef treibt zwei von drei Angestellten so sehr in den Wahnsinn, dass sie am ehesten wegen ihm kündigen würden. Das zeigen viele Studien, wie eine aktuelle Befragung der Ruhr-Universität Bochum, laut der die Mehrheit der beschäftigten mit ihrem Vorgesetzten unzufrieden sind. Aber auch die Chefs selbst klagen über so manchen Missstand bei Ihren Mitarbeitern.

Die Psychologen Volker Kitz (links)und Manuel Tusch plädieren für einen konstruktiven Umgang mit dem Chef.

Die Bestsellerautoren Volker Kitz und Manuel Tusch ("Das Frustjobkillerbuch") widmen sich in ihrem neuen Buch "Ohne Chef ist auch keine Lösung. Wie Sie endlich mit ihm klarkommen" (Campus Verlag 2009, 19,90 Euro, ISBN 978-3-593-38789) dem oft schwierigen Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter. Sie bieten goldene Regeln, die auf unterschiedliche Art jeweils für beide Seiten gelten. Computerwoche.de fasst fünf Ratschläge für Sie zusammen:

Machen Sie den Chef-Test

Alle Mitarbeiter, die mit ihrem Chef unzufrieden sind, können sich auf der Website zum Buch "Ohne Chef ist auch keine Lösung" austauschen. Unter www.wenn-der-chef-nervt.de bieten die Autoren Volker Kitz und Manuel Tusch auch einen Online-Test an, mit dem man überprüfen kann, ob der eigene Chef wirklich so schlimm ist.

1. Was Chefs besser machen können

  1. Gib, was du nimmst, und nimm, was du gibst: Der Job ist ein Tausch von Arbeit gegen Geld. Für die Motivation ist es wichtig, dass dieser Tausch gerecht bleibt. Das gilt für beide Seiten: Nur wenn die Bezahlung anhand objektiver Kriterien (Wert der Arbeitsleistung und Bezahlung der Kollegen) angemessen ist, wird der Mitarbeiter auch vollen Einsatz zeigen. Damit der Mitarbeiter das überprüfen kann, muss das Gehaltsgefüge transparent sein.

  2. Erkenne Anerkennung an: Wir alle brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung, das ist menschlich. Lob und Anerkennung sind wahre Drogen, die Mitarbeiter zu Höchstleistungen anspornen können. Es zahlt sich also aus, etwas großzügiger damit umzugehen - den Grundsatz "Nicht geschimpft ist auch gelobt" sollten Sie getrost aus Ihrem Kopf streichen. Auch wenn Sie nicht jedem Mitarbeiter für jeden Handgriff ein Denkmal setzen können: Ein kurzes "Danke" sollte als Reaktion auf eine Mail mit Arbeitsergebnissen schon drin sein. Das ist höflich und verhindert beim Mitarbeiter den demotivierende Eindruck, seine Arbeit verschwinde in einem schwarzen Loch. Lesen sie dazu: Loben für Fortgeschrittene

  3. Sei keine Lottozahl: Wir reden in Unternehmen jeden Tag sensationell aneinander vorbei! Denken Sie immer daran, dass Ihre Mitarbeiter keine Gedanken lesen können - noch nicht einmal die des Chefs. Wer sich nicht die Zeit nimmt, einen Arbeitsauftrag verständlich zu erklären, zahlt am Ende doppelt und dreifach drauf, wenn der Mitarbeiter erst mal eine Weile im Dunkeln stochert und in die falsche Richtung arbeitet. Kein Chef liebt Nachfragen, aber wenn Sie genervt darauf reagieren, ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, weiter ins Blaue hinein zu arbeiten.

  4. Sei nicht die Brüder Grimm: Aufrichtigkeit schafft Vertrauen! Wer seinen Mitarbeitern Märchen erzählt über ihre Perspektiven, über die Situation des Unternehmens und über seine Entscheidungshintergründe, der trägt nicht gerade dazu bei, dass diese sich mit dem Unternehmen identifizieren. Und das wiederum macht sich in sinkendem Engagement bemerkbar.

