Die Anforderungen wachsen

Was IT-Marketing-Profis können müssen

27.06.2008 von Annegret Haffa
Das Anforderungsprofil der Marketing-Verantwortlichen gerade in IT-Unternehmen hat sich stark verändert: Sie müssen nicht nur mehr denn je strategisch denken und handeln können, sondern auch die Tools des Online-Marketing beherrschen.

Gerade in IT-Unternehmen hat das Marketing in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen: Mehr und mehr Unternehmen haben erkannt, dass auch das Marketing einen direkten Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten hat. Hübsche Produkt-Flyer, hochkarätig besetzte Road-Shows und eine ambitionierte Website sind kein Selbstzweck, sondern müssen unmittelbar dem Erfolg des Unternehmens dienen - was eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, aber als Umstand und Folge des New-Economy-Hypes für einige Zeit in Vergessenheit geraten war. Damit wachsen die Anforderungen an die Marketiers, nicht zuletzt weil sie nun immer öfter mit eindeutig nachvollziehbaren Zahlen den Nutzen ihrer Aktivitäten belegen und den Return ihrer Marketing-Investitionen beziffern müssen.

Allerdings ist mit dieser Entwicklung oft zugleich auch eine Aufwertung der Position der leitenden Marketiers verbunden, deren Position noch stärker darauf ausgerichtet ist, die übergreifende Unternehmensstrategie mitzugestalten. In vielen IT-Unternehmen nehmen die Marketing-Verantwortlichen die Rolle eines "strategischen Beraters" ein, der unmittelbaren Einfluss auf Ausrichtung und Ziele des Unternehmens hat. Damit ändert sich auch das Anforderungsprofil der Marketiers: Sie müssen mehr denn je in der Lage sein, strategisch zu denken und zu handeln, sie müssen zielgruppenorientierter arbeiten sowie fundiertes Wissen über die Strategien, Aufgaben und Prozesse auch von Geschäftsführung und Sales mitbringen. Die Managementberater von McKinsey haben die gewachsenen Aufgaben leitender Marketiers ausführlich beschrieben.

Online-Marketing: Strategien entwickeln, Technologien beherrschen

Eine weitere, das Berufsfeld prägende Entwicklung ist der Boom des Online-Marketings, das natürlich gerade in der IT-Branche in den letzten zwei Jahren starkes Gewicht bekommen hat. Die Wachstumsraten sind beeindruckend: Allein im Bereich Internet-Werbung haben deutsche Unternehmen im Jahr 2007 ihre Investitionen auf insgesamt rund eine Milliarde Euro verdoppelt. Die vielfältigen Möglichkeiten, die das Web den Unternehmen für ihre Kommunikation mit potenziellen wie bestehenden Kunden bietet, stellen völlig neue Anforderungen an die Marketing-Mitarbeiter. Konzeptionell wie technologisch: Sie müssen die Instrumente des Online-Marketings genau kennen und sie sinnvoll in eine Marketing-Gesamtstrategie einbetten können. Dazu ist es nötig, Wirkungsweisen, Zielgruppen und Potenziale dieser Instrumente genau zu kennen und richtig einschätzen zu können, welche Finanz- und Personalressourcen investiert werden müssen, um die gewünschten Erfolge zu erzielen. Zudem müssen die Marketiers das Zusammenspiel von "klassischem" und Online-Marketing so gestalten können, dass beide Formen wechselseitig voneinander profitieren.

Zum anderen sind sie gefordert, solide, praxisrelevante Kenntnisse auch zu technologischen Fragen des Online-Marketings aufzubauen: Wie muss die Website gestaltet sein, um das Page-Ranking bei den Suchmaschinen zu verbessern? Welche Möglichkeiten bietet das Web 2.0 für das Marketing? Wie lässt sich im Internet ein erfolgreiches Lead-Generation-Programm aufsetzen?

Dies sind Fragen, denen sich Marketingexperten in IT-Unternehmen mehr und mehr stellen müssen - auch dann, wenn das Unternehmen im Online-Marketing durch eine Kommunikations-, Web- oder Werbeagentur unterstützt wird. Denn die Investition in einen Dienstleister lohnt sich nur dann, wenn den Beratern auf Unternehmensseite ein Ansprechpartner gegenübersteht, der die Vorschläge der Agentur nicht nur in strategischer, sondern auch in technologischer Hinsicht qualifizieren und so die Zusammenarbeit optimal steuern kann.

Quer- und Direkteinsteiger

Angesichts dieser erweiterten Anforderungen haben Quereinsteiger, etwa aus dem Sales oder aus Kommunikationsagenturen, zurzeit gute Chancen in den Marketing-Abteilungen der IT-Unternehmen - vorausgesetzt, sie bringen das nötige strategische Denken mit. Gerade Consultants aus den Agenturen, die einen Wechsel auf die Unternehmensseite anstreben, sind hier oft sehr versiert, denn sie dienen den Marketing-Verantwortlichen ihrer Kunden häufig als Sparringspartner bei der Gestaltung von Kommunikationsstrategien.

