Service-Level-Agreements

Was Sie schon immer über SLAs wissen wollten

11.06.2008 von Karin Quack
Service-Level-Agreements, kurz SLAs, sind ein Instrument, mit dem sich Dienstleistungen exakt dosieren und überprüfen lassen. Aber sie haben auch ihre Tücken.
Wenn die Verhandlungen in ein Ergebnis münden, ist die Arbeit am SLA noch längst nicht getan.
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Mit SLAs können Unternehmen viel Geld sparen. Als Bestandteile von Dienstleistungsverträgen legen SLAs fest, mit welcher Qualität ständige oder wiederkehrende Services zu erbringen sind - und was passiert, wenn diese Qualität zu wünschen übrig lässt. So schlagen die Bezieher der Services zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen vermeiden sie eine Überversorgung dort, wo ein bisschen weniger Verfügbarkeit oder eine etwas längere Reaktionszeit tolerierbar ist, zum anderen spornen sie den Lieferanten an, sich dort, wo es darauf ankommt, besonders viel Mühe zu geben.

Gemäß dieser Definition eignen sich SLAs insbesondere dafür, Dienstleistungsbeziehungen in der Informationstechnik zu regeln. Dabei kann es sich um Inhouse-Services handeln, wie sie die IT-Abteilung den Fachbereichen schuldet, oder auch um externe Dienstleistungen, die das Unternehmen bei einem IT-Serviceanbieter einkauft. Über SLAs hat der Auftraggeber also die Möglichkeit, individuelle Vereinbarungen mit einem Dienstleister zu treffen, das heißt: eine den jeweiligen Anforderungen entsprechende Servicequalität einzufordern, zu überprüfen, ob sie eingehalten wird, und entschädigt zu werden, falls das nicht der Fall ist.

Wichtig für Dienstleistungsnetze

Vorteile und Probleme der SLAs bildeten einen der Themenstränge auf den vom Mannheimer Beratungsunternehmen J & M Management Consulting veranstalteten "Supply Chain Days". Dort referierte beispielsweise Andreas Gran, Partner der Görg Partnerschaft von Rechtsanwälten, Frankfurt am Main, über die rechtlichen Aspekte von SLAs in Dienstleistungsnetzen.

Die Supply Chain Days gingen im kleinen, aber feinen Rahmen der Heidelberger Villa Bosch über die Bühne.
Foto: J & M Mangement Consulting

Dem Fokus der Veranstaltung entsprechend, bezog sich der Jurist zumeist auf Servicebeziehungen in Logistiknetzen. Doch wie er bestätigte, lassen sich die meisten seiner Anmerkungen eins zu eins auf IT-Services übertragen. Gran kann das beurteilen, weil er schon bei seinem vorherigen Arbeitgeber Clifford Chance den Löwenanteil seiner Tätigkeit dem IT-Recht gewidmet hat.

Was regelt ein SLA?

Glücklicherweise mischt sich der Staat noch nicht in alle geschäftlichen Belange ein. Trotzdem kann eine individuelle Abmachung - und sei sie noch so detailliert - das Bürgerliche Gesetzbuch oder das Handelsgesetz nicht außer Kraft setzen. Das gilt selbstverständlich auch für die SLAs als Bestandteil von Serviceverträgen. Laut Gran müssen die SLAs deshalb folgenden "Herausforderungen" standhalten:

Im Fall von IT-Verträgen kommt hinzu, dass der notwendige Service-Level je nach Fachbereich und/oder Geschäftsprozess stark schwanken kann (siehe auch: "Gleiches Risiko für Kunde und Dienstleister" im COMPUTERWOCHE-Artikel "Die großen Herausforderungen") Diesen Sachverhalt in einem Servicevertrag zu berücksichtigen gehört sicher zu den schwierigeren Aufgaben eines Unternehmensjuristen.

Welche Inhalte deckt ein SLA ab?

Eine beliebte Form des Serviceabkommens ist der Rahmenvertrag. Wie Gran erläutert, bietet er den Vertragsparteien eine gewisse Planungssicherheit bei der Geschäftsentwicklung. Zudem lasse er sich heranziehen, um Sachinvestitionen oder Personaleinsatz zu rechtfertigen. Und da er bestimmte Abmachungen bereits voraussetze, erleichtere er die Erteilung von Einzelaufträgen. Aber Rahmenverträge taugen keinesfalls, um wechselnde Anforderungen abzudecken. Im Zweifelsfall schafft ein Einzelvertrag - mit individuellen SLAs - deutlich mehr Rechtssicherheit; zudem ist er ein besseres Druckmittel gegenüber dem Lieferanten.

