Was Gartner CIOs für 2006 empfiehlt

11.01.2006 von Wolfgang Herrmann
IT-Verantwortliche sollten sich 2006 mit den Folgen der zweiten Internet-Revolution auseinander setzen. Das ist eine der Empfehlungen, die Gartner in seinen "CIO Resolutions" formuliert.

Unternehmen und ihre IT-Organisationen bewegen sich 2006 in einem Spannungsfeld widerstreitender Kräfte", warnt Gartner-Analyst Mark Raskino. Einerseits sei die wirtschaftliche Entwicklung kaum vorhersehbar, die Erwartungen an einen guten Geschäftsverlauf sänken zumindest in den USA. Andererseits lösten neue Techniken in den Märkten einen Innovationsschub aus. Um ihre Organisationen sicher durch diese instabile Periode zu steuern, müssten IT-Manager "mit einem Fuß auf dem Gas stehen" und zugleich mit dem anderen stets bremsbereit sein.

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  • welche Herausforderun- gen CIOs 2006 meistern müssen;

  • wie sie den Wertbeitrag der IT deutlicher machen können;

  • welche technischen Entwicklungen in ihre Strategie einfließen sollten.

Die Gartner-Analysten John Mahoney (links) und Mark Raskino erläutern, worauf es 2006 für CIOs ankommt.

Bei der Orientierung helfen sollen Gartners CIO Resolutions für 2006. Sie gehen über die gängigen Ratschläge für den IT-Betrieb hinaus, betonen Raskino und sein Kollege John Mahoney. So ständen Themen wie Kostenkontrolle, Sicherheit, Sourcing oder Compliance zwar weiter auf der Prioritätenliste. Für erfolgreiche CIOs aber bildeten sie lediglich die Basis ihrer Arbeit.

Klären Sie Ihr Unternehmen über die zweite Internet-Revolution auf

Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, einfach nur online zu sein, erläutert Raskino. Vielmehr gelte es, neue Entwicklungen wie Blogging, Podcasting und Social Networks genau zu beobachten. Sie zählten zu den Treibern der zweiten Internet-Revolution und wirkten sich sowohl innerhalb von Organisationen als auch im Verhältnis zu Kunden und Partnern aus. Medien und die Softwareindustrie dürften die Folgen als Erste zu spüren bekommen.

Verbieten Sie Migrationen

Mit dieser etwas missverständlichen Empfehlung spricht Gartner das Problem von Altanwendungen an. Deren Komplexität und Starrheit schränke die Geschäftschancen massiv ein. Immer wieder begingen Unternehmen den Fehler, Legacy-Applikationen zu kapseln (Wrapping); oft nur deshalb, weil sie einzelne Funktionen nicht mehr verständen oder die zuständigen Programmierer bereits in Rente seien. Mit diesem Vorgehen steige die Komplexität nur noch weiter. Erschwerend komme hinzu, dass die in den Anwendungen abgebildeten Prozesse oft veraltet sind und nicht mehr den Geschäftsanforderungen entsprechen. Ein konsequenter Austausch der Legacy-Systeme ist aus Sicht der Analysten der bessere Weg.

Visieren Sie wichtige Innovationen für 2008 an

Viele Herausforderungen, denen sich Unternehmen 2006 gegenübersehen, erfordern Jahre, um sie zu meistern. Gartner zählt dazu etwa Service-orientierte Softwarearchitekturen, eine virtualisierte IT-Infrastruktur oder die zunehmende Nutzung von Consumer-Geräten in Unternehmen. Vor diesem Hintergrund sollten CIOs Pläne entwerfen, die einerseits kurzfristige und kontrollierbare Nutzeffekte bringen, andererseits aber auch ein langfristiges Ziel formulieren.

Bereiten Sie sich und Ihr Team auf die nächsten Aufgaben vor

Auch in der IT-Organisation von morgen sind Branchen- und betriebswirtschaftliche Kenntnisse eine knappe Ressource, erklärt Mahoney dazu. CIOs täten gut daran, einige handverlesene Business-Experten an Bord zu holen. Mit ihrer Hilfe lasse sich der Wertbeitrag der IT verdeutlichen, zugleich steige die Glaubwürdigkeit des CIO. Angesichts der vielfältigen technischen und organisatorischen Veränderungen sollten CIOs mindestens eine Position mit direktem Berichtsweg schaffen, die sich ausschließlich mit diesem Wandel beschäftigt.

