Active Sourcing

Wenn Recruiting durch den Magen geht

11.06.2019 von Hans Königes
Der Ingenieurdienstleister Brunel will die besten Bewerber. Dafür betreibt er Active Sourcing und lockt auch via Social Media mit zahlreichen Angeboten.

Michael Schubert, Niederlassungsleiter bei Brunel, versteht die Bewerberwelt nicht. Nach dem was Studien besagen und was auch er in der Praxis mitbekommt, sind Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber gegenüber eigentlich doch sehr loyal und bewerben sich über 80 Prozent der Beschäftigten nicht aktiv, halten also nicht Ausschau nach einem anderen Arbeitsplatz. Umgekehrt aber, so zitiert der Brunel-Niederlassungsleiter mit Sitz in Lindau eine Gallup-Studie, sind fast genauso viele Mitarbeiter gefrustet von ihrem Job. Für Schubert Grund genug, auf Active Sourcing zu setzen. Mit anderen Worten: Die Mitarbeiter über die unterschiedlichsten Kanäle direkt anzusprechen, sie aus ihrer Komfortzone herauszuholen, um ihnen ein interessantes Jobangebot sowie einen attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren.

Wer die besten Leute ins Unternehmen holen will, muss im War for Talents zielstrebig agieren und zupacken.
Foto: Andrii Yalanskyi - shutterstock.com

Für den Manager vom Bodensee ist die Gleichung einfach, und er sagt es klar und deutlich: "Ich will nur Top-Bewerber, also ausschließlich Personen, die genau in unser Unternehmen passen." Und dafür lässt er sich im Recruiting einiges einfallen, aber auch, wenn es darum geht, seine Beschäftigten im Betrieb zu halten. Denn er arbeitet in einem Unternehmen, das als großer Ingenieurdienstleister in der DACH-Region und Tschechien mit über 40 Standorten und einem Netzwerk von 3200 Mitarbeitern händeringend hochqualifizierte Digitalexperten mit Ingenieur- und/oder IT-Know-how sucht. Die bekommt Brunel aber nur, wenn der Betrieb im vielzitierten War for Talents die Nase vorne hat und Interessenten den roten Teppich ausrollt.

Die Mitarbeiter haben das letzte Wort

Wenn es beispielsweise darum geht, neue Mitarbeiter für sein Vertriebsteam zu finden, hat Schubert klare Vorstellungen, wie das Recruiting abzulaufen hat. Nach der ersten Sichtungsrunde der Unterlagen für Mitarbeiter in Schlüsselpositionen oder mit Führungsverantwortung lädt er die Kandidaten aus der engeren Wahl ein, um mit ihnen ein paar gemeinsame Stunden zu verbringen. Sei es zum Beispiel beim Kochen oder bei einem gemeinsamen Waldspaziergang - um sie näher kennenzulernen, zu erfahren, wie sie ticken und ob sie zur Firma passen. Nach weiteren Gesprächen mit den künftigen Kollegen überlässt er diesen die Entscheidung, ob sie den Interessenten wollen, wobei das Votum der Mitarbeiter einstimmig ausfallen muss. "Es reicht, wenn einer dagegen ist, dann wird der Bewerber nicht genommen", so Schubert.

Michael Schubert, Brunel: "Habe ich gute Leute, bekomme ich gute Projekte."
Foto: Schubert - Brunel

Hard Skills können nachgeschult werden

Im Zeitalter des agilen Arbeitens, in dem die Projektarbeit im Vordergrund steht, bevorzugt der Niederlassungsleiter Personen, die ihn von ihrer Haltung und ihren Einstellungen überzeugen, weil er sich einfach sagt: "Habe ich gute Leute, bekomme ich gute Projekte." Die Hard Skills könne er immer noch nachschulen.

Wenn dann diese A-Mitarbeiter an Bord sind, heißt es, sie zu hegen und zu pflegen. Hier fährt Arbeitgeber Brunel dann sein ganzes Angebot auf. Angefangen mit einem umfangreichen Weiterbildungsangebot - jeder Mitarbeiter erhält sein eigenes Schulungsbudget - bis zu unterschiedlichsten großen und kleinen Firmen-Events.

