Wege aus der DSL-Wüste

16.08.2007 von Manfred Bremmer
Lahmes Internet muss nicht sein. Es gibt verschiedene Tricks und Alternativen, um schneller als mit ISDN-Geschwindigkeit auf das World Wide Web zuzugreifen.

Ein Breitbandzugang ins Internet gehört in unserer oft beschworenen Informationsgesellschaft zum guten Ton. Dennoch ist ein DSL-Anschluss in manchen Gegenden nicht für Geld und gute Worte zu haben. Nach Schätzungen des Eco, Verband der deutschen Internetwirtschaft, sind 25 Prozent der Fläche Deutschlands so genannte DSL-Wüste. Betroffen sind dabei Bereiche, in denen der Deutschen Telekom der Ausbau der DSL-Infrastruktur oder die Umrüstung von DSL-untauglichen Glasfaserleitungen (Optische Anschlussleitung = Opal) zu teuer ist. Das Nachsehen haben nicht nur Privatleute, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen, für die ein fehlender Breitbandanschluss inzwischen einen gravierenden Standortnachteil darstellt.

Ursachenforschung

Betroffene sollten sich jedoch nicht mit dem Schicksal abfinden, sondern zunächst ein wenig Ursachenforschung betreiben. Als Erstes gilt es festzustellen, ob breitbandiges Internet in der weiteren Umgebung schlichtweg nicht verfügbar ist oder der digitale Graben nur wenige Häuser entfernt beginnt. Grundsätzlich gilt: Die DSL-Versorgung ist dann "kritisch", wenn die "letzte Meile", also die Strecke von der Vermittlungsstation zum Teilnehmer, über fünf Kilometer beträgt und die Verbindung damit eine zu hohe Dämpfung aufweist. Den Wert können Techniker der Telekom genau ermitteln. Als Maximum gilt eine Dämpfung von 67 Dezibel (db), darüber wird es mit dem Breitbandzugang schwierig. Wie in verschiedenen Online-Foren berichtet wurde, hilft in manchen Fällen eine gewisse Beharrlichkeit, das Stellen mehrerer Anträge - wenn möglich bei verschiedenen Anbietern – sowie der Umstieg von Digital auf Analog. Durch die entsprechend veränderte Frequenznutzung kann gut ein Kilometer gutgemacht werden, was mitunter für DSL light (384 Kbit/s) reicht.

Teilnehmern, die – etwa mangels ausreichender physikalischer Leitungen - an einem DSL-verhindernden Multiplexer hängen, hilft dagegen kurioserweise manchmal ein Wechsel von Analog auf ISDN: Mit etwas Glück werden sie an einen anderen, nun DSL-fähigen Anschluss verlegt.

Schlechte Karten haben dagegen Nutzer, deren Leitung an einem Kabelverzweiger hängt, der an Glasfaser angeschlossen ist, oder wenn alle Ports für DSL bereits belegt sind.

Auch wenn die ersten Bemühungen nichts fruchten, lohnt es durchzuhalten und sich gegebenenfalls in einer Initiative zu organisieren: So können Anbieter durch gesammelte Interessensbekundungen gezielt zur Versorgung bisher unerschlossener Gebiete bewegt werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, im Verbund die Umsetzung einer alternativen Versorgung mit breitbandigem Internet in Angriff zu nehmen. Derzeit laufen Überlegungen der Bundesregierung, zusammen mit den Bundesländern, 2008 rund 16,6 Millionen Euro an Fördermittel für die Breitbandförderung ländlicher Regionen bereitzustellen - im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (GAK). Laut aktuellem Stand ist dabei vorgesehen, dass die betroffenen Kommunen Förderanträge stellen können.

Lückenbüßer per WLAN und Richtfunk (WLL)

Geht es um das Schließen der Versorgungslücken, ist der Aufbau eines Drahtlos-Netzes ein beliebtes Szenario von regionalen Initiativen. Im Detail wird dabei das benötigte Breitbandsignal über eine Richtfunkstrecke (Wireless Local Loop = WLL) transportiert und vor Ort via WLAN-Access-Points auf die Teilnehmer verteilt. Einen Bericht über ein entsprechendes Projekt finden Sie im Artikel "Finsing: Eine Gemeinde findet Anschluss".