Natürlich ist ein fundiertes Marketing-Grundlagenwissen unabdingbar, das auch die Potenziale des Online-Marketings einschließt. Dieses Wissen lässt sich über gezielte Weiterbildungen, etwa an staatlich anerkannten Berufsakademien wie etwa der Bayerischen Akademie für Werbung, aufbauen. Sehr zu empfehlen sind auch ergänzende Praktika, die das zwingend notwendige Praxiswissen vermitteln und den Kursteilnehmern ein Gefühl dafür geben, wie sich das an der Akademie Erlernte im Unternehmensalltag umsetzen lässt. Häufig sind diese Praktika Teil der Ausbildung an den Berufsakademien.

Auch Hochschulabsolventen etwa aus BWL- oder Kommunikationsstudiengängen haben gute Chancen in den Marketing-Abteilungen von IT-Unternehmen - vorausgesetzt, ihre Ausbildung ist sehr breit angelegt, so dass sie den Umgang mit allen Instrumenten des Marketings - vom Dialog-, Event- und Direkt- und E-Mail-Marketing über PR und Corporate Publishing bis hin zum Online-Marketing - gelernt haben. Sofern der Studiengang dieses umfassende Wissen nicht vermittelt, ist Eigeninitiative gefragt. Das Besuchen von Seminaren oder Vorlesungen aus benachbarten Lehrstühlen kann hier schon Lücken schließen. Auch Qualifizierungen von Weiterbildungsanbietern sind oft eine sinnvolle Ergänzung zur Hochschulausbildung.

Wie schon beschrieben ist auch die Fähigkeit zum strategischen Denken eine Voraussetzung für den erfolgreichen Einstieg ins Unternehmen. Hochschulen vermitteln hier in der Regel zwar die nötigen Grundlagen - die jedoch um Praxiserfahrungen erweitert werden sollten: Der direkte Einblick in die Planungsprozesse eines Unternehmens, das Dabeisein bei der Entwicklung von Marketingstrategien, der intensive Austausch mit erfahrenen Marketiers, die engagierte Betreuung durch einen Mentor gibt den Studierenden das nötige Rüstzeug für die Marketing-Karriere.

Berufsperspektiven

Bei der Suche nach einer ersten festen Anstellung als Marketier sollten sich Studierende und Quereinsteiger etwa aus dem Vertrieb nicht ausschließlich auf Unternehmen fokussieren. Denn auch Kommunikationsagenturen können für den Einstieg eine interessante Alternative sein. Schließlich ist deren Arbeit äußerst vielfältig, da sie in der Regel für mehrere Kunden arbeiten. So lernen die Nachwuchskräfte gleich von Beginn an, mit der ganzen Palette an Marketing-Instrumenten zu arbeiten. Dazu kommt: Gute Agenturen zeichnen sich durch eine ausgeprägte Dienstleistermentalität aus. Einmal verinnerlicht, werden die Marketiers von diesem Servicedenken profitieren, wenn sie auf die Unternehmensseite wechseln. Denn Marketing ist ein Service - ein Service, der entscheidend dazu beiträgt, ob das Unternehmen seine wirtschaftlichen Ziele erreicht oder nicht.

Freude am Spagat

Die Fähigkeit zum strategischen, zielgruppenorientierten Denken, umfassende, fundierte Kenntnisse der Marketing-Instrumente, Praxiserfahrungen: Die Anforderungen an Neu- und Quereinsteiger ins Marketing von IT-Unternehmen sind hoch. Gefragt sind Generalisten - die dann besonders gute Chancen auf eine erfolgreiche Karriere haben, wenn sie zusätzlich noch vertieftes Know-how in Spezialthemen wie Online-Marketing oder der Evaluation von Marketing-Kampagnen haben. Auch dieses Spezial-Know-how lässt sich mit gezielten Weiterbildungen gekoppelt mit Praktika aufbauen. Gerade in großen IT-Unternehmen können sich Nachwuchskräfte mit solchen Qualifikationen schnell profilieren. Dabei gilt es, den Spagat zwischen Generalisten und Spezialisten nicht nur zu beherrschen, sondern genau an dieser Herausforderung Freude zu haben.

Fünf Dinge, die Einsteiger beachten sollten:

  1. Bauen Sie ein solides Grundlagenwissen auf, machen Sie sich mit allen Instrumenten des Marketings vertraut. Weiterbildungsanbieter wie die staatlich anerkannten Berufsakademien können hier eine solide Basis schaffen.

  2. Sammeln Sie Praxiserfahrungen in Unternehmen oder auch Marketing-Agenturen. Achten Sie darauf, dass Sie in Ihren Praktika auch die strategische Seite des Marketings kennenlernen, etwa indem Sie an der Konzeption einer Kampagne beteiligt werden.

  3. Ein breites Marketing-Know-how ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Karriere. Bauen Sie darüber hinaus jedoch auch vertieftes Wissen in einem klar umrissenen Themenfeld auf. So fällt es Ihnen gerade in großen IT-Unternehmen leichter, Profil zu gewinnen.

  4. Machen Sie sich mit allen Instrumenten des Onlinemarketings vertraut. Gerade für IT-Unternehmen hat dieses Segment in letzter Zeit massiv an Bedeutung gewonnen.

  5. Beschränken Sie sich bei Ihrer Suche nach einer Einstiegsposition nicht auf Unternehmen: Auch spezialisierte Marketingagenturen bieten attraktive Aufgaben. (ka)

Die Autorin Dr. Annegret Haffa ist deutsche Repräsentantin des internationalen Marketing-Netzwerks CMO Council sowie Geschäftsführerin der PR- und Marketing-Agentur Dr. Haffa & Partner.