FAQ E-Invoicing

Wege zur digitalen Rechnung

28.04.2009 von Günter Brettschneider
Was Firmen beachten müssen, wenn sie ihre Rechnungen statt auf Papier elektronisch versenden.

Eine elektronische Rechnung ist eine ausschließlich auf digitalem Weg übermittelte Rechnung. Es handelt sich dabei um ein Dokument, mit welchem Leistungen oder Waren abgerechnet werden und das alle Erfordernisse einer "normalen" Rechnung aufweist wie beispielsweise Name und Anschrift von Lieferant und Empfänger, Höhe des Entgelts, der jeweilige Umsatzsteuerbetrag oder die Steuernummer. Diese Übermittlung kann per E-Mail (SMTP), Dateisystem (FTP) oder EDI (Electronic Data Interchange), SOA-Web-Service und auf anderen Wegen erfolgen. Verglichen mit dem papierbasierenden Rechnungsversand bestehen jedoch zusätzliche gesetzliche Vorgaben, die zwingend einzuhalten sind. Besonders hervorzuheben ist die qualifizierte elektronische Signatur, da erst durch sie ein Rechnungsdokument zur elektronischen Rechnung wird.

Welche gesetzlichen Bestimmungen müssen beachtet werden?

Nur elektronische Rechnungen mit qualifizierter elektronischer Signatur oder im EDI-Verfahren erstellte Rechnungen mit einem zusätzlichen Sammelbeleg berechtigen zum Vorsteuerabzug. Der Sammelbeleg kann in gedruckter Form oder als elektronischer Sammelbeleg mit qualifizierter elektronischer Signatur vorgelegt werden. Bevor ein Unternehmen eine Rechnung weiterverarbeiten kann, muss es ihre Integrität und Authentizität (Verifikation) prüfen. Darüber hinaus ist geregelt, wie Firmen die digital signierten Rechnungen aufzubewahren haben. Es gelten die gleichen Fristen und Grundsätze wie für Papierrechnungen. Daher muss der elektronische Beleg nach zehn Jahren noch lesbar sein. Langfristig zu archivieren sind elektronische Rechnungen, die Signatur sowie das Prüfprotokoll.

Gesetzliche Grundlagen für diese Abläufe sind das Umsatzsteuergesetz (USTG) Paragrafen 13 und 14, das Signaturgesetz, die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU). Zudem gibt es noch die Direktive 2001/115/EG der EU zum Thema elektronische Rechnungen.

Welche Vorteile bietet die elektronische Rechnungsstellung?

Der Wechsel von der Rechnung per Post zum elektronischen Austausch spart einem Unternehmen Kosten und Zeit. Auf Seiten des Rechnungsstellers entfallen die Aufwendungen für Druck, Distribution und Porto. Auf Seiten des Rechnungsempfängers entfallen die Kosten für die manuelle Rechnungsbearbeitung. Verarbeitet das Unternehmen Papierrechnungen bereits elektronisch, entfällt durch die elektronische Rechnungszustellung das Scannen der Dokumente und das Erfassen von Rechnungsdaten.

Ab welcher Stückzahl sind elektronische Rechnungen wirtschaftlich?

Je nach Verfahren kann die Antwort unterschiedlich ausfallen. Ein Anhaltspunkt sind aber etwa 200 Rechnungen im Monat (für den Versender). In die Bewertung der Wirtschaftlichkeit für den Empfänger fließen nicht nur die Mengen ein, sondern auch Umfang, Inhalt und der Aufwand zur Bearbeitung. Diese Betrachtung ist daher individuell.

Wie viel lässt sich sparen?

Eine Studie der Europäischen Kommission hat Einsparungen von 72 Prozent beim Wechsel von der herkömmlichen Papierrechnung zur elektronischen Rechnung festgestellt. In einer weiteren Untersuchung wurde ermittelt, dass eine per Post versendete Rechnung im Durchschnitt mit 16,16 Euro zu Buche schlägt, während der Gesamtprozess des standardisierten Datenaustauschs zwei Euro kostet.

Was bedeutet die elektronische Rechnung für den Empfänger?

