Aufsteigen oder weitere Erfahrungen sammeln?

Welcher Karriereweg der beste ist

30.01.2012 von Renate Oettinger
Wie lange Führungskräfte auf der aktuellen Position bleiben und wann sie wechseln sollten, sagt Dr. Georg Kraus.

Wie lange sollen unsere Kandidaten für Top-Positionen auf einer Stelle verweilen, bevor sie die nächste Funktion übernehmen - sei es um breitere Erfahrung zu sammeln oder die nächste Stufe der Karriereleiter zu erklimmen? Vor diesen Fragen stehen Führungskräfteentwickler immer wieder.

Das Durchschnittsalter der Vorstandsvorsitzenden der Dax-30-Unternehmen beträgt circa 53 Jahre. Und sie sind im Schnitt bereits fünf Jahre im Amt. Mit knapp 48 wurden sie also zum CEO ernannt. Und um dorthin zu kommen, mussten sie im Schnitt sechs Karriereschritte durchlaufen. Bei einem Eintrittsalter nach dem Studium von knapp 26 Jahren, bedeutet dies: Ein CEO braucht circa 22 Jahre Zeit, um nach "ganz oben" zu gelangen. Pro Karrierestufe stehen ihm also knapp 3,7 Jahre zur Verfügung. Ist eine solche Verweildauer in den einzelnen Stationen zu kurz oder zu lang?

Wie kann heute eine kontinuierliche Karriere aussehen?
Foto: Fotolia, Karin Jehle

Unternehmen sollten eine gewisse Kontinuität auf der Führungsebene in ihrer Organisation sicherstellen. Zudem sollten Führungskräfte auch die Konsequenzen für ihre Entscheidungen "tragen". Zugleich spricht jedoch der geplante Karriereverlauf der Kandidaten für Top-Positionen oft gegen ein zu langes Verweilen in einer Funktion. Dieses "zweischneidige Schwert" bringt Personalleiter und Unternehmensführer immer wieder in Dilemmata. Deshalb seien die Pros und Contras einer langen Verweildauer in einer Führungsposition im Folgenden näher ausgeführt.

Neun Humortipps für die Karriere
Lach doch mal!
Ödön von Horvarth hat einmal gesagt, "Eigentlich bin ich ganz anders, aber ich komme so selten dazu". Diese Ausrede verwenden viele Menschen auch im Berufsleben und entschuldigen so ihr ernstes Auftreten im Business. Damit macht man sich das Leben und den Arbeitsalltag unnötig schwer. Eckart von Hirschhausen empfiehlt: "Lachen Sie öfter. Notieren Sie, wann und worüber Sie heute schon gelacht haben. Machen Sie sich witzige Momente bewusst und verinnerlichen Sie sie."
Haben Sie nicht immer recht!
Bemühen Sie sich um eine gelassenere Sicht der Dinge. Von Hirschhausen: "Wollen Sie Recht behalten oder glücklich sein, beides geht nicht."
Arbeiten mit Vergnügen
Die Maxime "Erst die Arbeit, dann das Vergnügen" mag zur Zeit der Industrialisierung gegolten haben. Heute braucht man vielmehr das Vergnügen an der Arbeit, um motiviert zu sein, gute Leistungen zu vollbringen. Wie sieht es mit Ihrer Arbeitsmotivation aus? Von Hirschhausen rät jedem, sich zu fragen: "Würde ich es auch tun, wenn ich kein Geld dafür bekäme?"
Humor lernen mit dem AHA-Effekt
Seinen Humor kann man verlieren, aber auch wieder finden. Am besten lernen Betroffene Humor mit dem "Aha-Effekt". Das heißt für von Hirschhausen, aufmerksamer auf die kleinen Details des Lebens zu achten ("die Achtsamkeit erhöhen"), "Hemmungen fallen zu lassen" und Dinge "auszuprobieren".
Humor sammeln
Mit mehr Achtsamkeit fallen Ihnen mehr lustige Begebenheiten auf. Von Hirschhausen rät, alles, was Ihnen lustig erscheint, zu sammeln. Legen Sie sich eine "Schatzkiste" (Dateiordner) an, in der Sie lustige Ideen und Witze, komische Bilder oder Powerpoints sammeln. Die lassen sich später übrigens wunderbar in eigene Vorträge oder Präsentationen einbauen (siehe auch Punkt 9: Das Sandwich-Prinzip).
Erzählen Sie Witze!
Natürlich geht es nicht ohne Übung. Daher meint der Humor-Coach: "Üben Sie drei Witze richtig gut ein. Zuerst da, wo ein Scheitern nicht weh tut." Etwa mit Freunden am Telefon. Durch Wiederholung wird man besser. Allerdings sollte man sich stets erinnern, in welchem Kreis man seinen Witz schon zum Besten gegeben hat.
Öffentlich üben
Ein humorvoller Umgang mit sich und der Welt ist am wirksamsten in peinlichen Momenten zu trainieren. Erst wenn man die Angst vor einer Blamage verliert, ist man frei und kann auf Situationen spontan reagieren. Also üben Sie öffentlich!
Mit Freude scheitern
"Und ich bin noch nicht einmal gescheitert!" – das, so von Hirschhausen, ist das Schlimmste, was man sich am Ende eines Tages vorwerfen könne. Also haben Sie Mut zum Scheitern, denn nur so lernt man. Und sein Tipp zur inneren Einstellung, wie man mit dem Scheitern umgehen soll: Nicht ärgern, denn "Ärger, den man nicht gehabt hat, hat man nicht gehabt".
Das Sandwich-Prinzip
Zum Schluss gibt der Kabarettist noch einen konkreten Hinweis, wie sich Humor in Geschäftsvorträge einbauen lässt, nämlich nach dem Sandwich-Prinzip: Bei sehr trockenen Passagen können Sie die Aufmerksamkeit Ihres Publikums durch eine humorvolle Einlage zurückgewinnen beziehungsweise erhöhen. Anschließend fällt es allen Beteiligten leichter, sich wieder der sachlichen Ebene zu widmen.

