Produktvergleich

Wer liefert das beste SOA-Paket?

09.09.2008 von Wolfgang Herrmann
In einem detaillierten Vergleich beleuchtet das herstellerneutrale Würzburger Business Application Research Center (Barc) Stärken und Schwächen von vier namhaften SOA-Plattformen.

Kaum ein Markt ist so intransparent wie der für SOA-Lösungen, berichten die Barc-Experten Bastian de Hesselle, Christian Bauersachs und Sebastian Klüpfel. Eine fast unüberschaubare Zahl von Systemanbietern preise ihre Kompetenzen bei der betriebswirtschaftlich sinnvollen Umsetzung des SOA-Paradigmas an. Erschwerend hinzu komme das Fehlen einer einheitlichen Definition des Begriffs SOA.

Barc orientiert sich beim Vergleich von SOA-Plattformen an einem mehrschichtigen Architekturmodell.

In einer vergleichenden Studie wollen die Autoren, allesamt Mitarbeiter am Lehrstuhl für BWL und Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg, einen "repräsentativen Überblick über vier SOA-Lösungen" geben. Im Gegensatz zu anderen Studien stütze sich die Arbeit nicht auf eine Fragebogen-basierende Auflistung von Funktionen. Vielmehr konzentrierten sich die Spezialisten laut eigenen Angaben auf Analysen, Testinstallationen und "problembezogene Herstellerpräsentationen". Leser sollen das Werk als Leitfaden nutzen, der sie beispielsweise bei der Auswahl eines SOA-Anbieters früh unterstützt. Dabei beschränkten sich die Prüfer auf den deutschsprachigen Markt.

Produkte in der Wertung

Vor diesem Hintergrund nahm Barc folgende SOA-Plattformen unter die Lupe:

Auffällig an dem Produktvergleich ist auf den ersten Blick, dass Branchenschwergewichte wie IBM, SAP, Microsoft oder die Software AG fehlen. Diese Unternehmen wollten sich aufgrund von Kapazitätsproblemen zunächst nicht beteiligen, erklären die Studienautoren. Die Anbieter hätten aber zugesagt, Informationen nachzuliefern. Barc werde diese in künftigen Untersuchungen berücksichtigen.

Bewertungskriterien

In der gut 300 Seiten starken Studie beleuchten die Autoren eine ganze Reihe von Kriterien und Produktmerkmalen. Dazu gehören beispielsweise Funktionen zur Servicedefinition und -verwaltung, die Implementierungsmethode, die Verwendung von Standards oder die Leistungsfähigkeit der mitgelieferten Portaltechnik (siehe Tabelle "Bewertungen von SOA-Plattformen).

Bewertung von SOA-Plattformen

Anbieter/Kriterium

Sopera

Intersystems

Inubit

Oracle

Portal

0 (nicht vorhanden, aber erstellbar)

+ (befriedigend)

+++

(sehr gut)

+++

(sehr gut)

Durchgängigkeit

BPM/SOA

++

+

+++

+++

Unterstützung Business Activity Monitoring

+ (abhängig vom gewählten Tool, kann auch besser sein)

++

+++

+++

Nutzung von technischen De-facto-Standards

+++

+

++

(gut)

++

Anzahl vorkonfigurierter relevanter Adapter

++

+

++

+++

Serviceverwaltung

+++

+

+++

+++

Servicedefinition

+++

+

++

+++

Implementierungsmethodologie

++

++

++

+++

Besonderheiten

- Open-Source-

Ansatz, Fokus auf

Integration

- Ständige Weiterentwicklung durch Community

- Proprietäre Workflow-Beschreibungssprache

- Umfangreicher Support

-Vorkonfigurierte Workflows

- Durchgängigkeit zwischen IT und BPM

- Umfangreiche Abdeckung des SOA-Blueprints

- Detaillierte Implementierungsmethodologie

- Vorkonfigurierte Workflows

Anbieterbeschreibung

- Reiner Infrastrukturanbieter

- SOA-Entwicklungswerkzeug

- Infrastrukturanbieter

- Abbildung spezieller Geschäftsprozesse

- Infrastrukturanbieter

- Weitreichende Abbildung der Geschäftsprozesse

Im Einzelnen kommt Barc zu folgenden Einschätzungen:

