Der Markt für Systemhäuser

Wenn sich Arbeit nicht mehr lohnt

24.09.2009 von Ronald Wiltscheck
Auch die Systemhäuser wurden vom konjunkturellen Einbruch böse erwischt. In den Zahlen des Vorjahres spiegelt sich diese Entwicklung aber unterschiedlich wider.

Die Umsätze der größten Systemhäuser in Deutschland entwickelten sich 2008 uneinheitlich. So erlebte die erst im Vorjahr neu zusammengesetzte TDMi-Gruppe gleich einen Einbruch ihrer Erlöse in Höhe um 22,2 Prozent. Sie musste schließlich - bitteres Ende - am 27. Juli 2009 Insolvenz anmelden.

Als Vorstandsvorsitzender der TDMI-Gruppe hätte Detlef Linde von Banken lediglich Überbrückungskredite bekommen, eine langfristige Liquiditätssicherung hingegen nicht.
Foto: TDMI

Bei Cancom hingegen ging es mit plus 21,9 Prozent steil bergauf. Ausschlaggebend für diese Zunahme war neben dem organischen Wachstum des Apple-Resellers auch die Übernahme des Kölner Systemhauses Sysdat - im Vorjahr immerhin die Nummer zehn - und die Akquisition des Online-Händlers Home of Hardware. Ähnlich gut zulegen konnte nur Fritz & Macziol. Bei den Ulmern stieg der Umsatz immerhin um 17,6 Prozent auf 200 Millionen Euro.

Kaum Veränderungen auf den ersten acht Plätzen

An der Rangfolge der ersten acht Unternehmen der zehn umsatzstärksten Systemhäuser in Deutschland hat sich gegenüber dem Vorjahr nichts geändert. Zwar konnte Bechtle den Rückstand auf die führende Computacenter AG ein wenig verringern. An Platz eins schrammten die Schwaben jedoch um 143 Millionen Euro vorbei.

Dieses Jahr sind die Umsatzzahlen der beiden Platzhirsche sehr gut vergleichbar, denn beide Unternehmen bilanzieren auch im Inland nach dem internationalen Finanzreportstandard (IFRS). 2009 dürfte der Abstand zwischen beiden eher größer werden, denn der Umsatz von Bechtle ging im ersten Quartal um sechs Prozent zurück, wohingegen Computacenter sich in Deutschland im ersten Halbjahr 2009 mehr oder weniger stabil halten konnte.

Der Drittplatzierte - TDMI - hat keine Zukunft

Platz drei konnte die TDMi-Gruppe trotz des oben erwähnten Erlöseinbruchs für sich behaupten, das lag nicht zuletzt daran, dass die viertplatzierte PC-Ware AG in Deutschland kaum noch wachsen konnte. Dafür legten die mittlerweile zur österreichischen Raiffeisen Informatik-Gruppe gehörenden Leipziger 2008 international um 14,7 Prozent auf einen Jahresgesamtumsatz von 890 Millionen Euro zu.

Der Markt für Systemhäuser im indirekten Vertrieb in Deutschland 2008

Unternehmen

Umsatz 2008 in Millionen Euro

1. Computacenter AG & Co. oHG

1.082,0

2. Bechtle AG

939,0

3. TDMi Gruppe

410,0

4. PC-Ware AG

341,0

5. Cancom IT Systeme AG

322,2

6. Fritz & Macziol Software und Computervertrieb GmbH

200,0

7. Profi Engineering Systems AG

148,0

8. Dimension Data Germany AG & Co. KG

125,0

9. Controlware GmbH

103,0

10. Ratiodata IT-Lösungen & Services GmbH

101,4

Quelle: Firmenauskünfte

Dennoch, wenn nichts mehr schiefgeht, wird PC-Ware 2009 wieder das drittgrößte Systemhaus werden. Denn die Marke TDMi dürfte nach dem Insolvenzantrag im Juli 2009 schon bald vom Markt verschwinden, genauso wahrscheinlich wie die ebenfalls insolvente Tochter Comparex Services GmbH.

Sollten die anderen TDMi-Töchter Becom Informationssysteme GmbH, Comparex Deutschland GmbH und die Inforsacom Holding mit den beiden Töchtern Inforsacom Informationssysteme GmbH und die Inforsacom IT-Solutions Austria GmbH in Eigenregie weiteragieren, so dürften deren Umsätze trotzdem nicht für eine Platzierung unter den zehn größten Systemhäusern in Deutschland reichen.

Denn um unter die Top Ten zu kommen, musste ein Systemhaus 2008 schon einen neunstelligen Euro-Umsatz für sich verbuchen. Dies gelang im Vorjahr zum ersten Mal der Controlware GmbH und Ratiodata IT-Lösungen & Services GmbH. Beide Systemhäuser kletterten deshalb gleich um zwei Ränge hinauf. Aus den ersten Zehn hinausgefallen ist hingegen die Comline AG. Die Hamburger mussten bereits das zweite Jahr in Folge Umsatzrückgänge verkraften. 2009 rechnet Vorstand Ralf Schäfer mit einem bestenfalls gleich hohen Inlandsumsatz wie im vergangenen Jahr.

