Planung und Controlling

Wege aus der Excel-Falle

09.02.2006 von Egbert Jeschke
Excel ist des Controllers liebstes Kind - auch wenn die Tabellenkalkulation schon mal an ihre Grenzen stößt. Mit Zusatzsoftware, die teilweise sogar gratis erhältlich ist, lassen sich viele Hürden nehmen.

Überall dort, wo es um Aufgaben wie Berichtserstellung, Planung, Analyse oder Konsolidierung geht, finden sich Excel-Arbeitsblätter. Die Ergebnisse einer Befragung von mehr als 220 Entscheidern und Geschäftsführern in Unternehmen mit bis zu 200 Mitarbeitern belegen, dass "mehr als die Hälfte gar keine professionelle Software für das Controlling einsetzen oder sich noch nicht einmal mit dem Thema beschäftigen". Die Untersuchung wurde vom Beratungsunternehmen Techconsult im Auftrag des ERP-Herstellers Sage durchgeführt. Weiter heißt es in der Studie: "Die Mittelständler, die zumindest ansatzweise Controlling betreiben, nutzen dafür meist das Tabellenkalkulationsprogramm Excel."

Doch durch gesetzliche Vorschriften und Regelungen wie GDPDU oder Basel II werden die Risiken deutlich, die entstehen, wenn viele Mitarbeiter Tabellen nutzen. Die Unternehmensberater von Gartner zeichnen ein düsteres Bild: "Schlecht verwaltete Excel-Listen können durch Vernachlässigung, Inkompetenz oder vorsätzliche kriminelle Handlung zu hohen Geschäftsverlusten, gesetzlicher Strafverfolgung, Imageverlust und unwillkommener Aufmerksamkeit von Wirtschaftsprüfern führen."

Kompakt

• Wann Excel alleine nicht mehr reicht

• Was mit Add-ons möglich ist

• Welche Vorteile BI-Lösungen bieten

Fit fürs Internet

Der "Excelitis" tut dies keinen Abbruch - auch weil Dienstleister und Softwarehersteller online und offline eine Fülle von Add-ons für Excel anbieten, mit denen sich die Unternehmensplanung optimieren lässt.

So hat sich beispielsweise die Freiburger Jedox GmbH das Ende des "Excel-Tabellen-Chaos" auf die Fahnen geschrieben. Ihr "Worksheet-Server" zu Preisen ab 2500 Euro für fünf User macht Excel fit fürs Internet und verwandelt auf Knopfdruck Tabellen in unternehmensweit rechnende Intranet-Applikationen. Mit dem Programm lassen sich Kalkulationen wie gewohnt in Excel durchführen. Dann jedoch übernimmt der Worksheet-Server: Die Berechnungen laufen dann als eigenständige Anwendungen im Web. Dabei werden alle gängigen Tabellen- und Diagrammfunktionen von Excel unterstützt.

Die Applikationen können über das Web von beliebig vielen Anwendern in jedem Browser genutzt werden - unabhängig von Excel. Durch die serverbasierte Technologie lassen sich Eingaben und Berechnungen der einzelnen Anwender zentral speichern und konsolidieren.

Die Professional-Edition ermöglicht darüber hinaus den Zugriff auf relationale und multidimensionale Datenbanken sowie auf LDAP-Server. Bei den multidimensionalen Datenbanken wird neben MIS ALEA auch Applix TM1 unterstützt. Im Bereich relationale Datenbanken werden DB2, Oracle, MySQL und alle ODBC-fähigen Datenbanken unterstützt.

Die Enterprise Edition schließt den Funktionsumfang der Standard- und Professional-Edition mit ein und bietet zusätzlich den Zugriff auf SAP-Server. Interessant ist, dass auch die Zugriffe auf das SAP-System über einfache Excel-Tabellenfunktionen konfiguriert werden können.

Fazit: Neben der Unterstützung aller Excel-Funktionen und der Möglichkeit, webbasierte Business-Applikationen zu erstellen, ist mit dem Worksheet-Server höchste Sicherheit der Daten garantiert. Ebenso vorteilhaft: Für den Endbenutzer entsteht kein Installationsaufwand.