Pro Kontinuität

Entscheidungen "ausbaden": Wenn eine Führungskraft im Schnitt nur 3,7 Jahre in einer Funktion ist, ergibt sich in der Regel folgendes Wirkungsszenario:

Die "Ernte" von neuen Weichenstellungen kann aber selten schon nach ein, zwei Jahren "eingefahren" werden - insbesondere, wenn es um grundsätzliche Neuausrichtungen geht. Deshalb lassen sich oft folgende Phänomene beobachten:

  1. Der Fokus des Handelns wird auf kurzfristige Erfolge gelegt. Der Manager geht primär Themen an, die ihm spätestens im zweiten oder dritten Jahr Erfolge versprechen. Längerfristige Themen werden eher lauwarm angepackt.

  2. Viele Top-Manager haben noch nie die Konsequenzen ihrer Entscheidungen erlebt. Wenn diese sich ergaben, waren sie schon im nächsten Job. Sie konnten so zwar viel Erfahrung im Projektmanagement und "Sanieren" sammeln, eher wenig aber mit dem kontinuierlichen Aufbauen und Wachsen lassen. Für zahlreiche Manager gilt: Sie wären schlechte Bauern, da sie den Keimling jeden Tag aus der Erde ziehen, um zu schauen, ob er schon gewachsen ist.

Den Mitarbeitern Kontinuität geben:

Mitarbeiter benötigen Verlässlichkeit. Wenn der Chef einen neuen Kurs einschlägt, benötigt er "Mitstreiter". Er braucht Mitarbeiter, die seiner Vision vertrauen, ihm folgen und seine Ideen auch gegenüber Kollegen vertreten und verteidigen. Besteht jedoch der berechtigte Verdacht, dass der Chef ohnehin bald wieder geht, haben die Mitstreiter oft Angst, nach seinem Weggang alleine dazustehen. Denn wenn der "Patron" weg ist, kann man leicht "unter die Räder kommen", wenn man sich zuvor klar positioniert hatte. Deshalb haben Mitarbeiter oft Schwierigkeiten, sich klar zu Veränderungsprozessen zu positionieren. Sie machen zwar (formal) mit, um nicht als Blockierer zu gelten. Sie achten aber darauf, sich nicht zu sehr aus dem Fenster zu lehnen, um es sich mit niemand zu verscherzen.

Beziehungen aufbauen:

Führung basiert auf Vertrauen. Dieses baut sich erst über die Zeit auf. Eine Voraussetzung hierfür ist ähnlich wie in einer Liebesbeziehung: Die Mitarbeiter können davon ausgehen, dass die Beziehung länger hält. "Lebensabschnittspartner" genießen nie das volle Vertrauen des Partners. Die Akzeptanz und die Bereitschaft, sich dem Chef "hinzugeben", wächst mit der Annahme, dass er nicht nur ein "Lebensabschnittschef" ist. Ein Faktor, von dem viele inhabergeführte Unternehmen profitieren, in denen eine hohe Bindung zum Inhaber und somit zum Unternehmen besteht.

