Wertbeitrag der IT

Wenige wissen, was ihre IT wirklich bringt

02.04.2009 von Karin Quack
Inwiefern die IT tatsächlich zum Unternehmenserfolg beiträgt, kann nur ein kleiner Teil der Unternehmen einschätzen.

Sparst du noch oder verdienst du schon? So lautet die Eingangsfrage eines "Selfcheck" auf www.computerwoche.de, an dem rund 1200 Nutzer -anonym - teilgenommen haben. Demnach ist es um den Wertbeitrag der IT zum Unternehmenserfolg in den meisten Betrieben des deutschsprachigen Raums nicht gut bestellt - unter anderem deshalb, weil es zu wenig Budget für Innovationen gibt. Allerdings macht sich die breite Mehrheit der Unternehmen nicht einmal die Mühe, zu messen und auszuweisen, was die Informationstechnik zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Der Selfcheck entstand in enger Zusammenarbeit zwischen der COMPUTERWOCHE und der Schweizer Unternehmensberatung Boydak Management Consulting. Die Berater überprüften die Ergebnisse anhand einer tiefer gehenden Einzelbefragung von mehr als 60 Topmanagern großer Konzerne. "Innerhalb gewisser Toleranzen", so das Consulting-Unternehmen, würden sich die Antworten "mehr oder minder" decken. Hier die wichtigsten Erkenntnisse:

Umfrageergebnisse IT-Wertbeitrag
Rolle und Bedeutung der IT
Dass die IT für den Unternehmenserfolg wichtig ist, steht generell außer Frage. Das wollten weder die 1200 Teilnehmer am COMPUTERWOCHE-Selfcheck noch die 60 von Boydak Management Consulting befragten C-Level-Manager bestreiten.
Mit der Kür hapert es jedoch
Drei Viertel der Befragten sehen in der IT einen reinen Erfüllungsgehilfen. Das heißt im Umkehrschluss: Nur ein Viertel mag die IT-Abteilung als proaktiv bezeichnen.
Ist die IT ein Business Value Creator?
Auch wenn die meisten Umfrageteilnehmer die IT zumindest in Teilbereichen für eine Kernkompetenz des Unternehmens in Sachen Wertschöpfung halten - als einen "echten" Business Value Creator will nur ein Drittel sie bezeichnen.
Die Pflicht im Griff
Was den alltäglichen Betrieb angeht, so können sich die IT-Abteilungen auf die virtuelle Schulter klopfen: Sieben von zehn Befragten sind mit der Leistung zufrieden. Aber damit kann kein CIO einen Blumentopf gewinnen.
Das Business verpasst Chancen
Knapp zwei Drittel der Befragten räumten ein, dass die Chancen und Potenziale der Technik in der Geschäftsstrategie vernachlässigt werden. In diesem Fall kann die IT auch nicht viel ausrichten.
Portfolio-Management fehlt häufig
Voraussetzung für eine konsequente Wertorientierung ist ein funktionierendes Projekt-Portfolio-Management. Leider fehlt es offenbar in zwei von drei Unternehmen.
Kein Budget für Innovationen
Die Tatsache, dass die IT vielfach für reaktiv gehalten wird, lässt sich zum Teil sicher darauf zurückführen, dass sie kaum Geld für Innovationen hat. In den meisten Fällen ist höchstens ein Viertel des Projektbudgets dafür reserviert.
Effektivität der IT-Prozesse fraglich
Ganze 23 Prozent der Befragten gaben an, die Effektivität der IT-Prozesse zu messen und zu beobachten. Die Mehrheit tappt in dieser Hinsicht im Dunkeln.
Wertbeitrag - welcher Wertbeitrag?
Nur eins von fünf Unternehmen misst den Nutzen der IT aus Sicht des Business. Wie sollen die IT-Verantwortlich da nachweisen, dass sie einen guten Job machen?
Topmanagement hält die IT für zu teuer
Die Folgen sind zwangsläufig: Mehr als die Hälfte der von Boydak befragten Topmanager ist der Ansicht, die IT koste mehr als sie bringe.

Dass die IT für den Geschäftserfolg unabdingbar ist, bestritt kaum einer der Befragten. Vor allem hinsichtlich der Prozessautomatisierung und Effizienzsteigerung gestehen sie ihr eine tragende Rolle zu: 44 Prozent betrachten diese Aufgabe als "Primärrolle" der IT. 16 Prozent sehen die IT sogar als einen differenzierenden Faktor im Wettbewerb. Andererseits sind 17 Prozent der Ansicht, ihre Aufgabe beschränke sich im Wesentlichen auf die Bereitstellung der Infrastruktur für Kommunikation und Datenhaltung. Als Innovationsfaktor, mit dessen Hilfe sich neue Angebote schaffen lassen, wird die IT nur in sieben Prozent der Unternehmen verstanden (siehe auch: "Checkpoint zwischen IT und Business").