UMTS als Alternative

Foto: Vodafone

Gemeinschaftsprojekte könnten sich erübrigen, wenn vor Ort UMTS verfügbar ist. Mit maximal 384 Kbit/s surft man zwar nicht unbedingt per Express, aber immerhin etwa dreimal so schnell wie mit ISDN (mit Kanalbündelung). Bei Verfügbarkeit des UMTS-Turbos HSDPA und HSUPA, für die allerdings spezielle Hardware erforderlich ist, sind inzwischen sogar deutlich höhere Datenraten im Down- und Upload möglich. Gleichzeitig wird die Technik durch die ersten Daten-Flatrates allmählich erschwinglich. Die schlechte Nachricht: UMTS eignet sich primär als Alternative für die Glasfasergebiete von Städten, wo derzeit noch kein DSL verfügbar ist. Während man im Umkreis von Ballungszentren noch problemlos auf UMTS zugreifen kann (zumindest außerhalb von Gebäuden), gucken die Bewohner abgelegener Gefilde in der Regel aber weiterhin in die Röhre. Etwas Abhilfe könnte allerdings der Datendienst Edge (Enhanced Data Rates for GSM Evolution) schaffen, auf den die meisten Mobilfunk-Provider derzeit ihre Basisstationen upgraden: Dank eines verbesserten Modulierungsverfahren ist eine Übertragungsrate von bis zu 236 Kbit/s möglich, die maximale Datenrate von GPRS beträgt lediglich 59,2 Kbit/s. Detaillierte Informationen über die aktuelle Netzabdeckung von UMTS geben die vier Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 auf ihren Websites.

Notlösung: Breitband via Satellit

Foto: Filiago

Fast überall verfügbar, aber oft erst als letzte Option genutzt ist die DSL-Alternative "Breitband via Satellit". Bei diesem Szenario greift der Nutzer über seine Schüssel auf den jeweiligen Satelliten, also etwa Astra oder Eutelsat, zu. Laut SkyDSL-Anbieter Teles ist dabei eine Bandbreite von bis zu 24 Mbit/s möglich, im Downstream wohlgemerkt. Die tatsächliche Geschwindigkeit hängt von verschiedenen Faktoren wie der Größe der Satellitenanlage, dem Wetter und der Anzahl gleichzeitiger Nutzer ab. Der zum Upload von Daten benötigte Rückkanal ist in der Regel deutlich schmalbandiger, da er über Festnetz (ISDN) oder Mobilfunk erfolgt – eine Ausnahme ist beispielsweise Hughes Networks, das auch Uplink via Satellit anbietet. Eine schmale Upload-Verbindung spielt beim Surfen in der Regel keine Rolle, beeinträchtigt jedoch wegen der hohen Ping-Zeiten von 400 bis 500 Millisekunden die Performance zeitkritischer Anwendungen wie Online-Spiele oder Voice over IP (VoIP). Außerdem schlägt der Aufbau einer zusätzlichen Verbindung auf den Geldbeutel, ebenso wie die Wahl eines Tarifs mit höherer Priorität, sprich Bandbreite.

Kabel

Als aussichtsreicher Kandidat für die Erschließung DSL-freier Gebiete gilt das hierzulande in 18 Millionen Haushalten verlegte TV-Kabel. Die Leitung ist als Datenkanal und Internet-Anschluss gut geeignet, vorausgesetzt, sie wird rückkanalfähig gemacht, um auch den Upload ins Netz zu ermöglichen. Der größte Vorteil gegenüber herkömmlichen Telefonleitungen: Die Kabel können ohne nennenswerte Einbußen von Bandbreite auf der letzten Meile (Netzebene 3) auch längere Distanzen überbrücken und sind mit bis zu 25 Mbit/s im Download und 2,5 Mbit/s im Upload Multimedia-fähig. Bei einer Neuverlegung fallen bei dem Betreiber allerdings ähnliche Kosten an wie bei der Telekom, so dass Kabel in ländlichen Gebieten vor allem bei der Erschließung eines Neubaugebiets eine Rolle spielt. Ähnliches gilt für Fibre to the Home (FTTH), auf das verschiedene kleinere Netzbetreiber wie die Stadtwerke Schwerte zurückgreifen. Für diese habe sich in einem Pilotprojekt bereits die Versorgung von 136 Wohneinheiten mit einer Triple-Play-fähigen Infrastruktur (Telefonie, Internet und Kabel-TV) rentiert, da der Anbieter auf einen bestehenden Backbone zurückgreifen konnte, erzählte Ralf Pütz, Business Development Manager bei dem Netzausrüster Extreme Networks, gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Wimax