Fachkompetenz aufbauen:

Bedingt durch die kurze Verweildauer in der jeweiligen Funktion fehlt vielen Führungskräften das Fach-Know-how, um das Geschäft wirklich zu verstehen. Ihr Wissen über Produkte und Prozesse, Kunden und Mitarbeiter ist oberflächlich. Die Folge: Der Manager verkommt zu einem "Administrator" des Bereichs und wird von den Mitarbeitern auch so wahrgenommen. Das mangelnde Tiefenverständnis des Geschäfts führt zudem leicht zu Fehlentscheidungen.

Pro Wechsel

Verschiedene Faktoren sprechen für einen längeren verbleib im Unternehmen.

Nachfolgern Platz machen:

Wenn die Führungskräfte in einer Organisation sehr lange in ihren Funktionen bleiben, dann hat der Managementnachwuchs meist wenig Entwicklungsperspektiven. Dies ist für sehr gute Mitarbeiter oft ein Grund, die Firma zu wechseln, um beruflich voran zu kommen. Eine relativ kurze Verweildauer in den (qualifizierten) Führungspositionen eröffnet den guten Nachwuchskräften Karrierechancen und mindert die Gefahr, sie zu verlieren.

Zwölf Tipps zur Mitarbeiterführung
So klappt die Zusammenarbeit in der Firma
Damit es im Unternehmen "funktioniert", sollten Führungskräfte einige Regeln befolgen. Stefan Bald stellt sie vor.
Tipp 1
Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Mitarbeitergespräche und bereiten Sie sich gut darauf vor.
Tipp 2
Hören Sie Ihren Mitarbeitern zu; achten Sie auch auf leise Zwischentöne.
Tipp 3
Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitern realistische Ziele.
Tipp 4
Erläutern Sie Ihren Mitarbeitern auch, warum das Erreichen der Ziele für das Unternehmen/Ihren Bereich wichtig ist.
Tipp 5
Sprechen Sie mit ihnen auch darüber, wie sie diese erreichen können und welche Schritte hierfür nötig sind.
Tipp 6
Klären Sie mit Ihren Mitarbeitern auch, was sie brauchen, damit sie die vereinbarten Ziele erreichen und die übertragenen Aufgaben erfüllen können.
Tipp 7
Denken Sie stets daran, dass Sie als Führungskraft für die Leistung Ihrer Mitarbeiter verantwortlich sind. Ihre Leistung wird an der Leistung Ihrer Mitarbeiter gemessen. Setzen Sie diese deshalb so ein, dass sie ihr Potenzial entfalten können.
Tipp 8
Kontrollieren Sie regelmäßig, ob Ihr Mitarbeiter sich noch auf dem richtigen Weg zum Erreichen der (Zwischen-)Ziele befinden.
Tipp 9
Würdigen Sie die Leistung Ihrer Mitarbeiter angemessen.
Tipp 10
Kritisieren Sie ein registriertes Fehlverhalten zeitnah, damit sich dieses nicht zu einem Verhaltensmuster verfestigt.
Tipp 11
Äußern Sie Kritik jedoch stets unter vier Augen - speziell wenn sie auch persönliche Verhaltensmuster des Mitarbeiters betrifft.
Tipp 12
Machen Sie Ihren Mitarbeitern nie (finanzielle) Zusagen, von denen Sie nicht sicher wissen, dass Sie diese auch hundertprozentig einhalten können.

Verschiedene Bereiche kennenlernen, Bereichsdenken reduzieren:

Ein Problem vieler Unternehmen ist das Bereichsdenken. Es gibt manchmal regelrechte Kriege zwischen den Bereichen. Eine Ursache hierfür ist das fehlende Verständnis für die Belange des Anderen. Zuweilen haben Trainees, die mehrere Bereiche durchlaufen haben, ein besseres Verständnis der Gesamtzusammenhänge als die Manager der Bereiche. Dieses Manko kann nur dadurch behoben werden, dass der Managementnachwuchs sehr verschiedene Funktionen im Unternehmen wahrnimmt und keinen "Kaminaufstieg" vollzieht.

Die "ganzheitliche Sicht" über das Unternehmen hilft, die unterschiedlichen Interessenlagen zu verstehen und die richtigen Entscheidungen im Sinne des Gesamtunternehmens zu treffen. Ein weiterer Aspekt ist eine veränderte Haltung, wenn ein Manager weiß, dass er nicht ewig in seiner Funktion bleibt. Morgen kann er aufgrund einer Rotation vielleicht schon auf dem Stuhl des anderen sitzen. Unternehmen, die Führungskräfte oft rotieren lassen, "entpersonifizieren" die Managementaufgabe. Der Chef muss seine Aufgaben so erledigen, dass er jederzeit wech-seln kann und einen "sauberen Laden" hinterlässt.