Eine auf kleine und mittlere Unternehmen abgestimmte Lösung für Planung und Controlling stellt der "summa businesspilot CO" der Berliner Lucanet AG dar. Die Basisversion dieser Lösung ist ab knapp 3000 Euro zu haben. Daten aus der Finanzbuchhaltung können damit über standardisierte Schnittstellen per Knopfdruck übernommen werden und unterstützen den Anwender damit bei der Erfolgs-, Bilanz- und Liquiditätsplanung.

Pro und kontra Excel

Vorteile

l Schnelle, strukturierte Übersicht

l Breite Verfügbarkeit/ Quasi-Standard

l Leicht erlernbar

l Einfache Verknüpfung in andere Office-Dokumente (Word, Powerpoint)

l Flexibel erweiterbar

l Assistenten für viele Funktionen

l Grafikfunktionalität: Charts auf Knopfdruck

Nachteile

l Fehlende Datensicherheit (keine Benutzerberechtigungen, Historie)

l Kommunikation führt leicht zu Versionschaos (Dateien werden immer kopiert)

l Redundante Datenhaltung (Daten werden zeilenweise gespeichert)

l Geringe Skalierbarkeit - schnell unübersichtlich bei großen Datenmengen

l Portierung in Datenbank i.d.R. nur von Experten machbar mit entsprechendem Einweisungsaufwand

l Mit zunehmender Komplexität der Datei wird auch Excel zunehmend komplizierter

l Damit einhergehend entstehen oft enorme Aufwände für Datenpflege und Weiterentwicklung - ohne die technischen Risiken (siehe oben) auch nur annähernd zu beseitigen

l Know-how meist an einzelne Experten gebunden

Die integrierte Planungslogik und darüber hinaus die Möglichkeit, Microsoft Excel als Front-End sowohl bei der Dateneingabe als auch für das Berichtswesen zu nutzen, bieten eine gelungene Mischung aus Standardisierung und Flexibilität. Die Software ist Multi-User-fähig und kann über das Internet und Intranet genutzt werden.

Keine Angst vor Basel II

Mit Hilfe der integrierten Planungsformulare lässt sich innerhalb kürzester Zeit eine integrierte Bilanz-, GuV- und Cashflow-Planung erstellen. Neben der direkten Eingabe können auch (Teil-) Planungen, die in Excel erstellt wurden, ohne großen Aufwand in die Software übernommen werden, ebenso wie Standardberichte.

Weitere effiziente Funktionalitäten liegen zum Beispiel in der rollierenden Planung durch automatisches Verknüpfen von Ist- und Plandaten, der automatischen Erzeugung von Bilanz und Cashflow-Rechnungen, der Datenanalyse bis auf Konto- oder Buchungssatzebene und in dem dezentralen, weltweiten Zugriff übers Internet und Intranet.

Das Basel-II-Cockpit im Worksheet-Server: Eine professionelle Applikation aus dem Bereich Planung und Analyse.

Neben den auf Excel abgestimmten Tools ist auch "fertige" Standalone-Software wie das Produkt "KMU Conrat" verfügbar. Das Programm zum Preis von knapp 400 Euro ist als Teilfunktion des operativen Controllings konzipiert und verarbeitet in erster Linie quantitative Planungsinformationen auf Jahresbasis. Zusätzliche qualitative Informationen beurteilen die Qualität und Glaubwürdigkeit der vorgelegten Planung. KMU Conrat analysiert quantitative Aspekte des Geschäftsrisikos (unsystematisches Risiko) und des Marktrisikos (systematisches Risiko) sowie qualitative Aspekte des Informations- und Planungsrisikos (qualitatives Risiko).

Das Rating-Urteil basiert dabei auf drei Teil-Ratings, welche die wesentlichen Risikobereiche abdecken:

- Geschäftsrisiko - wird aus den Daten des Jahresabschlusses entwickelt,

- Marktrisiko - ergibt sich aus Belastungsszenarien, deren Parameter vom FSP eingestellt sind,

- Informations- und Planungsrisiko - berücksichtigt eine kurze Liste qualitativer Kriterien, um die Verlässlichkeit der verwendeten Daten abzuschätzen.

