AJAX und Javascript sind zu langsam

Web-2.0-Business-Software enttäuscht Anwender

15.04.2008 von Stefan  Ried
Softwareanbieter versprechen seit langem, Web-2.0-Versionen ihrer Produkte zu liefern. Weil die zunächst hochgelobten Techniken AJAX und Javascript aber die Ansprüche an Enterprise-Lösungen nicht erfüllen, macht sich unter Anwendern zunehmend Enttäuschung breit. Stefan Ried von Forrester Research erklärt, warum.

Unter dem Begriff Web 2.0 sammeln sich viele neue Ideen wie Benutzer mit dem Web umgehen. Während früher Inhalte von Wenigen publiziert wurden sind heute Wikis und Blogs weit verbreitet. Hier tragen Leser zu dem Inhalt selbst bei oder hinterlassen weiterführende Kommentare. Die Vermischung interaktiver Inhalte verschiedener Herkunft bringt eine vollkommen neue Benutzererfahrung. Öffentliche Web-Seiten sind bereits gespickt von diesen Mashups, die zum Beispiel Landkarten oder aktuelle Nachrichten auf einer Seite zusammenziehen. Benutzer erwarten dabei, dass der Internet Browser nicht wie früher einzelne Seiten nacheinander lädt, sondern dynamisch Informationen zwischen den Internet-Servern und der Benutzeroberfläche austauscht. In vielen Fällen geschieht dies durch die weit verbreitet Javascript basierte Ajax-Technologie.

Erwartungen hängen von der Nutzungsintensität ab

Die Erwartungen an Bedienbarkeit und Geschwindigkeit einer Anwendung hängen wesentlich von der Rolle des Benutzers und dem Informationsvolumen ab. Während man am Arbeitsplatz beispielsweise ohne eine schnelle E-Mail Anwendung der Informationsflut kaum noch Herr wird, stört eine langsamere Browser-Anwendung unterwegs im Internet Café weniger. In Unternehmen steigen die Erwartungen an Bedienbarkeit und Schnelligkeit einer Anwendung mit der Zeit, die ein Mitarbeiter vor einer bestimmten Anwendung verbringt. Forrester unterscheidet dabei zwischen

  1. Power-Usern: Sie erwarten eine hohe Geschwindigkeit von der Anwendung, die sie fast während des ganzen Arbeitstages benutzen.

  2. Gelegentlichen Benutzern: Beispielsweise ist eine elektronische Reisekostenabrechung für normale Mitarbeiter eine Gelegenheitsanwendung, nicht aber für den Sachbearbeiter, der täglich die Reisekosten der gesamten Firma weiterverarbeitet.

  3. Privaten Nutzern: Sie greifen noch seltener auf diese Anwendungen zu als gelegentliche Benutzer innerhalb von Unternehmen und nehmen eine langsamere Reaktionszeit der Anwendung in Kauf.

Traditionell werden Power-User mit Client-Server Anwendungen bedient. Diese bieten eine hohe Geschwindigkeit, erfordern aber die Installation von Software auf dem lokalen Client. Im Gegensatz dazu ist die einheitliche Installation von Client-Software für Private oder gelegentliche Benutzer umständlich und zu teuer.

Hersteller von Business- und Infrastruktur-Software wie SAP, Software AG oder Tibco versuchen seit einigen Jahren ihre Geschäftsanwendungen mit Hilfe von Ajax im Browser ablaufen zu lassen und nicht mehr als traditionelle Client-Server-Anwendungen auf dem Client des Benutzers auszuliefern. Mit WebDynpro für Java bietet beispielsweise die SAP ein Enterprise AJAX-Framework an, mit dem Business-Anwendungen für einen Internet Browser erstellt werden können.

Hindernisse für Enterprise AJAX Anwendungen

Allerdings sind die Erwartungen überzogen. Es gibt viele technische Detailprobleme, die nur sehr schwer zu lösen sind. Dazu zählen vor allem die viel zu geringe Geschwindigkeit von Javascript, die sehr langsame Handhabung von Datenobjekten (DOM) in den heute verfügbaren Internet Browsern, und große Sicherheitslücken von Javascript sowie seine Abhängigkeit von verschiedenen Browserversionen.

Viel gravierender als die technischen Herausforderungen ist aber das politische Patt zwischen den Anbietern von AJAX Frameworks einerseits und den Herstellern der führenden Internet Browser andererseits. Microsoft investiert hauptsächlich in die neue, mit Ajax konkurrierende, Silverlight-Technologie. Firefox/Mozilla hat nicht die Möglichkeit, hunderte von Entwicklern an der grundlegenden Verbesserung von Javascript arbeiten zu lassen. Und Apple ist zwar mit seinem Safari Browser im Privatnutzerumfeld auf dem Vormarsch, hat aber immer noch keinen Einfluss auf die Entwicklung von Unternehmenssoftware. Die Hersteller der AJAX-Frameworks können sich also noch so sehr anstrengen, den Anforderungen von Power-Usern in Unternehmen wird diese Technologie erst dann gerecht, wenn die Geschwindigkeits- und Sicherheitsprobleme von Javascript gelöst sind. Die Browser-Anbieter ziehen in dieser Beziehung leider nicht am selben Strang.

Unternehmen, die Web-2.0-Versionen von Business-Software einsetzen wollen, müssen deshalb vor möglichen Entscheidungen sehr genau verstehen, in welchen Nutzungsintensitäten ihre Anwender agieren. Sie sollten die technische Entwicklung von Alternativen wie Flash, Silverlight oder neue Generationen von Java-Clients genau verfolgen und auf keinen Fall Versprechungen von Herstellern glauben, die diese gar nicht einlösen können.

Zur Person

Stefan Ried

Stefan Ried ist Spezialist für den Middleware-Markt. Vor seinem Engagement bei Forrester Research arbeitete er über zehn Jahr als Entwickler, Produktmanager und Produktmarketing-Manager für international tätige Softwarehäuser – unter anderem für SAP und Software AG. Er berät Anbieter zu M&A-Strategien und Produktportfolio-Entwicklung. Rieds Studien drehen sich unter anderem um Themen wie SOA-Governance, Web 2.0 AJAX und andere neue Technologien im Bereich der Anwendungsentwicklung.