Martin Weber (Name von der Redaktion geändert) freute sich auf seinen neuen Job. Doch der Teamleiter, der ihn einarbeiten sollte, hatte viel zu tun. Wenn Weber den Stellvertreter fragte, hatte er das Gefühl, ihn zu nerven. Also versuchte er, die Aufgaben möglichst ohne Rückfragen zu erledigen. Das ging jedoch oft schief. Nach drei Monaten Probezeit erhielt Weber die ordentliche Kündigung. Er ist sich bewusst, dass er Fehler begangen hat. Gleichzeitig fühlte er sich durch die "ständige Kritik überfordert" und " war am Ende kaum noch motiviert". Nun fragt er sich, ob er diese kurze Episode in den nächsten Bewerbungen besser verschweigen und sie mit einer vorherigen, zweimonatigen Arbeitslosigkeit verschmelzen soll. Oder gibt es einen Weg, mit einer gescheiterten Probezeit souverän umzugehen?
In den Augen von Gerhard Winkler, Bewerbungshelfer und Karrierecoach, hat Martin Weber durchaus Fehler gemacht:
Man hat ihn nicht bemerkt. Also hat er sich unsichtbar gemacht.
Man hat nicht mit ihm gesprochen. Also ist er verstummt.
Er fühlte sich nicht willkommen. Folglich hat er sich mehr und mehr verabschiedet.
Er hat ohne Anleitung und Feedback gearbeitet. Sein Fehler war zu hoffen, dass man ihm seine Anfängerfehler verzeiht und seine fehlende Courage nicht bemerkt.
Was kann ein Bewerber aus solchen Fehlern und einer gescheiterten Probezeit lernen? Viel. Bewerbungshelfer Winkler gibt Tipps, damit die Probezeit nicht zum unüberwindbaren Prüfstein wird.
1. Informieren Sie Ihre Chefs
Halten Sie vom ersten Tag an Ihre Vorgesetzten informiert - selbst, wenn Sie es gewohnt sind, selbständig zu arbeiten. Verfassen Sie am Wochenende einen schriftlichen Bericht und mailen Sie ihn Ihrem Boss, auch wenn Sie dazu nicht aufgefordert wurden. Halten Sie die Schwierigkeiten, aber auch die Erfolge und Leistungen des Tags für sich selber schriftlich fest. Bitten Sie Ihren Vorgesetzten schriftlich um einen Gesprächstermin, wenn man Ihnen auf Anfrage keinen geben will.
Vorgesetzte obstruieren bisweilen, konterkarieren sogar Ihre Bemühungen. Chefs sind oft mit sich selbst beschäftigt oder sie surfen auf golf.de oder sie halten Sie vom ersten Tag an für falsch gecastet und des Führens nicht wert. Wer weiß, was hinter der Tür zum Chefbüro passiert. Doch wenn Sie diese Tür nicht aufkriegen, kriegen Sie bis zum vorhersehbaren schlechten Ende auch keinen Fuß in das Unternehmen.
2. Machen Sie Kollegen zu Supportern
Suchen Sie nicht das Verständnis der Kollegen und fordern Sie nicht ihre Solidarität ein. Im Niederwuchs einer jeden Organisation zeichnet sich die heimische Population durch einen Nullbestand an Zivilcourage und durch einen reflexhaften Überlebenswillen aus. Ob Sie als Newcomer für die Alteingesessenen einen Stellvertreter-Konflikt ausfechten, ob Sie als Komiker vorhersehbar irgendwen anrempeln und irgendwo anecken oder ob Sie desorientiert über die Flure irren: Sie finden von Probetag zu Probetag ein dankbares Publikum für all das, was Sie am Arbeitsplatz tun, wenn Sie nicht arbeiten. Verwechseln Sie herzhaften Beifall nicht mit herzlicher Unterstützung.
Machen Sie aber alle Kollegen zu Ihren Supportern. 1st-Level-Support: Sie werden in Organisationsstruktur, Abläufe, Protagonisten eingeweiht. 2nd-Level-Support: Sie erhalten Tipps und Kniffe zu den eigenen Aufgaben. 3rd-Level-Support: Sie werden über die in jeder Organisation gehandelten informellen Personalakten in Kenntnis gesetzt. Schauen Sie von den anderen ab, fragen Sie nach, lassen Sie sichs erklären. Fügen Sie sich ein und bringen Sie täglich Leistung. Würdigen Sie die abgesteckten Claims, überschreiten Sie keine Grenzen. Setzen Sie Ihre eigenen Zuständigkeiten unaufgeregt und nur mit so viel Nachdruck wie nötig durch.
