Arbeitsmarkt

Wenn Sie als 50+ keinen Job finden

27.08.2011 von Hans Königes
Für die Generation 50+ ist die Jobsuche auch im Bereich IT kein Zuckerschlecken. Ein Personalberater hilft.
Bewerbungen schreiben kann sehr frustrierend sein. Lassen Sie sich dennoch nicht entmutigen!
Foto: Fotolia, BeTa-Artworks

Ein älterer IT-Spezialist ist sehr um einen neuen Arbeitsplatz bemüht. Noch hat es nicht geklappt: "Nach zehn Jahren Arbeit in einem DataCenter (Outsourcing) und einer befristeten Tätigkeit bin ich zum Ende des Monats ohne Arbeit. Ich habe Bewerbungen vor allem an Firmen im Rhein-Main-Gebiet geschrieben und bin bereit, zwei Autostunden Anfahrt in Kauf zu nehmen. Zusätzlich habe ich mein Profil in den üblichen Jobbörsen hinterlegt; allerdings ohne Reaktionen. Meine Bilanz ist sehr ernüchternd: In 90 Prozent der Fälle haben die Firmen auf mein Anschreiben erst gar nicht reagiert, von 70 Bewerbungen führten nur sechs zu einem Vorstellungsgespräch, zu einer Vertragsunterzeichnung kam es dabei nicht."

Personalberater Gerhard Humbert versucht, dem Bewerber Mut zu machen:

Gerhard Humbert, HSC: "Nutzen Sie die Unterstützung der Arbeitsagentur, sie kann Ihnen helfen, Ihre Stärken zu erkennen und Ihre Bewerbungsstrategien zu verbessern."
Foto: Dr. Gerhard Humbert, HSC

"Lassen Sie sich nicht entmutigen! Sechs Gespräche aus 70 Bewerbungen - das hört sich für mich gar nicht mal so schlecht an. Gut wäre es, wenn Sie herausbekommen könnten, woran es im Einzelfall gelegen hat, dass Sie die Stelle nicht bekommen haben. Am Alter eher nicht, denn das war Ihren Gesprächspartnern wohl schon bekannt, als Sie zum Gespräch eingeladen wurden.

