Sinnvolle Unterstützung oder Riesen-Hype

Welche Rolle spielt intelligente Prozessautomatisierung für die Arbeitswelt von morgen?

03.11.2017 von Hans Martens
Was Unternehmen beachten sollten, damit die Integration von Robotic Process Automation (RPA), Machine Learning und Künstlicher Intelligenz gelingt.

Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt erfasst. Längst sehen sich Unternehmen verschiedener Branchen genötigt, eine Vielzahl von Arbeitsabläufen in möglichst kurzer Zeit abzuwickeln. Im Zuge dessen ist auch immer häufiger die Rede von Robotic Process Automation (RPA), Machine Learning (ML) oder Künstlicher Intelligenz (KI).

Während manches Unternehmen bereits positive Erfahrung mit den neuen digitalen Helfern gesammelt hat, stellen andere den realen Nutzen von Grund auf in Frage. Dabei sind eine unmittelbare Effizienzsteigerung durch RPA sowie Kostenersparnisse in einer Größenordnung zwischen 50 und 75 Prozent in der Praxis keine Seltenheit.

Robotic Process Automation kann Unternehmen dabei helfen, Kapazitäten für mehr Kreativität freizusetzen.
Foto: Tatiana Shepeleva - shutterstock.com

Wie führt man eine RPA-Lösung ein?

Anlass genug für einen detaillierten Überblick: Was ist bei der Einführung von RPA strategisch und organisatorisch zu beachten - beispielsweise beim Umgang mit den Mitarbeitern? Wann ist es für Unternehmen überhaupt zielführend und grundsätzlich sinnvoll?

Bevor Unternehmen die Automatisierung von Arbeitsprozessen planen, gilt es vorab zu klären, in welchen Funktionsbereichen Prozesse mit repetitiven, langwierigen und wenig wertschöpfenden Aufgaben existieren. Damit Unternehmen bestmöglich von der benötigten Trendwende profitieren, sollten die zu automatisierenden Prozesse idealerweise bereits ein hohes Maß an Standardisierung aufweisen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass dies in der Realität bislang eher selten der Fall ist.

Im Anschluss gilt es, sich intern auf ein strategisches Ziel festzulegen. Hier steht die Frage im Vordergrund, ob durch die Prozessautomatisierung eine Kostenersparnis erreicht werden soll oder ob es primär um eine Qualitätssteigerung geht. Als weiterer vorbereitender Schritt muss die Kompatibilität mit der bestehenden IT-Landschaft eruiert werden. Ein großer Vorteil von RPA ist, dass sich die Technologie minimalinvasiv in die vorhandenen Applikationen einbetten lässt und dadurch ein erhöhter Integrationsaufwand bereits im Vorfeld umgangen werden kann. Sinnvoll ist auch die Berücksichtigung der perspektivischen Ausbaufähigkeit der Lösung im Hinblick auf KI und Machine Learning.

Mitarbeiter frühzeitig miteinbeziehen

Unerlässlich für die Einführung und die erfolgreiche Praxis von RPA ist es, die Mitarbeiter für die neuen Herausforderungen zu sensibilisieren, die die digitale Transformation mit sich bringt und die im Zusammenspiel von Mensch und Roboter erfolgreich bewältigt werden können. Für eine schnelle und verbindliche Lösung ist es empfehlenswert, den Betriebsrat des Unternehmens einzubeziehen.

Bei der anschließenden Kommunikation an die Mitarbeiter sollten Vorurteile gegenüber RPA aus der Welt geschafft werden und eine Aufklärung über die geplante Prozessautomatisierung erfolgen. Hier ist es auch wichtig, dass Mitarbeiter erkennen, von welchen Vorteilen sie aus einer solchen Umstrukturierung profitieren: Denn der Einsatz von RPA gibt Mitarbeitern mehr Zeit für Aufgaben strategischer und kreativer Natur, was letztendlich auch die Mitarbeitermotivation und das Arbeitsklima verbessert.

Erst im Anschluss setzen die entscheidenden Mechanismen zur Umsetzung ein. Idealerweise wirkt der RPA-Lösungsanbieter bereits im Vorfeld aktiv daran mit, das Unternehmen bei der Aufklärung mit profundem Know-how zu unterstützen.

Für welche Bereiche lohnt sich eine RPA-Lösung?

Automatisierungslösungen eignen sich insbesondere für Abteilungen mit einem hohen Aufkommen wiederkehrender standardisierter Arbeitsschritte. Hier haben besonders fortschrittliche Lösungsanbieter in den vergangenen Jahren bereits Einiges bewegt. Gleichwohl ist natürlich jedes Unternehmen individuell zu betrachten. Zu klären ist unter anderem, wie groß das Volumen zu automatisierender Prozesse und die zu erwartende Qualitätsverbesserung sind und mit welcher Kostenersparnis zu rechnen ist.