Durch den Empfang rein digitaler Daten werden Medienbrüche im Workflow vermieden, da keine Daten mehr separat manuell oder mit Hilfe von Zeichenerkennungssoftware (Optical Character Recognition, kurz OCR) erfasst werden müssen. Bei der Verarbeitung der Rechnungsdateien sparen Firmen somit Zeit und Geld. Zu beachten ist dabei, dass bildgleiche Rechnungsformate wie PDF und Tiff sehr wohl noch einen gewissen Aufwand in der Verarbeitung erfordern. Damit auch der Empfänger möglichst viel spart, sollten die Rechnungsinformationen also in einer Form vorliegen, die eine elektronische Weiterverarbeitung ermöglichen. Dies leisten strukturierte Datenformate wie XML und IDoc.

Nicht nur der Versender einer Rechnung spart Geld und Zeit. Auch der Empfänger kann interne Abläufe durch elektronische Rechnungen effizienter gestalten.

Damit der elektronische Rechnungsaustausch aus rechtlicher Sicht stattfinden kann, muss der Empfänger diesem zustimmen. Er ist verpflichtet, elektronische Rechnungen mit qualifizierter Signatur hinsichtlich Integrität und Authentizität zu prüfen (dazu stehen im Internet Web-Seiten verschiedener Hersteller zur Verfügung). Diesen Vorgang nennt man Verifikation. Die elektronischen Rechnungen müssen dann mit den zugehörigen Verifikationsberichten zehn Jahre lang revisionssicher, also unveränderbar und fälschungssicher, archiviert werden (zum Beispiel in einem elektronischen Archivsystem oder auch auf CD-ROM).

Wie erhält der Kunde seine Rechnung?

Für elektronische Rechnungen werden verschiedene Übertragungswege genutzt, zum Beispiel E-Mail (SMTP), Dateisystem (FTP) oder EDI (Electronic Data Interchange), SOA-Web-Services und andere. Die gängigsten Dateiformate für elektronische Rechnungen sind XML, IDoc, PDF und Edifact.

Wie läuft die Rechnungsstellung ab?

Nachdem der Empfänger seine Zustimmung erteilt hat, können Rechnungen auf dem elektronischen Weg übermittelt werden. Basis hierfür sind die Daten aus dem ERP-System, die über einen der Übertragungswege, beispielsweise E-Mail, an die Signaturstelle im Unternehmen oder an einen Signaturdienstleister übermittelt werden. Die signierte Rechnung wird dann dem Kunden zugestellt. Nach der Signaturprüfung - in der Regel wieder über einen Dienstleister - werden die Dokumente dann inklusive Signatur und Prüfungsprotokoll revisionssicher archiviert.

Wie ist es um die Sicherheit und Vertraulichkeit der Daten bestellt?

Die Rechnungsdokumente werden verschlüsselt übertragen. Hier kommen folgende Sicherheitsstandards zum Einsatz:

Die für die elektronische Rechnung notwendige qualifizierte elektronische Signatur enthält den Nachweis der Integrität (Unverändertheit) und Authentizität (Herkunftsnachweis). Die Verfahren zur Erstellung von qualifizierten Signaturen werden dabei vom Gesetzgeber in regelmäßigen Abständen neu vorgeschrieben und den aktuellen Sicherheitserfordernissen angepasst.

Wie viele Unternehmen in Deutschland stellen schon elektronische Rechnungen aus?

Hierzu findet sich noch wenig Zahlenmaterial. Branchenkennern zufolge waren es 2006 in Deutschland etwa sechs Prozent der jährlich etwa sechs Milliarden Rechnungen, die elektronisch übermittelt wurden. Diese Zahl dürfte inzwischen deutlich gestiegen sein.Bestimmte Branchen haben eine Vorreiterrolle eingenommen. Beispielsweise werden in der Automobilindustrie etwa 80 Prozent der Rechnungen bereits elektronisch abgewickelt. Unternehmen mit einem hohen Privatkundenanteil wie Telefon- und Internet-Provider, aber auch einige Energieversorger stellen elektronische Rechnungen aus, da die Privatkunden diese Dokumente nicht wie Business-Kunden verarbeiten müssen und keine Pflicht zur Verifikation haben. Die Deutsche Telekom beispielsweise stellt bereits etwa zehn Prozent ihrer Rechnungen elektronisch aus.