Sind die zu verarbeitenden Datenmengen allerdings so groß, dass Excel nicht mehr ausreicht, bieten die OLAP-Technologie (Online Analytical Processing) und Business Intelligence (BO)-Lösungen einen Ausweg.

Gegenüber Excel punkten BI-Lösungen ganz klar dann, wenn es um Datenmengen und -strukturen, flexible Auswertemöglichkeiten sowie das Arbeiten im Team geht. So halten BI-Lösungen alle Daten in einer zentralen Datenbank (single point of truth) und stellen damit einheitliche Kennzahlen zur Verfügung. Sowohl die Daten als auch deren Strukturen können automatisch aktualisiert werden, und fehlerhafte Verknüpfungsorgien, die Excel-spezifische 65.000-Zeilen-Grenze sowie Performance-Probleme bei großen Datenmengen gibt es nicht.

Die Open-Source-OLAP-Lösung "Palo": Excel-Berechnungen lassen sich mit dem frei verfügbaren Programm elegant strukturieren.

Darüber hinaus bieten BI-Lösungen viele unterschiedliche Möglichkeiten für Analyse, Planung und Reporting auf Knopfdruck. Diese sind in Excel entweder gar nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Zeitaufwand verbunden. Dazu zählen unter anderem Ad-hoc- und ABC-Analysen, Analysebäume, Drill Trough und Drill Down oder Ampel- und Frühwarnfunktionen - in BI-Lösungen alles einfach, schnell, auf einen Klick vom Fachanwender vorzunehmen.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt in der Teamfähigkeit, also der Möglichkeit zum kollaborativen Arbeiten mit BI-Lösungen. Automatisierte Berichtsverteilung, Zusammenarbeit bei der Analyseerstellung und Kommentierung der Ergebnisse zählen ebenso dazu wie die zielgerichtete und automatisierte Verteilung individueller Berichtsmappen an unterschiedliche Empfänger wie die Vertriebsmannschaft, Produktmanager, Niederlassungen oder das Management.

Eine Auflistung entsprechender Excel-Frontends für OLAP-Datenbanken würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Erwähnt seien deshalb nur das Microsoft-eigene Excel-Add-in für den SQL-Server und die Analysis Services sowie das kostenlose Open-Source-OLAP-Lösung "Palo" von Jedox.

Gratis-Tools für den Aufbau

Mit dem Microsoft-Add-in können Excel-Anwender auf Daten mehrerer Analysis-Services-Cubes zugreifen und diese analysieren. Der Zugriff erfolgt über die Erstellung und Verwaltung von Live-Datenverbindungen zu mehreren Analysis-Services-Cubes, inklusive Datenkonsistenz und -integrität. Außerdem ist eine Zusammenfassung von Daten aus unterschiedlichen Quellen in einem Bericht möglich.

Die Datenanalyse erfolgt über die Durchführung detaillierter Analysen mit den programminternen Funktionen von Excel. Diese Analysen können anschließend in Form von Berichten, deren Layout sich individuell anpassen und gestalten lässt, zusammengefasst werden.

Jedox offeriert auf seiner Site den Gratis-Download von Palo, einer Datenbank, die speziell für Excel entwickelt wurde. Palo ist multidimensional, speicherresident und kann Daten hierarchisch in Realtime verdichten (MOLAP). Palo ermöglicht es, große Excel-Arbeitsmappen auf einige wenige Excel-Sheets zu komprimieren. Gleichzeitig erweitert Palo das zweidimensionale Zeilen/Spalten-Schema von Excel auf mehr als zwei Dimensionen. Dadurch können Excel-Berechnungen oft wesentlich eleganter strukturiert werden, was letztlich auch die Pflege großer Datenmodelle in Excel wesentlich erleichtert.

In Verbindung mit dem Worksheet-Server kann man sogar noch einen Schritt weiter gehen und die in Excel modellierten Planungs- und Analyselösungen dann auch gleich als Multi-User-fähige Web-Browser-Applikation im Unternehmen zentral bereitstellen. (he)

Egbert Jeschke und Helmut Reinke sind freie Journalisten in Berlin.