1. Betrachten Sie sich nicht als passiver „Arbeit-Nehmer“, sondern als selbstverantwortlich handelnder „Arbeitsmarkt-Unternehmer.“
Sie verkaufen ein Produkt, nämlich Ihre Arbeitskraft, und es ist Ihre Aufgabe, dieses Produkt laufend zu verbessern. In drei Jahren müssen Sie ein besserer Arbeitnehmer sein, als Sie es heute sind – wenn Sie in drei Jahren ein neues Auto kaufen, erwarten Sie schließlich auch, dass es ein besseres Modell ist als das, welches Sie heute fahren.
2. Schätzen Sie Ihre Arbeitsmarktfitness realistisch ein.
Analysieren Sie Ihre eigenen Fähigkeiten und gleichen Sie diese realistisch mit dem ab, was derzeit gefragt ist. Lassen Sie sich regelmäßig Feedback von Kollegen und Vorgesetzten geben und nehmen Sie dieses ernst.
3. Bleiben Sie geistig flexibel.
Das Umfeld, in dem Ihr Unternehmen tätig ist, hat sich bereits in den letzten zehn oder 15 Jahren tiefgreifend gewandelt, und die Zukunft wird noch mehr und noch schnelleren Wandel bringen. Dieser wird auch an Ihrem Job deutliche Spuren hinterlassen, in Ihrem Unternehmen und in der ganzen Branche. Das sollten Sie rechtzeitig erkennen und sich darauf einstellen.
4. Besuchen Sie Weiterbildungsmaßnahmen – notfalls auch auf eigene Kosten.
Besonders die Personalabteilungen größerer Unternehmen legen Wert auf Zertifikate und Schulungsbestätigungen. Nur wer diese in seiner Personalakte hat und regelmäßig neue hinzufügt, dokumentiert seine Veränderungsbereitschaft und Lernwilligkeit. Auch im Hinblick auf externe Bewerbungen sollten Sie jährlich zwei bis vier Tage in Schulungen, Seminaren oder Kursen verbringen und dafür Nachweise abheften.
5. Machen Sie Ihre Leistungen sichtbar.
Wer heute über 40 ist, spricht häufig nicht offensiv über das, was er oder sie gut kann, sondern meint, die anderen würden schon von selbst merken, wie tüchtig man ist: Das ist allerdings ein Irrglaube. Ihr Chef wird zwar wahrscheinlich merken, wenn jemand immer wieder Fehler macht oder schlechte Ergebnisse abliefert. Aber solange bei Ihnen alles reibungslos läuft, hat er keinen besonderen Anlass, Sie positiv zu bemerken. Was Sie im Einzelnen leisten wird er nur erfahren, wenn Sie es ihm sagen. Und mal ehrlich: Warum sollten die Kollegen von sich aus einem Vorgesetzten erzählen, wie hervorragend Ihre Arbeit ist?
6. Engagieren Sie sich.
Bringen Sie eigene Ideen ein. Übernehmen Sie freiwillig Aufgaben, deren Sinn und Notwendigkeit Sie erkennen. Sagen Sie nie Sätze wie „Das muss ich laut meinem Arbeitsvertrag nicht tun“ oder „Dafür bin ich nicht zuständig“. Bleiben Sie auch dann engagiert bei der Sache, wenn Sie sich über Ihren Chef wirklich geärgert haben. Wie unfähig und unmöglich er auch sein mag, lassen Sie sich von ihm auf keinen Fall in die passive Resignation treiben. Suchen Sie lieber in aller Ruhe eine neue Stelle und kündigen Sie anschließend fristgerecht und mit einem freundlichen Lächeln.
7. Denken und handeln Sie im Sinne des Unternehmens.
Bedenken Sie bei allem, was Sie tun, welche Folgen es für Ihre Abteilung und für das Unternehmen hat. Tun Sie das, was nötig ist, um Ihre Arbeit gut zu machen, und machen Sie niemals nur „Dienst nach Vorschrift“. Sie haben es zwar nicht mehr nötig, täglich zwölf Stunden im Büro zu sein, nur damit Ihr Chef sieht, wie einsatzfreudig und fleißig Sie sind. Aber Sie sind selbstverständlich da, wenn Sie wirklich gebraucht werden. Auch mal abends und am Wochenende, auch dann, wenn Sie etwas anderes vorhaben oder schon müde sind.
8. Arbeiten Sie konstruktiv mit Jüngeren zusammen.
Strecken Sie die Hand aus und gehen Sie auf die jungen Kollegen zu. Nicht gönnerhaft, nicht ängstlich, sondern weil Sie wissen, dass Sie es sich leisten können. Beweisen Sie, dass Sie dialogfähig sind, indem Sie ehrliches Interesse zeigen. Und erinnern Sie sich ab und zu daran, wie blöd es war, als Sie jung und voller Ideen waren und die Älteren immer nur sagten „Das kennen wir alles schon, das bringt doch nichts, du wirst schon sehen …“
9. Pflegen Sie die Kommunikation mit Ihren Vorgesetzten.
Halten Sie keine Informationen zurück, sondern sorgen Sie für Transparenz, für umfassende und rechtzeitige Information. Suchen Sie auch dann das Gespräch mit der Chefin, wenn Sie Wünsche und Anregungen haben, wenn Sie sich Sorgen über Ihre weitere Entwicklung machen oder wenn Sie sich für eine neue Aufgabe positionieren möchten. Wichtig ist der regelmäßige Kontakt und die offene (nicht naive!) Kommunikation, die Vertrauen und Partnerschaftlichkeit wachsen lässt.
10. Akzeptieren Sie Arbeitslosigkeit nicht als Schicksal.
Registrieren Sie aufmerksam, was um Sie herum passiert. Verdrängen Sie nicht, wenn Entlassungen abzusehen sind, sondern strecken Sie schon vorher die Fühler aus. Es ist immer besser, sich aus einer Beschäftigung heraus zu bewerben als aus der Arbeitslosigkeit. Ihre Verhandlungsposition ist dann viel stärker. Wenn Sie dennoch arbeitslos werden, jammern Sie nicht, sondern werden Sie aktiv, qualifizieren Sie sich, bewerben Sie sich, präsentieren Sie sich. Solange Sie gute Arbeitsleistung zu bieten haben, ist Ihre Suche keineswegs aussichtslos.
"Ü40 und top im Job"
Barbara Kettl-Römer: "Ü40 und top im Job: So werden und bleiben Sie attraktiv für Ihren Arbeitgeber - oder für einen anderen". Linde Verlag, 2010. 176 Seiten. 16,30 Euro. ISBN 978-3-7093-0305-4.

Unterstützung durch die Arbeitsagentur

Machen Sie sich klar, dass Ihre Verhandlungsposition nicht die stärkste ist. Sie könnten vor die Wahl gestellt werden, einen ungünstigeren Vertrag anzunehmen oder gar keinen zu bekommen. Ersteres wäre kein Weltuntergang. Mir sind mehrere Fälle bekannt, in denen jemand, auch um die 50, einen Vertrag mit dem halben (!) Gehalt zähneknirschend akzeptierte, um sich danach wieder hochzuarbeiten - mit entsprechender Gehaltssteigerung.

Und, so schlimm sich das jetzt für Sie anhören mag: Machen Sie sich mit der Vorstellung vertraut, dass Sie möglicherweise für eine gewisse Zeit "Kunde" der Arbeitsagentur sein werden. Sehen Sie die Leute dort nicht als Feinde, sondern als Dienstleister und sprechen Sie mit ihnen darüber, was sie für Sie tun können.

Die Bewerber- und Stellendatenbank ist gar nicht so schlecht, wenn man damit umzugehen weiß, und die Agentur kann Ihnen helfen, Ihre Stärken zu erkennen und Ihre Bewerbungsstrategien zu verbessern. Schließlich bestehen für Systemadministratoren auch Möglichkeiten, auf selbständiger Basis zu arbeiten. Und in vielen Regionen gibt es zudem Netzwerke, die Ihnen den Einstieg erleichtern können."

Und hier geht es zu unserem Karriere-Ratgeber.