10 unentbehrliche IT-Skills
1. Kommunikation
Von vielen als "weicher " Faktor belächelt, sollte die Fähigkeit, mit anderen Menschen verbal zu interagieren, auch im "harten" IT-Geschäft nicht vernachlässigt werden. Die Welt im Datenzentrum verändert sich noch rascher als anderswo. Hier eine strukturierte Umgebung aufrechtzuerhalten erfordert Kommunikation - nicht nur mit dem Business, sondern auch innerhalb der IT-Organisation.
2. Service-Management
Viele Unternehmen beziehen bereits Teile ihrer IT-Services aus der Cloud. Diese Auslagerung verlangt von den IT-Verantwortlichen ein Umdenken in Sachen Service-Management. Sie müssen das komplexe Zusammenspiel von Kapazität und Nachfrage in einer nicht länger fest umrissenen Infrastruktur im Griff haben.
3. Unified Computing
Das "Unified Computing System" von Cisco, die "Blade System Matrix" von HP und die Cloud-Computing-Strategie von IBM stehen laut Rockwell Bonecutter, Data-Center-Experte bei Accenture, beispielhaft für einen Trend, der auch noch die kommenden Jahre kennzeichnen werde.
4. Projekt-Management
Wenn die Wirtschaft wieder anzieht, werden die Unternehmen auch ihre verschobenen IT-Projekte in Angriff nehmen. Aber sie werden darauf achten, dass sich die Investitionen am Ende auch auszahlen. Deshalb sind die Fähigkeiten zur Business-Analyse und zum effizienten Projekt-Management gefragt.
5. Ressourcen-Management
In einen Zusammenhang mit dem Thema Green IT gehört die Beherrschung der Wechselwirkungen zwischen IT- und Facilities-Management. Keine Kapazitätsplanung kommt heute ohne eine Betrachtung des Energieverbrauchs und der Wärmeabstrahlung aus. IT-Teams brauchen also dringend jemanden, der diese Faktoren auf dem Schirm hat und in der Lage ist, dieselbe Sprache wie die Facilities-Experten zu sprechen, also einen "Ressourcen-Manager". Auch der Data-Center-Chef selbst darf diese Aspekte nicht aus den Augen verlieren.
6. Engineering
Die Leute, die heute am verweifeltsten gesucht werden, sind, so Pricewaterhouse-Coopers, Mechanik- und Elektro-Ingenieure, die sich mit modernem IT-Equipment auskennen. Heutige Rechenzentrumskonzepte, beispielsweise virtualisierte Server, unterscheiden sich auch hinsichtlich der Elektrik und Kühlsysteme fundamental von denen der vergangenen Jahre.
7. Netzwerk-Know-how
Wenn ein Rechenzentrum ohne Menschen vor Ort auskommt (die Stichworte heißen hier "lights out" und "remote"), dann nur, weil es über ein Netz gesteuert wird. Folgerichtig braucht ein IT-Manager moderner Prägung ein solides Wissen hinsichtlich Netzkonfigurationen, - hardware, und -schwachstellen. Zudem sollte er Mitarbeiter einstellen, die über solches Know-how verfügen.
8. Finanzanalyse
Gerade in einer Wirtschaftskrise wird von einem IT-Verantwortlichen wirtschaftliches Denken verlangt. Er muss beispielsweise in der Lage sein, die Applikationen nach ihrer Bedeutung für das Business zu priorisieren und auf dieser Basis zu entscheiden, welche Lösung einen eigenen Server benötigt und welche beispielsweise in die Cloud ausgelagert werden kann.
9. Green IT
Mögen manche auch die Augen verdrehen - kein Unternehmen kommt an dem Mandat für eine "nachhaltige" Technologie vorbei.
10. Virtualisierung
Die Basistechnik für eine moderne IT-Infrastruktur ist eine Trumpfkarte für den, der sich mit ihr auskennt. Die Unternehmen packen immer mehr IT-Komponenten in flexible, leicht zu wartende und günstig zu betreibende, sprich: virtualisierte Umgebungen.

Corporate Influencer werben via Social Media

Natürlich darf das Mitarbeiter-Empfehlungsprogramm nicht fehlen, das mittlerweile Bestandteil einer jeden Firmenpersonalarbeit ist. Brunel geht einen Schritt weiter und ergänzt das Ganze mit einem sogenannten Corporate-Influencer-Programm. Er versucht Mitarbeiter dafür zu gewinnen, Interessantes aus dem Unternehmen und ihrem Arbeitsalltag der Welt via soziale Kanäle mitteilen. Unlängst hat er sogar einen Trainee eingestellt, der ihm auf Instagram gefolgt ist. Das sei die Zukunft, ist Schubert überzeugt.