CW-Karriere-Wiki
Mehr zum Thema Karriere finden Sie im Karriere-Wiki der COMPUTERWOCHE. Es ist ein Projekt zum Aufbau einer Wissensdatenbank rund um das Thema Karriere. Jeder kann mit seinem Wissen anderen helfen. Gute Autorinnen und Autoren sind stets willkommen.
Das finden Sie bereits im Wiki:
Alles über Arbeitszeugnisse.
Bewerbung von A wie Anschreiben über O wie Online-Bewerbung bis V wie Vorstellungsgespräch.
Zertifizierungen für IT-Experten.
3. Was Mitarbeiter vom Chef verlangen können
Die Welt wird zunehmend unfassbar. Väter verabschieden sich ins Nirgendwo. Verantwortliche verweigern sich vollinhaltlich. Doch Ihr Vorgesetzter hat für Sie vorhanden zu sein. Punktum. Erlauben Sie ihm nicht:
Ihnen keine ordentliche Arbeit zu vergeben
mit Ihnen keine Ziele zu vereinbaren
Ihnen keine Zeitvorgaben zu setzen
Ihnen nicht die notwendigen Mittel zu bewilligen
Ihnen keine ausreichende Unterstützung zu gewährleisten
Ihnen nicht ausreichende Kompetenzen einzuräumen
Ihre Rolle im Team nicht klar zu definieren
Ihre Zuarbeiter nicht zum Zuarbeiten zu verpflichten
Ihnen Rat und Fürsorge vorzuenthalten.
4. Ein Rezept gegen schlechte Chefs?
Es gibt für einen Neuankömmling kein probates Mittel gegen den Chef, der mies führt oder Sie an der Nase herumführt oder Sie ungeführt ins Ungefähre und damit ins Probezeitdesaster laufen lässt. Organisationen tendieren im Konfliktfall dazu, den Vorgesetzten zu halten und den Untergebenen zu feuern. Falls der Vorgesetzte dauerhaft blockiert, informieren Sie nach einigen Versuchen eben dessen Vorgesetzten. Zur glaubwürdigen Darstellung Ihrer Lage brauchen Sie Ihre Aufschriebe und Mail-Duplikate. Vielleicht lenkt ein direkter Vorgesetzter in der Folge ein und nimmt seine Fürsorgepflicht wahr. Ganz sicher sind Sie aber im Besitz von Belegen und Dokumenten, die Ihnen im Kündigungsfall, der meist auch einen Konflikt um ein korrektes und positiv formuliertes Arbeitszeugnis nach sich zieht, von Nutzen sein werden.
Fazit: Sie haben ein Recht darauf, ordentlich geführt zu werden. Fordern Sie das ein. Sichern Sie sich vor allem dann ab, wenn Sie fürchten oder voraussehen, dass man Sie noch in der Probezeit fallen lässt. Halten Sie dazu die erforderlichen Verfahrenswege ein.
Lesen Sie dazu: Mobbing von oben: "Hilfe, mein Chef ist unfähig!"
5. Scheitern nicht kaschieren
Und was die Idee betrifft, einen Drei-Monate-Job einfach durch zwölf Wochen Jobsuche zu ersetzen: Es spricht durchaus für einen Bewerber, wenn jemand ihn eingestellt und 90 Tage lang beschäftigt hat. Es spricht nicht besonders für ihn, wenn ihm in diesen 90 Tagen keiner eine Aufgabe anvertrauen wollte. Er erklärt immer viel leichter, weshalb es letztendlich nicht geklappt hat, als weshalb es überhaupt nicht klappen wollte. Job oder Flop? Als Bewerber schaut man sich künftige Vorgesetzte genau an. Sobald er die Arbeit aufnimmt, fällt er durch sein Beharren auf klare Anweisung und zweckdienliche Aufklärung vielleicht negativ auf. Doch er kommt damit weiter. (Quelle Aufmacherfoto: Gernot Krautberger/Fotolia.com)