Wettbewerber befürchten neues Telekom-Monopol

14.11.2005
Die Telekom-Wettbewerber und die EU-Kommission haben den politischen Flankenschutz des Marktführers durch die Bundesregierung beim Ausbau des Glasfasernetzes zum Teil scharf kritisiert.

Mit dem Verzicht auf eine Regulierung würde faktisch ein neues Monopol geschaffen, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes VATM, Jürgen Grützner, am Montag der dpa. EU-Medienkommissarin Viviane Reding meinte: "Wir gehen davon aus, dass die neue Bundesregierung nichts macht, was nicht eng mit der Kommission abgestimmt ist".

Die Brüsseler Exekutive stößt sich an der Formulierung im neuen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD, dass die durch "entsprechende Investitionen entstehenden neuen Märkte für einen gewissen Zeitraum von Regulierungseingriffen freizustellen" seien. Die Verwendung einer neuen Technologie führe noch nicht dazu, dass ein neuer Markt entstehe, hieß es. Es könne auch lediglich eine bisherige Technik ersetzt werden.

Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hatte auf der IFA in Berlin angekündigt, rund drei Milliarden Euro in den Ausbau des Glasfasernetzes zu investieren. Laut Koalitionsvertrag soll das geplante Netz für einen "gewissen Zeitraum" von der Regulierung ausgenommen werden. "Wir bewerten das positiv", sagte ein Telekom-Sprecher. Das geplante Netz ist rund 50 mal schneller als der heute übliche DSL-Anschluss. Allerdings forderte Ricke Rahmenbedingungen, die dem Unternehmen einen vorübergehenden Investitionsschutz und damit Pioniergewinne garantieren.

Europas größter Telekommunikationkonzern will bis Mitte 2006 zehn Städte mit Glasfaser ausbauen - darunter Berlin, München und Köln. Bis Ende 2007 sollen 50 Städte angeschlossen sein. Einen bundesweiten Ausbau halten Experten indes für zu teuer. "Aus wirtschaftlicher Sicht ist das nicht sinnvoll", sagte der Vize-Präsident der AT Kearney in Berlin, Axel Freyberg. Ein solches Vorhaben würde wahrscheinlich mehr als 20 Milliarden Euro kosten.

Für die Telekom sind die Investitionen in das superschnelle Breitband eine Voraussetzung, um den Kunden bald so genannte Triple-Play-Produkte (Telefonie, Internet, Unterhaltung) anbieten zu können. Gleichzeitig versucht der Vorstand, die rückläufige Entwicklung der Geschäfte in der Festnetzsparte zu stoppen. Die Telekom wollte wie ihre Wettbewerber die Wertschöpfungsketten erweitern, betonte Grützner.

Hintergrund der neuen Telekom-Pläne sind die wachsenden Probleme des Konzerns im Festnetz. In dem Bereich verliert die Telekom kontinuierlich Marktanteile. Im Schnitt gibt der rosa Riese Ricke zufolge monatlich 100.000 Anschlüsse an die Wettbewerber ab. "Damit hätte die Telekom aber selbst in zehn Jahren immer noch einen Marktanteil von 50 Prozent", betont Grützner.

Der VATM-Geschäftsführer steht bei seiner Kritik an Regierung und Telekom nicht allein. Auch der Bundesverband der Stadtnetz- und regionalen Anbieter BREKO zeigte sich empört: BREKO-Präsident Peer Knauer sprach von einer "Lex Telekom" und einen "Rückfall in alte Monopolzeiten". Gerade die kleinen Unternehmen würden erhebliche Wettbewerbsnachteile erleiden: "Wir sind auf dem direkten Weg zu einem Zwei-Klassen-Wettbewerb". (dpa/tc)