Die Anforderungen des Projekts sind auch für Zoubeir Afifi, der an seinem Bachelor für Elektro- und Informationstechnik arbeitet, nicht trivial. Er arbeitetan der Hochschule München mit Unterstützung von Prof. Alfred Schöttl von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik an der bestmöglichen bildlichen Darstellung von Objekten, die sich unter einer Wasseroberfläche befinden. "Ich finde dieses Studium sehr sinnvoll, da es mich auf technischer Ebene fordert - aber auch die menschliche Ebene mit der möglichen Rettung von Ertrinkenden anspricht", begründet der Student seine Entscheidung, an diesem Gemeinschaftsprojekt mitzuarbeiten.
Unterstützung bei seiner Arbeit erhält Afifi von der Firma Autel, bei der er ein Praktikum absolviert. "Wir haben gute Kontakte zu Unternehmen und Institutionen, die Multicopter bereits in anderen Bereichen, zum Beispiel in der Bergrettung oder in der Landwirtschaft, anwenden", sagt Marc Schwarzbach, Director of Application and Systems bei Autel Europe GmbH.
Seewasser ist kein Laborwasser
Dabei ist zum aktuellen Zeitpunkt sogar noch unklar, um welche Art von Gerät es sich handeln wird. Zu Beginn testet Afifi HD-Kameras mit unterschiedlichen Filteraufsätzen. Diese Tests führt er an verschiedenen Seen rund um München durch.
Aber auch andere Bildgebungsverfahren, wie zum Beispiel das dem Radar ähnliche LiDAR, das mit Laserimpulsen arbeitet, sind im Gespräch.Das Verfahren sollte trotz der vielen Unwägbarkeiten in Verbindung mit der Sichttiefe in natürlichen Gewässern eine möglichst klar zuordenbare Objekterkennung ermöglichen.
Welche Art von bildgebendem Gerät am Ende das Rennen machen wird, hängt hauptsächlich von folgenden Faktoren ab:
Lieferung eines digitalen Bildes, das Objekte unter Wasser klar definierbar macht.
Gewicht
Kosten
Da das Projekt über keine Finanzierung verfügt, ist daher nicht nur die Technik eine Herausforderung. Über den Winter wird der Student mit Unterstützung der Hochschule und Autel alle mit HD-Kameras gedrehten Filmaufnahmen im Labor auswerten sowie andere alternative Verfahren testen. Ende März 2017 wird sein Studiengang abgeschlossen sein. "Ich gehe davon aus, dass dies aber noch nicht das Ende des Projekts sein wird". Ergänzt Schöttl.
Der bisherige Verlauf des Projekts
Thomas Fuchs ist Student an der TU München und arbeitet dort am Lehrstuhl für Flugsystemdynamik an seiner Masterarbeit im Bereich Luft- und Raumfahrt. Er hat sich dazu entschieden, dies in einem gemeinsamen Projekt mit der Wasserwacht München Riem zu tun.
Sein Ziel ist es, die technischen Möglichkeiten zu schaffen, einen Quadrocopter ohne Funksteuerung selbstständig ein vorher definiertes Areal abfliegen zu lassen. Sofort sollen die aufgenommenen Bilder an ein oder mehrere definiertes Empfangsgeräte gesendet werden. Das könnte die Wasserwachtstation und/oder auch ein mobiles Tablet oder Smartphone sein. Dadurch könnte die Wasserwacht in einem Alarmfall von der ersten Minute an wichtige Hinweise aus der Luft erhalten. "Die Bedienung der Drohne soll möglichst einfach und schnell sein", erklärt Michael Krenmayr, der die Masterarbeit des Studenten betreut. Wichtig seien auch die Sicherheitssysteme, die einen Absturz der Drohne verhindern sollen. Zusätzlich soll es Notlandeplätze für den Quadrocopter am See geben.
"Ich habe selbst einen Quadrocopter und als ich die Ausschreibung an der TU München las, fand ich sie sehr interessant. In diesem Projekt steckt neben der Theorie auch viel direkte praktische Arbeit. Und das Endergebnis dient einem wichtigen Zweck", begründet Fuchs seine Entscheidung. Die Herausforderungen, vor denen er nun steht, sind
ein User Interface für die Steuerung der Drohne zu entwerfen
die bestmögliche Funkübertragung zu finden
das Konzipieren der Bodenstation
den autonomen Flug der Drohne umsetzen
Anforderungen an eine optimierte Drohne für diesen speziellen Einsatz auszuarbeiten
die genaue Positionsbestimmung des Quadrocopters zu gewährleisten
Die Testumgebung
Um Daten zu sammeln, wurden im Riemer See, der sich auf dem ehemaligen BUGA-Gelände der Stadt München befindet, einige Gegenstände verankert:
in 2 Meter Tiefe: blaugelbe Schwimmweste + gelbe Schwimmnudel
in 4 Meter Tiefe: rotblaue Schwimmnudel in Form eines Rings
in 6 Meter Tiefe: orange Schwimmweste
Die ersten Versuche, die die Wasserwacht zusammen mit dem Drohnenhersteller im Juli dieses Jahres durchgeführt hatte, hatten nur ansatzweise brauchbare Bilder geliefert. Es lag vor allem an der Qualität der Filmaufnahmen, die je nach Sonneneinstrahlung sehr unterschiedlich waren.
