Business-Software

Was Einzelfertiger von ERP-Systemen erwarten

13.03.2009 von Frank Niemann
Die Fachhochschule Fresenius aus Köln hat in einer Umfrage zusammengetragen, welche Anforderungen Industriebetriebe mit Einzel-, Auftrags- und Variantenfertigung an eine ERP-Software stellen.

Viele ERP-Systeme unterstützen die Serienproduktion. Wesentlich vielfältiger sind aber die Anforderungen von Betrieben, die Einzelprodukte in zahlreichen Varianten herstellen. Was solche Firmen benötigen, wollte die Fachhochschule Fresenius im Rahmen einer unabhängigen Studie herausfinden. Am Ende der Umfrage hatten 225 Teilnehmer den strukturierten Fragebogen ausgefüllt. Überwiegend Maschinen- und Anlagenbauer hatten sich beteiligt. Beantwortet wurden die Fragen durch den IT-Leiter, Geschäftsführer, Produktions- oder Vertriebsleiter.

Insgesamt bildeten Betriebe mit einem Jahresumsatz von unter 30 Millionen Euro die größte Gruppe. Viele der teilnehmenden Firmen sind inhabergeführt.

Worauf legen die Firmen Wert?

Der Anbieter muss natürlich in der Branche kompetent sein. Zudem soll er nach Möglichkeit aus Deutschland kommen und seine Lösung europaweit einsetzbar sein. Dass der Anbieter Standorte in Übersee oder in Asien hat, darauf legen die Firmen keinen Wert. Falls das Unternehmen in eine Konzernstruktur eingebunden ist, gewinnt die Internationalität des Lieferanten jedoch an Bedeutung.

Von einer ERP-Lösung erhoffen sich Industriebetriebe transparentere Abläufe. Dazu möchten sie rasch auf relevante Informationen zugreifen können. Zudem soll die Auftragsbearbeitung - der zentrale Prozess in solchen Unternehmen - möglichst einfach sein.

Effizientere Auftragsabwicklung

Doch Firmen wollen nicht nur wissen, wo sie mit welchem Auftrag gerade stehen. Mit Hilfe einer Software möchten sie darüber hinaus ihre Produktivität steigern. Zur effizienten Angebotsbearbeitung zählt, für einen Auftrag relevante Stücklisten und Arbeitspläne abzurufen und erforderliche Zukaufteile gleich über die ERP-Software zu beschaffen.

Auftragsfertiger legen bei der Auswahl von ERP-Software großen Wert auf eine integrierte Termin- und Ressourcenplanung. Sie möchten ihre Stücklisten mit Aktivitäten aus der Terminplanung verketten können. Zudem wollen sie auswerten, wie sehr ihre Kapazitäten ausgelastet sind. Hierzu möchten sie die Anforderungen aus allen Angeboten und Aufträgen ermitteln können. Gerade für das Auftrags- und Projekt-Management ist die mitlaufende Kalkulation von großer Bedeutung, da die Firmen ihre Kosten im Blick haben wollen.

ERP-Kopplung von Microsoft Office, CAD und Buchhaltung

Integration anderer IT-Lösungen steht bei den Firmen ebenfalls hoch im Kurs. Vor allem Microsoft-Office-Programme, CAD-Software und die Finanzbuchhaltung sollen eng in die ERP-Abläufe eingebunden sein (siehe auch "ERP und Fibu"). Weit weniger relevant ist dagegen die Anbindung von Produktdaten-Management- beziehungsweise Product-Lifecycle-Management-Systemen (PLM). Hier bekundete nur etwa jeder fünfte Teilnehmer Bedarf.

Welche Anforderungen an die ERP-Software gestellt werden, hängt auch davon ab, wer im Unternehmen befragt wird. Vertriebsexperten eines Industriebetriebs wünschen sich eine Kurzkalkulation zur Angebotserstellung, eine ins Angebot integrierte Preisanfrage sowie Methoden, mit denen sie Herstellungskosten und Deckungsbeiträge schnell ermitteln können. Auch wollen diese Anwender Angebote verfolgen können.

IT-Leiter wollen Reporting-Werkzeuge

IT-Verantwortliche eines Industriebetriebs sind stark interessiert an flexiblen und konfigurierbaren Berichtsfunktionen. "Hier zeigt sich die berufliche Betroffenheit, da die IT-Leiter Getriebene in der eigenen Organisation sind", kommentiert Frank Lasogga. Er ist Professor an der Fachhochschule Fresenius für das Lehrgebiet Marketing und Marktforschung und zeichnet für die Studie verantwortlich. Mit guten Report-Funktionen wollen IT-Chefs sich die Arbeit erleichtern, denn Fachabteilungen fordern ständig individuelle Auswertungen an.

Studie ERP für Einzelfertiger
Struktur der Stichprobe
Vor allem kleine und mittelständische Firmen nahmen an der Umfrage teil.
Unaided Recall
Gefragt wurde, welche ERP-Systeme den Firmen einfallen.
Konkrete Erfahrungswerte bei einzelnen Lösungen
Erfahrung gesammelt haben die Firmen vor allem mit auf die Branche spezialisierten ERP-Softwarehäusern.
Kaufentscheidungskategorien im Überblick
Die Betriebe legen weniger Wert darauf, dass der ERP-Hersteller Standorte in Asien und den USA unterhält.
Integrationsgrad von Fremdsoftware
Integrieren wollen die Firmen vor allem klassische Produkte wie Office und CAD.
Ausgewählte Detailaspekte
Das Arbeiten ohne Artikelnummern ist für viele Unternehmen mit Einzel-/Auftragsfertigung wichtig. Über die Wichtigkeit gehen die Meinungen jedoch auseinander.
Stellenwert Konzepte Dienstleistungen Services
Methoden, um Kosten und Termine im Auge zu behalten, stehen bei den Firmen hoch im Kurs.

Sehr unterschiedlich bewerteten die Teilnehmer die Funktionen zum Arbeiten ohne Artikelnummern. Dies ist dann erforderlich, wenn ein Unternehmen ein komplett neues Produkt fertigt, für dessen Bestandteile noch keine Artikelstämme und damit Artikelnummern vorliegen. Studienautor Lasogga überrascht diese Erkenntnis.

Kompetenz im Projekt-Management und bei der Prozessberatung

Kompetenz des Anbieters setzen die Firmen voraus. Doch wünschen sich die Unternehmen mehr als nur ein Stück Software. Sie wollen aufgezeigt bekommen, wie sie ihre Prozesse verbessern können, verlangen nach Unterstützung im Projekt-Management und Einführungsstrategien. "Speziell im Bereich der fertigungsorientierten ERP-Software liegt hier die Latte höher, als viele Hersteller glauben wollen", so Lasogga. Grund seien die individuellen Anforderungen der Firmen (siehe auch "Prozess-Know-how kürzt ERP-Projekte ab").

IT-Verantwortliche eines Industriebetriebs sind stark interessiert an flexiblen und konfigurierbaren Berichtsfunktionen. Hier zeigt sich die berufliche Betroffenheit, da die IT-Leiter Getriebene in der eigenen Organisation sind, kommentiert Professor Dr. Frank Lasogga, Fachhochschule Fresenius aus Köln.

Gefragt wurde auch, welche ERP-Software die Unternehmen kennen und welche sie schon einmal angewandt haben. Den Firmen sind namhafte Anbieter wie SAP, Proalpha und AMS.Hinrichs+Müller bekannt. Selbst Erfahrungen gesammelt haben sie vor allem mit Produkten von AP AG, Psipenta und AMS.Hinrichs+Müller (siehe auch "ERP-Trends").