Aus Fehlern lernen

Wenn Bewerber in der Probezeit scheitern

06.03.2011 von Alexandra Mesmer
Wenn Bewerber in der Probezeit scheitern, muss das kein Karriereknick sein. Bewerbungsberater Gerhard Winkler zeigt Wege aus der Misere auf.

Martin Weber (Name von der Redaktion geändert) freute sich auf seinen neuen Job. Doch der Teamleiter, der ihn einarbeiten sollte, hatte viel zu tun. Wenn Weber den Stellvertreter fragte, hatte er das Gefühl, ihn zu nerven. Also versuchte er, die Aufgaben möglichst ohne Rückfragen zu erledigen. Das ging jedoch oft schief. Nach drei Monaten Probezeit erhielt Weber die ordentliche Kündigung. Er ist sich bewusst, dass er Fehler begangen hat. Gleichzeitig fühlte er sich durch die "ständige Kritik überfordert" und " war am Ende kaum noch motiviert". Nun fragt er sich, ob er diese kurze Episode in den nächsten Bewerbungen besser verschweigen und sie mit einer vorherigen, zweimonatigen Arbeitslosigkeit verschmelzen soll. Oder gibt es einen Weg, mit einer gescheiterten Probezeit souverän umzugehen?

Gerhard Winkler: Wer in der Probezeit scheitert, sollte das nicht kaschieren.

In den Augen von Gerhard Winkler, Bewerbungshelfer und Karrierecoach, hat Martin Weber durchaus Fehler gemacht:

Man hat ihn nicht bemerkt. Also hat er sich unsichtbar gemacht.

Man hat nicht mit ihm gesprochen. Also ist er verstummt.

Er fühlte sich nicht willkommen. Folglich hat er sich mehr und mehr verabschiedet.

Er hat ohne Anleitung und Feedback gearbeitet. Sein Fehler war zu hoffen, dass man ihm seine Anfängerfehler verzeiht und seine fehlende Courage nicht bemerkt.

Was kann ein Bewerber aus solchen Fehlern und einer gescheiterten Probezeit lernen? Viel. Bewerbungshelfer Winkler gibt Tipps, damit die Probezeit nicht zum unüberwindbaren Prüfstein wird.

1. Informieren Sie Ihre Chefs

Halten Sie vom ersten Tag an Ihre Vorgesetzten informiert - selbst, wenn Sie es gewohnt sind, selbständig zu arbeiten. Verfassen Sie am Wochenende einen schriftlichen Bericht und mailen Sie ihn Ihrem Boss, auch wenn Sie dazu nicht aufgefordert wurden. Halten Sie die Schwierigkeiten, aber auch die Erfolge und Leistungen des Tags für sich selber schriftlich fest. Bitten Sie Ihren Vorgesetzten schriftlich um einen Gesprächstermin, wenn man Ihnen auf Anfrage keinen geben will.

Vorgesetzte obstruieren bisweilen, konterkarieren sogar Ihre Bemühungen. Chefs sind oft mit sich selbst beschäftigt oder sie surfen auf golf.de oder sie halten Sie vom ersten Tag an für falsch gecastet und des Führens nicht wert. Wer weiß, was hinter der Tür zum Chefbüro passiert. Doch wenn Sie diese Tür nicht aufkriegen, kriegen Sie bis zum vorhersehbaren schlechten Ende auch keinen Fuß in das Unternehmen.