Mit einer Reichweite von theoretisch bis zu 50 Kilometern je Funkzelle und einer Datentransferrate bis zu 70 Mbit/s Bandbreite ist die Drahtlos-Technik Wimax (Worldwide Interoperability for Microwave Access) auf dem Papier die DSL-Alternative schlechthin. In der Praxis fallen die Werte indes deutlich niedriger aus, ähnlich wie bei DSL ist entweder eine hohe Reichweite oder ein großer Datendurchsatz möglich, Sichtverbindung zwischen Sende- und Empfangsantenne vorausgesetzt. Hinzu kommt, dass sich die Nutzer die verfügbare Bandbreite teilen müssen. Mit als realistisch angesehenen 3 Mbit/s eignet sich der technisch als 802.16d (Fixed Wimax) benannte Standard aber noch immer als alternativer Breitbandzugang in den bislang nicht mit DSL ausgebauten Regionen. Problematisch wird es jedoch, wenn man an die Geschäftsmodelle der Unternehmen denkt, die im Dezember 2006 eine der bundesweiten oder regionalen Broadband-Wireless-Access- (BWA-)Lizenzen ersteigert haben. Gemäß den Vorgaben der Bundesnetzagentur müssen die Lizenznehmer bis zum Jahresende 2009 für ihr Gebiet in 15 Prozent aller Gemeinden zumindest eine Grundversorgung sicherstellen. Bis 2011 soll diese auf 25 Prozent aller Gemeinden ausgeweitet werden. Angesichts der Kosten von fast 100.000 Euro je Wimax-Basisstation ist anzunehmen, dass die Provider zumindest eine "Mischkalkulation" fahren und die Technik neben strukturschwachen Gemeinden ohne DSL-Versorgung auch in mittleren und großen Städten anbieten.

Powerline – das Netz aus der Steckdose

Einstmals gehypt, spielt die Internet-Versorgung über das Stromkabel inzwischen (fast) keine Rolle mehr. Schuld daran ist die technisch komplexe Umsetzung von Powerline Communications (PLC): Da eine Stromleitung ohne Abschirmung ähnlich wie eine Antenne auch Signale aus der Umgebung und von angeschlossenen Geräten aufnimmt, ist für eine gute Verbindung ein mit 1 bis 50 Megahertz relativ hochfrequenter Sendepegel erforderlich. Um zu verhindern, dass die daraus resultierenden Abstrahlungen andere Funkdienste wie Polizei-, Militär- und Amateurfunk stören, hat die damalige Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) strikte Grenzwerte für erlaubte Störfeldstärken in der ab Juli 2001 gültigen Nutzungsbestimmung 30 (NB 30) definiert. Obwohl die hohen Auflagen später wieder zurückgenommen wurden, scheinen die meisten potenziellen Anbieter, eben die großen Energieversorger wie Eon oder RWE, ihr Interesse an Powerline verloren zu haben. Grund dafür ist – neben der schwachen Nachfrage - vermutlich, dass PLC bei einer breiten Nutzung relativ langsam ist: Zwar ist theoretisch eine Bandbreite bis zirka 14 Mbit/s möglich, dabei handelt es sich jedoch um die maximale Datenrate, die sich die einzelnen Teilnehmer teilen müssen. Bei den heute noch aktiven Anbietern, dazu zählen Piper.net (Hameln), ODR TSG (Ellwangen), Schnell-im-Netz (Hassfurt), Vype (Mannheim) sowie die Dresdner Powerkom ist gerade einmal von einer mehrfachen ISDN-Geschwindigkeit die Rede.

Komprimierungstechniken

Ist der Datendurchsatz zu schmal, muss ich dafür sorgen, dass weniger Daten transportiert werden müssen. Nach diesem Prinzip funktionieren Kompressions-Tools, beziehungsweise –dienste wie etwa das für knapp 40 Euro jährlich angebotene "Onspeed". Das Tool sorgt dafür, dass Datenanforderungen des Nutzers an eine Website zunächst an einen Onspeed-Server gesendet werden. Dieser komprimiert die erhaltenen Daten und leitet sie an eine auf dem Anwender-PC installierte Client-Software weiter, die sie entpackt und an den Browser sendet. Laut Anbieter kann damit die Download-Geschwindigkeit vervierfacht werden, vorausgesetzt, die Daten sind nicht bereits komprimiert (Winzip). Das Produkt "Safersurf.com" von Nutzwerk funktioniert ähnlich und kostet monatlich sechs Euro. (mb)