  5. Liebe die Menschen: Menschlichkeit verschwindet immer mehr aus dem Arbeitsalltag. Menschen werden auf Kostenstellen reduziert, in E-Mails fallen nach und nach sämtliche Höflichkeitsformen weg, man grüßt sich auf dem Flur nicht mehr. Vergessen Sie bei aller Effektivitätssteigerung nicht, dass Sie es nicht nur mit Personalnummern und Namenskürzeln zu tun haben, sondern mit Menschen, hinter denen jeweils eine ganze Persönlichkeit, ein ganzes Leben und ein ganzes Schicksal stehen. Beachten Sie in Meetings, Mails und in der Kaffeeküche elementare Umgangsformen und Höflichkeitsregeln, auch wenn sie Zeit und Kraft kosten. Sie geben Ihnen Zeit und Kraft zurück.

meetingtipps
Meetings sind wie Eisberge
Auch wenn es um ein Sachthema (= Spitze des Eisbergs) geht, entscheidet die emotionale Kommunktion über Erfolg und Misserfolg einer Sitzung. Und letztere ist leider nicht sichtbar, ebenso wie der größte Teil des Eisbergs.
1. Lichten Sie Ihre Agenda ...
... sonst sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche und halten Sie sich an eine Struktur: Begrüßung und Vorstellung; Themenblock; Zusammenfassung; weiteres Vorgehen.
2. Bringen Sie alle an einen Tisch ...
... sonst fühlen sich einige übergangen. Bei schwierigen Themen bieten sich Vorgespräche an.
3. Videokonferenzen ...
... sparen Zeit und Geld. Sie eignen sich für Routine-Meetings. Bei Kick-offs oder Krisengesprächen ist der persönliche Kontakt dagegen ein Muss.
4. Der Zeitpunkt eines Meetings ...
... ist schon die halbe Miete. Wer ausschweifende Sitzungen vermeiden will, setzt sie vor der Mittagspause oder dann an, wenn der Berufsverkehr schon einsetzt.
5. Die Einladung ...
...ist die erste Möglichkeit mit den Teilnehmern in Kontakt zu treten. Dabei zeigen schon kleine Gesten grosse Wirkung: kann ein Parkplatz angeboten werden, gibt es gerade örtliche Besonderheiten bei der Anreise zu beachten.
6. Begrüßen Sie die Teilnehmer ...
... nicht erst im Sitzungsraum, sondern schon am Empfang.
7. Eine kleine Aufmerksamkeit aus der Teeküche ...
... erfreut besonders die weiter angereisten Teilnehmer der Besprechung.
8. Flipchart statt Powerpoint
Eine gemeinsam entwickelte Skizze am Flipchart fördert das offene Gesprächsklima und bringt oft mehr als eine vorgefertigte Präsentation, weil sich die Teilnehmer aktiv einbringen können.
9. Erfahrene Moderatoren ...
... fassen die Ergebnisse am Ende des Besprechungspunktes zusammen und haken noch einmal nach, ob es Einwände gibt.
10. Nach dem Meeting ist vor dem Meeting
Zu Ergebnissen kommen, ist die eine Sache. Die andere ist aber, die Ergebnisse auch umzusetzen beziehungsweise die Ziele zu verfolgen, und zwar möglichst zeitnah zur Besprechung.

2. So kommen Mitarbeiter mit ihrem Chef aus

  1. Gib, was du nimmst, und nimm, was du gibst: Der Job ist ein Tausch von Arbeit gegen Geld. Für die Motivation ist es wichtig, dass dieser Tausch gerecht bleibt. Das gilt für beide Seiten: Der Mitarbeiter erwartet zu Recht vom Chef, dass jeden Monat das volle Gehalt kommt. Mal ehrlich: Dafür darf der Chef aber auch volle Arbeit während der Arbeitszeit erwarten. Wer auch selbst fair sein will, verlagert Ebay-Verkäufe und private E-Mails in den Feierabend. So lässt sich Gerechtigkeit vom Chef überzeugender einfordern, etwa bei Gehaltsverhandlungen.

  2. Erkenne Anerkennung an: Wir alle brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung, das ist menschlich. Aber oft ist es so: Wir schicken dem Chef eine Mail mit Arbeitsergebnisse - und bekommen noch nicht mal eine Reaktion, geschweige denn ein Lob. "Wozu mache ich das, wenn meine Arbeit nicht wahrgenommen wird?", schießt es uns durch den Kopf. Hier hilft folgende Überlegung: Der Chef bekommt an diesem Tag möglicherweise 30 E-Mails mit Arbeitsergebnissen von Kollegen. Er kann nicht jeden Einzelnen mit einer persönlichen Lobansprache im Büro aufsuchen, sonst käme er zu nichts anderem mehr. Also steckt meist gar keine böse Absicht dahinter - wer das versteht, lebt entspannter. Kommt aber gar keine Rückmeldung, sollten Sie nachhaken: Vielleicht ist die Mail ja tatsächlich nicht angekommen.