Doch Bild- und Videoqualität sind nicht die primären Aufgaben des TU-Studenten. Fuchs wird sich in den kommenden Monaten damit beschäftigen, dem Quadrocopter das autonome Fliegen beizubringen. Dazu wurde er auch als neues - beitragsfreies - Mitglied der Wasserwacht Riem aufgenommen, denn nur Mitglieder dürfen die Drohne fliegen. "Bevor ich meine Tests hier am Gelände fliege, muss ich das auch immer der zuständigen Polizeidienststelle melden", ergänzt Fuchs und zeigt damit eine der weiteren auf das Projekt zukommenden Hürden auf, die dieses Projekt noch zu überwinden haben wird: bestehende und zukünftige gesetzliche Vorgaben für Flüge von Quadrocoptern.
Mittlerweile hat dieses Projekt auch in anderen Medien eine hohe Aufmerksamkeit erreicht, womit die Wasserwacht München Riem in dieser Form nicht gerechnet hatte. So brachte beispielsweise auch die BR Abendschau einen ausführlichen TV-Beitrag.
Im nächsten Beitrag stellen wir Ihnen einen weitere Projektbeteiligte vor. Wir besuchen die Fachhochschule München, Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnologie. Deren Aufgabe es ist, das optimale bildgebende Verfahren zu finden. Denn ein schnelles Auffinden einer Person im Alarmierungsfall steht und fällt auch mit einer guten Identifizierung der vom Quadrocopter an die Wasserwacht gesendeten Bilder.
Beginn und Planung des Projektes
Badegäste des Sees am ehemaligen Buga-Gelände in München wunderten sich, dass stundenlang eine Drohne über das Wasser flog. Der Grund dafür war ein Projekt, das die dort zuständige Wasserwacht in diesem Jahr an den Start brachte. "Bei der Meldung einer vermissten Person wird eine gute und zeitnah funktionierende Rettungskette in Gang gesetzt. Dabei können es lebensrettende Minuten sein, je schneller eine im Wasser untergegangene Person lokalisiert wird", begründet Uwe Wagner, technischer Leiter der Wasserwacht München Riem, die Idee für das Projekt.
Zu Projektstart traf sich eine Gruppe von ehrenamtlichen Mitgliedern der Wasserwacht mit zwei Mitarbeitern des Drohnenherstellers Autel Europe GmbH traf. Angesagt war ein erster Testflug. Eine Kinderpuppe und ein leuchtend gelbes Handtuch wurden auf vier Meter im See versenkt. Dennis Häfner von Autel lenkte die Drohne in die Region, und die Drohne sendete die Filmaufnahmen.
Wie sie sehen, sehen sie nichts
Sowohl auf dem Smartphone-Display als auch später auf einem großen PC-Display kam beim ersten Testflug auch die erste Ernüchterung. Die Lichtbrechung der Sonneneinstrahlung um 14.00 Uhr sowie das durch Kleinstpartikel verunreinigte Wasser, ließen Puppe und Handtuch nur sehr schwer erahnen. Schnelles Auffinden sieht anders aus.
Auf dem folgenden Video ist zu sehen, wie der Taucher die Gegenstände unter Wasser bringt. Per Unterwasserkamera dokumentiert er Teile seines Einsatzes. Über dem Wasser ist zwar der Taucher als großes Objekt gut zu erkennen. Die Puppe und das hellgelbe Handtuch sind dagegen schwer bis gar nicht sichtbar.
Er Videoausschnitt zeigt aber auch, dass bei dem zweiten Testlauf am späten Nachmittag die Farben wesentlich besser zu erkennen sind. Gelb (Handtuch) und orange (Puppe mit Rettungsweste) sind deutlich zu sehen.
Zum Video: Wasserwacht prüft Suche von Verunglückten per Quadrocopter
Trotz der nicht in vollem Umfang befriedigen Ergebnisse waren sich nach dem ersten Treffen alle Beteiligten darüber einig, dass das Projekt weitergeführt werden soll. Besonders Augenmerk solle darauf gelenkt werden, anstatt von Kameraaufnahmen auch alternative Technologien zur Lokalisierung einer untergegangenen Person zu suchen. Der Knackpunkt ist: ein Gerät mit den geeigneten Sensoren muss von einer kleinen Drohne transportiert werden können. Um bei dieser Aufgabe Unterstützung zu erhalten, war die Idee, sich an zwei Hochschulen in München zu wenden.
Münchner Hochschulen kommen an Bord
Der zweite Termin fand nicht mehr am See, sondern an der TU München statt. Florian Holzapfel, Ordinarius des dortigen Lehrstuhls für Flugsystemdynamik und Alfred Schöttl, Leiter der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München hatten mögliche Unterstützung zugesagt. Nachdem Markus Schmirler, der das Projekt von Seiten der Wasserwacht München Riem und Marc Schwarzbach, Director of Application and Systems bei Autel Europe GmbH die Ziele erklärt hatten, setzte das Team die Punkte fest, an denen gemeinsam mit den Universitäten gearbeitet werden könnte:
· Finden einer passenden Sensorik
· Programmierung der kompletten Bedienung
· Datenauswertung
Die TU München wolle laut Holzapfel am Bedienkonzept arbeiten, während Schöttl sich mit Studenten um das Thema Sensorik kümmern will. Der Wasserwacht-Drohnenexperte Schmirler soll ebenfalls weiterhin aktiv sein. Er wird zu verschiedenen Tageszeiten und bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen weitere Probeflüge mit der Kamera absolvieren, um zusätzliches Filmmaterial auswerten zu können.
Neben den technischen Herausforderungen werden auch viele andere Themen, wie Genehmigungen, Einbindung in den Einsatzablauf etc. auf die Wasserwacht zukommen. Das Projekt wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen.