KLAUS Multiparking sichert die Zukunft mit Umbau zur Smart Factory

Wenn der Duplexparker mit IoT smart wird

12.12.2017 von Detlef Flach
Parksystemhersteller KLAUS Multiparking automatisiert mit Smart-Factory-Konzept seine Produktion. Mit neuen Predictive-Maintenance-Konzepten will man sich zudem vom Wettbewerb differenzieren.
Mittelständler KLAUS Multiparking verbesserte mit einem Smart-Factory-Konzept seine Kosteneffizienz um 20 bis 30 Prozent.
Foto: KLAUS Multiparking

Wer kennt das nicht, der Flieger ist weg, der Zug abgefahren oder ein wichtiges Meeting verpasst? Und das nur, weil der in die Jahre gekommene Duplexparker mal wieder das Auto nicht freigeben wollte. Solche oder ähnliche Erfahrungen mit Aufzügen etc. hat im Berufs- und Privatleben sicherlich jeder schon einmal gemacht.

Smarte Parksysteme

Dass es zu solchen Ausfällen mit seinen Parksystemen erst gar nicht kommt, will man bei KLAUS Multiparking in Aitrach im Allgäu künftig per Predictive Maintenance erreichen. Der Mittelständler mit rund 200 Mitarbeitern baute im Zuge seiner Industrie-4.0-Strategie nicht nur die Produktion in eine Smart Factory um, sondern führte auch die vorausschauende Wartung ein. Das Unternehmen mit einem Umsatz von rund 60 Millionen Euro baut halb- und vollautomatische Premium-Parksysteme. Die unterschiedlichen Anlagen ermöglichen ein platzsparendes Parken für zum Teil mehr als 100 Fahrzeuge - vornehmlich in Wohngebäuden, aber auch in Bürokomplexen oder Hotels.

"Abhängig vom Produkt und unseren Erfahrungswerten geben wir den Kunden bislang die Wartungsintervalle vor", berichtet Geschäftsführer Michael Groneberg. "In Zukunft sollen die Nutzungsdauer und -intensität der Parkanlagen", so der Geschäftsführer weiter, "permanent überwacht und auf dieser Basis dem Kunden eine vorausschauende Wartung vorgeschlagen werden." Damit will der Hersteller ein Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb schaffen, die Kundenbindung erhöhen und seine eigenen Serviceprozesse optimieren.

Parkanlage und ERP verstehen sich bereits

Auch die Parksysteme selbst wurden bei KLAUS Multiparking smart und können etwa per App bedient werden.
Foto: KLAUS Multiparking

Ein weiterer Aspekt für Groneberg war schlicht der Wunsch, die eigenen Produkte smarter zu machen. Um dies zu erreichen, erstellte der Mittelständler einen Prototypen für Predictive Maintenance, dessen Funktionen künftig in neue Parkanlagen einfließen. In enger Kooperation mit dem Steuerungshersteller, dem Anbieter der Kommunikationssoftware und proALPHA, dessen ERP-System KLAUS Multiparking seit 2002 im Einsatz hat, wurde der Prototyp zusammen mit der IT-Abteilung des Mittelständlers aufgebaut. Gemeinsam haben alle Beteiligten innerhalb weniger Monate erreicht, dass die Parkanlage mit dem ERP-System fehlerfrei "sprechen" kann. Als Integrationsplattform hierfür dient die Integration Workbench (INWB) von proALPHA. Mit ihr lassen sich unterschiedliche Systeme miteinander vernetzen und Prozessketten schließen.

Im ersten Schritt wertet der Prototyp mithilfe einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) die Zustandsmeldungen der Parkanlage aus - etwa Sicherheitsabschaltungen bei gefährlichen Zuständen, das Auslösen des Motorschutzschalters oder das Unterbrechen der Lichtschranke. "Die Daten aus der Anlage werden über einen Raspberry-Minirechner via Router und Internetanbindung an das Servicemodul übermittelt und dort kontinuierlich verarbeitet", erklärt Nobert Blessing, IT-Leiter bei KLAUS Multiparking.

Auftrag per mobile Device

Bei einer kritischen Meldung, die den Einsatz eines Servicetechnikers erforderlich macht, wird im ERP-System automatisch ein Serviceauftrag angelegt und im Kalender des Wartungsdienstes eingeplant. Zeitgleich finden die Disposition der erforderlichen Ersatzteile und das Erstellen eines Werkzeug-Bestückungsvorschlages für das Einsatzfahrzeug statt. Einer der über 100 Kundendienstmitarbeiter von KLAUS Multiparking in Deutschland erhält dann den Auftrag auf sein mobiles Endgerät. Die mobile Servicemanagement-Software ist über eine Standardschnittstelle mit dem ERP-System verbunden und tauscht mit diesem ständig Daten aus.