T-Systems - die unberücksichtigte Nummer eins

Nach wie vor fehlt T-Systems in dem deutschen Systemhaus-Ranking. Ein Grund dafür ist die Tatsache, dass die Telekom-Tochter zwar ihren gesamten Inlandsumsatz benennt. Sie splittet diesen aber - was Deutschland betrifft - nicht in die Einzelpositionen "Computing und Desktop Services", "Systems Integration" und "Telecommunications" auf. Diese Umsatzverteilung gibt das Unternehmen nur für die weltweit erzielten Erlöse an. Daher ist nur der gesamte Systemhaus-Umsatz von T-Systems, eben der Bereich "Computing und Desktop Services", bekannt: 2008 waren es 3,788 Milliarden Euro. Damit ist die Telekom-Tochter Europas größtes Systemhaus, denn das Gros dieser Einnahmen dürfte T-Systems im Emea-Raum (Europa, Nahost und Afrika) erzielt haben.

Natürlich könnte man vom Inlandsanteil der Telekom-Tochter (75,4 Prozent) auch auf die Höhe des hiesigen Systemhausumsatzes schließen. Mit 2,8 Milliarden Euro wäre T-Systems demnach auch hierzulande das mit Abstand größte Systemhaus. Aber diese Zahl ist nur eine grobe Schätzung und keine offizielle Angabe. Daher muss sich T-Systems mit dem Titel "Europas größtes Systemhaus" begnügen.

ADA - Das SystemHaus fällt aus der Wertung

Eigentlich müsste unter den Top Ten auch ADA - Das SystemHaus GmbH geführt sein. Leider ist es uns nicht gelungen, von den Rheinländern Umsatzzahlen für das Jahr 2008 zu erhalten. 2007 hat ADA 148,8 Millionen Euro erlöst. Mit diesem Umsatz wäre die Firma im Jahr 2008 auf den siebten Platz gerückt.

ADA dürfte im vergangenen Jahr von der Profi AG überholt worden sein. Die Darmstädter haben 2008 einen Umsatz von 148 Millionen Euro erwirtschaftet. ADA hat wohl weniger erlöst und wurde deshalb von ihrer Eigentümerin, der GFKL Financial Services AG, nach drei Jahren im Dezember 2008 an den Geschäftsführer Karl Peter Büscher verkauft.

Dieser musste zugeben, dass die Einführung eines neuen ERP-Systems ADA 2008 stark belastet hatte. 2009 wolle er aber zweistellig wachsen. Der hohe geplante Zuwachs lässt eine niedrigere Umsatzbasis als 2007 vermuten. Leider war auch dem Geschäftsbericht der GFKL Financial Services AG nicht zu entnehmen, wie hoch die ADA-Umsätze im Vorjahr ausgefallen sind. Denn GFKL hat sich 2008 gleich mehrerer Firmen entledigt und deren Umsätze nur kumuliert unter dem Posten "aufgegebene Geschäftsbereiche" zusammengefasst.

Dennoch: Ganz so schlecht scheint es ADA nicht zu gehen: Gleich vier Mitarbeiter der Münchner Niederlassung haben im Juli 2009 an dem Firmenlauf "B2Run" in der bayerischen Landeshauptstadt teilgenommen. Das Organisationskomitee zeichnete das Team von ADA als das mit den originellsten Kostümen aus: Die ADA-Mitarbeiter liefen als Panzerknacker verkleidet.

Europas Top Ten

Auch dieses Jahr führen wir das inoffizielle Ranking der zehn größten europäischen Systemhäuser mit starker Präsenz in Deutschland. Wie erwähnt, konnte hier T-Systems trotz eines neunprozentigen Umsatzrückgangs die Topposition beibehalten. Auch die zweitplatzierte britische Computacenter-Gruppe mit Präsenzen in Deutschland, Frankreich und Benelux erlöste im Vorjahr 7,2 Prozent weniger als 2007. Die auf dem dritten Rang gelistete Dimension-Data-Gruppe trennen nur noch drei Millionen Euro zum zweiten Platz. Aufgrund der SCC-Deutschland-Übernahme durch Bürotex fehlt deren britische Mutter - im Vorjahr immerhin Vierte - im diesjährigen Europa-Ranking.

Verbesserungen auch bei sinkendem Umsatz

So konnte die nur ihre Gesamt-Emea-Umsätze nennende Insight-Gruppe trotz eines Umsatzrückgangs um acht Prozent um einen Platz vorrücken. Der PC-Ware AG fehlten gerade mal 700.000 Euro, um an die Erlöshöhe von Insight anzuschließen und die Ismaninger vom Rang fünf zu verdrängen. Hart umkämpft ist auch der achte Platz in Europa. Hier konnte Cancom trotz eines Umsatzanstiegs um fast ein Viertel nicht an der ACP-Gruppe (plus 9,25 Prozent) vorbeiziehen. Nächstes Jahr können aber beide Systemhäuser höchstwahrscheinlich um einen Rang nach oben klettern, wegen der dann fehlenden TDMi AG. (jm)