Repetitive, zeitaufwändige, regel- sowie Template-basierte Prozesse, die nur eine geringe Wertschöpfung bieten, sind für RPA besonders geeignet.
Foto: Another Monday

An Prozessen, die in der Regel mittels RPA deutlich effizienter gestaltet werden können, mangelt es keineswegs. Gerade im Back-Office vieler Unternehmen gibt es zahlreiche regelbasierte Prozesse mit hohen Volumina, die auch von Software-Robotern erledigt werden können. Hier bietet intelligente Prozessautomatisierung wertvollen Freiraum für eine bessere Wertschöpfung und mehr kreative oder strategische Aufgaben für die Mitarbeiter. Auch der HR-Bereich weist eine Vielzahl wiederkehrender Arbeitsabläufe auf: bei Krankmeldungen, Reisekostenabrechnungen, beim Onboarding neuer Mitarbeiter im Konzern, Gehaltsabrechnungen, bei der Verwaltung von Personalakten, der Ausstattung der Mitarbeiter mit Betriebshandys, Zugangsschlüsseln oder Laptops und der anschließenden Verwaltung dieser Daten im System.

Ein weiteres geradezu prädestiniertes Einsatzgebiet für eine RPA-Lösung ist der Customer Service in Unternehmen, in denen der Austausch von E-Mails mit Kunden eine wichtige Rolle spielt. Zusätzlich kann die automatische Kategorisierung durch die Verknüpfung der RPA-Lösung mit Techniken aus dem Segment Machine Learning signifikant verbessert werden. Bei allen individuellen Besonderheiten der Rahmenbedingungen ist eines gewiss: Prinzipiell gibt es keine Einschränkungen bei der Automatisierung von Geschäftsprozessen. Mit der nötigen Erfahrung lassen sich in fast allen Unternehmensbereichen Prozesse identifizieren, die die Voraussetzungen für intelligente Automatisierung erfüllen.

Wann sich eine RPA-Lösung nicht lohnt

Zu einer ehrlichen Bewertung der Vorteile von RPA-Technologien gehört auch die Erkenntnis, dass ihr Einsatz nicht allerorten sinnvoll ist. Fraglich ist die Eignung von RPA beispielsweise dann, wenn das Arbeitsvolumen an standardisierten, repetitiven Aufgaben, die zu erwartende Qualitätsverbesserung und die aus dem Einsatz einer RPA-Lösung resultierende Kostenersparnis zu gering sind.

Ebenfalls wenig sinnvoll ist ein RPA-Einsatz dort, wo eine individuelle Beratung im Vordergrund steht, die zumeist nicht oder nur schwer planbar und programmierbar ist, beispielsweise im Beschwerdemanagement. Um eine optimale Kundenbetreuung zu garantieren, sollte die individuelle Behandlung von Einzelfällen nach wie vor von einem Menschen übernommen werden - denn neben fachlich-inhaltlichen Faktoren spielt hierbei auch die soziale Komponente eine wichtige Rolle.

Häufig macht eine Arbeitsteilung von Mensch und Roboter Sinn, bei der der Roboter oft wiederkehrende, standardisierte Anfragen in der Anfangsphase des Kundendialogs abarbeitet. Mit zunehmenden Individualisierungsgrad der Kundenanfrage muss im Anschluss der Mensch den Prozess übernehmen.

Einfluss eines fundierten RPA-Ansatzes auf die Arbeitsplatzsituation

Eine RPA-Lösung bloß als Rationalisierungsinstrument zu betrachten, greift definitiv zu kurz. Treffender ist die Einschätzung, dass RPA die Arbeit ebenso wie die Art und Weise der Zusammenarbeit verändert. Tatsächlich sind die aktuellen Veränderungen die logische Ausprägung einer sich schon seit vielen Jahren vollziehenden und weiter fortschreitenden Entwicklung im Rahmen der Digitalisierung. Durch sie wird die Automatisierung von Arbeitsprozessen für immer mehr Unternehmen attraktiv und in Teilen auch notwendig, um die wachsende Zahl an Prozessanfragen bearbeiten zu können.

In vielen Bereichen ist es sinnvoll, die Arbeit schneller, effizienter und weniger fehleranfällig von Robotern ausführen zu lassen. Das betrifft vor allem genau jene wiederkehrenden Arbeitsschritte, deren Anzahl durch eine zunehmende Parzellierung von Aufgaben kontinuierlich ansteigt und die viele Unternehmen vor immer größere Herausforderungen stellen. Durch die Verlagerung der Tätigkeiten vom Menschen zur Maschine entstehen positive Effekte für die Mitarbeiter. Denn jeder einzelne kann sich durch den Wegfall eintöniger Arbeit wieder auf seine Kernkompetenzen wie Kreation, Problemlösung oder den direkten Austausch mit Kunden konzentrieren.

Im Fahrwasser des technologischen Fortschritts sind dank Innovation und Automatisierung in der Vergangenheit eine Vielzahl neuer Jobs entstanden. Es ist davon auszugehen, dass dieser Mechanismus auch bei der Digitalisierung greifen wird und zahlreiche neue Stellen geschaffen werden, die es bis vor kurzem noch gar nicht gab und für die menschliches Know-how gefragter denn je ist.

Der fortschreitende Wandel in der Arbeitswelt verlangt von Unternehmen, die auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben wollen, eine Neuausrichtung ihres Denkens und ihrer Geschäftsabläufe. Technologien aus dem Bereich der intelligenten Prozessautomatisierung wie zum Beispiel RPA, KI und Machine Learning können einen wertvollen Beitrag dazu leisten, Mitarbeiter gezielt zu unterstützen und Kapazitäten für Kreativität freizusetzen. Mit dem entsprechenden Mindset und einem engagierten Lösungsanbieter im Hintergrund lässt sich so eine Zukunft entwerfen, in der die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine für die Beteiligten eine echte Bereicherung darstellt. (mb)