  3. Sei keine Lottozahl: Wir reden in Unternehmen jeden Tag sensationell aneinander vorbei! Der Chef murmelt eine unklare Arbeitsanweisung - und ändert am nächsten Tag auch schon wieder seine Meinung. Hier hilft: Nicht einfach drauf los arbeiten, sondern sich trauen, nachzufragen! Insbesondere bei längeren Projekten zwischendurch immer mal erkundigen, ob die alten Ansagen noch gelten. Und: Auch Chefs sind keine Hellseher. Auch sie werden manchmal von Entwicklungen überrascht, müssen Lösungen erst ausprobieren. Keiner spielt absichtlich Blinde Kuh mit seinen Mitarbeitern!

  4. Sei nicht die Brüder Grimm: Aufrichtigkeit schafft Vertrauen! Und Vertrauen funktioniert in beide Richtungen: Wie Sie sich von Ihrem Chef wünschen, keine Märchen erzählt zu bekommen, so wünscht auch er sich Aufrichtigkeit von Ihnen. Doch wann haben Sie ihn das letzte Mal angeflunkert? Die kleine Notlüge, als Sie kürzlich verschlafen haben oder einen wichtigen Kundenanruf vergessen haben? Wer in kleinen Dingen ehrlich ist und vor allem auch mal zu Fehlern steht, erwirbt sich Achtung und Vertrauen vom Chef. Das wiederum bringt Freiräume, die das Arbeitsleben angenehmer machen.

  5. Liebe die Menschen: Menschlichkeit verschwindet immer mehr aus dem Arbeitsalltag. Mit gutem Beispiel vorangehen, wirkt Wunder. Wer mit den Kollegen menschlich umgeht, sie nicht nur mit Namenskürzel nennt, Umgangsformen in E-Mails, Kaffeeküche und auf dem Flur pflegt, kann das Abteilungsklima aus eigener Kraft merklich verbessern. Zudem sollten Sie nicht vergessen, dass auch der Chef nur ein Mensch ist, der die gleichen Bedürfnisse, Gefühle, Probleme und Launen hat wie Sie selbst. Es ist nicht verboten, auch ihm menschliche Empfindungen zuzutrauen!

Die ungeschriebenen Gesetze in der Arbeitswelt

Damit in einem Unternehmen ein positives Arbeitsklima herrschen kann, sollten einige ungeschriebene Versprechen zwischen Mitarbeiter und Chef eingehalten werden. Schauen Sie, welche ungeschriebene Versprechen zu Missverständnissen führen können.

versprechen
Mit ganzer Kraft
Wenn sich Mitarbeiter voll einbringen, erwarten sie für ihren hohen Arbeitseinsatz ...
... eine leistungsgerechte Bezahlung.
Diese versprechen gute Arbeitgeber in der Regel.
Für seine Loyalität ...
... zum Arbeitgeber erwartet der Mitarbeiter ...
... Anerkennung.
Auch Arbeitsplatzsicherheit gehört zu den ungeschriebenen Versprechen, die Unternehmen geben.
Mit neuen Ideen ...
... verspricht sich der Mitarbeiter einzubringen.
Preisgekrönt
Gute Ideen der Mitarbeiter sollten nicht nur anerkannt, sondern auch honoriert werden.
Ich werde das schaffen!
Für ihren Ehrgeiz, ihre Weiterbildungsbereitschaft und Mobilität erwarten Mitarbeiter ...
... entsprechende Aufstiegsmöglickeiten ...
... und Personalentwicklungsmaßnahmen, die in der Regel auch zu den ungeschriebenen Versprechen der Arbeitgeber gehören.
Für ihre Bereitschaft zu Überstunden ...
... erwarten Mitarbeiter auch eine Gegenleistung ...
... in Form von Geld ...
... und Wertschätzung durch den Chef. Wird diese Erwartung nicht erfüllt, staut sich der Frust auf.