Die 2.000- bis 4.000 Euro-Frage

Was ein SAP-Arbeitsplatz wirklich kostet

21.06.2011 von Ralph Treitz
Der Einsatz von SAP ist für viele Unternehmen kostbar und kostspielig. Da drängt sich schnell die Frage auf: „Geht das auch günstiger?“
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Die Kennzahl „Kosten pro SAP-Arbeitsplatz“ ist für das Leistungsniveau des SAP-Betriebs ähnlich aussagekräftig wie die alleinige Gewichtsangabe für die Fitness eines Menschen. So führt ein hoher Grad der Automatisierung von Prozessen – im Grunde das übergeordnete Ziel der IT – zwangsläufig zu hohen Kosten pro User. Für das Unternehmen jedoch erweist sich dies als höchst profitabel. 4.000 Euro pro „named user“ im Monat sind im hochautomatisierten Einzelhandel durchaus angemessen. Zwei Euro können dagegen eher kostspielig sein, wenn das Freischalten des internen Telefonbuches für alle Mitarbeiter ein überteuertes HCM (Human Capital Management)-System „billig“ rechnet.

Für die Bewertung der SAP-Kostenstrukturen muss daher ein Set an Einflussgrößen beachtet werden, das Komplexität und Volumen, aber auch Leistung und Nutzen erfasst. Bereits der Aspekt „User“ verlangt eine differenzierte Betrachtung, je nachdem, ob es sich um einen Power-, Gelegenheits-, Portal Self Service User usw. handelt. Auch der Serverbedarf eines Nutzers des Vertriebsmoduls unterscheidet sich wiederum um den Faktor x von dem eines FI-Nutzers. Das x fällt allerdings je nach Geschäftsfeld eines Unternehmens unterschiedlich aus. Gleichfalls abhängig von Branche und realisierten Geschäftsprozessen ist das benötigte Speicher-Volumen.

Kostenaufteilung und Einflussfaktoren

In überschaubaren Installationen machen Software und Wartung die größte Kostenposition aus. In großen SAP-Landschaften verschieben sich die Gewichte deutlich zu Lasten der Application Services.
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Die Kosten des SAP-Betriebs lassen sich in die Blöcke Software-Lizenz und -Wartung, IT-Infrastruktur und Anwendungs-Services splitten. Typischerweise macht bei überschaubaren Installationen mit 100 Usern Software und Wartung mit 45 Prozent die größte Kostenposition aus. Hardware und Infrastruktur beanspruchen 20 Prozent und Application Services 35 Prozent des Budgets. In der SAP-Landschaft eines größeren Unternehmens oder Konzerns verschieben sich die Gewichte deutlich zu Lasten der Application Services, die dann 75 Prozent aller Kosten ausmachen. Auf Hardware und Infrastruktur entfallen 20 Prozent, auf die Software-Nutzung nur noch 5 Prozent. Diese Kostenverteilung macht deutlich, warum traditionelle innerbetriebliche Kostenverrechnungen auf Basis von CPU-Sekunden oder Serverleistungen vollkommen obsolet sind.

Dringlicher als die Verteilungsfrage ist für einen CIO allerdings die Frage der Einordnung „seiner“ Aufwände. Passen die Kosten (noch) zu Nutzen und Qualität? Und: Geht es auch günstiger? Im Falle der Software-Nutzung ist beispielsweise zu hinterfragen, ob das Lizenzmodell nach Jahren der Weiterentwicklung eines Unternehmens noch der realen Nutzerzusammensetzung entspricht. Die Erfahrung zeigt hier enorme Abweichungen.

Server-Kosten sinken

Dagegen sind Server-Kosten, bedingt auch durch Virtualisierungstechniken, deutlich auf dem Rückzug. Preisreduktionen bei Storage fallen dagegen vergleichsweise bescheiden aus, da gegenläufig der Bedarf an Plattenspeicher immer mehr zunimmt. In Folge verschiebt sich das Verhältnis der Infrastrukturkosten-Aufteilung zwischen Server und Speicher von 50:50 langsam Richtung 40:60.

Die Kosten für die Application Services werden entscheidend von der Qualität der Implementierung und dem Wissensstand der Nutzer geprägt. Arbeiten in der Mehrzahl professionelle Anwender mit dem System, fällt in der Regel eine geringe Anzahl komplizierter Störvorfälle an. Ein großer Kreis an Gelegenheitsnutzern erzeugt wiederum eine hohe Meldungszahl. Diese sind jedoch meist einfacher Natur („Password vergessen“ usw.) und entsprechend schnell zu beheben. Sie bedingen aber individuell angepasste Service-Strukturen, wobei schlechte Adaption an die User-Bedürfnisse einen extremen Kostentreiber darstellt.

Randbedingungen

Nur die vollständige Überarbeitung der Infrastruktur verspricht optimale Kostenstrukturen. hellblau (non-disruptive): Optimierung an vorhandener IT-Systemlandschaft, ohne Änderung des grundsätzlichen Aufbaus. Mittelblau (disruptive): Grundlegende Überarbeitung und Optimierung der Infrastruktur zur optimalen Unterstützung des realen SAP-Leistungsbedarfs.
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Die Größenordnung des realisierbaren Einsparpotenzials fällt sehr unterschiedlich aus. Die Spannbreite reicht von 21 Prozent bis 45 Prozent – je nach Leistungsprofil der betrachteten Anwendung. Zur Beschleunigung sind hierbei zwei Punkte zu empfehlen:

Dynamik der Leistungserbringung: Wer beispielsweise die Infrastruktur noch in Eigenregie betreibt, kann Kostenvorteile auf der Hardware-Seite nur zum jeweiligen Investitionszeitpunkt alle 3 - 5 Jahre erschließen. Im Outsouring lassen sich dagegen jährliche Kostensenkungen vertraglich festschreiben.

Maßnahmen und Potentiale
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Optimierung des Gesamtnutzens: Am Ende des Tages zählt nicht ein einzelnes KPI, wie die geringsten Kosten pro User, dafür aber die beste Kostenstruktur einer SAP-Landschaft im Verhältnis zur erbrachten Leistung. Und die kann zum Beispiel in Menge, Qualität und Diversifizierung von bereitgestellten Geschäftsprozessen gemessen werden.