Was ist bei der Rechnungsstellung für internationale Kunden zu beachten?

Manche Branchen, dazu zählt die Autoindustrie, nutzen schon seit Jahren die elektronische Rechnung.
Foto: Fotolia, Fotolia/Yanik Chauvin

Grundsätzlich werden die gesetzlichen Anforderungen an den elektronischen Rechnungsprozess innerhalb der EU durch die Direktive 2001/115/EG geregelt, die von allen 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert wurde. Es gibt jedoch länderspezifische Abweichungen beziehungsweise Veränderungen. Dies gilt speziell für die Archivierung von elektronischen Rechnungen, betrifft aber die zu verwendende Signatur. Der deutsche Gesetzgeber schreibt zwingend die qualifizierte elektronische Signatur vor, die meisten anderen EU-Staaten begnügen sich mit der fortgeschrittenen elektronischen Signatur. Eine Übererfüllung gesetzlicher Anforderungen durch Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur innerhalb anderer EU-Staaten ist gestattet.

Beim elektronischen Rechnungsversand ins europäische und außereuropäische Ausland müssen weiterhin die gesetzlichen Rahmenbedingungen des jeweiligen Landes beachtet werden. Anforderungen und Umsetzung des elektronischen Rechnungsversands sind in den einzelnen Ländern nach wie vor in einigen Bereichen unterschiedlich. Für das europäische Ausland hat die Initiative "i2010" zur Förderung der Informationsgesellschaft eine Sachverständigengruppe einberufen, die die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern vereinfachen und harmonisieren soll.

Wie werden das Rechnungswesen und ERP-Systeme angebunden?

Bei Wahl eines strukturierten Datenformats, das vom Zielsystem verarbeitet werden kann, ist ein direkter Import in das ERP- oder Fibu-System möglich. Generell gibt es verschiedene Möglichkeiten der Anbindung. Werden etwa IDocs verwendet, können diese an die meisten ERP-Systeme wie SAP direkt angebunden werden. Zudem gibt es Verbindungsmöglichkeiten zwischen ERP-Systemen wie zum Beispiel X.400 oder indirekte Verbindungen wie Web-Services. Sollte die Rechnung als Bild übertragen werden, zum Beispiel im PDF- oder Tiff-Format, dann muss zusätzlich eine OCR-Software eingesetzt werden, um die relevanten Rechnungsdaten auszulesen.

Wie müssen die Daten für die Rechnungen aufbereitet werden?

Es können beliebige Formate verarbeitet oder zur Weiterverarbeitung konvertiert werden. Wichtig ist, dass die Rechnung alle in Paragraf 14 USTG geforderten Informationen enthält:

Gibt es gehostete Lösungen und Kaufsoftware?

Es gibt beide Möglichkeiten. Sämtliche Dienstleistungen rund um den elektronischen Rechnungsversand können als Software as a Service (SaaS) genutzt werden. Viele Anwender entscheiden sich für solche Hosting-Lösungen, da der Aufwand und die gesetzlichen Anforderungen des Betriebes einer solchen Lösung sehr hoch sind. Eine Alternative dazu ist die Installation einer Inhouse-Lösung mit eigenem Server und entsprechender Software.

Eine Hürde der Inhouse-Lösung ist, dass nicht jede Software jede Signatur verifizieren kann, so dass ein Unternehmen mehrere Softwarepakete besitzen muss, wenn es diese Lücke schließen möchte.

Was kosten solche Lösungen?