Begrenzte Zeit, um die Hierarchiestufen zu durchlaufen:

Auch pragmatische Gründe erschweren oft ein längeres Verbleiben in einer Funktion. Wenn ein Top-Manager alle Hierarchieebenen erlebt und sich in den verschiedensten Funktionen bewährt haben soll, dann darf er nicht länger als vier Jahre in einer Funktion bleiben. Sonst "rennt ihm die Zeit" davon. Deshalb muss der Personalbereich Potenzialträger regelmäßig aus ihren Funktionen herauslösen, um sie weiterzuentwickeln - selbst wenn sie dies anfangs nicht wollen. Nur so kann der Nachwuchs auf die Übernahme einer Top-Funktion vorbereitet werden.

Internationale Erfahrungen sammeln:

Internationale Erfahrung wird immer wichtiger. Jeder Top-Manager sollte einige Jahre im Ausland verbracht haben. Doch auch diese Zeiten dürfen nicht zu lange sein. Denn sonst besteht die Gefahr, dass der Kandidat den "Anschluss" an die Entwicklung im Mutterkonzern verliert. Die internationale Erfahrung hilft ihm aber, Entscheidungen "über den Tellerrand hinweg" zu treffen und nicht nur die nationale Brille aufzuhaben.

Konsequenzen für die Personalentwicklung

Die Übersicht der Pros und Contras zeigt: Es gibt kein Patentrezept. Eine gute Führungskräfte- beziehungsweise Managemententwicklung erfordert ein Wechselspiel zwischen Kontinuität und Wechsel. Leider gibt es in den Unternehmen oft "Glaubenskrieger": Auf der einen Seite die "Kontinuitätsverfechter", die das "Job-Hopping" verfluchen; auf der anderen Seite die "Wechsler", die ich-zentriert ihren Karriereweg im Unternehmen gehen und oft frustrierte Mitarbeiter hinterlassen, die sich betrogen fühlen. Hier liegt eine bisher vernachlässigte Aufgabe der Führungskräfteentwicklung. Sie muss die Wechselprozesse professionell begleiten, ihre Hintergründe erklären und die Mitarbeiter im Über-gangs- und -gabeprozess stärken.

Change-Mangement - Die Vorteile
Change-Mangement - Die Vorteile
Change-Management ist nötig, um projektbedingte Veränderungen frühzeitig vorzubereiten. Change-Mangement bietet folgende Vorteile:
Vorteil 1:
Die intrinsische Projektbeteiligung und das Commitment der Beteiligten nehmen zu.
Vorteil 2:
Die Betroffenen verstehen den Gesamtzusammenhang einer Veränderung.
Vorteil 3:
Zudem haben sie mehr Einblick in die Projektinhalte und -ziele.
Vorteil 4:
Sie können die Projektaufgaben effektiver wahrnehmen und lösen.
Vorteil 5:
Externe Partner und Lieferanten werden sensibilisiert und motiviert, die geforderten Leistungen zeitnah, hochwertig und wirtschaftlich zu erbringen.
Vorteil 6:
Der Projektbetrieb ist durch geeignete Infrastrukturen und Systeme gesichert.
Vorteil 7:
Die Endanwender können die neue Lösung relativ problemlos einsetzen.
Vorteil 8:
Das administrative Personal aus IT und Fachbereichen kennt die Zusammenhänge.
Vorteil 9:
Das Personal für den operativen Betrieb des künftigen IT-Systems ist ausreichend ausgebildet und befähigt, zudem leichter verfügbar und motivierter.

Schlussfolgerungen für die Führungskräfteentwicklung

  1. Die (Miss-)Erfolge einer Führungskraft sollten auch über die Dauer ihres Wirkens in einer Funktion hinaus in die Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit einfließen - auch um "Schaumschläger" frühzeitig zu identifizieren.

  2. Es sollte darauf geachtet werden, dass Führungskräfte nicht zu kurz in den einzelnen Funktionen verweilen (zum Beispiel weniger als zwei Jahre).

  3. Bei einem Führungswechsel sollte der Prozess des Abschiednehmens professionell gestaltet und aktiv gefördert werden - zum Beispiel mit entsprechenden Workshops.

  4. Ganz gleich wie viel Wechsel ein Unternehmen im mittleren Management anstrebt, sollte darauf geachtet werden, dass an der Unternehmensspitze weitgehend Kontinuität besteht.

Der Autor Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal. Der diplomierte Wirtschaftsingenieur promovierte an der TH Karlsruhe zum Thema Projektmanagement. Er ist u.a. Autor des "Change Management Handbuch" (Cornelsen Verlag, 3. Auflage 2010) sowie zahlreicher Projektmanagementbücher. Seit 1994 ist er Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence und der technischen Universität Clausthal.