angstfrei im job
1. Setzen Sie auf Informationen!
Statt dem Flurfunk zu glauben und lange zu grübeln, sollten Sie recherchieren oder Fragen stellen. Häufig haben sich beängstigende Entwicklungen als reine Gerüchte entpuppt.
2. Mobbing, nein danke.
Verzichten Sie selbst auf Mobbing, um Ihre Ziele durchzusetzen, unterstützen Sie andere nicht bei unfairen Angriffen. Ein Unternehmen ohne Mobbing macht das Leben für alle ein Stück einfacher.
3. Helfen Sie Kollegen und Chefs.
Jeder Mitarbeiter verfügt über andere Kompetenzen und Interessen. Was für den einen Stunden dauert, bewältigt ein anderer manchmal in Minuten. Setzen Sie dabei aber auch Grenzen, um nicht ausgenutzt zu werden.
4. Zeigen Sie Interesse!
Wenn Sie ehrliches Interesse zeigen, berichten Ihnen die Kollegen nicht nur von ihren Urlaubsplänen, sondern auch von ihren Hoffnungen und Ängsten. Nehmen Sie diese ernst und unterstützen Sie den Gesprächspartner.
5. Ein starkes Team.
Nicht jeder Fehler muss gleich dem Chef berichtet werden. Viele Kleinigkeiten lassen sich im Kollegenkreis regeln, was den Zusammenhalt stärkt.
6. Fehler müssen möglich sein.
Ermöglichen Sie sich und Ihren Kollegen Fehler zuzugeben und aus diesen zu lernen. Wichtig ist nicht die Suche nach dem Schuldigen, sondern das Vermeiden des Fehlers für die Zukunft.
7. Das direkte Gespräch.
Sprechen Sie nicht schlecht über Abwesende. Nur das direkte Gespräch führt zur Veränderung und damit zum Erfolg.
8. Bleiben Sie flexibel.
Durch ständige freiwillige Weiterbildung erhalten Sie Ihren Wert für das Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt. Das macht Sie flexibel und zugleich zum gefragten Ratgeber.
9. Das größte Risiko.
Machen Sie sich bewusst, was das größte Risiko in Ihrem Berufsleben ist. Vielfach ist dieses Szenario weitaus weniger bedrohlich, als man gemeinhin glaubt.
10. Unterbrechen Sie die Angstspirale!
Lassen Sie rationale Argumente in angstgesteuerte Gespräche einfließen. Helfen Sie besorgten Kollegen, eine realistische Sichtweise zu gewinnen.

2. Machen Sie Kollegen zu Supportern

Suchen Sie nicht das Verständnis der Kollegen und fordern Sie nicht ihre Solidarität ein. Im Niederwuchs einer jeden Organisation zeichnet sich die heimische Population durch einen Nullbestand an Zivilcourage und durch einen reflexhaften Überlebenswillen aus. Ob Sie als Newcomer für die Alteingesessenen einen Stellvertreter-Konflikt ausfechten, ob Sie als Komiker vorhersehbar irgendwen anrempeln und irgendwo anecken oder ob Sie desorientiert über die Flure irren: Sie finden von Probetag zu Probetag ein dankbares Publikum für all das, was Sie am Arbeitsplatz tun, wenn Sie nicht arbeiten. Verwechseln Sie herzhaften Beifall nicht mit herzlicher Unterstützung.

Machen Sie aber alle Kollegen zu Ihren Supportern. 1st-Level-Support: Sie werden in Organisationsstruktur, Abläufe, Protagonisten eingeweiht. 2nd-Level-Support: Sie erhalten Tipps und Kniffe zu den eigenen Aufgaben. 3rd-Level-Support: Sie werden über die in jeder Organisation gehandelten informellen Personalakten in Kenntnis gesetzt. Schauen Sie von den anderen ab, fragen Sie nach, lassen Sie sichs erklären. Fügen Sie sich ein und bringen Sie täglich Leistung. Würdigen Sie die abgesteckten Claims, überschreiten Sie keine Grenzen. Setzen Sie Ihre eigenen Zuständigkeiten unaufgeregt und nur mit so viel Nachdruck wie nötig durch.

CW-Karriere-Wiki

Mehr zum Thema Karriere finden Sie im Karriere-Wiki der COMPUTERWOCHE. Es ist ein Projekt zum Aufbau einer Wissensdatenbank rund um das Thema Karriere. Jeder kann mit seinem Wissen anderen helfen. Gute Autorinnen und Autoren sind stets willkommen.