Der Preis solcher Lösungen ist in der Regel projektabhängig. Jedoch gibt es wichtige Anhaltspunkte: Man kann davon ausgehen, dass die Erzeugung einer qualifizierten elektronischen Signatur bei kleinsten Mengen auf zirka 50 bis 60 Prozent der Kosten des Briefportos kommen. Die Kosten für die Verifikation belaufen sich auf rund zehn bis 15 Prozent der Signaturkosten. Die Zahlen gelten für eine SaaS-Lösung und werden günstiger, je höher das so genannte Transaktionsvolumen (also die Anzahl von Signaturen und Verifikationen) wird. In der Regel berechnen sich die Kosten aus einer volumenabhängigen Gebühr sowie einer monatlichen Grundgebühr/einem Wartungsentgelt. Nicht berücksichtigt sind hierbei jedoch die Einmalkosten für die Implementierung von Kunden und den dazugehörigen Regelwerken auf den Systemen des SaaS-Dienstleisters.

Was ist besser: die Signatur in separater Datei oder als Teil des Rechnungsdokuments?

Abhängig vom Lieferanten gibt es Rechnungen, bei denen die Signatur als separate Datei geschickt wird, sowie solche, bei denen die Signatur in das eigentliche Rechnungsdokument integriert ist. Der Vorteil der zweiten Möglichkeit: Der Anwender hat alle erforderlichen Bestandteile der elektronischen Rechnung in einem einzigen Dokument, was den Arbeitsaufwand verringert. Zu den Nachteilen zählt, dass dieses Verfahren nur für PDF-Dokumente existiert. Der Empfänger muss daher mit einem PDF-Reader arbeiten, der diese Dokumente nicht nur anzeigt, sondern auch die Verifikation ermöglicht (zum Beispiel Acrobat Reader ab Version 7). Ein weiteres Manko besteht darin, dass sich die Rechnung nicht direkt weiterverarbeiten lässt, da PDF zu den "bildgleichen Formaten" zählt und kein strukturiertes Datenformat, das ERP- oder Fibu-Systeme verwenden können.

Was tut eine Firma, wenn sie elektronische Rechnungen erhält, aber keine Werkzeuge für elektronische Signaturen besitzt?

Das Unternehmen sollte sich mit einem Dienstleister in Verbindung setzen, der sämtliche notwendigen Verarbeitungsschritte (Verifikation, Archivierung, Datenkonvertierung etc.) für den Rechnungsempfänger realisieren kann. Allerdings muss der Rechnungsempfänger seine Zustimmung zu elektronischen Rechnungen erteilen. Wenn er diese nicht verarbeiten möchte, kann er auf die Zustellung einer Rechnung per Post bestehen.

Wie muss ein Unternehmen reagieren, wenn es eine elektronische Rechnung erhält, die nicht ordnungsgemäß signiert ist?

Eine Rechnung ohne elektronische Signatur sollte nicht akzeptiert werden, wenn hierfür die Vorsteuer geltend gemacht werden kann. Ein Vorsteuerabzug ist nur dann möglich, wenn das Dokument signiert ist und die digitale Unterschrift geprüft wurde, was über das Prüfprotokoll nachgewiesen werden kann. Enthält eine Rechnung keine Signatur, hat der Empfänger die Pflicht, eine ordnungsgemäße Rechnung anzufordern: entweder eine Papierrechnung per Post oder eine elektronische Rechnung, die die elektronische Signatur aufweist.

Unrechtmäßig geltend gemachte Vorsteuer muss, wenn dies beim Finanzamt auffällt, zurückgezahlt werden. Außerdem kann eine zusätzliche Geldstrafe anfallen.

Worauf sollten Unternehmen bei der Auswahl eines Dienstleisters für die elektronischen Rechnungen achten?

Es sollte nur ein Dienstleister mit einem geprüften Verfahren beauftragt werden. Sollte in der elektronischen Eingangsverarbeitung ein Fehler auftreten, haften zunächst der Sender und Empfänger. Der Dienstleister dagegen geht kaum haftungsrechtliche Verpflichtungen ein. Bei Produkten und Services, für die es lediglich eine Herstellererklärung gibt, kann der Anwender nicht davon ausgehen, dass diese grundsätzlich den Anforderungen des Signaturgesetzes genügen. Eine wichtige Informationsquelle ist die Web-Seite der Bundesnetzagentur, auf der alle zertifizierten Anbieter beziehungsweise bestätigten Produkte gelistet sind. (fn)