Softwarelizenzen

Was der Gebrauchtmarkt bietet

03.04.2008 von Martina Lamping
Second-Hand-Software erweitert das Spektrum des Lizenz-Managements. Anwender haben damit mehr Möglichkeiten, Lizenzen zu beschaffen und zu verwerten.

Zahlreiche Studien zeigen, dass ein Großteil aller deutschen Unternehmen falsch lizenziert ist. Für diese Firmen bietet der Software-Gebrauchtmarkt, der sich in den vergangenen Jahren in Deutschland etabliert hat, gleich in zweierlei Hinsicht eine interessante Alternative: Fehlende Lizenzen können mit bis zu 50 Prozent Ersparnis nachgekauft, überschüssige Lizenzen wieder zu Geld gemacht werden.

Das erfordert allerdings Ordnung im eigenen Softwarehaushalt. Ein systematisches Lizenzmanagement schützt nicht nur vor unnötigen Kosten, sondern vor allem auch vor strafrechtlichen Risiken - und ist damit für jedes Unternehmen eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft. Die korrekte Inventarisierung sämtlicher Lizenzen scheitert in der Praxis hingegen immer wieder im und vor allem am Unternehmensalltag. Gelingt ein Abgleich zwischen erworbener und tatsächlich genutzter Software, zeigt sich meist ein schiefes Bild: Während an der einen Stelle fleißig Software genutzt wird, für die nicht in ausreichendem Maße Rechte erworben wurden, verstauben an anderer Stelle Lizenzen, für die keinerlei Verwendung mehr besteht.

Lizenzverstöße ziehen Strafverfahren nach sich

In dieser Situation ist schnelles Handeln gefragt. Fehllizenzierten Unternehmen bietet dabei insbesondere der wachsende Gebrauchtmarkt für Software neue Handlungsoptionen. Dies gilt vor allem dann, wenn eine Unterlizenzierung festgestellt wird. "Sollten in einem Unternehmen mehr Lizenzen verwendet werden als tatsächlich erworben wurden, so gilt dies als Vervielfältigung eines geschützten Werkes ohne Einwilligung des Rechteinhabers", mahnt Reiner Hirschberg von Usedsoft, einem Anbieter gebrauchter Software-Lizenzen. "Bei einem solchen Verstoß gegen das Urheberrecht drohen empfindliche Geldbußen und strafrechtliche Konsequenzen." Unabhängig von seinem eigenen Verschulden hafte der zuständige Geschäftsführer persönlich, da sich eine Unterlizenzierung nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbaren lasse. Bereits fahrlässiges Verhalten begründe die Haftung: Eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren kann die Folge sein. Zwar sind solch drastische Maßnahmen die Ausnahme, in jedem Fall aber droht ein Strafverfahren.

Auch unabhängig von den juristischen Folgen ist eine Nachlizenzierung für Unternehmen oft mit hohen Kosten verbunden: Laut der Branchenvereinigung Business Software Alliance (BSA) mussten deutsche Unternehmen allein 2006 insgesamt 1,1 Millionen Euro an Schadenersatz und Nachlizenzierungen zahlen, weil sie unlizenzierte Software genutzt hatten. Auf überführte Firmen kamen demnach im Schnitt 16.000 Euro an Schadensersatz und Rechtsverfolgungskosten zu. Die Ausgaben für die neu zu kaufenden Lizenzen nicht eingerechnet.

Der schnelle Nachkauf dem Gebrauchtmarkt schützt Unternehmen somit nicht nur vor den strafrechtlichen Konsequenzen, sondern auch vor den oftmals empfindlichen Strafgebühren der Software-Hersteller. Denn für die Gebrauchthändler besteht keinerlei Verpflichtung, die Hersteller über Transaktionen - egal welcher Größe - zu informieren. Unternehmen müssen auf diese Weise bei der Nachlizenzierung einzig die Einkaufskosten für die neuen Lizenzen einkalkulieren. Und die liegen mit Preisnachlässen von 25 bis 50 Prozent auf dem Gebrauchtmarkt deutlich unter dem Neupreis. Ein weiterer Faktor: Gerade beim Lizenznachkauf ist nicht immer die aktuellste Version einer Software gefragt. Ältere Programme aber sind auf dem klassischen Softwaremarkt oft gar nicht mehr im Angebot.