Starten Sie ein Pilotprojekt für Software als Service

Die Idee, Software als Service von Application-Service-Providern (ASPs) zu beziehen, war niemals schlecht, argumentiert Gartner. Doch die ersten Angebote konnten die Kunden nicht überzeugen. Inzwischen aber tummeln sich Unternehmen wie Salesforce.com auf dem Markt, deren Angebote durchaus hohen Kundenansprüchen genügen. Mit Breitbandverbindungen und leistungsstarken PCs, die aufwändige Java-Programme in akzeptabler Geschwindigkeit verarbeiten, seien auch die technischen Voraussetzungen besser als in den Jahren 2000/01.

Stellen Sie sich auf Fusionen und Über- nahmen ein

Firmenzusammenschlüsse und Übernahmen haben in den letzten 18 Monaten zugenommen. Dieser Trend wird nach Meinung der Gartner-Analysten anhalten. In rund zwei Dritteln aller Organisationen werde das IT-Portfolio in irgendeiner Form von Fusionen, Zukäufen oder Teilverkäufen betroffen sein. Darauf sollten CIOs vorbereitet sein, indem sie beispielsweise Sicherheitsrücklagen im IT-Budget planen und sich vom Topmanagement frühzeitig über anstehende Veränderungen informieren lassen.

Überprüfen Sie Ihre Kapitalausstattung gemeinsam mit dem Finanzchef

Soll der Wertbeitrag der IT stärker an Geschäftsprozessen ausgerichtet sein, müssen CIOs die Finanzierung ihrer Projekte auf eine neue Grundlage stellen. Dieser Weg erfordert eine tragfähige Beziehung zum CFO. In Verhandlungen mit ihm sollte es um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen moderaten IT-Budgeterhöhungen und kurzfristig verfügbaren Sondermitteln für dringende Business-Projekte gehen.

Arbeiten Sie an Ihrer Marke

Mit der Konzentration auf Geschäftsprozesse sollten CIOs auch das Image der IT-Organisation im Unternehmen prüfen. In vielen Firmen entwickle sich die IT als Ganzes, aber auch der CIO als Person, zum Teil einer öffentlich wahrgenommenen Marke, beobachtet Mahoney. CIOs sollten deshalb einerseits am eigenen Image feilen, beispielsweise durch Interviews oder öffentliche Vorträge. Andererseits gelte es, die veränderte Rolle der IT-Abteilung auch in der Namensgebung zu dokumentieren. Bezeichnungen wie "Information Management" oder "Business Process Engineering" eigneten sich dafür am ehesten.

Verbessern Sie die Kommunikation mit dem CEO

Nur wenige CEOs setzen sich mehr als fünfmal im Jahr mit ihren IT-Führungskräften zusammen, berichten Gartner-Berater aus Kundengesprächen. In den wenigen Meetings würden strategische Fragen zudem eher selten erörtert. Daraus entständen Risiken: Das Management informiere die IT-Organisation spät und oft unzureichend über Veränderungen in der Geschäftsstrategie. CIOs sollten deshalb von sich aus auf eine intensivere Kommunikation mit dem Topmanagement drängen.

Probieren Sie neue Techniken aus

Last, but not least sollten CIOs permanent an einer Ausweitung ihrer technischen Möglichkeiten arbeiten. Dazu gehöre es, neue Techniken auszuprobieren, die auf den ersten Blick nicht ins Unternehmen passen. Gartner nennt in diesem Zusammenhang etwa Web-basierende Anwendungen wie die Collaboration-Plattform "Writely.com", den Fototauschdienst "Flickr" und Spielekonsolen. Auch Head-mounted Displays oder der Dienst "Google Earth" könnten eines Tages neue Möglichkeiten eröffnen. IT-Verantwortlichen empfehlen die Consultants, mindestens ein Pilotprojekt zur Nutzung klassischer Consumer-Technik im Unternehmen aufzusetzen.