Das finden Sie bereits im Wiki:

3. Was Mitarbeiter vom Chef verlangen können

Die Welt wird zunehmend unfassbar. Väter verabschieden sich ins Nirgendwo. Verantwortliche verweigern sich vollinhaltlich. Doch Ihr Vorgesetzter hat für Sie vorhanden zu sein. Punktum. Erlauben Sie ihm nicht:

4. Ein Rezept gegen schlechte Chefs?

Es gibt für einen Neuankömmling kein probates Mittel gegen den Chef, der mies führt oder Sie an der Nase herumführt oder Sie ungeführt ins Ungefähre und damit ins Probezeitdesaster laufen lässt. Organisationen tendieren im Konfliktfall dazu, den Vorgesetzten zu halten und den Untergebenen zu feuern. Falls der Vorgesetzte dauerhaft blockiert, informieren Sie nach einigen Versuchen eben dessen Vorgesetzten. Zur glaubwürdigen Darstellung Ihrer Lage brauchen Sie Ihre Aufschriebe und Mail-Duplikate. Vielleicht lenkt ein direkter Vorgesetzter in der Folge ein und nimmt seine Fürsorgepflicht wahr. Ganz sicher sind Sie aber im Besitz von Belegen und Dokumenten, die Ihnen im Kündigungsfall, der meist auch einen Konflikt um ein korrektes und positiv formuliertes Arbeitszeugnis nach sich zieht, von Nutzen sein werden.

Fazit: Sie haben ein Recht darauf, ordentlich geführt zu werden. Fordern Sie das ein. Sichern Sie sich vor allem dann ab, wenn Sie fürchten oder voraussehen, dass man Sie noch in der Probezeit fallen lässt. Halten Sie dazu die erforderlichen Verfahrenswege ein.

5. Scheitern nicht kaschieren

Und was die Idee betrifft, einen Drei-Monate-Job einfach durch zwölf Wochen Jobsuche zu ersetzen: Es spricht durchaus für einen Bewerber, wenn jemand ihn eingestellt und 90 Tage lang beschäftigt hat. Es spricht nicht besonders für ihn, wenn ihm in diesen 90 Tagen keiner eine Aufgabe anvertrauen wollte. Er erklärt immer viel leichter, weshalb es letztendlich nicht geklappt hat, als weshalb es überhaupt nicht klappen wollte. Job oder Flop? Als Bewerber schaut man sich künftige Vorgesetzte genau an. Sobald er die Arbeit aufnimmt, fällt er durch sein Beharren auf klare Anweisung und zweckdienliche Aufklärung vielleicht negativ auf. Doch er kommt damit weiter. (Quelle Aufmacherfoto: Gernot Krautberger/Fotolia.com)

Die Lügen der Bewerber
Lügen im Lebenslauf
Papier ist geduldig, Personaler nicht. Wer seinen Lebenslauf frisiert, hat meist keine Chance auf den Job.
Auf den jungen Bill Gates ...
... sollte man sich lieber nicht beziehen, wenn man seine PC-Kenntnisse beweisen will. Ein Bewerber behauptete, er arbeite seit 1970 mit Microsoft Windows.
Internationalität ist bei Personalern gefragt
Wer aber behauptet, zwei verschiedene Praktika zur gleichen Zeit in zwei Ländern absolviert zu haben, hat schlechte Karten.
Der glücklichste Tag im Leben ...
... hat nichts in einer Bewerbung zu suchen. Entsprechend überrascht war ein Personaler, als er das Hochzeitsfoto des Bewerbes auf dem Lebenslauf sah.
Gefälschte Diplome ...
... gibt es wahrscheinlich genug. Wenn dann das gefälschte Zertifikat noch einen Rechtschreibfehler enthält, fliegt der Täter schnell auf.
Treffpunkt Aufzug
Personalmanager müssen nicht Aufzug fahren, um zu wissen, wer im Unternehmen arbeitet. Pech für den Bewerber, der fälschlicherweise angibt, in der Firma gearbeitet zu haben, in der zum selben Zeitraum auch der Personaler beschäftigt war.
Wer einmal im Gefängnis sitzt ...
... und nachher diese Zeit als "Stellensuche" deklariert, hat keine Chance auf einen Wiedereinstieg.