Beim Erledigen der Wartungsaufgaben arbeitet der Techniker eine digitale Checkliste auf seinem Tablet ab. Er kann dabei weitere Daten aus der Anlage erfassen und den Austausch von Teilen festhalten. Diese Informationen gehen zusammen mit seinen Arbeitszeiten zurück an das ERP. Dort werden die Daten dann direkt in die Buchhaltung übernommen, um die Rechnung zu erstellen. Außerdem lassen sich alle Service-Calls automatisch im Dokumenten-Management-Modul des ERP-Systems dauerhaft speichern.

Serviceprozess ohne Medienbrüche

Predictive Maintenance soll Ausfälle der Parker verhindern.
Foto: KLAUS Multiparking

Dieser Serviceprozess ohne Medienbrüche ist jedoch erst der Anfang des Industrie-4.0-Projekts bei KLAUS Multiparking. In Kombination mit weiteren gespeicherten Informationen aus dem ERP-System - beispielsweise historischen Daten über bisherige Ausfälle, lastabhängigen Zuverlässigkeitsanalysen und detaillierten Verschleißmodellen - sollen künftig exakte Rückschlüsse über die Funktionsbereitschaft und den voraussichtlichen Ausfall von bestimmten Bauteilen der Anlage abgeleitet werden können. Instandhaltungsmaßnahmen lassen sich dann bereits einleiten, wenn noch gar keine Störung in der Anlage aufgetreten ist.

Der Vorteil für die Betreiber der Parkanlagen: Eine solche Predictive-Maintenance-Funktion verhindert Ausfälle und dadurch notwendige "Feuerwehr-Einsätze" der Servicetechniker. Und für die betroffenen Autobesitzer, die im schlimmsten Fall nicht mehr an ihr Fahrzeug herankommen, werden Wartezeiten und Ärger vermieden. Gleichzeitig kann sich der Mittelständler als innovativer Hersteller mit intelligenten Serviceprozessen profilieren.

Smart Factory mit vernetzten Maschinen

Doch nicht nur mit smarten Produkten und vorausschauender Wartung ist der mittelständische Anlagenhersteller aus dem Allgäu auf Industrie-4.0-Kurs. Mit einer Investition von mehreren Millionen Euro in eine Smart Factory macht er sich fit für die Zukunft. Herzstück ist ein neues Lagersystem zur vollautomatischen Beschickung der High-End-Fertigungsanlagen in der Blechverarbeitung. So sind etwa eine TruPunch-Stanz und Nibbelanlage und eine Laserschneidemaschine miteinander vernetzt.

Auf einer Sechs-Meter-Abkantbank werden die bis zu fünf Meter langen Seitenwangen der Parksysteme bearbeitet. Ein Roboter übernimmt die fertigen Teile, biegt sie passend biegt und legt sie wieder ab - vollautomatisiert. Lediglich bei der Verknüpfung zwischen Laserschneiden und Abkantbank und Stanz- und Nibbelanlage wird noch ein Mitarbeiter benötigt.

Den Ablauf in der neuen Blechbearbeitung übernimmt die Multiressourcenplanung APS (Advanced Planning and Scheduling) in proALPHA. Für diesen Ansatz entschied man sich bei KLAUS Multiparking, weil im ERP-System seit jeher die Daten aller wesentlichen Prozesse gebündelt wurden. Auf diese Weise sollen in der intelligenten Fabrik Kundenaufträge mit möglichst geringen Durchlaufzeiten zum vereinbarten Liefertermin fertig werden. Der nächste logische Schritt in der smarten Fabrik ist für die Allgäuer, dass dort alle Fäden zu sämtlichen Maschinen, Systemen und Logistikanwendungen zusammenlaufen.

Mehrstufiges Investitionskonzept für die Industrie 4.0

Noch ist die Entwicklung der Smart Factory bei KLAUS Multiparking nicht zu Ende. Mit zusätzlichen Zwischenlagern, die logistisch sinnvoll integriert werden, soll der komplette Produktionsablauf weiter optimiert werden. Ferner wird eine weitere Laserschneidemaschine in das Fertigungsnetzwerk eingebunden.

"Dafür haben wir ein mehrstufiges Investitionskonzept eingeplant", sagt Geschäftsführer Groneberg. Im Prinzip könnten die Maschinen bereits jetzt acht Stunden am Stück völlig autonom arbeiten und das Unternehmen sei in der Lage, mit vergleichbarem Personalbestand zwei Schichten zu fahren. Mit der smarten Fertigung verbesserten die Allgäuer ihre Kosteneffizienz in Höhe von 20 bis 30 Prozent. Zudem können sie schneller und mit gleichbleibend hoher Qualität fertigen. Ziel - so IT-Leiter Blessing - ist eine "nahezu selbstorganisierte Produktion, bei der Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte direkt miteinander kommunizieren".