Sopera

Die Bonner Sopera GmbH, im Jahr 2007 als Ausgründung der Deutschen Post entstanden, biete Anwendern ein ausgereiftes SOA-Framework, kommentiert Barc. Sowohl bezüglich der eingesetzten Technologie als auch hinsichtlich der Vermarktung gehe das Unternehmen völlig neue Wege. Insbesondere die Verbindung des Open-Source-Gedankens mit einem Best-of-Breed Ansatz lasse Kunden viel Entscheidungsfreiraum (siehe auch Eclipse mischt den SOA-Markt auf). IT-Verantwortliche könnten so für jede Komponente individuell bestimmen, ob deren Einsatz sich lohne. Ein Argument für den "Sopera"-Stack sehen die Tester auch in der relativ geringen Abhängigkeit von einzelnen Softwareanbietern.

Aus technischer Sicht beurteilt Barc das Framework als "sehr ausgereift und flexibel". Besonders gute Wertungen ergattern die Bonner in den Kategorien Serviceverwaltung und Servicedefinition sowie bei der "Nutzung von technischen De-facto-Standards".

Abstriche machen die Autoren auf der Ebene der Geschäftsprozesse: Die Sollkonzeption von Geschäftsprozessen unterstütze Sopera nicht selbst. Stattdessen arbeite der Anbieter mit externen Partnern zusammen, die sich das Plattformwissen für das SOA-Framework oder spezifische Fachkompetenzen aneigneten. Negativ schlägt auch zu Buche, dass Sopera das Erstellen von grafischen Oberflächen nicht unterstütze. Hinzu komme, dass der Bruch zwischen UML-Modellierung (UML = Unified Modeling Language) und der Implementierung der Systeme das Darstellen von Echtzeit-Kennzahlen in der fachlichen Sicht verhindere. Ein Kompromiss wäre nach Einschätzung der Experten eine BPEL-Engine verbunden mit einer BPMN-konformen Darstellung der Prozesse (BPMN = Business Process Modeling Notation).

Intersystems

Der amerikanische Softwarehersteller Intersystems offeriert über seine deutsche Niederlassung keine klassische SOA-Infrastruktur, sondern eher eine integrierte SOA-Entwicklungplattform. Nach Einschätzung von Barc bietet die "Ensemble" genannte Umgebung mit einer Abstraktionsebene, einer integrierten Datenbank und einem Sequenzdiagramm einige interessante Ansätze für Entwickler. Positiv bewerten die Prüfer auch den Ansatz der durchgängigen Architektur, der die Möglichkeit biete, technische Abläufe zu modellieren, zu verfolgen und persistent in der integrierten Datenbank zu speichern.

Weil sich Intersystems auf die Entwicklung konzentriere, entständen auf der fachlichen Seite aber einige Herausforderungen, schränken die Autoren ein. So sei es aus fachlicher Sicht nicht leicht, einzelne Objekte oder Services zu finden. Einerseits existiere dafür keine herkömmliche Registry, andererseits sei eine Beschreibung der Objekte in der Objektverwaltung nicht zwingend vorgesehen. Zudem bleibe die gesamte fachliche Prozessmodellierung außen vor. Damit wachse die Gefahr eines Auseinanderdriftens von fachlichen Modellen und der tatsächlichen Implementierung. Die einer SOA innewohnenden fachlichen Anforderungen setzte Ensemble, mit Ausnahme der Business Rules, nur rudimentär um. Last, but not least erhöhe die Programmierung in einer proprietären Skriptsprache die Abhängigkeit der Kunden vom Hersteller.

