IT-Services und Outsourcing

Was Firmenstrategien verändern wird

27.10.2010 von Katharina Friedmann
Bis 2020 sollen digitalisierte Produkte und Dienstleistungen etwa 25 Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts ausmachen, sagen die Marktforscher von Gartner voraus. Diese und andere Entwicklungen wie die Globalisierung oder die so genannte Consumerization würden den Markt für IT-Services radikal verändern.

Die Nachfrage nach IT-Services zieht wieder merklich an: Aktuellen Gartner-Zahlen zufolge geben 53 Prozent der europäischen Firmen 2010 mehr IT-Aufgaben in fremde Hände als im Vorjahr. Und nach den jüngsten Analysen von PAC und EITO wird der deutsche Markt für IT- und Business-Process-Outsourcing (BPO) heuer um fünf Prozent auf rund 14,6 Milliarden Euro zulegen. Doch eine Reihe von Faktoren werden die Art und Weise, wie IT-basierte Dienste verkauft, erbracht und bezogen werden, radikal verändern und die Outsourcing-Strategien der Unternehmen maßgeblich beeinflussen - die Marktforscher von Gartner haben die aus ihrer Sicht wichtigsten Aspekte zusammengestellt:

Hyperdigitalisierung

Laut Gartner wächst der Anteil an überwiegend oder vollständig digitalisierten Produkten oder Services deutlich schneller als der physikalischer Angebote. Das wirkt sich nicht nur auf das Privatleben der Konsumenten aus, sondern treibt auch ökonomische und kommerzielle Aktivitäten an. Bis 2020, so die Schätzung der Marktforscher, wird etwa ein Viertel des weltweiten Bruttosozialprodukts mit digitalisierten Produkten und Dienstleistungen erzeugt.

Globalisierung

Die Globalisierung prägt sowohl die Erbringung von IT-Services als auch die Wettbewerbsaktivitäten der Unternehmen in nahezu jedem vertikalen Markt und verändert laut Gartner sämtliche Aspekte der Gewerbe - das betrifft Partner, Lieferanten und Kunden ebenso wie Lieferketten, Technologien und das Personal. Jedes Unternehmen habe sich damit auseinandersetzen - und seine IT-Strategie entsprechend global auszurichten. Die IT müsse dazu eingesetzt werden, physische Grenzen zu überwinden und den weltweiten Pool an Arbeitskräften anzuzapfen, mahnt Gartner.

Consumerization

Unter dem Begriff "Consumerization" versteht Gartner nicht nur den fortschreitenden Einzug consumer-orientierter Technologien wie Smartphones, Netbooks und Co. in das Privatleben, sondern auch deren Einbindung in die Unternehmens-IT. Dabei werde das Verbraucherverhalten die IT verändern und neue Erwartungen schüren, mit denen sich die Firmen auseinandersetzen müssten, so die Analysten. Angesichts der zunehmenden Kaufkraft der Konsumenten werden vertikale Marktsektoren nicht umhin können, neue Techniken aufzugreifen und Produkte zu kreieren, die den Bedürfnissen der Verbraucher gerecht werden, erläutert Gartner. Unternehmen müssten sich über kurz oder lang die Frage stellen, ob ihre bestehenden IT-Modelle beziehungsweise Outsourcing-Konzepte den künftigen Anforderungen der internen Kunden/Konsumenten gewachsen sind. In jedem Fall aber, so Gartner, wird die Consumerization die IT-Standards in punkto Zugriffsmöglichkeiten und Benutzerfreundlichkeit diktieren.

Die Cloud

Beim Cloud Computing werden externen Konsumenten skalierbare IT-Ressourcen mittels Internet-Techniken bedarfsgerecht "as a Service" zur Verfügung gestellt - so Gartners Definition der Wolken-IT. Das neue IT-Bezugsmodell verändert die Beziehung zwischen Anbietern und Nutzern. So können sich Anwender von Cloud-Services auf den Nutzwert eines Dienstes konzentrieren statt auf die Art und Weise, wie dieser implementiert oder gehostet wird.