Nicht benötigte Lizenzen verstauben in den Regalen

Auch wenn beim Lizenz-Abgleich eine Überlizenzierung festgestellt wird, können Unternehmen vom Gebrauchtmarkt profitieren. Dabei realisieren viele Unternehmen aber erst langsam, dass sich unvermutetes Tafelsilber auf ihren Rechnern befindet. Zuvor teuer eingekaufte Software wird durch strukturelle Veränderungen plötzlich überflüssig und verstaubt in den Regalen. "Bei nahezu jedem Unternehmen, das sich zum Lizenz-Verkauf an uns wendet, finden wir noch weit mehr Nutzungsrechte, von denen niemand mehr etwas geahnt hatte", berichtet Hirschberg von seinen Erfahrungen.

Immer mehr Unternehmen sehen in dem wachsenden Markt für gebrauchte Softwarelizenzen ein wirksames Beschaffungsinstrument.
Foto: Experton Group

Die Ursachen für die Existenz überflüssiger Nutzungsrechte sind vielfältig: So verlangen die Software-Hersteller bisweilen eine Mindestabnahme ihrer Produkte, die die Anzahl der benötigten Lizenzen zum Teil weit übersteigt. Oder ein Unternehmen kauft in optimistischer Erwartung mehr Lizenzen ein als tatsächlich benötigt, um einen höheren Rabatt zu erzielen. Daneben gibt es auch die Fälle, in denen für ein anstehendes Projekt eine spezielle Software bereits beschafft wurde, die sich aber im weiteren Verlauf als ungeeignet erwies und durch eine alternative Lösung ersetzt werden musste. Eine Rückgabe an den Hersteller und die Rückerstattung der Lizenzkosten ist in solchen Fällen in aller Regel nicht möglich. Die Erfahrung zeigt, dass nahezu jedes Unternehmen über weit mehr ungenutzte Lizenzen verfügt als ursprünglich angenommen.

Auch wenn ein Überschuss zweifellos den angenehmeren Fall einer Fehllizenzierung darstellt: Ungenutzte Lizenzen - vor allem solche, die unentdeckt bleiben - schaden dem Unternehmen. Auf der einen Seite wird Kapital gebunden, das in der Regel an anderer Stelle dringend gebraucht würde. Auf der anderen Seite zahlen die Firmen für ungenutzte Lizenzen unnötige Wartungsgebühren, die Jahr für Jahr mit 15 bis 25 Prozent des Einkaufspreises zu Buche schlagen. Langfristig werden so immense Kosten verursacht. Eine Option ist die sofortige Kündigung der Wartungsverträge mit den jeweiligen Herstellern; in jedem Fall für die nicht mehr eingesetzte Software, gegebenenfalls aber auch für Anwendungen, die seit Jahren stabil und unverändert ihren Dienst verrichten.

Für jene Programme, die sich im Zuge der Überprüfung als überflüssig erwiesen haben, löst die Kündigung der Wartung aber immer noch nicht das Problem des unnötig gebundenen Kapitals. Eine Alternative ist der Verkauf auf dem Markt für Gebraucht-Software: "Software-Lizenzen stellen einen erheblichen Vermögenswert dar", erklärt Hirschberg. "Wenn der Unternehmer überschüssige Lizenzen zum Kauf anbietet, stoppt er dadurch nicht nur die Kostenexplosion durch die Wartungsverträge. Er kann dem Unternehmen so auch einen Teil des ehemals investierten Kapitals zurückführen." Schließlich käme auch niemand auf die Idee, nach dem Kauf eines neuen Wagens den alten direkt zum Schrottplatz zu bringen.

Akzeptanz für den Software-Gebrauchtmarkt wächst

"Die Neigung zur Veräußerung von Anlagevermögen im Bereich Softwarelizenzen wird sich in den kommenden Jahren stark ausweiten", prognostiziert Axel Oppermann, Advisor beim Beratungshaus Experton Group. "Ich gehe davon aus, dass wir in 18 bis 24 Monaten Nutzungsgrade in dem betrachteten Unternehmenssegment von über 30 Prozent ermitteln können." Die Veräußerung ermögliche es Unternehmen, ihre Rentabilität deutlich zu verbessern. "Werden bei der Beschaffung von Software mögliche Verkaufserlöse berücksichtigt, ergibt sich daraus die Möglichkeit, die gesamten Nutzungskosten erheblich zu reduzieren." (ba)