Inubit

Die "Inubit BPM-Suite" der Berliner Inubit AG zeichnet sich laut Barc durch eine sehr hohe Durchgängigkeit aller Komponenten sowie eine konsequente Unterstützung des Geschäftsprozesslebenszyklus aus. Aus technischer Sicht greift das 1999 gegründete Unternehmen auf bewährte J2EE-Produkte zurück. Gleichzeitig gestehe der Anbieter Kunden einige Flexibilität hinsichtlich der in der Suite gebündelten Komponenten zu. Mit Ausnahme der proprietären Workflow-Engine könnten IT-Verantwortliche selbst entscheiden, welches Produkt das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis bringe. Das einzige Defizit sehen die Prüfer in der fehlenden Unterstützung nichtfunktionaler Servicebeschreibungen bei der Orchestrierung. Dieser Mangel lasse sich durch das Definieren von Metadaten reduzieren.

Auf der Ebene der Geschäftsprozesse überzeugte das Paket die Barc-Experten. Durch das Verknüpfen der fachlichen mit der technischen Ebene erhielten Anwender ein mächtiges Instrument. Ein Auseinanderlaufen von Sollmodell und Implementierung lasse sich damit verhindern. Zu den Vorzügen zähle auch die Option, laufende Prozesse in Echtzeit zu überwachen.

Auf der Habenseite verbuchen die Autoren zudem den hohen "Vorfertigungsgrad" der Module und die fein abgestufte Lizenzierung. Dies ermögliche ein schnelles Implementieren und Anbinden der Software an Backend-IT-Systeme. Damit ließen sich kurze Projektlaufzeiten und eine schneller Return on Investment (RoI) erreichen. Unterm Strich könnten Anwender mit der Suite einen Schritt in Richtung Realtime Enterprise gehen.

Oracle

An der "SOA-Suite" von Oracle lobt Barc vor allem den hohen Integrationsgrad aller Komponenten, verbunden mit einer konsequenten Unterstützung des Geschäftsprozesslebenszyklus. Auf der technischen Ebene nutzt Oracle bewährte J2EE-Produkte und offene Standards. Die Tester erkennen dabei keine proprietäre Entwicklung. Hinsichtlich der eingebundenen Komponenten biete der amerikanische Hersteller Kunden einige Flexibilität. Neben den obligatorischen Komponenten könnten sie eine große Zahl optionaler Module einbinden und damit selbst entscheiden, welches Produkt im Einzelfall das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis offeriert. Die Autoren verweisen zudem auf Oracles Mitgliedschaft in diversen Standardisierungsgremien, die es dem Hersteller erlaube, direkten Einfluss auf die Entwicklung von technischen De-facto-Standards zu nehmen.

Geht es um Geschäftsprozesse, lasse die Oracle SOA Suite keine Wünsche offen, kommentieren die Tester. Insbesondere die enge Verzahnung von fachlicher und technischer Ebene komme Anwendern zugute. Ähnlich wie die Inubit-Suite bietet auch das Oracle-Angebot die Möglichkeit, laufende Prozesse in Echtzeit zu überwachen.

Für die Servicedefinition verwendet Oracle ein Domänenmodell. Zusammen mit einer praxiserprobten Methode zur SOA-Einführung können Unternehmen damit nach Einschätzung von Barc die Suite rasch und projektbezogen implementieren. Weitere Vorzüge sehen die Prüfer in der Durchgängigkeit der Lösung und im hohen Abdeckungsgrad der unterschiedlichen Fragen im Rahmen von SOA-Initiativen.

Studiensteckbrief

Die Studie "Service-orientierte Architekturen - SOA-Plattformen im Vergleich" entstand im Business Application Research Center (Barc). Dabei handelt es sich um eine Ausgründung des Lehrstuhls Wirtschaftsinformatik der Universität Würzburg unter Professor Dr. Rainer Thome. Auf rund 350 Seiten beschreiben die Autoren unter anderem Grundlagen, Marktbedingungen und die verschiedenen Ebenen einer SOA. Den breitesten Raum nimmt eine detaillierte Analyse der SOA-Anbieter Sopera, Inubit, Intersystems und Oracle ein.

Barc offeriert das Werk seit August 2008 für 750 Euro plus Mehrwertsteuer. Für Einzelproduktbeschreibungen veranschlagt der Anbieter 250 Euro plus Mehrwertsteuer. Weitere Informationen unter www.barc.de/soa.