Intelligente Technologien

Trotz jahrzehntelanger Investitionen in ihre IT sehen viele Unternehmen nach wie vor Defizite hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, echte Einblicke in ihr Geschäft zu erzeugen, und so die Wettbewerbsfähigkeit ihres Betriebs zu verbessern. BI-Software (Business Intelligence) und Analyse-Tools sind daher zunehmend gefragt. Neue IT-Initiativen, die diese Themen nicht berühren, werden für Unternehmen zunehmend an Attraktivität verlieren. Es bestehe kein Interesse mehr an "IT um der IT willen". Vielmehr fokussieren die Firmen verstärkt auf "IT um des Business willen", beobachten die Analysten.

Sicherheit und Datenschutz

Die zunehmende Bewegung in Richtung Internet und Cloud sowie die beschleunigte Digitalisierung erfordern es überdies, Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken und die Datenschutzrechte der privaten User und der Firmennutzer zu klären. Zwar konnten selbst die spektakulärsten Fälle von Identitätsdiebstahl und Datenmissbrauch das Wachstum des Internets in den vergangenen 15 Jahren nicht aufhalten. Doch warnt Gartner davor, die Schäden zu unterschätzen, die Sicherheitspannen und Datenschutzverstöße sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im Hinblick auf das Vertrauen des Käufers nach sich ziehen können. Höhere Investitionen und weitere Regulierungen seien daher notwendig, um sicherzustellen, dass die nächste Migrationswelle in die Wolke positive Resultate erzeuge.

"Komponentisierung" der IT

Immer mehr Elemente der IT lassen sich als Bestandteile eines größeren oder breiter angelegten IT-Systems betrachten. Das Internet dient dabei als Plattform, auf der Nutzer vorgefertigte IT-Komponenten konfigurieren können, statt bei jedem Projekt wieder von vorn anfangen zu müssen. Vor diesem Hintergrund werde die Idee wiederverwendbarer "Objekte" langsam Realität, so die Analysten.

Verschärfter Wettbewerb

Käufer von IT-Services werden überwiegend kostenorientierte Entscheidungen treffen - entsprechend viele Deals zu Niedrigstpreisen wird es geben, prognostiziert Gartner. Die wirkliche Bedrohung sehen die Experten allerdings in der geringen Nachhaltigkeit der Verträge: Die ökonomischen Gegebenheiten schafften einen kurzfristigen Käufermarkt, aber letztendlich Langzeitprobleme für Käufer - und Lieferanten.

Wertschöpfungskette

Den Gartner-Experten zufolge müssen Unternehmen die Partner ihrer Lieferanten - und deren Wertschöpfungsketten - besser im Blick behalten und prüfen. In der Cloud sei die Wertschöpfungskette nicht eindimensional, vielmehr gelte es hier, ein ganzes Netz von Lieferanten mit ihrer jeweiligen Spezialisierung zu evaluieren.

Hypervertikalisierung

Angesichts der neuen alternativen Service-Bezugsmodelle werden sich Anbieter laut Gartner auf subvertikale Prozesse spezialisieren müssen, um erfolgreich zu sein. Das werde einerseits zu einer Fragmentierung des Marktes führen, andererseits aber auch Innovationen von Seiten der Anbieter hervorbringen und die Auswahl für den Käufer erweitern.

Die Rolle des IT-Managers, des Sourcing-Verantwortlichen und der Service-Executives wird im künftigen IT-Services- und Outsourcing-Markt ungleich wichtiger sein als bisher, prognostiziert Gartner. Deren Aufgabe sei es, Orientierungshilfe im Anbietermarkt zu leisten und ihre Organisationen dabei zu unterstützen, die neuen Arten des Outsourcing erfolgreich zu nutzen.