Der Individualvertrag dient dazu, die gegenseitigen Ansprüche der Vertragspartner zu dokumentieren, was vor allem im Fall einer späteren Meinungsverschiedenheit für Klarheit sorgt. Aus dieser Zweckbestimmung leitet Gran eine Checkliste von Punkten ab, zu denen jedes SLA detaillierte Angaben enthalten sollte. Sie umfasst:

Wer diese Punkte gewissenhaft abarbeitet, kann einigermaßen sicher sein, nichts Wichtiges vergessen zu haben.

Was ist zu dokumentieren?

Ein Vertrag kann noch so sorgfältig ausgearbeitet sein. Wie Murphy's Gesetz es will, ist gerade der Punkt nicht zweifelsfrei formuliert, über den sich die beiden Parteien Jahre nach der Unterzeichnung in die Haare geraten. Deshalb empfiehlt Gran, nicht nur den Vertrag selbst, sondern auch den Verhandlungsverlauf zu dokumentieren.

Dazu gehören die Protokolle der Sitzungen, aber auch ein E-Mail-Archiv, das die gesamte Korrespondenz zum Thema im Zugriff hält. (Siehe auch: "Deutsche Firmen verwalten E-Mails halbherzig".) In einem Rechtsstreit kann ein simples Antwort-Mail mit einer Formulierung wie: "Aber das ist doch selbstverständlich, lieber Klaus" den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten.

Wer darf Änderungen vornehmen?

Achten Sie auch auf Ihren E-Mail-Verkehr, rät der Jurist Andreas Gran von der Görg Partnerschaft für Rechtsanwälte.
Foto: Görg Rechtsanwälte

A propos E-Mail - Es gibt einen Punkt, über den absolute Klarheit bestehen müsse, ergänzt Gran, nämlich die Frage, wer einen Vertrag ändern dürfe. Am Verhandlungstisch säßen meist die Leute mit den dafür nötigen Kompetenzen. Doch häufig würden mühsam ausgehandelte Ergebnisse irgendwann während der Laufzeit durch Vollmachtträger auf einer niedrigeren Hierarchiestufen verwässert oder zunichte gemacht - mit einem einzigen unbedachten E-Mail à la: "Auf diese Regelung können wir künftig gern verzichten."

Es könne nicht angehen, dass die Verhandlungspartner die Verträge nach der Unterzeichnung aus der Hand gäben, warnt Gran. Die Unternehmen müssten dafür sorgen, sprich: schriftlich formulieren, dass Serviceverträge und SLAs nur von dafür autorisierten Mitarbeitern geändert werden könnten. Das bedeute im Zweifelsfall auch: Vollmachten dürfen nicht inflationär vergeben werden.

Worauf ist der Fokus zu legen?

Vertragsverhandlungen sind meist eine langwierige Angelegenheit - vor allem dann, wenn jede Einzelheit geklärt werden soll. Und dabei wird immer ein Restrisiko bleiben. Gran rät deshalb zu einem gewissen Maß an Pragmatismus - so erstaunlich das aus dem Mund eines Anwalt auch klingen mag: "Beschränken Sie sich in der Verhandlung auf die Bereiche, die Ihnen wirklich wichtig sind."

Wenn diese "Stellschrauben" exakt definiert seien, ließen sich gewisse Unsicherheiten in anderen Sektoren hinnehmen, beteuert der Rechtsexperte - zumindest dann, wenn der Leistungsempfänger sich über einen Umweg absichere: "Decken Sie Ihre Risiken notfalls über das Pricing ab."

Best Practices

  • SLAs ersetzten keine Rahmenverträge, sondern ergänzen sie um Regelungen für konkrete Anwendungsfälle.

  • Die einzelnen Regeln dürfen nur wenig Interpretationsspielraum lassen, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

  • Nicht nur die Verträge, sondern auch der Verhandlungsverlauf sollte sorgfältig dokumentiert werden.

  • Es muss genau festgelegt sein, wer die Regeln ändern beziehungsweise außer Kraft setzen darf. Vollmachten sind sparsam zu vergeben.

  • Wenn Sie sich mit dem Partner nicht auf einen Servcie-Level einigen können, sollten Sie Ihr Risiko über den Preis abfedern.