Zwei Drittel sehen die IT als Commodity

Trotzdem betrachten drei von zehn Unternehmen die IT "überwiegend" als eine ihrer Kernkompetenzen in der Wertschöpfung. Vermutlich ist diese Gruppe weitgehend identisch mit den 35 Prozent, die in der IT einen "echten Business Value Creator" sehen. Die anderen zwei Drittel und damit die überwiegende Mehrheit äußerte allerdings die Ansicht, die IT sei eine infrastrukturelle Notwendigkeit beziehungsweise Commodity. In den Großunternehmen ist dieses Verhältnis etwas günstiger als in den kleinen und mittleren Betrieben, sprich: Fifty-Fifty.

Dass die IT in den Augen des Fachbereichs-Managements nicht allzu viel zum Unternehmenswert beiträgt, lässt sich aus Sicht der Boydak-Experten vor allem mit zwei anderen Befragungsergebnissen erklären: In vier von fünf Unternehmen ist das Management offenbar der Ansicht, die IT habe ihre Pflicht, also den täglichen Betrieb, gut im Griff. Aber die IT setze keine neuen Impulse, die zu einem Mehrwert für das Geschäft führen würden, sagen ebenso viele. Die Folge: Die IT hat in drei Viertel der befragten Unternehmen ein Imageproblem: Sie wird als rein reaktiv wahrgenommen.

Pflichterfüllung gewinnt keinen Blumentopf

Mit der reinen Pflichterfüllung könnten die IT-Verantwortlichen keinen Blumentopf gewinnen, warnt Boydak Management Consulting. Selbst wenn sie die letzten Prozentpunkte an Effizienz herauskitzelten, werde das allenfalls wohlwollend zur Kenntnis genommen. Die Schlacht gewinnen könne die IT nur, wenn sie nicht mehr die Effizienz, sondern die Effektivität in Angriff nehme.

Die IT treibe das Thema "IT-Innovation mit echtem Mehrwert für das Business" nicht konsequent genug voran, kritisiert Boydak. Allerdings treffe die IT hier keineswegs die Alleinschuld. Auch die Strategien des Business vernachlässigten das innovative Potenzial in der Informationstechnik. Ein Indikator dafür sei, dass nicht einmal ein Drittel der Befragten über ein funktionierendes Projekt-Portfolio-Management verfüge, mit dem sich die aus Sicht des Business vielversprechendsten IT-Vorhaben identifizieren ließen.

Hinzu kommt, dass in Innovationen häufig zu wenig investiert wird: Der Befragung zufolge ist der dafür vorgesehene Anteil an den Projektbudgets in fast jedem zweiten Fall kleiner als zehn Prozent. Insgesamt vier Fünftel der Unternehmen geben höchstens 25 Prozent der Projektkosten für Innovationen aus. Die Berater erklären das damit, dass die komplexen IT-Landschaften einen zu hohen Betriebsaufwand erforderten.

Nur vier Fünftel messen den Wertbeitrag systematisch

Zudem gilt auch hier die Binsenweisheit: Was nicht gemessen wird, lässt sich auch nicht managen: Nur 23 Prozent der Befragten messen und beobachten kontinuierlich die Effektivität der Prozesse für IT-Entwicklung und Betrieb aus Sicht des Business. Und nicht einmal jedes fünfte Unternehmen ist in der Lage, den konkreten Nutzen der IT für den Unternehmenserfolg systematisch zu messen sowie auszuweisen. Dazu Boydak Management Consulting: "Dadurch kann der Mehrwert selbst in den Fällen, in denen er geschaffen wird, nicht überzeugend vermittelt werden."

Die Folgen für die IT sind fatal: Nur 49 Prozent der Topmanager sind der Ansicht, dass sich die IT-Ausgaben wirklich rentieren. Im Umkehrschluss bedeutet das: Mehr als die Hälfte der CEOs und CFOs ist der Ansicht, dass die IT nicht wert ist, was sie kostet.

Zehn Erfolgsfaktoren

Durch Befragung von etwa 60 Großunternehmen ermittelte Boydak Management Consulting folgende kritische Erfolgsfaktoren für die Wertorientierung der IT
  1. Durchgängige Ausrichtung der IT an Zielen und Prioritäten des Topmanagements.

  2. Differenzierte Festlegung der Ziele und Aufträge für die IT je Geschäftsbereich.

  3. Aktive Forcierung von IT-Innovationen mit echtem Mehrwert für das Business.

  4. Ganzheitliche Betrachtung und Entwicklung von Business- und IT-Architektur.

  5. Miteinander verzahnte Personal- und Sourcing-Strategien für die IT.

  6. Starke Führungsfähigkeiten im IT-Middle-Management.

  7. Eine ausreichend exponierte Einbindung der IT in die Führungsstruktur.

  8. Strategie- und Governance-konforme Aufgabenteilung zwischen Business und IT.

  9. Unternehmensweit effektiv verankerte Kernprozesse der IT-Steuerung, also hinsichtlich

    - Innovations-Management,
    - Projekt-Portfolio-Management,
    - Projekt-Management und -Controlling,
    - IT-Architektur-Management sowie
    - Überführung von Projektergebnissen in den IT-Betrieb.

  10. Systematisiertes Messen und Ausweisen von Business-Nutzen und Rendite der IT für

    - Projekte,
    - IT-Betrieb und
    - Gesamtunternehmen.